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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 6<br />

6. SISTER CALLISTA ROY 1 : DAS ROYSCHE ADAPTATIONSMODEL (RAM)<br />

Der von Roy vorgelegte Ansatz, das Roysche Adaptationsmodell (RAM) interessiert hier vor allem wegen ihres<br />

Verständnisses <strong>des</strong> ‚Selbstkonzepts‘, das sie im RAM als Adaptationsmodus versteht. Zur Darstellung dieses<br />

Modus werden die Entwicklung und der theoretische Hintergrund <strong>des</strong> RAM kurz skizziert. Sodann werden – wie<br />

im vorangegangenen Kapitel für Peplau – die Vorstellungen Roys zum ‚Selbstkonzept‘ danach befragt, wie diese<br />

für die handlungstheoretische Reformulierung <strong>des</strong> RLT-Modells genutzt werden können. In einem weiteren<br />

Schritt werden die vier Adaptationsmodi unter Einbeziehung von neueren Arbeiten zum RAM betrachtet und die<br />

gewonnenen Erkenntnisse entlang der in Kapitel 4 entwickelten Fragen diskutiert.<br />

6.1 ERSTE ANSÄTZE, ENTWICKLUNGSLINIEN UND THEORETISCHER HINTERGRUND<br />

Erste Ansätze eines Adaptationsmodells für die Pflege entwickelte Sister Callista Roy, während ihres Studiums<br />

in den 1960er Jahren an der University of California, Los Angeles auf Anregung von Dorothy E. Johnson 2 , einer<br />

der ersten Pflegetheoretikerinnen. Ihr Adaptationsmodell stützt sich auf Ideen der Allgemeinen System<strong>theorie</strong><br />

Ludwig von Bertalanffys und auf die Arbeiten von Harry Helson und Autoren wie Bruce P. Dohrenwend,<br />

Richard Lazarus, David Mechanic oder Hans Selye, die sich mit den Fragen der menschlichen Adaptation, Stress<br />

und Bewältigung (Coping) beschäftigt haben 3 (s. z.B. Roy 1970, 1976, 1981, 1988, 1989, 2009, Roy/Andrews<br />

1991, 1997, 1999). Das zunächst nur in Ansätzen vorhandene Modell arbeitete Roy nach ihrem Studium weiter<br />

aus. Erste Vorstellungen zu ihrem Modell veröffentlichte sie 1970 unter dem Titel ‚Adaptation: A Conceptual<br />

Framework for Nursing’. Darin begründet sie, warum das Konzept der Adaptation im Zusammenhang mit<br />

menschlichen Phänomenen wie Gesundheit und Krankheit speziell für die Pflege von Bedeutung ist. Eine zentrale<br />

Funktion der Pflege besteht nach Roy (1970: 43) darin, den Patienten bei der Adaptation zu unterstützen und<br />

zu fördern. Dies setzt ein Verständnis der Adaptationsprozesse und jener Mechanismen voraus, die zu einer positiven<br />

Adaptation führen.<br />

In den Jahren 1970 bis 1972 wurden erste Erfahrungen mit dem ‚Roy Adaptation Model’ in Lehre und Praxis<br />

gesammelt, die zu einer empirischen Überprüfung, Überarbeitung und weiteren Vertiefung einzelner Konzepte<br />

führten. Eine Stichprobe von 500 Handlungsweisen von Patienten in verschiedenen klinischen Situationen führte<br />

<strong>zur</strong> Identifizierung und Differenzierung von vier Adaptationsmodi: dem physiologischen Modus, dem Selbstkonzept-Modus,<br />

dem Rollenfunktions-Modus und dem Interdependenz-Modus (s. Roy 1988: 29). Nach Roy (1980:<br />

179) ist das RAM 4 in erster Linie ein systemisches Modell. Dies kommt in der Vorstellung vom Menschen als<br />

adaptives System zum Ausdruck. Dieser Ansatz wird mit einem interaktionistischen Ansatz verbunden, der sich<br />

insbesondere in den drei psychosozialen Modi, hier vor allem im Selbstkonzept-Modus und im Rollenfunktionsmodus,<br />

widerspiegelt. Bei der Begründung dieser Modi finden sich u.a. Hinweise auf die Arbeit von George<br />

H. Mead (s. Kap. 3). Diese Modi bieten erste Anknüpfungspunkte für die beabsichtigte handlungstheoretische<br />

Reformulierung <strong>des</strong> RLT-Modells.<br />

Der Fokus <strong>des</strong> Adaptationsmodells zielt von Anfang an auf den Klienten (zunächst nur mit Blick auf <strong>des</strong>sen<br />

Adaptationsprobleme, später auf das gesamte menschliche Handlungsrepertoire im Zusammenhang mit Adapta-<br />

1<br />

Sr. Callista Roy erhielt 1963 ihren Bachelor of Arts in Nursing vom Mount Saint Mary’s College in Los Angeles und 1966<br />

ihren Master of Science in Nursing von der <strong>Universität</strong> von Californien, Los Angeles (UCLA). Sie schloss 1973 ihr Soziologiestudium<br />

mit einem Master ab. Sie promovierte 1977 in Soziologie ebenfalls an der UCLA (s. Philipps 2006: 355).<br />

2<br />

Johnson hat sich bei der Entwicklung ihres ‚behavioral system models’, auf die in den 1950er und 1960er Jahren vorliegenden<br />

systemtheoretischen Gedanken gestützt. Sie hat die wissenschaftliche Karriere und Entwicklung von Roy als Pflegetheoretikerin<br />

maßgeblich gefördert (s. hierzu auch Parker 2001, Silverstein 2003)<br />

3<br />

Sie präsentierte ihre Vorstellungen zu einem konzeptuellen Pflegemodell erstmals in einem Psychologieseminar.<br />

4<br />

Roy hat das RAM in den folgenden Jahren in Zusammenarbeit mit anderen PflegewissenschaftlerInnen weiterentwickelt.<br />

Diese haben in den einzelnen Veröffentlichungen zum RAM auch Kapitel beigesteuert, was ich durch Namensnennung kennzeichnen<br />

werde. Alle, die in irgendeiner Weise diese Weiterentwicklung befördert haben, werden von Roy genannt.<br />

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