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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 5<br />

Bei diesen Verhaltensmustern handelt es sich um intrapsychische, interpersonale und systemische Phänomene 48 ,<br />

die der Beobachtung zugänglich sind. Die Verhaltensmuster können unterschiedliche Merkmale aufzeigen, sie<br />

können von temporärer Dauer oder situationsbedingt sein, wieder aufflackern, stabil sein u.a.m. Umgekehrt kann<br />

auch die Pflegekraft nach einem oder mehreren dieser Muster reagieren (Peplau 1985 in O’Toole/Welt 1989:<br />

109ff, Forchuk 1993, 1998a, 2000, Beeber 1996, Schafer/Middleton 2001). Deshalb muss sie für sich persönlich<br />

herausfinden, welche Art von Hilfe sie zu geben in der Lage ist, für welche Signale, Hinweise oder Verhaltensweisen<br />

<strong>des</strong> Patienten sie besonders empfänglich ist und nach welchen Interaktionsmustern sie ihrerseits das Verhältnis<br />

zum Patienten gestaltet - ob sie z.B. die Tendenz hat, ihn von sich abhängig zu machen oder ihn zu bevormunden.<br />

Da in der konkreten Interaktion auf vergangene, frühere Erfahrungen im Sinne von Orientierungsgrößen<br />

<strong>zur</strong>ückgegriffen wird, ist es immer möglich, dass der Patient in der konkreten Situation Verhaltensmuster<br />

aus früheren Erfahrungen (etwa aus der Kindheit) reaktiviert, und die damals gemachten Erfahrungen auf die<br />

Pflegekraft überträgt und sie damit in die entsprechende Rolle drängt. Umgekehrt gilt das gleiche. In der konkreten<br />

Situation muss die Pflegekraft also erkennen, was sich psychodynamisch zwischen ihr und dem Patienten abspielt,<br />

wie sie und der Patient sich gegenseitig sehen, welche Rollen sie sich gegenseitig zuweisen (vgl. Peplau<br />

1995: 69ff).<br />

Jeder Kontakt mit einem neuen Patienten stellt eine potentielle Herausforderung dar, da hierbei auch das Selbst-<br />

System der Pflegekraft immer wieder neu auf dem Prüfstand steht. Ob dies so gesehen wird und ob die damit<br />

verbundenen Möglichkeiten <strong>des</strong> persönlichen und beruflichen Wachsens erkannt und ergriffen werden, ist eine<br />

Entscheidung der jeweiligen Pflegekraft. Was die Aktivitäten <strong>des</strong> Lebens angeht, ist es nach Peplau (1995, 1997)<br />

erforderlich, dass die Pflegekraft ihre Einstellungen in Bezug auf die AL und die von ihr selbst in den AL entwickelten<br />

Gewohnheiten klärt, sowie ihre Einstellungen und gefühlsmäßigen Reaktionen gegenüber der Habitualisierung<br />

von Gewohnheiten bzw. Ritualen und ihre Art, mit Abhängigkeit bzw. Unabhängigkeit umzugehen. All<br />

dies vermittelt sie in der konkreten Situation dem Patienten. Die Klärung der eigenen Einstellungen, Werte und<br />

Gefühle ist zudem wichtig, um in einer spezifischen Situation die eigenen Reaktionen von denen <strong>des</strong> Patienten<br />

unterscheiden und abgrenzen zu können (s. Forchuk 1994, 1995). Das Ende dieser Teilphase ist erreicht, wenn<br />

die entstandene Beziehung zwischen der Pflegekraft und dem Patienten diesem ermöglicht, die <strong>zur</strong> Lösung der<br />

Probleme <strong>zur</strong> Verfügung stehende Hilfe bis auf den äußersten Grad zu nutzen. In der zweiten Teilphase, der<br />

Nutzung, schöpft der Patient die sich ihm aus der Beziehung heraus anbietende Hilfe optimal aus und erlangt die<br />

weitestgehend mögliche Kontrolle über den Prozess der Hilfe. Auch in dieser Phase reagiert er auf Gefühle und<br />

Erfahrungen, weshalb die ablaufenden interpersonalen Prozesse weiter im Blick behalten werden müssen. Wenn<br />

der Patient die Hilfe für sich nutzen kann, werden sein Selbstverständnis und seine Selbstachtung wachsen, und<br />

er wird zunehmend das Gefühl entwickeln, die Erfahrung der Krankheit integriert zu haben. Die Pflegekraft<br />

nimmt nunmehr mit ihrer Fähigkeit zum Zuhören, Reflektieren und Interpretieren eine beratende Rolle ein. Der<br />

Übergang in die nächste Phase ergibt sich aus der wachsenden Fähigkeit <strong>des</strong> Patienten, sich aktiv an der Pflege<br />

und an den Entscheidungen bezüglich seiner gesamten pflegerischen Versorgung zu beteiligen (s. Sills/Beeber<br />

1995).<br />

5.4.3.3 ABLÖSUNG<br />

Die Phase der Ablösung ist erreicht, sobald die aktuellen Probleme gelöst sind, bzw. wenn der Patient in der Lage<br />

ist, diese alleine zu lösen. Um dorthin zu gelangen, müssen die früheren Phasen erfolgreich abgeschlossen<br />

werden. Die Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Verlauf aller Phasen und damit <strong>des</strong> gesamten Prozesses<br />

ist jedoch die voraussetzungslose bzw. unbedingte Akzeptanz <strong>des</strong> Patienten durch die Pflegekraft. In dieser Pha-<br />

48 Peplau (1978 in O’Toole/Welt 1989: 122ff) unterscheidet zwischen folgenden Phänomenen: 1. intrapsychische Phänomene<br />

oder auch ‚within-person phenomena’, 2. interpersonale Phänomene oder auch ‚between-persons phenomena’ und 3. Systeme<br />

oder auch ‚within-social-systems phenomena’.<br />

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