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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 7<br />

selbst in seiner Beziehung zu anderen Menschen und zu seiner Umwelt wahr und gewinnt aus der Interaktion mit<br />

anderen Menschen ein Gefühl für sich selbst20 .<br />

Bei ihrer Definition <strong>des</strong> Selbst bezieht sich King auf diejenige von Jersild21 . Letztere berücksichtigt die verschiedenen,<br />

für Kings systemtheoretischen Ansatz wichtigen Merkmale <strong>des</strong> Selbst. Hiernach ist das Selbst<br />

„[…] eine Komposition aus Gedanken und Gefühlen, die das Bewusstsein eines Menschen von seiner individuellen<br />

Existenz formt, seine Vorstellungen davon, wer und was er ist. Das Selbst ist die Summe all <strong>des</strong>sen,<br />

was Seines ist. Das Selbst beinhaltet unter anderem ein System aus Ideen, Haltungen, Werten und Verpflichtungen.<br />

Das Selbst ist die gesamte subjektive Umwelt eines Menschen. Es ist das unverwechselbare<br />

Zentrum seiner Erfahrung und deren Bedeutung. Das Selbst ist die innere Welt eines Menschen, die sich insofern<br />

von der äußeren Welt unterscheidet, die aus den anderen Menschen und den Dingen besteht. Das<br />

Selbst ist das Persönliche eines Menschen, als das der Mensch sich selbst kennt. Es ist das, worauf wir uns<br />

beziehen, wenn wir ‚ich’ sagen“ (Jersild zitiert in King 1981: 27f).<br />

Im Kingschen konzeptuellen System geht es in erster Linie um Interaktionen zwischen personalen Systemen.<br />

Anders ausgedrückt: Menschen wirken durch die Beziehungen, die sie mit anderen Menschen in vielfältiger Art<br />

und Weise eingehen, in sozialen Systemen, d.h. in der Gesellschaft. Hierbei hat ihre Wahrnehmung der diversen<br />

interpersonalen Beziehungen Einfluss auf ihr Leben und ihre Gesundheit. Menschen, die sich zusammentun, verfolgen<br />

in der Regel Ziele, die mit ihren Werten in Einklang stehen. In jeder Gesellschaft werden gewisse strukturelle<br />

und funktionale Eigenschaften vorgefunden, die sich u.a. in den Werten einer Gesellschaft und in deren<br />

Verhaltensmustern widerspiegeln (s. King 2007a: 6f). Vor diesem Hintergrund finden die o.g. Interaktionen statt.<br />

Diese werden von den Wahrnehmungen der Teilnehmer an einer sozialen Interaktion beeinflusst. Frühere Erfahrungen,<br />

die in der Wahrnehmung gegenwärtiger Probleme oder Herausforderungen und bei der Vorstellung anzustrebender<br />

Ziele aufscheinen und diese beeinflussen, interessieren dabei nur insoweit, wie diese die gegenwärtigen<br />

Interaktionen beeinflussen.<br />

King versteht das Krankenhaus als einen Ort, wo das Selbst eines Menschen einer Bedrohung ausgesetzt sein<br />

kann. Sie geht davon aus, dass ein Mensch bei einer Störung seines Selbst Hilfe benötigt. Dies kann z.B. bei einer<br />

Identitätskrise oder bei einer physiologischen Störung der Fall sein. Das Selbst eines Menschen geht in seinem<br />

personalen System auf. Da Pflegekraft und Patient jeweils ein solches sind, sollte in jeder Pflegekraft-<br />

Patient-Beziehung Wissen über das Selbst vorliegen. King betont, dass die wechselseitigen Wahrnehmungen von<br />

Klient und Pflegekraft in ihrer Interaktion zum Tragen kommen und die pflegerische Versorgung beeinflussen.<br />

Sie hebt die Notwendigkeit hervor, dass die Pflegekräfte die Patienten als diejenigen akzeptieren, die sie sind,<br />

und dass sie ihnen keine Rollen aufdrängen. Dieses sei die Vorausetzung dafür, dass Pflegekräfte Patienten in<br />

stressreichen Situationen unterstützen können und dass das Selbstbewusstsein beider in solchen Situationen<br />

wachsen kann, ebenso wie ihr Verständnis menschlichen Verhaltens (s. King 1981: 28). Sie schreibt:<br />

„Je<strong>des</strong> Selbst ist eine ganze Person, die in einer spezifischen Gesellschaft heranwächst und sich entwickelt.<br />

Das Konzept <strong>des</strong> Selbst spiegelt sich in den Wachstums- und Entwicklungsmustern sowie in den Strukturen<br />

und Funktionen der Menschen wieder" ( King 1981: 28).<br />

Weitere Hinweise auf das Selbst finden sich im Konzept <strong>des</strong> Wachstums und der Entwicklung. Dieses Konzept<br />

ist nach King dadurch definiert, dass es alle Veränderungen <strong>des</strong> Menschen auf zellularer, molekularer und verhaltensmäßiger<br />

Ebene einschliesst. Ein weiteres wichtiges Merkmal dieses Konzepts besteht darin, dass die<br />

Wachstums- und Entwicklungsprozesse im Zusammenhang mit der genetischen Ausstattung eines Menschen zu<br />

sehen sind, sowie mit als sinnvoll erlebten und befriedigenden Erfahrungen im Zusammenhang mit einer förder-<br />

20 Sie interessiert sich weniger dafür, welche Wandlungen das Konzept <strong>des</strong> Selbst im Verlauf der Wissenschaftsgeschichte<br />

erfahren hat, noch für die damit verbundenen wissenschaftstheoretischen Probleme, die sich z.B. im Verhältnis von Körper<br />

und Geist widerspiegeln. Sie muss dies auch nicht, da die Allgemeine System<strong>theorie</strong> sich mit ‚Ganzheiten’ befasst und vorgibt<br />

den Dualismus in der Wissenschaft zu überwinden (s. hierzu die Ausführungen von Bertalanffys 1968).<br />

21 Er war Entwicklungspsychologe.<br />

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