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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 6<br />

auf die Heilungsfähigkeiten <strong>des</strong> Menschen und auf seine Fähigkeit, seine Gesundheit zu erhalten, auswirken<br />

können. Die beiden Aspekte <strong>des</strong> physischen Selbst repräsentieren Verhaltensweisen, die der Pflegekraft Hinweise<br />

geben, ob der Patient in der Lage sein wird, sich an die neue Situation anzupassen. Um diese Einschätzung<br />

vornehmen zu können, muss die Pflegekraft ein gewisses Verständnis ihres eigenen physischen Selbst, ihres damit<br />

zusammenhängenden Körperbilds und ihrer körperlichen Sensationen haben und sich damit wohlfühlen.<br />

Nach Buck (1991a: 283) bedarf es nicht nur eines adaptiven physischen Selbst <strong>des</strong> Patienten, wenn er/sie bestehende<br />

Adaptationsprobleme positiv bewältigen soll, vielmehr muss auch die Pflegekraft in der Lage sein, auf ein<br />

adaptives physisches Selbst <strong>zur</strong>ückgreifen zu können, wenn sie einen Patienten bei einer effektiven Adaptation<br />

im Selbstkonzept-Modus unterstützen will. Dies erleichtert ihr die Einschätzung der beiden Dimensionen ebenso<br />

wie diejenige der Stimuli. Wenn sich die Pflegekraft mit ihrem eigenen physischen Selbst nicht in Einklang befindet,<br />

kann das dazu führen, dass sie nicht vorbehaltlos und vorurteilsfrei auf den Patienten zugeht. Immerhin<br />

muss sie für eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre sorgen, dem Patienten den Zweck <strong>des</strong> Interviews erklären<br />

und darauf achten, dass seine Privatsphäre gewahrt und dass auf seine unmittelbaren Bedürfnisse eingegangen<br />

wird. Steht die Pflegekraft mit sich selbst in Einklang, so Buck (1991a: 284), kann sie mit dem Patienten<br />

vorbehaltlos über die Themen sprechen. Was die entstehenden körperlichen Sensationen angeht, schätzt die<br />

Pflegekraft die nonverbalen Zeichen <strong>des</strong> Patienten mittels Beobachtung oder mit Hilfe der mündlichen Mitteilung<br />

ein. Dieses gelingt um so eher, je mehr dem Patienten von Seiten der Pflegekraft ermöglicht wird, die Erfahrungen<br />

mitzuteilen, die er mit körperlichen Sensationen gemacht hat.<br />

Die zweite Dimension betrifft das Körperbild, das der Mensch in seinem Verhalten zum Ausdruck bringt. Ein<br />

Teil <strong>des</strong> sexuellen Körperbil<strong>des</strong> verweist auf die Identifikation mit dem eigenen Geschlecht. Sie ist ein zentraler<br />

Aspekt <strong>des</strong> RAM im Rahmen <strong>des</strong> Rollenfunktionsmodus und wird hier im Zusammenhang mit ihrem Einfluss<br />

auf das Selbstkonzept diskutiert. Mittels direkter Beobachtung erfährt die Pflegekraft, welches Bild der jeweilige<br />

Mensch von seinem Körper hat. Dieses spiegelt sich in den Haltungen, die er einnimmt, in der persönlichen Hygiene<br />

oder der Gestaltung seines Äußeren 19 . Insgesamt geht es darum herauszufinden, ob das beobachtbare Verhalten<br />

adaptiv oder ineffektiv ist und ob es <strong>zur</strong> psychischen Integrität beiträgt (s. auch Roy/Andrews 1999: 388f).<br />

Der zweite Schritt der Einschätzung erfolgt entlang der in Tabelle 6.3 genannten Stimuli. Aus den gewonnenen<br />

Informationen sowie unter Hinzuziehung weiterer Informationen, wie z.B. aus der Krankenakte, aus Gesprächen<br />

mit Bezugspersonen etc. kann eine erste vorläufige Pflegediagnose abgeleitet werden. Die Formulierung einer<br />

Pflegediagnose leitet zum nächsten Schritt <strong>des</strong> Pflegeprozesses über. Sie gründet sich auf das eingeschätzte Verhalten<br />

und auf die Stimuli. Sie umfasst die Bewertung, ob die Verhaltensweisen in jedem Teilaspekt <strong>des</strong> physischen<br />

Selbst effektiv oder ineffektiv sind. Der erste Teil der pflegerischen Diagnose gibt an, ob es sich z.B. um<br />

adaptive oder ineffektive Körpersensationen handelt, während der zweite Teil der Aussage die spezifischen fokalen<br />

Stimuli, die wichtigsten kontextualen und residualen Stimuli enthält. Im Zusammenhang mit der Formulierung<br />

der Pflegediagnosen geht Buck (s. Buck 1991a: 292 f) ausführlich auf den Lebensabschluss ein, ein Thema,<br />

mit dem Pflegekräfte immer wieder konfrontiert werden und das von den betroffenen Menschen sowohl adaptiv<br />

wie ineffektiv gemeistert werden kann. Insofern sollten die Pflegekräfte Verhaltensmomente und Handlungsweisen<br />

kennen, die auf die eine oder die andere Form der Adaptation hinweisen. Des Weiteren werden vier mögliche<br />

Pflegediagnosen beschrieben, die als Adaptationsprobleme gesehen werden können und seitens der North<br />

American Nursing Diagnosis Association (NANDA) als Pflegediagnosen 20 akzeptiert worden sind. Hierbei handelt<br />

es sich um<br />

• eine Körperbildstörung, die hier definiert wird „als negative Gefühle oder Wahrnehmungen in Bezug<br />

auf Merkmale, Funktionen oder Grenzen <strong>des</strong> Körpers oder von Körperteilen“ (s. Buck 1991a: 293)<br />

19<br />

Die physische Einschätzung umfasst (in den USA) auch körperliche Untersuchungen.<br />

20<br />

In der mir vorliegenden deutschen Fassung der Klassifikation von 2005-2006 (s. Georg 2005) werden die ersten drei Adaptationsprobleme<br />

unter den Begriffen Körperbildstörung, Sexualstörung, Vergewaltigungssyndrom geführt.<br />

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