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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 6<br />

sondern ebenso die Fähigkeiten, Fertigkeiten, die Kompetenzen, das Vermögen sowie das Wissen eines Menschen<br />

wie auch seine Verpflichtungen beinhalten. Der Mensch als zielgerichtetes und nach Sinn streben<strong>des</strong> Wesen<br />

verfolgt mit seinem Handeln und durch die Art seiner Auseinandersetzung mit seiner inneren und äußeren<br />

Umwelt die Aufrechterhaltung und Integrität seines Lebens und seiner Person, sein Wachstum, seine Reproduktion<br />

und die Meisterung <strong>des</strong> eigenen Lebens 11 (Roy/McLeod 1981: 58; Roy/Andrews 1991: 12). Adaptive Reaktionen<br />

und Handlungen tragen hierzu bei. Für die Beurteilung adaptiver und ineffektiver Reaktionen und Handlungen<br />

ist die Relativität menschlicher Ziele von Bedeutung. Diese müssen immer aus der Sicht <strong>des</strong> betroffenen<br />

Menschen gesehen werden. Sie unterliegen persönlichen Wertmaßstäben und Prioritäten und können mithin zu<br />

unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedlichen Situationen verschieden sein und jeweils andere Bedeutungen<br />

haben. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Langzeitfolgen bestimmter Handlungsweisen<br />

und somit die zeitliche Dimension <strong>des</strong> Handelns zu berücksichtigen. Bei menschlichen Zielen wie bei den Ergebnissen<br />

von Adaptationsprozessen handelt es sich um relative, nicht eindeutig definierte Phänomene. Der entweder<br />

als adaptive oder als ineffektive Antwort klassifizierte Output kann im Sinne eines Feedbacks (Rückkopplungsschleifen)<br />

einen neuen Input ergeben. Dieser bildet die Grundlage für die Entscheidung darüber, ob die<br />

Bewältigung der auf einen Menschen einwirkenden Stimuli ihm weitere Aktivitäten bzw. Bemühungen abverlangt<br />

(s. Roy/McLeod 1981, Roy/Andrews 1991, 1999, Roy 2009). Hierin drückt sich der prozessurale Charakter<br />

der Adaptation aus 12 . Unter Bezugnahme auf ihre philosophischen Annahmen geht Roy (2009: 40) davon<br />

aus, dass adaptive Verhaltens- bzw. Handlungsweisen auf der Basis neuen Wissens u.a. zu einem immer höheren<br />

Niveau einer komplexen Selbstorganisation führen können, d.h. zu höherer Bewusstheit und höherem Sinn. In<br />

diesem Zusammenhang ist es wichtig, das Ergebnis vor dem Hintergrund der sozialen und physischen Umwelt<br />

<strong>des</strong> Menschen zu betrachten. Unter den Begriff Umwelt fallen die für den Patienten wichtigen Personen, seine<br />

Fähigkeiten im weitesten Sinn, seine Lebensbedingungen und Möglichkeiten, d.h. alles, was für ihn/sie wichtig<br />

ist. Die Umwelt bedingt aufgrund von Änderungen kontinuierliche Adaptationsprozesse. Letztere bieten dem<br />

Menschen prinzipiell die Chance, sich weiterzuentwickeln, zu wachsen und den Sinn <strong>des</strong> eigenen Lebens zu<br />

transformieren. Hierbei bilden die drei Stimuli den Rahmen dieser Adaptations- und Entwicklungsprozesse. Dieser<br />

Rahmen ist nicht starr, sondern zeichnet sich durch eine gewisse Plastizität und Flexibilität aus. Gesundheit,<br />

als ein wichtiges für die professionelle Pflege anzustreben<strong>des</strong> Ziel, wird im RAM im Kontext von Adaptation<br />

verstanden und aus einem engen biomedizinischen Verständnis herausgelöst. Im Mittelpunkt <strong>des</strong> pflegerischen<br />

Adaptationsmodells stehen der Prozess der Adaptation und das Ergebnis. Hierauf kann die Pflegekraft durch geeignete<br />

Interventionen Einfluss nehmen und zu einer positiven Adaptation beitragen. Hierzu ist ein umfassen<strong>des</strong><br />

Verständnis von Adaptation und Adaptationsprozessen in den vier im RAM beschriebenen Adaptationsmodi erforderlich<br />

(s. Roy 2009: 49).<br />

6.2 DER MENSCH ALS ADAPTIVES SYSTEM UND FOKUS DES RAM<br />

Wie bereits erwähnt, begreift Roy den Menschen als ein adaptives System. Der Empfänger der pflegerischen<br />

Dienstleistung kann sowohl der Einzelne, eine Familie, eine Gruppe, eine Gemeinschaft oder die Gesellschaft als<br />

Ganzes sein (Roy 1970, 1976, 1988, Roy/Roberts 1981, Roy/Andrews 1991, 1999, Roy 2009). Roy diskutiert<br />

ihre Vorstellungen von Pflege primär am Beispiel der Pflege eines Einzelnen, d.h. auf einer Eins-zu-eins-Basis.<br />

Diese Sicht wird in den 1999 und 2009 veröffentlichten Büchern um die Pflege von Gruppen erweitert, da solche<br />

zunehmend im Zentrum <strong>des</strong> pflegerischen Handelns stehen. Adaptation und Coping werden aus der Perspektive<br />

von Systemen interpretiert, um die Komplexität <strong>des</strong> menschlichen Lebens und Seins, von sozialen Systemen und<br />

11<br />

In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass sich lebende Systeme nach Miller (zitiert in Roy/McLeod 1981: 52) selbst ändern<br />

können, sie können ihre Umwelt ändern, sie können sich aus der Umwelt <strong>zur</strong>ückziehen oder aber den angestrebten Zustand<br />

verändern.<br />

12<br />

In Anlehnung an White ist Handeln nach Roy/McLeod (1981: 57) in Bezug auf die Pflege um so eher adaptiv, je mehr der<br />

Mensch in der Lage ist: 1) adäquate Informationen aus der Umwelt zu erhalten, 2) zufriedenstellende innere Bedingungen für<br />

das Handeln und die Verarbeitung von Informationen aufrechtzuerhalten und 3) seinen Bewegungsfreiraum aufrechtzuerhalten<br />

und die Freiheit zu haben, seine Möglichkeiten (Handlungsrepertoire) flexibel und variabel einzusetzen.<br />

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