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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 1<br />

Im Zuge der Entwicklung dieses Wissensstocks bzw. Wissenssystems und der Systematisierung <strong>des</strong> Pflegewissens<br />

kommt Begriffen wie ‚concept‘, ‚model‘, ‚conceptual framework‘, ‚theory‘, ‚philosophy‘, ‚paradigm‘,<br />

‚worldviews‘ u.a.m. eine immer wichtigere Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang werden auch die zuvor genannten<br />

Leitbegriffe als zentrale Konzepte <strong>des</strong> sogenannten ‚Metaparadigm of Nursing’ 25 neu gedeutet. In der<br />

Auseinandersetzung geht es weniger um die Idee <strong>des</strong> Metaparadigmas als solches, sondern um die Definition der<br />

Konzepte und die Anzahl derselben (s. z.B. Fawcett 1989, 2005, Meleis 1997a, b, 2007; Parker 2001, Risjord<br />

2010). Die Klassifizierung, wonach die schriftlich fixierten Vorstellungen von Pflege bei einigen Autorinnen als<br />

konzeptueller Bezugsrahmen, Theorie oder gar Philosophie bezeichnet werden, erscheinen manchmal willkürlich.<br />

Während Florence Nightingale allgemein als erste Pflegetheoretikerin angesehen wird, tauchen andere Vorstellungen<br />

und Konzeptionen von Pflege wie etwa die Arbeit von Bertha Harmer (1922, 1936) oder von Lillian<br />

Wald in der pflegetheoretischen Diskussion kaum auf oder werden, wie am Umgang mit Hendersons Schriften<br />

gezeigt werden kann, höchst unterschiedlich behandelt (s. z.B. Yura/Walsh 1988; Meleis 1997a, b, 2007,<br />

Fawcett 2005, Parker 2001). Ungeachtet <strong>des</strong>sen leitete Hildegard Peplau mit ihrem 1952 erschienenen Buch ‚Interpersonal<br />

Relations in Nursing’ einen Wandel ein, indem sie der Pflege zu einer Transformation von „a ‚science<br />

of doing’ to a ‚science of knowing’ by reestablishing creative links between theory and research“ (Reed<br />

1995: 73) verhalf26 . Die Arbeit von Peplau als einer der hier interessierenden pflegetheoretischen Ansätze27 ist<br />

zu einem Zeitpunkt entstanden, als der Begriff ‚nursing science‘ in der öffentlichen Diskussion noch nicht präsent<br />

war (s. Carper 1978/1992: 216), im Gegensatz etwa zu der Vorstellung, dass die Pflege eines wissenschaftlich<br />

abgesicherten Wissenssystems bedarf, um den Status einer Profession zu erlangen (s. auch Risford 2010).<br />

Im Zuge der Auseinandersetzung über das Wissenssystem 28 erfolgte eine Konkretisierung der Vorstellungen von<br />

der Pflege als einer wissenschaftlichen Disziplin und davon, wie Theorien entwickelt werden können und mittels<br />

welcher Methoden die Gewinnung von Erkenntnissen möglich ist. Frühe Zeugnisse einer sich herausbildenden<br />

Pflegewissenschaft sind die in der Zeitschrift ‚Nursing research’ veröffentlichten Artikel.<br />

Auf die weiteren Entwicklungen in der zweiten Hälfte <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts soll an dieser Stelle nur kursorisch<br />

eingegangen werden. Zu erwähnen sind der Vorschlag von Wald/Leonard (1964/1992: 22ff) 29 aus den 1960er<br />

Jahren. Hiernach sollen an die Stelle der bloßen Übertragung von Erkenntnissen und Prinzipien der Grundlagenwissenschaften<br />

auf die Pflege pflegerische Erkenntnisse aus klinischen Situationen treten, d.h. es sollen Konzepte<br />

aus der Analyse der pflegerischen Praxis entwickelt werden. In die gleiche Richtung zielten die Vorschläge<br />

25 Die Diskussion um das Metaparadigma der Pflege ist widersprüchlich: Die zuerst erkannten Hauptkonzepte waren:<br />

Mensch, Gesellschaft, Gesundheit und Pflege (nursing): Fawcett ersetzte den Begriff Mensch durch Person/Individuum und<br />

Gesellschaft durch den Begriff Umwelt (s. Silverstein 2003: 58). Fawcett versucht, das Pflegewissen hierarchisch innerhalb<br />

dieses Metaparadigmas zu ordnen, wobei die Leitbegriffe die abstraktesten Konzepte bzw. Themen der Pflege als<br />

wissenschaftliche Disziplin sind. Sie fungieren als Klammer, die die Disziplin zusammenhält und unter deren Schirm sich<br />

unterschiedliche Paradigmen etc. vereinen können (s. Risjord 2010: 100). Die von amerikanischen<br />

PflegewissenschaftlerIinnen geführte Diskussion um das Metaparadigma der Pflege ist in der jungen deutschen<br />

Pflegewissenschaft recht kritisch aufgegriffen worden (s.. bspw. Friesacher/Rux-Haase 1998, Hallersleben 2001,<br />

Brandenburg/ Dorschner 2003). Im deutschsprachigen Raum hat Andrea Zielke-Nadkarni (2005) den Versuch unternommen,<br />

ein Netzwerk der Grundelemente der Pflegewissenschaft zu erarbeiten, das verschiedene pflegewissenschaftlich relevante<br />

Erkenntnis- und Handlungsebenen beschreibt. In diesem Zusammenhang setzt sie sich mit den Ideen Fawcetts auseinander.<br />

26 Nach Yura/Walsh (1988:44) drängte Peplau mit diesem Text die traditionellen Grenzen der Pflege <strong>zur</strong>ück. Laut<br />

Sills/Beeber (1995: 37f) begründete Peplaus Ansatz eine Neustrukturierung der Pflegepraxis. Er stellte eine Abkehr von<br />

technischen, problemorientierten Modellen der Pflegepraxis zu einem prozessorientierten, evolutionären Modell dar. Er<br />

leitete einen Paradigmawechsel ein (s. auch Silverstein 2003).<br />

27 Die in den 1970er Jahren geführte Diskussion um das Wissenschaftsverständnis hinterlässt deutliche Spuren in den<br />

Arbeiten von Sister Callista Roy und Imogene King.<br />

28 Nach Risjord (2010: 15) kristallisierten sich Ende der 1950er Jahre und im Laufe der 1960er Jahre zwei differierende Wissenschaftsverständnisse<br />

und damit korrespondierende Vorstellungen <strong>des</strong> Verhältnisses zwischen der Pflegewissenschaft als<br />

Disziplin und der Pflegepraxis heraus. In der einen Vorstellung wurde diese Beziehung so gesehen, dass die Pflegewissenschaft<br />

die Praxis steuern und leiten sollte, wohingegen in der Vorstellung der sogenannten Praxistheoretikerinnen umgekehrt<br />

die Praxis die Disziplin leiten sollte.<br />

29 Einen solchen Ansatz hatten die ersten LehrerInnen der School of Nursing an der Yale <strong>Universität</strong> vorgeschlagen, und er<br />

ist konsequent von Hildegard Peplau befolgt worden.<br />

15

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