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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 1<br />

amerikanischen Pragmatismus ebenso aufweist wie zum Ansatz der Praxisentwicklung und der darin enthaltenden<br />

Idee einer reflektierten Praxis.<br />

1.3 PFLEGEWISSENSCHAFT UND PFLEGETHEORIE IN DEUTSCHLAND<br />

Die skizzierten Entwicklungen in der Pflegewissenschaft wurden in Deutschland mit erheblicher Verspätung<br />

aufgegriffen. Als ich mich in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre mit der Notwendigkeit der Auswahl eines theoretischen<br />

Bezugsrahmens als Grundlage für die Umsetzung <strong>des</strong> Pflegeprozesses in einem Krankenhaus der<br />

Grund- und Regelversorgung konfrontiert sah, waren amerikanische Pflegemodelle bzw. –<strong>theorie</strong>n in Deutschland<br />

so gut wie nicht bekannt44 . Die in den USA geführte Diskussion über Pflegemodelle und -<strong>theorie</strong>n erreichte<br />

Europa Mitte der 1970er/Anfang der 1980er Jahre mit etwa 20jähriger Verspätung und regte vor allem in solchen<br />

europäischen Ländern, in denen sich die Pflege als wissenschaftliche Disziplin im Hochschulbereich etablieren<br />

konnte, die Entwicklung und empirische Überprüfung von Pflegemodellen und -<strong>theorie</strong>n an. In Deutschland<br />

werden diese Ansätze etwa seit Mitte der 1980er Jahre diskutiert (s. z.B. Kaufmann 1988, Mischo-Kelling<br />

1989, Steppe 1990). Erst im Zusammenhang mit dem Aufbau von Pflegestudiengängen erfolgte in den 1990er<br />

Jahren eine verstärkte Rezeption und eine erste kritische Auseinandersetzung mit Pflegemodellen und –<br />

<strong>theorie</strong>n45 (s. bspw. Mischo-Kelling/Wittneben 1995, Schaeffer et al.1997, Kirkevold 1997, von Kampen 1998).<br />

Im Zuge dieser Entwicklung kam es 1996 zu einer ersten Standortbestimmung der Pflegewissenschaft in<br />

Deutschland (s. Robert Bosch Stiftung 1996), in der die Pflege als eine Handlungswissenschaft charakterisiert<br />

wird. Dies führte in der Folgezeit zu einer Auseinandersetzung über das Verhältnis von Pflegewissenschaft und<br />

Pflegepraxis46 . In diesem Kontext fand ebenfalls eine Beschäftigung mit dem in der Pflegewissenschaft umstrittenen<br />

Thema <strong>des</strong> ‚caring’ 47 statt. Auch in Deutschland ist schwer einzuschätzen, welche Auswirkung die Rezeption<br />

der pflegetheoretischen Ansätze für die Pflegebildung48 und für die Pflegepraxis hat. So behauptet Renate<br />

Stemmer (2003a) u.a. dass das Interesse an allgemeinen Pflege<strong>theorie</strong>n in Deutschland nachgelassen habe, auch<br />

wenn sich ab und an in der Literatur Hinweise <strong>zur</strong> Implementierung von pflegetheoretischen Ansätzen fänden.<br />

Weiter stellt sie fest, dass an der Notwendigkeit einer theoretischen Fundierung der Pflegepraxis unvermindert<br />

festgehalten werde, die Forderung gehe aber dahin, theoretische Ansätze mit größerer Praxisrelevanz zu entwickeln.<br />

Drei Jahre später fordert Stemmer als Sprecherin der Sektion Hochschullehre Pflegewissenschaft (2006:<br />

9) erneut die theoretische Fundierung pflegewissenschaftlicher Anstrengungen sowie <strong>des</strong> pflegerischen Handelns<br />

ein. Moers/Schaeffer (2011) hingegen sprechen von einer Theoriemüdigkeit, die für die Wissenschaftsentwicklung,<br />

mit Blick auf die Entwicklung einer eigenen Wissensbasis und mit Blick auf die Forschung gewisse Prob-<br />

44 Im Berliner Modellstudiengang wurde auf die Arbeiten von Abdellah <strong>zur</strong>ückgegriffen. Virginia Henderson ist in<br />

Deutschland mit ihrer Definition von Pflege bekannt geworden, die sie für den ICN erarbeitet hat (s. ICN 1977).<br />

45 So sind Übersetzungen von Originalarbeiten (z.B. Peplau 1995, O´Toole/Welt 1989/1997, Orlando 1996, Orem<br />

1995/1997) erschienen sowie Bücher, die die Anwendung von Pflegemodellen in der Praxis aufzeigen (s. Cavanagh 1995,<br />

Rogers 1995, Akingsanya et al. 1997, Kellnhauser 1998). Weiter finden sich in den verschiedenen Lehrbüchern <strong>zur</strong><br />

Pflegewissenschaft Aussagen <strong>zur</strong> Theorieentwicklung und zu einzelnen Theorieentwürfen (s. Rennen-Allhoff/Schaeffer<br />

2003, Brandenburg/Dorschner 2003,).<br />

46 Diese Diskussion wurde durch einen Artikel von Dornheim et al. 1999 angestoßen und führte zu einer länger währenden<br />

Diskussion in der Zeitschrift Pflege und Gesellschaft (PfleGe) (s. z.B. Moers 2000, Vollstedt 2001, Arnoldt 2001). Eine<br />

solche Diskussion wird auch in anderen Ländern geführt (s. Kirkevold 2002).<br />

47 Siehe bspw. Schnepp 1996, Emshoff 2000, Stemmer 2003b, Kohlen/Kumbruck 2008.<br />

48 Bei meinen Recherchen im Internet zum Thema Pflege<strong>theorie</strong>n bin ich auf die Webseite der Gemeinschaft <strong>zur</strong> Förderung<br />

der Krankenpflege (www.gfk-Pflege.de) gestoßen. Hier finden sich die Ergebnisse einer Umfrage aus dem Jahr 2001 <strong>zur</strong><br />

Anwendung von Pflege<strong>theorie</strong>n in den Pflegeausbildungen in Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Es scheint sich<br />

um eine Folgestudie zu handeln. In den drei europäischen Ländern wurden 1.600 Fragebögen an Ausbildungsstätten versandt,<br />

in den USA 800. Der Rücklauf in Europa betrug 560 (=35%) Fragebögen (die meisten davon aus Deutschland), in den USA<br />

lag er bei 35,8%. Die Frage, ob in der Ausbildung Pflege<strong>theorie</strong>n angewendet werden, beantworteten 89,1% in Europa<br />

positiv und in den USA 60%. Im Fragebogen wurden insgesamt 11 Namen von Pflegetheoretikerinnen genannt. Die<br />

befragten Ausbildungsstätten In den drei europäischen Ländern nannten am häufigsten Roper (77,3 bis 93,3%) und Orem<br />

(55,2 und 93,3), gefolgt von Peplau (20,4 und 58,4%). Die hier ebenfalls interessierenden Ansätze von King (7,1 bis 13,3%)<br />

und Roy (5,9 bis 10%) sind weniger bekannt. Der Befragung zufolge werden nicht nur eine Theorie, sondern ein oder<br />

mehrere Ansätze vermittelt. In welchem Umfang und in welcher Tiefe, ist der Präsentation nicht zu entnehmen.<br />

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