09.12.2012 Aufrufe

zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Kapitel 5<br />

Entwicklung der Kompetenzen62 der Pflegekräfte und die Entwicklung von Wissen sind zwei von der Pflege als<br />

Profession zu leistende Aufgaben. Hierbei kommt der Analyse klinischer Situationen und der Förderung eines<br />

‚erkundenden Habitus’ eine zentrale Rolle zu. Die Notwendigkeit, dass eine Pflegekraft ihr eigenes Verhalten in<br />

der Beziehung zu einem bestimmten Patienten verstehen können muss, wenn sie diesem helfen will, belegt die<br />

Arbeit von Maria Nyström (2007: 285f). Sie dehnt dieses auch auf die Arbeitsbeziehungen zu KollegInnen aus.<br />

Auch hier können Gefühle aus vergangenen, früheren Schwierigkeiten wachgerufen werden, die in Problemen,<br />

die in diesen Beziehungen generiert werden, neu ausgetragen werden. Die Persönlichkeit einer jeden Pflegenden<br />

beeinflusst die Art und Weise, wie sie interpersonale Kontakte in jeder Situation gestaltet. Das Ausmaß <strong>des</strong>sen,<br />

was die Pflegekraft dabei von ihrer eigenen Funktionsweise versteht, bestimmt das Ausmaß von dem, was ihr<br />

von einer Situation, mit der der Patient konfrontiert ist, zu verstehen möglich ist und davon, wie er diese sieht.<br />

Peplau hat als erste die Rolle artikuliert, die eine Pflegekraft in der Beziehung zum Patienten einnimmt (s. Lego<br />

1995: 78). Für den Bereich der Psychiatrie entwickelte sie die Rolle der ‚clinical specialist nurse’ 63 . Deren Wesen<br />

sah sie anfänglich 64 als Beraterin, später erst als Psychotherapeutin. Sie sah diese weniger in der Rolle der<br />

Sozialisiererin, Bemutterin oder Stationsmanagerin. Bei der von der Pflege angebotenen Psychotherapie unterschied<br />

sie zwischen einer an der Oberfläche ansetzenden und einer in die Tiefe gehenden Psychotherapie. Nach<br />

Vandermark (2006) kann die Nutzung von Pflege<strong>theorie</strong>n die professionelle Entwicklung von Pflegetherapeuten<br />

leiten, indem die Rolle einer professionellen Pflegekraft stärker akzentuiert wird und so der zu initiierende Prozess<br />

gefördert wird, indem die auszuführenden pflegerischen Aufgaben/Funktionen herausgearbeitet werden. Sie<br />

überträgt Peplaus Ideen auf die Entwicklung der professionellen Pflegekraft. Sie betont insbesondere die von Peplau<br />

beschriebenen psychologischen Aufgaben, von denen sie die Aufgabe, sich selbst zu identifizieren, hervorhebt.<br />

Eine wichtige Frage kommt dem Thema Abhängigkeit zu. Hier gilt es zu klären, was Abhängigkeit für eine<br />

Pflegekraft selbst bedeutet, wie sich diese für sie anfühlt und wie es ist, wenn andere von einem abhängig sind.<br />

Vandermark (2006: 611) plädiert dafür, dass eine Pflegekraft ihre eigene innerpsychische Funktionsweise verstehen<br />

lernen muss und schlägt vor, dass eine pflegerisch tätige Therapeutin selbst eine Therapie nach dem Vorbild<br />

von Peplau machen sollte. Sie sieht ihren Vorschlag vor dem Hintergrund, dass heutzutage das Ergebnis der<br />

geleisteten Pflege immer mehr auf dem Prüfstand steht.<br />

Wird der von Peplau vorgelegte Ansatz ernst genommen, dann muss die zwischen dem medizinischen und dem<br />

pflegerischen Funktionskreis bestehende ‚traditionelle’ Beziehung einer kritischen Reflexion unterzogen<br />

werden. Peplau liefert erste Hinweise für eine Neuausrichtung dieser Beziehung. Sie besteht im Erkennen <strong>des</strong><br />

dieser Beziehung zugrunde liegenden Musters und der Bedürfnisse, die dieses Muster bedient. Für Peplau ist<br />

klar, dass die Arbeitsbeziehung zwischen Arzt und Pflegekraft eine kooperative sein sollte. Um die damit einhergehenden<br />

Veränderungen erahnen zu können, soll die Entwicklung dieser Beziehung kurz skizziert werden,<br />

wie sie von Peplau in einem Interview mit Lee Spray65 (1999: 30) beschrieben wird. Anfänglich beruhte die Beziehung<br />

Medizin-Pflege darauf, dass den Pflegekräften medizinisches Wissen und Theorien von Medizinern in<br />

einer abgespeckten Version vermittelt wurden. Durch den Unterricht hatten die Ärzte auch die Kontrolle über<br />

62 In einigen Pflegebereichen hat sich Supervision <strong>zur</strong> Reflexion der klinischen Arbeit durchgesetzt. Der Inhalt dieser Supervision<br />

müsste jedoch pflegeinhaltlich fundiert werden, um pflegerisches Wissen und pflegerische Kompetenzen weiterentwickeln<br />

zu können. Auch hier tut sich ein großes Entwicklungsfeld auf.<br />

63 Übertragen auf die deutsche Situation ist dies die Fachkrankenschwester für Psychiatrie. Peplau hatte einen wissenschaftlichen<br />

Studiengang auf Masterniveau entwickelt und in diesem Zusammenhang auch die Rolle der Pflegekraft als Psychotherapeutin<br />

konzipiert. Diese sah Peplau auf gleicher Ebene wie eine, die aus der Psychologie, Psychiatrie etc. kam. Ihr war es<br />

aber wichtig, den therapeutischen Inhalt auf pflegerische Erfordernisse zu fokussieren.<br />

64 Es ging hier vor allem um Diplomatie. In den 1950er Jahren stießen Peplaus Ideen in der Pflege vielfach auf Widerstände<br />

(s. Spray 1999).<br />

65 Das Interview wurde am 4.November 1995 geführt.<br />

238

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!