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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 5<br />

Bedeutung sind. Sodann werden die Erkenntnisse aus der Sicht <strong>des</strong> medizinischen und pflegerischen Funktionskreises,<br />

<strong>des</strong> Wissenssystems, <strong>des</strong> Zuständigkeitsbereichs der Pflege, der Methodologien und Handlungsstrategien<br />

<strong>zur</strong> Gestaltung der pflegerischen Dienstleistungssituation, der Beziehung zwischen Medizin und Pflege und<br />

schließlich aus der Sicht der vier Phasen <strong>des</strong> Caringprozesses diskutiert. Erst dies erlaubt, die Veränderungen<br />

einzuschätzen, die sich aus der Umsetzung eines von diesem Ansatz inspirierten und reformulierten RLT-<br />

Modells ergeben.<br />

Die Rekonstruktion <strong>des</strong> Peplauschen Werks hat die zentrale Rolle, die Peplau dem Selbst und dem Selbstkonzept<br />

beim pflegerischen Handeln beimisst, aufgezeigt. Pflegerisches Handeln erfolgt in interpersonalen Situationen<br />

sowie innerhalb eines interpersonalen Fel<strong>des</strong>. Auch wenn der Körper und ein damit korrespondieren<strong>des</strong> Bild eher<br />

am Rande erwähnt werden (s. Peplau 1995: 111), wäre es verfehlt, aus diesem Umstand zu schließen, dass<br />

der Körper und die Sicht auf ihn in interpersonalen Beziehungen eine untergeordnete Rolle spielten. Dies würde<br />

bedeuten, die Inhalte <strong>des</strong> Selbst-Systems zu unterschätzen. Das Körperbild ist wie das Selbstkonzept ein Teil und<br />

Inhalt <strong>des</strong> Selbst-Systems, das im menschlichen Handeln in Form von wiederkehrenden Verhaltensmustern wissentlich<br />

oder unwissentlich zum Tragen kommt und sich in interpersonalen Beziehungen in vielfältiger Weise in<br />

den für den jeweiligen Menschen charakteristischen Interaktionsmustern Ausdruck verschafft51 . An anderer Stelle<br />

spricht Peplau von Lebensmustern. Diese können auch als Gewohnheiten bzw. Handlungsroutinen (s. Kap.<br />

3.4.3) bezeichnet werden, die sich in den einzelnen ‚Aktivitäten <strong>des</strong> Lebens‘ <strong>des</strong> RLT-Modells widerspiegeln.<br />

Sie konzentriert ihr Augenmerk auf die in pflegerischen Situationen erfolgenden Handlungen, wobei sie die<br />

Aufmerksamkeit insbesondere auf Verhaltens- und Interaktionsmuster lenkt. Die Ausführungen zum Selbst-<br />

System veranschaulichen, dass das Verständnis der Funktions- und Wirkungsweise der in den AL ausgebildeten<br />

Gewohnheiten bzw. Verhaltens- und Interaktionsmuster für eine den Patienten in seiner Entwicklung weiterbringende<br />

Pflege unerlässlich ist. Peplau macht deutlich, dass es unmöglich ist, Phänomenen <strong>des</strong> Selbst bzw. Selbst-<br />

Systems in pflegerischen Situationen zu entkommen. Diese werden bei der Pflege aufgrund <strong>des</strong> sehr intimen und<br />

personenbezogenen Charakters der pflegerischen Arbeit und der dadurch gegebenen besonderen Verletzbarkeit<br />

<strong>des</strong> Patienten unweigerlich offen oder verdeckt virulent. Es ist genau diese Konstellation, die dazu führen kann,<br />

dass eine Nichtbeachtung dieser Phänomene krankmachen<strong>des</strong> Verhalten verstärkt, statt es in gesundheitsfördernde<br />

Bahnen zu lenken. Ersteres geht relativ schnell, da eine Pflegekraft durch ihr Handeln, das Handeln <strong>des</strong><br />

Patienten bestätigt, es ablehnt oder sich indifferent dazu verhält. In dieser für ihn höchst prekären Situation ist<br />

der Patient besonders empfänglich für kleinste Hinweise, die seine momentane Sicht auf sich selbst verstärken.<br />

Der diesem Verhalten innewohnenden ‚Musterintegration’ sind Forchuk (1993), Beeber (1996, 2000)<br />

Beeber/Caldwell (1996), Schafer/ Middletown (2001) in ihren Untersuchungen nachgegangen. Die Ergebnisse<br />

ihrer Arbeiten unterstreichen, wie komplex die Arbeit in der Pflegekraft-Patient-Beziehung ist. Als Pflegekraft<br />

ist es leicht, auf die Hinweise <strong>des</strong> Patienten einzugehen, die zu einer Bestätigung seiner bisherigen Art der Musterintegration<br />

führt. Hingegen ist es viel schwerer, dem zu widerstehen und dem Patienten dabei zu helfen, seine<br />

eigenen Manöver zu durchschauen und adäquate Entwicklungsschritte einzuschlagen52 . Eine Krankheit, insbesondere<br />

eine chronische, und eine damit einhergehende temporäre oder dauerhafte Pflegebedürftigkeit erfordern<br />

nicht selten eine Veränderung liebgewordener Gewohnheiten. In diesem Fall muss der Patient an seinem Selbst<br />

51 Price (1998) hat Peplaus Ansatz bei der Pflege einer Patientin, deren Körperbild aus Sicht <strong>des</strong> behandelnden Arztes aufgrund<br />

einer ‚partial mastectomy’ der rechten Brust beeinträchtigt war, eingesetzt. Er unterstreicht die Aussage Peplaus wonach<br />

die Art der Pflege einer Pflegekraft an ihre Person gebunden ist. Bei der Pflege von Patienten, die Probleme mit ihrem<br />

Körperbild haben, ist es nach Price (1998: 179) notwendig, dass die Pflegekraft sich über ihre eigenen Gefühle und die Vorstellungen<br />

von ihrem Körper, seiner Erscheinung und Funktionen bewusst ist. Weiter sollte sie Kenntnis von den Begriffen<br />

haben, die in diesem Zusammenhang von Professionellen wie von Laien verwendet werden. Anhand <strong>des</strong> Fallbeispiels demonstriert<br />

Price (1989: 185f) die o.g. Aussage Peplaus und die Bedeutung, die der therapeutischen Nutzung <strong>des</strong> Selbst als<br />

Mittel der pflegerischen Praxis zukommt.<br />

52 Dass Patienten die Pflegekraft-Patient-Beziehung genauso strukturieren wie Pflegekräfte, demonstriert auf anschauliche<br />

Weise die Untersuchung von Aranda/Street (1999).<br />

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