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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 5<br />

Angstgefühle kommen je nach der Bedrohung und der Wirksamkeit der sie bekämpfenden interpersonalen Handlungen<br />

in einer Abstufung von gering bis schwer vor (s. Peplau 1995: 152; 1989 in O’Tooole/Welt 283f). Die<br />

therapeutische Rolle der Pflegekraft besteht nach Peplau darin, Angstverhalten zu erkennen und dann zu intervenieren.<br />

Dies kann dadurch geschehen, dass die Energien für ein interpersonales Lernen nutzbar gemacht werden,<br />

oder durch die Anwendung von Methoden, die geeignet sind, die Angstgefühle soweit zu reduzieren, dass der<br />

Patient mit ihnen umgehen kann.<br />

Auf einer niedrigen Stufe der Angst wird die Wahrnehmung geschärft und bleibt das vom Einzelnen erfahrene<br />

Unwohlsein erträglich. In dieser Situation kann der Einzelne die Bedrohung untersuchen und die Verhaltensmuster,<br />

die er <strong>zur</strong> Vermeidung der mit ihr verbundenen Ängste anwendet, analysieren. Die Bedrohung kann in den<br />

Begriffen der aktuellen Gefahr analysiert werden. Viele als gefährlich erlebte Situationen haben Ähnlichkeiten<br />

mit früheren Situationen, in denen der Einzelne vielleicht wirklich hilflos war. Die Neuüberprüfung einer solchen<br />

Situation im Licht der gegenwärtigen Realitäten kann ergeben, dass die Bedrohung gering ist. Eine mittelschwere<br />

bis schwere Angst hingegen engt die Wahrnehmung ein und ist mit dem Vorgang <strong>des</strong> Lernens unvereinbar.<br />

Schwere Grade von Angst können lebensbedrohliche Verhaltensweisen erzeugen. Wenn schwere Grade<br />

der Angst erkennbar sind, kann die Pflegekraft Interventionen entwickeln, die dem Patienten helfen, seine<br />

Angstgefühle auf ein niedrigeres Niveau zu bringen, wo das Lernen wieder möglicht wird. Die Verknüpfung der<br />

Verhaltensmuster mit den Ängsten sowie eine Bewertung der Frage, ob das Verhalten die Ängste effektiv reduziert<br />

und das Lernen gefördert hat, stehen im Zentrum der therapeutischen Interaktion von Pflegekraft und Patient<br />

(Sills/Beeber 1995: 43ff).<br />

5.4.6 DAS KONZEPT DES SOZIALEN LERNENS UND DER EINZIGARTIGKEIT<br />

Das Engagement <strong>des</strong> Patienten in der Beziehung <strong>zur</strong> Pflegekraft hat das interpersonale Lernen zum Ziel. Indem<br />

Peplau ihr Modell auf den Prozess der Durchführung einer therapeutischen Beziehung zentrierte, schuf sie ein<br />

Modell, demzufolge jede Interaktion mit dem Patienten für die wechselseitige Synthese der zwischen Pflegekraft<br />

und Patient entwickelten Inhalte bedeutsam und einzigartig ist. Der von Peplau beschriebene Lernprozess (s.<br />

1963 in O’Toole/Welt: 348ff) besteht aus acht Phasen: Beobachtung, Beschreibung, Analyse, Formulierung, Validierung,<br />

Prüfung, Integration und Nutzung. Hierbei geht es um den Erwerb von Kompetenzen auf Seiten <strong>des</strong><br />

Patienten, deren Entwicklung das Ziel einer therapeutischen Beziehung zwischen Pflegekraft und Patient ist (s.<br />

auch Forchuk 1993: 19f). Wie schon mehrfach erwähnt, ist jede Interaktion von Mustern geprägt. Diese können<br />

von der Pflegekraft beobachtet und mit dem Patienten analysiert werden. Wenn der Patient daran arbeitet, die<br />

interpersonalen Muster zu verstehen, erwirbt er die Fähigkeit der Selbstbeobachtung, der Interpretation und Entscheidungsfindung<br />

sowie der Verbalisierung seiner Gefühle. Diese Verhaltensweisen erweitern die interpersonale<br />

Kompetenz und schaffen das notwendige Rüstzeug, um sowohl die Erfahrung der Krankheit erfolgreich integrieren<br />

zu können als auch bei der Lösung von alltäglichen Lebensproblemen erfolgreich zu sein. Darüber hinaus<br />

hat Peplau diesen Prozess <strong>des</strong> interpersonalen Lernens mit der vorwärtsgerichteten Entwicklung der Persönlichkeit<br />

verknüpft, die in dem Modell gleichbedeutend für Gesundheit steht. Die wechselseitige Natur dieses Lernprozesses<br />

bringt es mit sich, dass auch die Pflegekraft durch die Interaktion mit dem Patienten eine bessere Gesundheit<br />

erwirbt. Die kreative Synthese der Erfahrungen, die sich aus den Interaktionen mit den Patienten ergeben,<br />

ist für die Pflegekraft ein fortwährender Quell <strong>des</strong> Lernens und insofern ein Potenzial für größere Reife und<br />

interpersonale Gesundheit (Sills/Beeber 1995: 45, Forchuk 1993).<br />

5.5 ZUSAMMENFASSUNG DER ERKENNTNISSE UND DISKUSSION<br />

Die in diesem Kapitel zusammengetragenen Vorstellungen Peplaus zum Selbstkonzept und Körperbild sollen<br />

abschließend vor dem Hintergrund der in Kap. 4 entwickelten Fragen betrachtet werden. Hierbei werden zunächst<br />

all jene Punkte hervorgehoben, die für die handlungstheoretische Reformulierung <strong>des</strong> RLT-Modells von<br />

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