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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 5<br />

se ist es wichtig, dem Übergang49 (Transition, Passage) von einer Station <strong>zur</strong> anderen oder von der stationären<br />

<strong>zur</strong> ambulanten Versorgung hohe Aufmerksamkeit zu widmen sowie ihn gemeinsam mit dem Patienten zu organisieren<br />

und vorzubereiten (s. Forchuk et al. 1998b, Peplau 1997:165).<br />

5.4.4 DIE MÖGLICHEN ROLLEN DER PFLEGEKRAFT IN DER PFLEGERISCHEN BEZIEHUNG.<br />

Im Verlauf der Pflegekraft-Patient-Beziehung durchlaufen beide eine Entwicklung, in der beiden jeweils neue<br />

und dem Entwicklungsprozess entsprechende unterschiedliche Rollen abverlangt werden. Die Patienten weisen<br />

den Pflegekräften Rollen zu (Mutter, Vater, Vertrauter usw.), die ihnen für die Bewältigung der Probleme, wie<br />

sie sie verstehen, notwendig scheinen. Die Pflegekräfte ihrerseits definieren die Rollen (Ratgeber, Zuhörer,<br />

Vermittler usw.), die sie in der jeweiligen Beziehung einnehmen oder die sie als wünschenswertes Verhalten ansehen.<br />

Die Rollen bestimmen sich aus der Interaktion, sie sind situations-, problem- und phasenspezifisch, also<br />

entwicklungsspezifisch.<br />

Der Begriff Rolle wird hier nicht als gegebene Tatsache oder statisches Handlungsmuster verstanden. Vielmehr<br />

ist die Rolle eine Art Bezugspunkt, an dem sich das Handeln orientiert. Unabhängig davon, welche Rollen sich<br />

Pflegekraft und Patient gegenseitig zuweisen, herrschen in einer bestimmten Kultur, auf einer speziellen Station<br />

etc. spezifische Vorstellungen über die Rollen der Pflegekräfte sowie der Patienten vor, die mit den von der Situation<br />

tatsächlich erforderten Rollen nicht deckungsgleich sein müssen. Wie bereits erwähnt, begegnen sich Pflegekraft<br />

und Patient beim ersten Kontakt zunächst als Fremde. Welche Rollen sie in diesem Augenblick einnehmen,<br />

wird neben den konkreten Bedingungen der jeweiligen Situation auch von ihren allgemeinen Vorstellungen<br />

oder Stereotypen bezüglich der jeweiligen Rollen bestimmt. Welche anderen Rollen in der entstehenden Pflegekraft-Patient-Beziehung<br />

von beiden eingenommen werden, hängt danach von der Fähigkeit <strong>zur</strong> Rollenübernahme<br />

der beteiligten Personen ab. Peplau (1995: 70ff) nennt u.a. die folgenden für die Pflegekraft in Frage kommenden<br />

Rollen: die <strong>des</strong>/der Fremden, <strong>des</strong>/der Unterstützenden, <strong>des</strong>/der Lehrenden, <strong>des</strong>/der Führenden, eine<br />

Vielzahl der Ersatz- bzw. Surrogat-Rollen, die beratende Rolle und viele weitere. Sie geht davon aus, dass die<br />

von der Pflegekraft einzunehmenden Rollen sich zum einen aus der psychodynamischen Entwicklung <strong>des</strong> Patienten,<br />

zum anderen aus der psychodynamischen Entwicklung der Pflegekraft-Patient-Beziehung herleiten. So<br />

kann eine Krankheit den Patienten auf frühere Entwicklungsstufen, etwa die <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> <strong>zur</strong>ückwerfen, was der<br />

Pflegekraft u. U. die Bereitschaft <strong>zur</strong> temporären Übernahme einer Ersatzrolle, etwa der Mutter, abverlangt. Die<br />

Rollenbegriffe sind symbolisch gemeint. Sie stehen für ein Verhaltens-Grundmuster und für bestimmte Haltungen.<br />

Je nach der Situation kann die Übernahme einer solchen Rolle nur wenige Stunden oder aber mehrere Tage<br />

lang notwendig sein. Die Anforderung an die Pflegekraft besteht also darin zu erkennen, welche Rolle ihr in einer<br />

spezifischen Situation abverlangt wird. Peplau (1995: 97) weist in diesem Zusammenhang auf einen wichtigen<br />

Aspekt hin, den der Herausbildung der Fähigkeit <strong>zur</strong> ‚flexiblen’ Rollenübernahme. Hierbei handelt es sich,<br />

wie in Kap. 3 beschrieben, um eine grundlegende interpersonale und soziale Kompetenz, um eine spezifisch<br />

menschliche Fähigkeit, die im Laufe der Sozialisation erworben wird. Die Pflegekraft muss fähig und bereit sein,<br />

je nach der konkreten pflegerischen Situation und entsprechend den darin auftretenden Problemen verschiedene<br />

in der Interaktion geforderte Rollen einzunehmen. Diese Rollen müssen als situationsgebunden, zeitlich begrenzt<br />

und auf den jeweiligen Patienten, d.h. auf seine Bedürfnisse bezogen, verstanden werden. Sie bedingen sich<br />

wechselseitig. Die Fähigkeit einer Pflegekraft, unterschiedliche Rollen einzunehmen, gibt dem Patienten die<br />

Chance, seine Probleme konstruktiv zu lösen und somit die Pflegekraft als die Person wahrzunehmen, die sie tatsächlich<br />

ist50 . Wie weit die Pflegekraft faktisch in der Lage ist, in einer konkreten Situation auf eine Vielzahl in-<br />

49 Idealerweise beginnt die Entlassungsplanung schon kurz nach der Aufnahme.<br />

50 So kann es nötig werden, dass die Pflegekraft in der präoperativen Phase auf der Basis <strong>des</strong> eingeschätzten Pflegebedarfs<br />

die Rolle der Vermittlerin, der Beraterin oder der Gesundheitserzieherin etc. einnimmt. In der postoperativen Phase kann es<br />

erforderlich sein, dass sie aufgrund <strong>des</strong> gesundheitlichen Zustands <strong>des</strong> Patienten und seines Pflegebedarfs <strong>des</strong>sen Pflege ganz<br />

übernehmen und kurzfristig im Sinne einer Ersatzperson, etwa als ‚Mutterersatz’ fungieren muss. Hierbei geht es um den<br />

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