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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 1<br />

strebte Erziehungsziel war eine selbstbewusste, die Praxis reflektierende Pflegekraft, die in der Lage ist, Probleme<br />

zu erkennen, kreativ zu lösen und den Wissensbestand in der Pflege weiterzuentwickeln18 .<br />

Diese frühen Studiengänge19 in der Pflege haben in der ersten Hälfte <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts auf ihre Weise <strong>zur</strong><br />

Entwicklung eines ersten, wenngleich noch recht vagen Wissensbestands in der Pflege beigetragen. Mit Blick<br />

auf die weitere Entwicklung soll das Verständnis von Effie Taylor, der zweiten Dekanin der Yale School of<br />

Nursing, von der Pflege als Profession erwähnt werden:<br />

„Its function is the conversation and restoration of health for the perpetuation of a happy and useful people.<br />

Essential knowledge is derived from the biological and social sciences in order that nurses may comprehend<br />

the significance of the underlying laws of life which are fundamental to the conservation of health. A nurse<br />

must possess a broad sense of justice in analyzing the problems inherent in her own life and in the lives of<br />

others, and she should have a loyal and deep sense of honor and integrity of purpose in dealing with human<br />

frailties and shortcomings“(Taylor 1934 zitiert in Brooks/Kleine-Kracht 1983: 58).<br />

Auf diesen Ideen baut die Definition von Pflege von Harmer/Henderson (1943) auf, die vielen Pflegekräften in<br />

der Welt über die vom ICN veröffentlichte Publikation von Henderson 1969/1977 (s. auch Kap. 2.1.2) zugänglich<br />

gemacht worden ist. Chinn/Kramer (2008: 34ff) weisen auf die Aktivitäten einiger führender Pflegekräfte<br />

hin, die sich in der ersten Hälfte <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts nicht mit einer rein technischen Ausbildung abspeisen lassen<br />

wollten, sondern sich aktiv für eine Verbreiterung der Wissensbasis einsetzten. Neben den bereits erwähnten<br />

Persönlichkeiten wie Lillian Wald und Lavina Dock nennen sie Margret Sanger, Susi Walking-Bear Yellowtail,<br />

Mabel Staupers und Ada Thoms. Sie alle setzten sich mit unterschiedlichen Schwerpunkten für die Verbesserung<br />

der gesundheitlichen Lage der von ihnen betreuten Patientengruppen ein. Die an der Entwicklung und Bestimmung<br />

<strong>des</strong> Gegenstandsbereichs der Pflege beteiligten Pflegekräfte haben die nachstehenden Begriffe, die ich als<br />

zentrale Leitbegriffe bezeichnen möchte, für die Pflege bestimmt:<br />

• Gesundheit<br />

• menschliches Leben bzw. Lebensprozesse<br />

• Erfordernis/Bedarf <strong>des</strong> Menschen an Pflege<br />

• Umwelt/Umgebung.<br />

Mit der Benennung dieser Leitbegriffe waren wichtige Grundlagen geschaffen, um den Gegenstandsbereich von<br />

Pflege und Pflegewissenschaft im Sinne eines Koordinatensystems oder einer ‚kognitiven Landkarte‘ näher bestimmen<br />

zu können. Die Lehrenden der genannten Studiengänge orientierten sich bei ihren Bemühungen an den<br />

in anderen Disziplinen entwickelten wissenschaftlichen Methoden. Diese basierten vor allem auf den Methoden<br />

<strong>des</strong> ‚scientific managements’ und auf den in der Tradition <strong>des</strong> amerikanischen Pragmatismus entwickelten Forschungsansätzen,<br />

die in der Yale School of Nursing aufgegriffen wurden. Weiter baute die entstehende Wissensbasis<br />

auf Erkenntnissen anderer Wissenschaftsdisziplinen wie Erziehungswissenschaften, Medizin, Psychiatrie<br />

und den Sozial- und Humanwissenschaften 20 auf (s. u.a. Baer 1990, Wald/Leonard 1964/1992, Strauss<br />

1966/2001). Die anfängliche Verwissenschaftlichung von Teilfunktionen der pflegerischen Arbeit und die erst<br />

viel später einsetzende wissenschaftliche Qualifizierung der Pflegekräfte, brachten es mit sich, dass die wissen-<br />

18 Patricia Donahue (1982) zeichnet den Einfluss John Deweys in den Schriften und Vorstellungen von Isabel Maitland<br />

Stewart nach, die an der Columbia <strong>Universität</strong> New York seine Studentin war.<br />

19 Überwiegend verlief die Ausbildung jedoch anders. Christy (1980) behauptet, dass in der ersten Hälfte <strong>des</strong> 20. Jh. die<br />

Ausbildung durch Auszubildende erfolgte oder durch die Stationsleitungen, die allerdings hierzu häufig keine Zeit hatten.<br />

20 S. hierzu auch Wittneben (1995: 19ff). Die früh eingegangene Allianz mit den erziehungswissenschaftlichen Departments,<br />

mit der Bewegung der wissenschaftlichen Betriebsführung sowie der Home-Economic-Bewegung trug ebenfalls dazu bei, die<br />

genannte Wissenschaftsauffassung in die Pflege zu transportieren. Wie die Entwicklung zeigt, ist mit der Einrichtung von<br />

Studiengängen nicht automatisch die Verwissenschaftlichung der Pflege sichergestellt. Weiter legen die bisher vorliegenden<br />

historischen Untersuchungen und Arbeiten <strong>zur</strong> Wissenschaftsentwicklung der Pflege nahe, dass dieser Verlauf und die inhaltliche<br />

Ausrichtung der Pflegestudiengänge u.a. der institutionellen Ansiedlung geschuldet sind. Bis zum Zweiten Weltkrieg<br />

wurde die Akademisierung der Pflege von den Verbindungen geprägt, die die Pflege mit den verschiedenen Disziplinen wie<br />

Medizin, Erziehungswissenschaft, (Krankenhaus-) Betriebswirtschaft oder dem wissenschaftlichen Management einging.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Pflege dann nachhaltig von den Sozial- und Geisteswissenschaften beeinflusst (s.<br />

Mischo-Kelling 1995a: 173ff).<br />

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