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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 6<br />

der Beschreibung der Beziehungen der einzelnen Teilsysteme zueinander definiert sie das Selbstkonzept als eine<br />

Kraft, die das System am Laufen hält. Diese Energie äußert sich im menschlichen Streben nach Angemessenheit,<br />

bei dem gewisse Prozesse <strong>des</strong> Cognators aktiviert werden, insbesondere Prozesse der Verarbeitung von Informationen<br />

und Emotionen. Um sich selbst als kompetent handelnden Menschen wahrzunehmen, greift der Mensch<br />

auf die Fähigkeit der selektiven Wahrnehmung, der Kodierung und auf sein Gedächtnis <strong>zur</strong>ück. Zugleich werden<br />

Abwehrmechanismen in Gang gesetzt, um sich einerseits zu entlasten und um sich andererseits eine wirkungsvolle<br />

Beurteilung sowie die Zuneigung anderer zu verschaffen. In seinem Streben nach Angemessenheit setzt der<br />

Mensch in einer für ihn spezifischen Art und Weise die vom Cognator aus gesteuerten Prozesse in Gang (s. Roy<br />

1981: 250f). In der jüngst erschienenen 3. Auflage <strong>des</strong> RAM beschreibt Roy (2009: 325) drei grundlegende Prozesse<br />

<strong>des</strong> Selbstkonzept-Modus. Hierbei handelt es sich um das sich entwickelnde Selbst, das sich wahrnehmende<br />

Selbst und das fokussierende Selbst.<br />

Was den ersten dieser Prozesse betrifft, begreift Roy die Entwicklung <strong>des</strong> Selbst in Anlehnung an die von ihr zitierten<br />

Entwicklungs<strong>theorie</strong>n (Freud, Erikson, Piaget, Neugarten u.a.) als einen in Phasen ablaufenden Prozess.<br />

Dieser beginnt mit der Geburt und erfolgt auf der Basis der physischen, kognitiven und moralischen Entwicklung<br />

sowie aufgrund der Reaktionen anderer in Bezug auf das Selbst. Die Erfahrungen der Menschen werden<br />

von diesem in Anlehnung an die Arbeiten von Markus kognitiv in Selbst-Schematas organisiert. Sie beinhalten<br />

beide Aspekte <strong>des</strong> Selbstkonzepts, das physische wie das personale Selbst. Wird das Selbstkonzept hingegen aus<br />

der Perspektive von Wahrnehmungsprozessen betrachtet, wird die Bedeutung, die andere Menschen für die Herausbildung<br />

<strong>des</strong> Selbstkonzepts spielen, offensichtlich. So bestätigen Menschen ihr Selbstkonzept in sozialen Interaktionen<br />

mit anderen Menschen immer wieder von Neuem. Dieser Aspekt ist besonders im Bereich der Gesundheitsversorgung<br />

relevant, da diese in interpersonalen Beziehungen erfolgt. Der Patient erfährt in dieser Beziehung,<br />

wie sein Handeln und seine Reaktionen von anderen bewertet werden. Daher sollte eine Pflegekraft laut<br />

Roy lernen, wie sie ihr Selbst ‚therapeutisch’ einsetzen kann, damit der Pflegeprozess für den zu pflegenden<br />

Menschen ein wirksamer ist. Nach Roy besteht eine Anforderung an die Pflegekraft darin, Klarheit über ihr eigenes<br />

Selbstkonzept und ein gewisses Verständnis hiervon zu gewinnen. Dies sei von persönlichem wie professionellem<br />

Nutzen (s. Roy 2009: 327ff). Der dritte Prozess betrifft die Stabilität <strong>des</strong> Selbst über die Zeit und damit<br />

die Konsistenz, Einheit und Organisation <strong>des</strong> Selbst. Zur Beschreibung der Gemeinsamkeiten verschiedener<br />

Theorien hat Roy den Begriff <strong>des</strong> ‚fokussierenden Selbst’ gewählt. Er besagt, dass der Mensch mit seinem physischen<br />

und personalen Selbst in spezifischer Weise in Kontakt ist, kurz, dass er sich mit sich selbst im Einklang<br />

befindet. Der betreffende Mensch weiß, wer er ist, wo sein Platz in der Gesellschaft ist. Er begreift sich als Teil<br />

von allgemeinen (Lebens)-Mustern und sieht sich eingebunden in ein Netz von Beziehungen mit anderen Menschen<br />

und mit der Welt. Ein solches Selbst wird durch die gegenwärtigen sozialen Veränderungen herausgefordert,<br />

insbesondere was die Mobilität und die durch die ‚Informationsgesellschaft’ 17 hervorgerufenen Veränderungen<br />

betrifft (s Roy (2009: 329f).<br />

Die auf das Selbstkonzept einwirkenden Inputs aus der äußeren und internen Umwelt werden im RAM zwei Kategorien<br />

zugeordnet, einem durch Cognator und Regulator erzeugten Input und einem aus sozialen Erfahrungen<br />

resultierenden Input. Hier fungieren Cognator und Regulator als Suprasysteme, d.h. sie befinden sich auf einer<br />

anderen Systemebene als das Selbstkonzept als Gesamtsystem. Mit Blick auf die erste Kategorie von Inputs sind<br />

Sensationen und Kognitionen, die mittels <strong>des</strong> Regulators und Cognators verarbeitet werden, nach Roy (1981:<br />

251) Inputs für das Selbstkonzept als System. Als Beispiel führt sie eine Situation an, in welcher ein Mensch<br />

friert. Die Information ‚frieren’ wird in Form eines neuronalen Inputs innerhalb <strong>des</strong> Körpers vom Regulator <strong>des</strong><br />

betroffenen Menschen registriert und über die regulative Aktivität der Wahrnehmung zu einer Kognition, d.h. zu<br />

17<br />

Sie erwähnt den Begriff <strong>des</strong> ‚digitalen Selbst’. Dieses Selbst unterscheide sich von einem Selbst in einer face-to-face-<br />

Beziehung (s. Roy 2009: 330)<br />

255

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