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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 8<br />

ein zu pflegender Mensch in seinem bisherigen Leben im Zusammenhang mit Pflege4 gemacht hat, bringt er in<br />

die professionelle Pflegekraft-Patient-Beziehung ein, indem er sie unbewusst oder bewusst in Beziehung zu den<br />

Erfahrungen setzt, die er in der gegenwärtigen Beziehung macht. Deshalb muss sich eine Pflegekraft nach Peplau<br />

bewusst sein, dass ihr Handeln weitergehende Auswirkungen auf den Patienten und damit, in der Begrifflichkeit<br />

der Pragmatisten, Konsequenzen für ihn und seine Gesundheit im weitesten Sinn hat.<br />

King nähert sich dem Thema Beziehungen bei den drei von ihr beschriebenen, für das pflegerische Handeln<br />

wichtigen Systemen und Konzepten über ihre Theorie der Zielerreichung an. Diese kann auch als eine Theorie<br />

<strong>des</strong> kooperativen Handelns interpretiert werden. In ihrem konzeptuellen System verankert sie das pflegerische<br />

Handeln im institutionellen und im gesellschaftlichen Kontext. Roy hingegen legt den Schwerpunkt weniger auf<br />

das Handeln in Beziehungen, sie begreift die Pflege vor allem als adaptives Handeln. Hierbei kommt dem<br />

Selbstkonzept-Modus als handlungsleitendem System eine zentrale Rolle zu. Dieser Modus ist einer der vier von<br />

ihr beschriebenen Adaptationsmodi. Ihr Interesse richtet sich auf die von diesen vier Modi in Gang gesetzten<br />

Adaptations- und Copingprozessen, d.h. auf die Anpassung der in diesen Modi ausgebildeten Verhaltens-<br />

/Handlungsweisen an neue Situationen. Im Lebens- und Pflegemodell <strong>des</strong> RLT-Modells hingegen wird dem<br />

Umstand, dass die Pflege ein Handeln in Beziehungen ist, eine untergeordnete Bedeutung beigemessen, auch<br />

wenn dieser Zusammenhang im Konzept <strong>des</strong> Abhängigkeits-/Unabhängigkeitskontinuums und im Pflegemodell<br />

erwähnt wird. Statt<strong>des</strong>sen wird der Pflegeprozess als methodischer Ansatz <strong>zur</strong> Gestaltung und Realisierung einer<br />

individualisierten Pflege herangezogen. Die hierbei mit dem Patienten einzugehende Beziehung und die bei der<br />

Herstellung, Aufrechterhaltung und späteren Lösung dieser Beziehung zu leistende Arbeit bleiben im RLT-<br />

Modell eher unsichtbar. Wenn im RLT-Modell vom Menschen oder vom zu pflegenden Menschen die Rede ist,<br />

wird eher auf seine Einzigartigkeit bzw. auf eine auf die einzigartige Person ausgerichtete Pflege verwiesen.<br />

Peplau, Roy und King weisen in ihren pflegetheoretischen Ansätzen dem Selbst, dem Selbstkonzept und dem<br />

eigenen Körperbild eine zentrale Rolle zu5 . Die Gemeinsamkeit der drei Ansätze bezüglich <strong>des</strong> Selbst kann in<br />

den Worten Peplaus beschrieben werden, wonach das Selbst verstanden als Selbstsystem so etwas wie ein Bezugsrahmen<br />

ist, der eine organisierende Struktur darstellt, durch die Erfahrungen, Ereignisse und Menschen<br />

wahrgenommen und erkannt, akzeptiert oder abgelehnt werden. Für Peplau und King entsteht das Selbst eines<br />

Menschen in interpersonalen Beziehungen. Dieser Aspekt wird bei der Royschen Konzeption <strong>des</strong> Selbstkonzepts<br />

als Adaptationsmodus eher in den Hintergrund gedrängt, während er im Rollenfunktionsmodus und im<br />

Modus der wechselseitigen Abhängigkeit, dem Interdependenz-Modus wieder deutlich zu Tage tritt. Im RLT-<br />

Modell hingegen wird auf das Selbst, das Selbstkonzept und Körperbild nur implizit hingewiesen.<br />

Ungeachtet der jeweiligen Schwerpunktsetzung unterstellen Peplau, Roy, King ebenso wie<br />

Roper/Logan/Tierney, dass der Mensch im Laufe seines Lebens kontinuierlich der Pflege bedarf und dass er über<br />

eine gewisse Handlungsfähigkeit verfügen muss, um sein Leben meistern und überleben zu können. Diese allgemeine<br />

Handlungsfähigkeit6 wird in den drei erstgenannten Ansätzen nicht als spezifisch pflegerische Handlungsfähigkeit<br />

ausgewiesen. Sie wird aber mit pflegerischen Erfahrungen in Verbindung gebracht. Im RLT-<br />

Modell konkretisiert sich diese allgemeine Handlungsfähigkeit über das Konzept der Aktivitäten <strong>des</strong> Lebens<br />

(AL). Eine gemeinsame Auffassung aller pflegetheoretischen Ansätze besteht darin, dass die Pflege und das<br />

pflegerische Handeln immer in Beziehung zum Leben <strong>des</strong> zu pflegenden Menschen gesehen werden. Mit diesem<br />

Fokus auf das Leben <strong>des</strong> zu pflegenden Menschen7 kann der Bogen zum Meadschen Handlungsmodell geschla-<br />

4 Unter Pflegen müssen an dieser Stelle Erfahrungen mit der selbstbezogenen Pflege wie mit der Pflege durch andere gefasst<br />

werden, d.h. passive und aktive Handlungsweisen.<br />

5 Nicht zuletzt aus diesem Grund erachten alle drei Pflegewissenschaftlerinnen das Selbst als etwas Veränderliches. Sie<br />

betrachten es als einen dynamischen, im Fluss befindlichen Prozess.<br />

6 Die Begriffe Handlungsfähigkeit und Handlungskompetenz werden synonym verwendet; beide in einem umfassenden Sinn.<br />

7 Die Bezugseinheit wird in den einzelnen Ansätzen unterschiedlich weit ausgedehnt.<br />

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