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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 5<br />

Lösung der gesundheitlichen und pflegerischen Probleme <strong>des</strong> Patienten erforderlichen Maßnahmen können<br />

durchaus die üblichen technischen Pflegemaßnahmen und Hilfsmittel (z.B. Fiebermessen, die Überwachung eines<br />

frischoperierten Patienten, die Durchführung von Prophylaxen) beinhalten. Für die Angemessenheit <strong>des</strong><br />

Pflegehandelns gilt der nicht zu hintergehende Umstand, dass die verschiedenen Maßnahmen immer in einem<br />

sozialen Kontext und in einer sozialen Beziehung erfolgen. Die Patienten als Empfänger der pflegerischen Maßnahmen<br />

reagieren auf das, was hier geschieht. Sie müssen dieses in ihre Erfahrungswelt integrieren (s. auch Peplau<br />

1954 in O’Toole/Welt 1989: 11ff). Die Beziehung zwischen Pflegekraft und Patient bietet vielfältige Möglichkeiten<br />

<strong>des</strong> interpersonalen oder sozialen Lernens im Sinne der Erfahrungsstrukturierung. Inwieweit diese allerdings<br />

genutzt werden, hängt davon ab, ob interpersonale Probleme bzw. Herausforderungen wahrgenommen<br />

und verstanden werden und ob die Pflegekräfte in der Lage sind, mit dem Patienten entsprechende Lösungen zu<br />

erarbeiten (s. Peplau 1995: 12, Sills/Beeber 1995: 45). Damit der Prozess der Pflege als persönlichkeitsfördern<strong>des</strong><br />

und -bilden<strong>des</strong> Medium genutzt werden kann, müssen die Pflegekräfte in der Lage sein, eine pflegerische<br />

Situation, z.B. die Unterstützung <strong>des</strong> Patienten bei der Körperpflege so zu strukturieren bzw. zu gestalten, dass<br />

diese im Sinne eines sich Weiterentwickelns und Lernens <strong>des</strong> Patienten (aber auch ihrer selbst) verarbeitet werden<br />

kann. Die Aufgabe der Pflegekraft ist es, Situationen herzustellen, die es vor allem dem Patienten ermöglichen,<br />

seine Kapazitäten im Sinne der Problembewältigung und darüber hinaus im Sinne einer persönlichen Entwicklung<br />

auszuschöpfen und zu entfalten.<br />

Hier kommt die Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen ins Spiel. Diese sollte nach Peplau auf echter<br />

Kooperation beruhen. Die Pflege ist eine der vielen Aufgaben, die im Rahmen der Gesundheitsversorgung vom<br />

professionellen Gesundheitsteam wahrgenommen werden muss. Die Zuständigkeit der Pflegekraft und die Zielsetzung<br />

der pflegerischen Aufgaben leiten sich nach Peplau jedoch primär aus der konkreten Situation eines Patienten<br />

ab, in der die verschiedenen Gesundheitsberufe gemeinsam an der Verbesserung der Gesundheit <strong>des</strong> Einzelnen<br />

arbeiten. Die wahrzunehmenden Aufgaben werden zwischen der Pflegekraft und dem Patienten sowie<br />

zwischen der Pflegekraft und dem gesamten Team ‚ausgehandelt’. Zu welchem Ergebnis dieser Aushandlungsprozess<br />

führt, hängt u.a. davon ab, wie die Pflegekraft ihre Rolle in Bezug auf den Patienten und in Bezug auf<br />

die Rollen der übrigen Teammitglieder sieht und darstellen kann42 . Die Aufgabe bzw. die Rolle der Pflegekraft<br />

ist weder feststehend noch gleichbleibend, sondern situations- und personenabhängig. Wie diese Aufgabe von<br />

den Pflegekräften wahrgenommen und ausgefüllt wird, hängt von ihrem Wissen um die Menschen ab, die sie in<br />

klinischen und anderen Situationen erleben, und davon, ob und wie sie pflegerische Theorien und die Prinzipien<br />

der für die Pflege relevanten Bezugswissenschaften in pflegerischen Situationen anwenden können. Hier zeigt<br />

sich, ob die Pflegekraft das dritte Merkmal der professionellen Pflege verstanden hat, das auf ein Bewusstsein<br />

der ihr in der Beziehung zum Patienten abverlangten ‚Arbeitsrollen’ zielt (s. Peplau 1965 in O’Toole/Welt 1989:<br />

47). Das vierte Merkmal professioneller Pflege besteht nach Peplau darin, dass sie primär erkundend ist. Auch<br />

hierbei ist die Pflegekraft im weitesten Sinn auf sich selbst, ihre Fähigkeiten und ihr Wissen angewiesen. Sie<br />

muss in der Lage sein, eine Beziehung zum Patienten einzugehen. Peplau macht darauf aufmerksam, dass die<br />

Pflegekraft sich nur auf das beziehen kann, was sie selbst sieht und wahrnimmt, was sie also innerhalb <strong>des</strong> ihr<br />

<strong>zur</strong> Verfügung stehenden Zeitrahmens sieht und tut, sowie auf die Kompetenz, die sie im Laufe ihrer Ausbildung<br />

und beruflichen Erfahrung erworben hat. In diesem Zusammenhang erachtet Peplau vor allem den bewussten<br />

Gebrauch der Sprache als unerlässlich. Als das fünfte und wichtigste Merkmal professioneller Pflege betrachtet<br />

wird inzwischen vor allem in Großbritannien unter dem Stichwort ‚reflective practice’ aufgegriffen. (s. Johns 2006; Manley<br />

et al. 2008)<br />

42 Der Umstand, dass die Gesundheitsberufe und insbesondere Ärzte und Pflegekräfte gemeinsam mit dem Patienten an <strong>des</strong>sen<br />

Gesundheit arbeiten, bedeutet nicht, dass beide nicht einen eigenen Zuständigkeitsbereich hätten.<br />

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