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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 8<br />

auf andere Menschen bezogenen Pflegekompetenz mal mehr, mal weniger im Mittelpunkt stehen. Die sichtbare<br />

und die unsichtbare Seite <strong>des</strong> menschlichen Handelns60 sind hierbei nach Strauss nicht trennbar, da sie in einem<br />

wechselseitigen Verhältnis zueinander stehen. Das Bindeglied zwischen ihnen ist das menschliche Handeln oder<br />

auch die Arbeit. Bezogen auf das Selbst geht es darum, die zwischen dem ‚I’ und den vielen ‚Me’ zu leistende<br />

Strukturierungsarbeit in den Blick zu bekommen. Bei der Pflege sind es die vielen kleinen Dinge in den einzelnen<br />

AL, die dem Menschen das Leben ermöglichen und es für ihn lebenswert und sinnvoll machen. Hierbei<br />

können das Selbst <strong>des</strong> betroffenen Menschen, sein Selbstkonzept, seine Identitäten und sein Körperbild bestätigt<br />

und bestärkt, aber auch in Frage gestellt und beschädigt oder beeinträchtigt werden.<br />

Die Verknüpfung der Verlaufskurve <strong>des</strong> Selbst mit den beiden Pflegeverlaufskurven führt zu einer neuen Sicht<br />

auf das Konzept der AL im RLT-Modell. Die hier gemeinten Aktivitäten müssen in einem eigenen Sinnzusammenhang<br />

gesehen werden. Dieser ist für einen anderen Menschen nicht einfach da, sondern er ergibt sich erst aus<br />

der Lebensgeschichte und den Lebensbedingungen <strong>des</strong> betreffenden Menschen und aus der von ihm zu bewältigenden<br />

problematischen Situation. Der Sinn muss erst erschlossen werden. Mit anderen Worten: um die<br />

‚Schnur <strong>des</strong> Selbst’ und die ‚Schnüre der Pflege’ weiterspinnen zu können, müssen diese von ihren Enden her<br />

untersucht werden. Dies setzt eine gewisse ‚Kenntnis‘ oder ‚Vertrautheit‘ (s. auch Martin 2007: 438) mit der<br />

Welt der zu pflegenden Person, den von ihr ausgebildeten pflegerischen Kompetenzen sowie mit der Welt der<br />

pflegenden Person/en und deren Kompetenzen in den beiden Formen <strong>des</strong> Pflegehandelns voraus. Erst über die<br />

Anerkennung der Kompetenzen in beiden Formen <strong>des</strong> Pflegehandelns der zu pflegenden Person und der sie pflegenden<br />

Person/en kann in der ‚trügerischen Gegenwart’ eine Beziehung zwischen Zukünftigem und Vergangenem<br />

hergestellt werden und als Folge davon der unterbrochene Handlungsfluss <strong>des</strong> zu pflegenden Menschen<br />

fortgesetzt werden. Dieser Zusammenhang wird in der Abbildung 8.2 angedeutet<br />

Abb. 8.2: Die Schnüre der Pflegeverlaufskurven und die Schnur - Verlaufskurve <strong>des</strong> Selbst<br />

Werden die verschiedenen AL unter dem Gesichtspunkt der Entwicklung und Veränderung von Kompetenzen<br />

<strong>des</strong> auf sich selbst und auf andere Menschen bezogenen Pflegehandelns betrachtet, dann zeigt sich, dass die einzelnen<br />

AL nicht zeitgleich erworben oder angeeignet werden. Zudem stehen sie nicht nur in Beziehung <strong>zur</strong> physischen<br />

Körpererhaltung, sondern sind eingebettet in einen Komplex von wahrzunehmenden Rollen/Funktionen,<br />

die im Laufe <strong>des</strong> Lebens fortwährenden Veränderungen unterliegen. Der Zusammenhang von Entwicklung und<br />

Veränderung wird im RLT-Modell über das Konzept der Lebensspanne und über die Beschreibung von vier<br />

verschiedenen Entwicklungsprozessen - physische, kognitive/intellektuelle, emotionale und soziale Entwicklungsprozesse<br />

-, sowie von sechs bzw. acht Entwicklungsphasen hergestellt (s. Kap. 2). King behandelt dieses<br />

Thema unter dem Konzept Wachstum und Entwicklung innerhalb <strong>des</strong> personalen Systems, während Peplau und<br />

Roy Entwicklungs- und Veränderungsprozesse konsequent im Zusammenhang mit dem Selbst-System bzw. dem<br />

Selbstkonzeptmodus61 beschreiben. Roy greift diesen Punkt darüber hinaus in allen von ihr beschriebenen Adap-<br />

60 Ein weiterer, von Wittpoth (1994: 64) hervorgehobener Aspekt ist, dass „ sich unmittelbares und reflexives Handeln nicht<br />

auf unterschiedlichen Ebenen abspielen, sondern sie wirken ständig aufeinander ein und stellen, in den meisten Fällen, eine<br />

Erfahrung dar, die keine deutlichen Trennungslinien aufzuweisen scheint“ (GIG: 397, zitiert in Wittpoth 1994: 64).<br />

61 Im Zusammenhang mit Prozessen <strong>des</strong> Selbst grenzt Roy die Entwicklung <strong>des</strong> Selbst, von dem Prozess der Wahrnehmung<br />

<strong>des</strong> Selbst und dem <strong>des</strong> Fokussieren auf das Selbst ab (s. auch Kap. 6.3).<br />

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