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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 6<br />

der Interaktion auf ein adaptives personales Selbst <strong>zur</strong>ückgreifen zu können. Der Patient benötigt es, wenn er mit<br />

neuen Adaptationsproblemen konfrontiert wird, und die Pflegekraft, wenn sie den Patienten bei einer wirksamen<br />

Adaptation im Selbstkonzept-Modus unterstützen will.<br />

Im ersten Schritt, der Einschätzung, gewinnt die Pflegekraft über die Artikulation von Gedanken und Gefühlen<br />

einen ersten Eindruck vom personalen Selbst <strong>des</strong> Patienten sowie von der Art und Weise, wie er sich ihr gegenüber<br />

verhält, wie er auf sie, ihre Äußerungen und ihr Handeln reagiert. Durch ihre Herangehensweise und ihre<br />

Art der Gesprächsführung kann sie zu einer vertrauensvollen Atmosphäre beitragen, die dem Patienten Sicherheit<br />

vermittelt, so dass er bereit ist, sich ihr anzuvertrauen (Herstellen einer ‚sicheren Umwelt’). Hierzu ist es erforderlich,<br />

dass die Pflegekraft gelernt hat, vorurteilsfrei mit den Gefühlsäußerungen <strong>des</strong> Patienten umzugehen,<br />

und dass sie ihm zuhört, ohne ihm sogleich ihre Sicht der Dinge oder ihre Gefühle aufzudrängen. Die Gefühle<br />

<strong>des</strong> Patienten können auf unterschiedliche Art und Weise zum Ausdruck gebracht werden, z.B. durch Lachen,<br />

Schreien, verbal oder nonverbal. Unterdrückte Gefühle hingegen können bei der betreffenden Person Spannungen<br />

in der Weise erzeugen, dass psychische Energien gebunden werden und die Fähigkeit unterlaufen wird, sich<br />

auf andere Dinge zu konzentrieren. Ein solches Verhalten deutet in der Royschen Terminologie auf einen ineffektiv<br />

arbeitenden Cognator hin (s. Buck 1991b: 313, Roy/Andrews 1999: 395f).<br />

Für die Herstellung einer vertrauensvollen Situation muss dem Patienten nicht nur Sinn und Zweck <strong>des</strong> Gesprächs<br />

verständlich sein, die Pflegekraft muss ihr Vorgehen auch am jeweiligen Patienten orientieren, d.h., es<br />

muss situationsangemessen 22 sein (s. Buck (1991b: 313). Der Patient muss verstehen, dass die Pflegekraft die<br />

Informationen benötigt, damit sie mit ihm seine Pflege planen kann. Erst wenn die Pflegekraft sich ein Bild über<br />

das personale Selbst und die damit zusammenhängenden Verhaltensweisen gemacht hat, kann sie beurteilen, ob<br />

letztere effektiv oder ineffektiv sind. Nach Buck (1991b: 314) fördern adaptive Verhaltensweisen das Überleben,<br />

das Wachstum und die Reproduktion und tragen dazu bei, dass der Mensch sein Leben meistert. Adaptives Verhalten<br />

kann sich auch darin zeigen, dass es den Einzelnen entsprechend seiner Entwicklung in die Lage versetzt,<br />

die von ihm verfolgten Ziele zu verwirklichen. In Tabelle 6.1. sind die für diesen Bereich wichtigen Stimuli kursiv<br />

gesetzt worden. Die dort genannten Copingstrategien und –fähigkeiten gelten für beide Aspekte <strong>des</strong> Selbstkonzepts.<br />

Mithilfe entsprechender Fragen zu diesen Stimuli kann sich die Pflegekraft ein Bild vom Patienten<br />

verschaffen und schlussfolgern, wie adaptiv oder ineffektiv der Patient mit Veränderungen in seiner externen<br />

und internen Umwelt umgeht. In Tabelle 6.4 sind Merkmale der Dimensionen <strong>des</strong> personalen Selbst, mögliche<br />

Fragen und mögliche Verhaltensmanifestationen zusammengefasst.<br />

In welcher Reihenfolge auf die genannten Stimuli eingegangen wird, ist situationsabhängig. Die in den beiden<br />

ersten Schritten gewonnenen Einsichten über das personale Selbst <strong>des</strong> Patienten bilden die Basis für eine Pflegediagnose.<br />

Buck nennt als eine mögliche vorläufige Pflegediagnose: ‚Stabiles Muster der Selbst-Konsistenz’. In<br />

der zweiten Hälfte der diagnostischen Aussagen werden der spezifische fokale Stimulus oder die Stimuli sowie<br />

die wichtigsten kontextuellen Stimuli genannt, da sich das pflegerische Handeln hierauf konzentriert. Die Pflegediagnose<br />

könnte aber auch auf den Grad der Selbstwertschätzung eingehen als dem Wert, den sich ein Mensch<br />

selbst beimisst und der ein durchdringender Aspekt <strong>des</strong> personalen Selbst zu sein scheint. Seine Selbstwertschätzung<br />

äußert der Mensch in Form von Gefühlen, da sie in jede emotionale Reaktion eines Menschen einfließt. Die<br />

Pflegekraft erhält aus den Informationen zum Selbstkonzept Hinweise auf den Grad der Selbstwertschätzung <strong>des</strong><br />

betreffenden Menschen. Diese wiederum korrespondiert mit den Möglichkeiten <strong>des</strong> Menschen <strong>zur</strong> aktiven und<br />

positiven Lebensbewältigung und Adaptation. Buck (1991b: 318) geht davon aus, dass sowohl eine hohe als<br />

auch eine moderate Selbstwertschätzung funktional sein können, wohingegen eine geringe Selbstwertschätzung<br />

22<br />

In diesem Zusammenhang müssen Zeitpunkt und Ort <strong>des</strong> Gespräches bedacht werden. Weiter sollte es so gestaltet werden,<br />

dass es den momentanen Bedürfnissen <strong>des</strong> Patienten entspricht.<br />

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