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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 5<br />

Peplau die Anwendung von Theorie. Danach greift eine Pflegekraft in pflegerischen Situationen auf drei prinzipielle<br />

Handlungsweisen43 <strong>zur</strong>ück:<br />

• Beobachtung<br />

• Interpretation<br />

• Intervention (Peplau 1965 in O’Toole/Welt: 49).<br />

Was die Beobachtung betrifft, differenziert Peplau verschiedene Formen. Die für die Pflege relevante Form ist<br />

die der teilnehmenden Beobachtung und die der ‚empathischen’ oder ‚gefühlten Verbindung’ (empathic linkages)<br />

44 . Bei der erstgenannten Form steht das Handeln einschließlich der daraus folgenden Reaktionen der Beteiligten,<br />

d.h. von Pflegekraft und Patient, im Mittelpunkt. Das, was zwischen den Personen geschieht, d.h. die<br />

Phänomene in der Interaktion wie z.B. Gefühlsäußerungen, das Mitgeteilte, die nonverbalen Gesten, die Artikulation<br />

<strong>des</strong> Pflegebedarfs, eines Problems, von Sorgen, Spannungen etc., liefern die für die Pflege wichtigen Daten<br />

bzw. Informationen (s. Peplau 1987a: 69, 1992b: 14, 1997: 162f). Um diese unterschiedlichen Arten von<br />

zwischenmenschlichen Daten zu deuten, kann die Pflegekraft das Gesagte bzw. Beobachtete decodieren, es mit<br />

Hilfe von Theorien interpretieren und entsprechend schlussfolgern. Die Schlussfolgerung spielt beim Umgang<br />

mit interpersonalen Daten eine wichtige Rolle, wobei die Schlüsse überprüft bzw. validiert werden müssen. Letztere<br />

ist vor allem in Hinblick auf die Einschätzung und ggf. erforderliche Änderung <strong>des</strong> Verhaltens wichtig. Im<br />

nächsten Schritt steht das Handeln von Patient und Pflegekraft in der Pflegekraft-Patient-Beziehung im Mittelpunkt.<br />

5.4.2 DAS KONZEPT DER WECHSELSEITIGKEIT<br />

Für das Verständnis dieses Konzepts ist wichtig anzuerkennen, dass das pflegerische Handeln immer in einem<br />

sozialen Kontext stattfindet, d.h. in der direkten Begegnung mit dem Patienten. Der Patient als Empfänger pflegerischer<br />

Dienstleistungen - seien es Gespräche, die Durchführung pflegerischer Maßnahmen oder die Verabreichung<br />

von Medikamenten - reagiert auf diese. Die Anforderung an die Pflegekraft besteht darin, die hierfür erforderlichen<br />

Voraussetzungen zu schaffen. Ob die Pflegekraft will oder nicht, sie kann nicht verhindern, dass in<br />

der Beziehung zum Patienten seine alltäglichen Sorgen wie z.B. seine Angst vor einem Eingriff, vor der Diagnose,<br />

vor dem Leben mit der Krankheit oder vor einer möglichen Pflegebedürftigkeit <strong>zur</strong> Sprache kommen. Dabei<br />

können ältere Gefühle bzw. mitgeschleppte ungelöste Probleme ‚wieder hochkommen’ und sich als Schwierigkeiten<br />

erweisen, die aus früheren Zusammenhängen resultieren. Wie schon gesagt, liegt der Fokus auf dem Patienten<br />

und seinem Pflegebedarf. Dieser bestimmt in beträchtlichem Umfang die Aufgaben, die sich aus der pflegerischen<br />

Situation ergeben. Der interpersonale Prozess der Pflege wird dann zu einem therapeutischen Prozess,<br />

wenn die Pflegekraft den pflegerischen Bedarf einschließlich der damit verbundenen psychologischen Erfordernisse<br />

kompetent interpretiert, auf sie eingeht und den Patienten befähigt, neue Probleme zu meistern (s. Peplau<br />

1995, Sills/Beeber 1995: 40).<br />

Anfänglich stehen sich Pflegekraft und Patient als Fremde gegenüber. Erst im Verlauf der Beziehung kann sich<br />

ein wechselseitiges Gefühl der Zusammengehörigkeit und ein Gefühl der Verbundenheit herausbilden, welches<br />

sodann genutzt wird, um ein interpersonales Lernen sowohl hinsichtlich der Sorgen, Probleme und Herausforde-<br />

43 Diese Handlungsweisen sind vergleichbar mit den Handlungsweisen <strong>des</strong> im Kap. 4 beschriebenen allgemeinen professionellen<br />

Handlungsmodells.<br />

44 Der Begriff der ‚empathic linkages’ beschreibt die Fähigkeit, in sich selbst das Gleiche zu fühlen wie es eine andere Person<br />

tut oder andere Personen in der gleichen Situation tun (s. Peplau 1997: 163). Dies gilt gleichermaßen für Pflegekraft und<br />

Patient. Für Peplau besteht ein wichtiges Prinzip darin, das die Pflegekraft diese ‚gefühlte Verbindung’ artikuliert, um so<br />

nachempfundenen Ereignissen wie Ärger, Angst etc. mittels verbaler Kommunikationen einen neuen Rahmen zu geben (sie<br />

zu reframen). In Anlehnung an Sullivan beschreibt Beeber (1996: 154) die ‚empathische’ Verbindung am Beispiel der Eltern-<br />

Kind-Beziehung. Das Bedürfnis <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> nach Zärtlichkeit aktiviert in den Eltern das Bedürfnis Zärtlichkeit zu geben. Die<br />

interpersonale ‚Synapse’, durch die die Übermittlung dieses Bedürfnisses erfolgt, wird durch die ‚empathic linkage’ die die<br />

beiden Menschen gefühlsmäßig miteinander verbindet, ermöglicht.<br />

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