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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 6<br />

Medizin und Wickeln. Schon Nightingale sprach von Lebensprozessen, ein Thema, dass die Pflege in den USA<br />

wie ein roter Faden durchzieht (s. auch Kap. 1). Roy/Andrews machen auf zwei zeitgleich ablaufende Entwicklungen<br />

aufmerksam, die die Beziehung Medizin/Pflege prägen. Sie stellen fest, dass der arztabhängige Bereich<br />

der Pflege, also die medizinisch delegierten Aufgaben, im Laufe der Zeit immer größer wurde. Diese Entwicklung<br />

fiel mit der Entwicklung der Pflegewissenschaft zusammen, im Rahmen derer sich einige Pflegetheoretikerinnen<br />

mit der autonomen Rolle bzw. Funktion der Pflege beschäftigten und damit, welche Aktivitäten hierzu<br />

gehörten. In diesem Kontext ist auch die Entstehung der Pflege<strong>theorie</strong>n, <strong>des</strong> Pflegeprozesses, die Entwicklung<br />

von Pflegediagnosen, Klassifikationssystemen u.a.m. zu sehen.<br />

Wie erwähnt, bezieht sich das RAM in erster Linie auf den autonomen oder unabhängigen Bereich der Pflege,<br />

wie er im Social Policy Statement der ANA (1995) definiert (Roy/Andrews 1999: 63) und 2003 in modifizierter<br />

Fassung bestimmt worden ist (s. Roy 2009: 55). Das RAM knüpft an die Definition der ANA an, <strong>des</strong>sen Kern<br />

die Reaktions- und Handlungsweisen der Menschen in Bezug auf Gesundheit und Krankheit sind (s. Kap.4). Allerdings<br />

werden im RAM menschliche Reaktions- und Handlungsweisen aus der spezifischen Perspektive der<br />

Adaptation gesehen. Im Social Policy Statement wird anerkannt, dass die Pflege als Disziplin mit anderen Disziplinen<br />

zusammenarbeitet und dass es einen mit der Medizin überlappenden sowie einen interdisziplinären Bereich<br />

gibt. Am deutlichsten tritt der mit der Medizin überlappende Bereich im physiologischen Adaptationsmodus<br />

zutage. Hier erweist sich das medizinische Modell als konzeptioneller Bezugsrahmen für die Pflege als nicht<br />

funktional, da es wichtige Aspekte wie Umwelt, Holismus und Prozesse ignoriert. Darüber hinaus richtet sich<br />

der Fokus der Pflege heute verstärkt auf Gesundheit statt auf Krankheit. (Ungeachtet <strong>des</strong>sen wird eine Pflegekraft<br />

nicht nur für ihre Handlungen im Bereich der Pflege rechtlich <strong>zur</strong> Rechenschaft gezogen, sondern auch für<br />

die an sie delegierten und von ihr ausführten Aufgaben.) Um das im RAM enthaltene Potenzial bei der Pflege<br />

von Menschen ausschöpfen zu können, muss die zwischen medizinischem und pflegerischem Funktionskreis<br />

bestehende Beziehung daraufhin überprüft werden, inwieweit diese und die allgemein vorherrschenden Bedingungen<br />

der Gesundheitsversorgung den für die Förderung von adaptivem Verhalten/Handeln erforderlichen<br />

Handlungsspielraum <strong>zur</strong> Verfügung stellen. Um hier Klarheit zu gewinnen, können insbesondere die im RAM<br />

entwickelten Vorstellungen <strong>zur</strong> Funktionsweise <strong>des</strong> Gruppenidentitäts-Modus (s. Pkt. 6.3.3), <strong>des</strong> Rollenfunktions-<br />

und Interdependenzmodus auf das adaptive Verhalten/Handeln <strong>des</strong> intra- und interdisziplinären Teams<br />

übertragen werden. Es kann ermittelt werden, welche pflegerischen Kompetenzen für die Umsetzung <strong>des</strong> RAM<br />

erforderlich sind. Weiter kann die Einschätzung und Analyse der vorherrschenden Beziehungsmuster zwischen<br />

Pflege und Medizin sowie der Bereitschaft, diese auf eine andere Basis zu stellen, die Grundlage für die Erarbeitung<br />

von Vorschlägen für die Neuausrichtung dieser Beziehung liefern. Diese Beziehung könnte – wie es Peplau<br />

(s. Kap. 5.5) gefordert hat -, auf der Basis von Wissen anstelle auf der Basis von Macht und geschlechtlich<br />

konnotierten Ideologien errichtet werden.<br />

Werden die Vorstellungen Roys auf die vier Phasen <strong>des</strong> Caring Prozesses bezogen, d.h. auf die Phase <strong>des</strong> Caring<br />

about, Taking care of, Caregiving, Care-Recieving, dann bietet das RAM grundsätzlich die Chance, pflegerisches<br />

Handeln in den unterschiedlichen Kontexten daraufhin zu untersuchen, inwieweit es adaptives Handeln in<br />

den vier Modi fördert und ermöglicht (oder gar verunmöglicht). Ganz allgemein erlaubt das RAM den Pflegekräften,<br />

pflegerische Phänomene aus einer erweiterten Perspektive zu betrachten. In diesem Zusammenhang<br />

kommt dem Selbstkonzept-Modus als handlungsleitendem System eine zentrale Rolle zu. Was im Caring Prozess<br />

Berücksichtigung findet und was nicht, ist stark an pflegerische Erfahrungen gebunden und daran, wie sich<br />

diese im Selbst <strong>des</strong> jeweiligen Menschen niederschlagen. Wie ausgeführt, können die drei psychosozialen Modi<br />

<strong>zur</strong> Beschreibung und Analyse der Funktionsweise der Beziehung zwischen Pflegekraft und Patient und seinen<br />

Bezugspersonen bzw. seinem pflegerischen Bezugssystem (Familie, soziale Gruppe etc.) herangezogen wer-<br />

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