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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 7<br />

das pflegerische Handeln der einzelnen Person wie das pflegerische Handeln in interpersonalen Beziehungen, sei<br />

es im familiären oder im beruflich/professionellen Kontext von vornherein in den gesellschaftlichen Raum verlagert<br />

und dort verortet. Erst dies erlaubt, pflegerische Phänomene in ihrer Komplexität und Vielschichtigkeit zu<br />

erfassen. Mit dem konzeptuellen System gelingt es King, die Pflege gewissermaßen aus dem engen persönlichen<br />

privaten Raum herauszulösen. Auf der konzeptuellen Ebene kann sie andeuten, dass die von den Pflegekräften<br />

wahrzunehmenden Rollen je nach dem organisatorisch-institutionellen Rahmen höchst vielschichtig und verschieden<br />

sind und dass sie wie andere gesellschaftliche Rollen Veränderungen und Wandlungsprozessen ausgesetzt<br />

sind (s. King in Fawcett 2001: 312).<br />

Aus dem konzeptuellen System, verstanden als System <strong>zur</strong> Ordnung pflegerelevanten Wissens, und der Theorie<br />

der Zielerreichung lassen sich Methodologien und Handlungsstrategien für die Gestaltung der pflegerischen<br />

Dienstleistungssituation ableiten. King (1986: 62) macht darauf aufmerksam, dass die professionelle Pflege in<br />

pflegerischen Dienstleistungssituationen Altersgrenzen und sozioökonomische Grenzen37 überschreitet. Ein Teil<br />

der von der professionellen Pflege erbrachten Dienstleistungen besteht aus der Pflege von Menschen in höchst<br />

unterschiedlichen Gesundheitssituationen. Pflegekräfte pflegen Menschen bei einer akuten Erkrankung, im<br />

Krankenhaus oder zu Hause, sie kümmern sich um chronisch kranke Menschen ebenso wie um Menschen, die<br />

der Rehabilitation bedürfen (King 1986: 62).<br />

Ausgangspunkt der Überlegungen Kings sind das Wissen und die Fähigkeiten/Fertigkeiten, über die eine Pflegekraft<br />

als Mitglied ihrer Profession38 verfügen sollte. Bei<strong>des</strong> realisiert sich in der Art und Weise, wie die Pflegekraft-Patient-Beziehung<br />

und die hierbei stattfindenden Interaktionen gestaltet werden. Wissen in Form von Konzepten<br />

und Theorien ist die Basis <strong>zur</strong> Analyse pflegerischer Phänomene. Das theoretische Wissen39 und die daraus<br />

abgeleiteten Fähigkeiten geben einer Pflegekraft die entsprechenden Mittel an die Hand, um die Fähigkeiten<br />

<strong>des</strong> Patienten einzuschätzen, seine Aktivitäten <strong>des</strong> Lebens auszuüben und soziale Rollen wahrzunehmen, sowie<br />

für das Erkennen von Veränderungen der üblichen Funktionsweise <strong>des</strong> zu pflegenden Menschen und schließlich<br />

für die Evaluation der eingeschlagenen Handlungswege und die Beurteilung der Wirksamkeit der pflegerischen<br />

Versorgung. Das von King entwickelte Prozessmodell der Transaktion kann in der Praxis auf unterschiedliche<br />

Art und Weise genutzt werden, etwa bei der Gestaltung der Pflege, bei der Untersuchung von Pflegekraft-<br />

Patient-Interaktionen oder <strong>zur</strong> Erkundung notwendiger Fähigkeiten von Pflegekräften. Hierbei geht es um fachlich-technische,<br />

intellektuelle, interpersonale und intrapersonelle Fähigkeiten40 . King selbst erachtet das kritische<br />

37 Das Geschlecht der handelnden Menschen gerät bei King nicht in den Blick. Die Konzepte <strong>des</strong> konzeptuellen Systems und<br />

der Theorie der Zielerreichung werden geschlechtsneutral dargestellt.<br />

38 King differenziert zwischen einer Pflegekraft, die einen Bachelorstudiengang absolviert hat und einer, die einen zum<br />

Associate Degree führenden Studiengang durchläuft. Der Unterschied zwischen diesen beiden Studiengängen besteht darin,<br />

dass der letztgenannte auf einen Beruf vorbereitet und dass der Schwerpunkt auf der Vermittlung von Fertigkeiten (Skills)<br />

liegt. Beim Bachelorstudium als erster Stufe einer wissenschaftlichen Ausbildung geht es hingegen um die Vermittlung von<br />

Konzepten, Fertigkeiten und Werten. Kings Ausführungen zu Professionen beziehen sich vor allen Dingen auf Pflegekräfte<br />

mit einem BA, die wiederum Pflegekräfte mit einem Associate Degree supervidieren. Die Problemlösungskompetenz wird in<br />

erster Linie Pflegekräften mit einer wissenschaftlichen Ausbildung zugeschrieben, aber auch von diesen erwartet (King 1986:<br />

97). In einem Interview mit Fawcett (2001: 312) bedauert sie, dass in den Studiengängen Pflege<strong>theorie</strong>n und die Überprüfung<br />

von Pflege<strong>theorie</strong>n im Gegensatz zu den Theorien anderer Disziplinen offensichtlich keine große Rolle spielen. Dies hat eine<br />

mangelnde Entwicklung <strong>des</strong> pflegespezifischen Wissens <strong>zur</strong> Folge..<br />

39 Für King (1986) ist es selbstverständlich, dass Pflegekräfte durch eigene Forschung <strong>zur</strong> Entwicklung <strong>des</strong> pflegerischen<br />

Wissenskörpers beitragen.<br />

40 Brooten/Thomas (1997) beschreiben eine ‚Theorie <strong>des</strong> intrapersonal wahrnehmenden Bewusstseins’, die Brooten aus dem<br />

konzeptuellen System Kings abgeleitet hat. Diese befasst sich mit intrapersonal ablaufenden Entscheidungsprozessen. Bei der<br />

empirischen Überprüfung dieser Theorie mittels einer <strong>des</strong>kriptiv explorativen Studie zeigte sich, welch prominente Rolle das<br />

Selbst der befragten StudentInnen und ihre Erfahrungen bei der Wahrnehmung dieser oder jener Reaktion auf die ihnen vorgelegte<br />

klinische Situation zukommt. Brooten/Thomas folgern hieraus, dass das Selbst nicht ein Konzept <strong>des</strong> personalen Systems<br />

ist, sondern dass es das personale System repräsentiert. Es ist für sie der Kern <strong>des</strong> intrapersonal wahrnehmenden Bewusstseins.<br />

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