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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 5<br />

teraktionsspezifischer Rollen <strong>zur</strong>ückzugreifen und zwischen ihnen auszuwählen, und wie weit sie diese Rollen<br />

im Umgang mit dem Patienten umsetzen kann und dabei den Zeitpunkt erkennt, wann der Zustand <strong>des</strong> Patienten<br />

und die jeweilige Situation ihr eine andere Rolle abverlangen, hängt von ihrer Auffassung von Pflege, ihrem<br />

Pflegeverständnis und ihrem beruflichen Selbstkonzept ebenso ab, wie von ihrem konkreten Wissen und von ihren<br />

Fähigkeiten. Kompliziert wird die Situation dadurch, dass die Pflege in einem arbeitsteiligen Prozess stattfindet<br />

(s. hierzu auch Strauss et. al 1985). In diesem beginnt, entwickelt und etabliert die Pflegekraft unterschiedliche<br />

Beziehungen zu den Angehörigen anderer Gesundheitsberufe - insbesondere zu den Ärzten (s. Pkt. 5.5) -<br />

und zwar sowohl in Bezug auf einen bestimmten Patienten als auch allgemein (s. auch Peplau 1997). Dabei sieht<br />

die Pflegekraft widersprüchliche Erwartungen an sich gerichtet, mit denen sie im Interesse ihrer eigenen Arbeit<br />

umgehen muss. So können die Erwartungen <strong>des</strong> Patienten bezüglich der von der Pflegekraft einzunehmenden<br />

Rolle im Widerspruch zu denen <strong>des</strong> behandelnden Arztes stehen, aber natürlich auch die Erwartungen <strong>des</strong> Arztes<br />

zu denjenigen der Pflegekraft. Insgesamt setzt die Fähigkeit <strong>zur</strong> Rollenübernahme bei der Pflegekraft eine entwickelte<br />

und aktive Wachsamkeit in der Interaktion voraus. Dies setzt wiederum eine gute Beobachtung sowie die<br />

Fähigkeit, Probleme zu erkennen, zu analysieren und zu lösen voraus und insofern eine klare kommunikative,<br />

soziale und interpersonale Kompetenz. Einer solchen Kompetenz oder Zuständigkeit bedarf es um so mehr, je<br />

komplexer die pflegerische Situation ist. Die Qualität der pflegerischen Versorgung wird nach Peplau zunehmend<br />

von dieser professionellen pflegerischen Kompetenz bestimmt.<br />

5.4.5 DAS KONZEPT DER BEDÜRFNISSE UND STUFEN DER ANGST<br />

Peplau (1995: 100ff) synthetisierte eine Theorie, die zentral an der Bedürfnisbefriedigung <strong>des</strong> Menschen ausgerichtet<br />

ist. Die Theorie geht von der Annahme aus, dass das menschliche Verhalten vorwärtsgerichtet und zielorientiert<br />

ist. Jeder Mensch versucht, sein Bedürfnis nach physiologischer Unversehrtheit, interpersonaler Sicherheit,<br />

Zuneigung, Anerkennung, Können und neuen Erfahrungen zu befriedigen. Die Bedürfnisse erzeugen<br />

biologische Spannungen, die in Verhalten umgesetzt werden. Dieses Verhalten organisiert sich entsprechend den<br />

weitgefassten, weiter oben erwähnten Kategorien der physiologischen Bedürfnisse und der interpersonalen Sicherheitsbedürfnisse.<br />

Energie, die <strong>zur</strong> Bedürfnisbefriedigung aufgebracht wird, ist nützlich, wenn die Bedürfnisse<br />

erkannt werden und das Verhalten im Sinne der Bedürfnisbefriedigung effektiv ist. Häufig stoßen Menschen<br />

auf Konflikte, die sich aus gegensätzlichen Zielen oder aus Widerständen ergeben, die dem Bemühen, ihren Bedürfnissen<br />

gerecht zu werden, im Weg stehen. Wann immer die Befriedigung physiologischer Bedürfnisse oder<br />

das Bedürfnis nach interpersonaler Sicherheit bedroht sind, entstehen Ängste, die unmittelbar zwischenmenschlich<br />

kommuniziert werden. Da eine Bedrohung der physiologischen Unversehrtheit und der interpersonalen Sicherheit<br />

nicht vermieden werden kann, ist die Angst etwas, das im menschlichen Leben unentwegt vorkommt.<br />

Die Menschen entwickeln ein Verhaltensrepertoire, um die mit der Bedrohung der interpersonalen Sicherheit<br />

verbundenen Ängste zu vermeiden.<br />

Da die Pflegekraft-Patient-Beziehung ein interpersonaler Prozess ist, stellen sich in den Interaktionen immer<br />

wieder Angstgefühle ein. Durch die Entwicklung ihres Selbst lernt die Pflegekraft, das Erleben von eigener<br />

Angst als Anzeichen dafür zu nehmen, dass der Patient offenbar Ängste entwickelt oder dass irgendetwas in der<br />

Interaktion seine Sicherheit bedroht. Eine systematische Untersuchung kann helfen, die Bedrohungen und das<br />

wechselseitig hervorgerufene Verhalten von Pflegekraft und Patient zu verstehen und die Ängste abzubauen.<br />

Über das Verständnis der Angst und <strong>des</strong> Verhaltens, das produziert wird, um sie abzubauen, wachsen Pflegekraft<br />

und Patient im Sinne ihres Selbstverständnisses. Jeder kann sich entscheiden, Verhaltensweisen zu ändern, die<br />

entweder nicht länger benötigt werden oder nicht geeignet sind, die Bedrohung abzuwenden.<br />

Aspekt <strong>des</strong> ‚Bemutterns’, weniger um die ‚Mutterrolle’ an sich. Die Wahrnehmung dieser Rolle kann sich zeitlich auf wenige<br />

Stunden oder über mehrere Tage erstrecken und je nach dem Stand der Entwicklung von der Rolle der Beraterin bzw. Informationsperson<br />

abgelöst werden.<br />

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