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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 7<br />

lichen Umwelt, die dem Menschen <strong>zur</strong> Reife verhilft. Alle diese Faktoren haben wiederum Einfluss darauf, wie<br />

der Mensch sich selbst wahrnimmt. King unterstellt in Anlehnung an Erkentnisse der Entwicklungspsychologie,<br />

dass Wachstum und (Persönlichkeits-) Entwicklung ein in Phasen ablaufender Prozess ist. Wachstum und Entwicklung<br />

beschreiben mithin einen Prozess, der den Menschen unter Nutzung der ihm innewohnenden Möglichkeiten<br />

in seinem Bestreben nach Selbstverwirklichung voranbringt22 . Die eigene Einschätzung <strong>des</strong> Selbst durch<br />

den Patienten gibt den Pflegekräften vor dem Hintergrund dieser Wachstums- und Entwicklungsprozesse die<br />

notwendigen Informationen für die Einschätzung der Handlungsfähigkeit <strong>des</strong> Patienten bezüglich der Aktivitäten<br />

<strong>des</strong> Lebens. Diese Einschätzung kann mit allen anderen Konzepten <strong>des</strong> RLT-Modells, insbesondere mit dem der<br />

Lebensspanne in Beziehung gesetzt werden. Erst vor diesem Hintergrund kann die Handlungsfähigkeit <strong>des</strong> Menschen<br />

in den für sein Selbst wichtigen Bereichen gedeutet werden. King weist darauf hin, dass das Alter in diesem<br />

Zusammenhang eine kritische Variable ist. Es gilt u.a. als Zeitmarke für die verschiedenen Phasen der<br />

Wachstums- und Entwicklungsprozesse (vgl. King 1981: 30f).<br />

In engem Zusammenhang mit dem Konzept <strong>des</strong> Selbst und dem <strong>des</strong> Wachstums und der Entwicklung steht das<br />

Bild, das ein Mensch von seinem eigenen Körper hat. King definiert das Körperbild als das Bild,<br />

„das jemand von seinem eigenen Körper gebunden im Raum hat und das ein Aspekt der Idee <strong>des</strong> Ichs ist"<br />

(King 1981: 31).<br />

An anderer Stelle schreibt sie:<br />

„Als Körperbild wird die Wahrnehmung eines Menschen von seinem eigenen Körper beschrieben sowie die<br />

Reaktion anderer auf <strong>des</strong>sen Erscheinung. Es ist das Ergebnis der Reaktionen anderer auf sein Selbst“ (King<br />

1981: 33).<br />

Beim Körperbild handelt es sich um ein höchst persönliches und subjektives Konzept. Das Körperbild eignet<br />

sich der Mensch im Verlauf seiner Sozialisation an. Es wird in Analogie zu dem sich stetig entwickelnden und<br />

ändernden Selbst aufgrund der sich ändernden Erfahrungen und Wahrnehmungen einer ständigen Revision unterzogen.<br />

So erfordern entwicklungsbedingte Krisen, wie z. B. die Pubertät, eine Neueinschätzung der eigenen<br />

Identität, was mit einem veränderten Körperbild einhergehen kann. Der eigene Körper und insbesondere die eigene<br />

körperliche Erscheinung stellen in der Interaktion mit Anderen wichtige Orientierungspunkte dar. Welche<br />

Bedeutung diesem Sachverhalt beigemessen wird, so King (1981: 32), hängt auch von soziokulturellen Faktoren<br />

ab, also etwa davon, was in einer Gesellschaft als schön gilt.<br />

King unterstreicht die Relevanz dieses Konzepts für die Pflege23 . Pflegekräfte werden in ihrer Arbeit damit konfrontiert,<br />

dass die zu Pflegenden ihr wahrgenommenes Körperbild als bedroht ansehen bzw. dass es aufgrund<br />

körperlicher Beeinträchtigungen wie Traumata, Verstümmelungen usw. real bedroht ist. Wichtig für eine zielorientierte<br />

Pflege ist, dass die Pflegekräfte ihre eigenen Gefühle und Einstellungen gegenüber Menschen mit einem<br />

beeinträchtigten Körperbild überprüfen, damit sie in der Lage sind, gemeinsam mit ihnen Ziele zu entwickeln<br />

und sie bei deren Erreichung zu unterstützen. Sie macht darauf aufmerksam, dass beim Vorliegen eines gestörten<br />

Körperbilds auch andere Konzepte wie Verlust, Trennung, Trauer und Wut ins Spiel kommen, die in der Pflege<br />

entsprechend berücksichtigt werden müssen.<br />

22 Hier verweist King indirekt auf die Vorstellungen <strong>zur</strong> Persönlichkeitsentwicklung, wie sie von Maslow und Rogers vertreten<br />

werden.<br />

23 Im Rahmen einer von mir im Jahr 2006 durchgeführten innerbetrieblichen Fortbildung zum Kingschen konzeptuellen System<br />

und der Theorie der Zielerreichung habe ich mit den 25 TeilnehmerInnen ein von Gunda Rosenbeg (2003) beschriebenes<br />

Experiment zum Körperbild durchgeführt. Ich wollte auf diesem Wege die praktische Bedeutung dieses Konzepts vermitteln.<br />

Die TeilnehmerInnen fertigten eine Zeichnung über ihre aktuelle Körperwahrnehmung vor dem Experiment und unmittelbar<br />

danach an. Sie waren überrascht, wie schnell sich ihre eigene Wahrnehmung vom Körper verändert hatte. Sie konnten einmal<br />

eine Vorstellung davon entwickeln, was es bedeutet tagelang auf dem Rücken zu liegen; zum anderen davon, dass sich das<br />

Gefühl und Gespür für den eigenen Körper leicht wandeln kann.<br />

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