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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 5<br />

ten auslöst, sowie auch umgekehrt die Reaktionen, die das Handeln <strong>des</strong> Patienten bei ihr selbst hervorruft, zu reflektieren<br />

(Peplau 1995, O’Toole/Welt 1989, Simpson 1991, Forchuk 1993, Forchuk et al. 1998a, Forchuk et al.<br />

2000, Sills/Beeber 1995). Die Pflegekraft sollte in sozialen, vor allem in pflegerischen Situationen, in sich selbst<br />

diejenigen Prozesse in Gang setzen können, die sie in ihrer persönlichen Entwicklung sowie in der Weiterentwicklung<br />

ihrer beruflichen Kompetenzen voranbringen. Letzteres ermöglicht ihr, das zweite Merkmal, das mit<br />

dem Begriff der Pflege als Profession assoziiert wird, das Konzept der ‚Wissenschaft’ für die Praxis nutzbar zu<br />

machen, indem wissenschaftliche Erkenntnisse in Form von theoretischen Konzepten und Forschungsergebnissen<br />

in der Praxis angewendet werden, um die im Blick stehenden Phänomene verstehen und erklären sowie geeignete<br />

Maßnahmen <strong>zur</strong> Änderung der gegebenen Situation ergreifen zu können (s. Peplau 1988: 11f).<br />

Peplau (1995: 17) betrachtet es als Pflicht der professionellen Pflegekraft, ihr berufliches Wissen in Pflegesituationen<br />

einzubringen, es ständig zu revidieren und zu erweitern. Die kontinuierliche Aktualisierung <strong>des</strong> eigenen<br />

Wissens und die Reflexion <strong>des</strong> eigenen Handelns ist erforderlich, da es immer wieder schwierig ist, das in einer<br />

Pflegesituation gerade vorherrschende Thema bzw. Problem, d.h. die bedeutsamen interpersonalen Ereignisse zu<br />

erkennen und zu validieren (Peplau 1954 in O’Toole/Welt 1989: 6). Peplau betont weiter, dass pflegerische Situationen<br />

und die sich in ihnen ereignenden interpersonalen und intrapsychischen Vorgänge komplex sind, ebenso<br />

wie die Rollen, die der Pflegekraft in der jeweiligen Situation abverlangt werden können. Diese stellen an die<br />

Pflegekraft Anforderungen unterschiedlicher Grade und Flexibilität. Die Aufgaben, die der Pflegekraft in einer<br />

psychodynamisch verstandenen Pflege zufallen, bestehen für sie darin,<br />

• ihr eigenes Handeln zu verstehen<br />

• anderen beim Erkennen ihrer gefühlten Schwierigkeiten zu helfen<br />

• die Prinzipien menschlicher Beziehungen auf die Probleme anzuwenden, die sich auf allen Ebenen der<br />

Erfahrung ergeben (Peplau 1995: 17).<br />

Die professionelle Pflege beinhaltet prinzipiell die Möglichkeit, die wiederkehrenden täglichen Probleme und<br />

Sorgen der Menschen nach Umfang, Reichweite und den unterschiedlichen Intensitäten zu bestimmen und zu<br />

untersuchen. Sie kann den Patienten beim Umgang mit Situationen helfen, in denen sie zusätzlichem Stress und<br />

Belastungen ausgesetzt sind. Hieraus ergibt sich die Chance, die Möglichkeiten zu erkennen und zu ergründen,<br />

über die die zu pflegenden Menschen bei der Bewältigung schwieriger Lebenssituationen verfügen. Zum anderen<br />

haben die Pflegekräfte die Möglichkeit, mit den Patienten neue Formen der Bewältigung zu erkunden, die<br />

dazu dienen, die Bewältigungsmöglichkeiten (Copingstrategien) der Patienten zu erweitern (vgl. Peplau 1995:<br />

18). So gesehen beinhaltet die pflegerische Situation, d.h. jeder Kontakt zwischen Pflegekraft und Patient, unendliche<br />

Chancen für Lernerfahrungen der beteiligten Personen37 . Peplau siedelt den primären Zuständigkeitsund<br />

Autoritätsbereich der Pflege in der Pflege (nurturing) und Unterstützung der Patienten bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung<br />

durch geeignete pflegerische Maßnahmen an. Die Pflegekräfte sollen aufgrund ihrer Ausbildung<br />

in der Lage sein, menschliche Verhaltensweisen aus verschiedenen Lebenssituationen heraus deuten und<br />

verstehen zu können, um die Patienten in ihrer Entwicklung durch die konstruktive Nutzung der ihnen innewohnenden<br />

und in der Situation <strong>zur</strong> Verfügung stehenden Möglichkeiten zu fördern. Eine hiermit zusammenhängende<br />

Aufgabe der Pflege sieht Peplau (1969a in O’Toole/Welt 1989: 28) in der Entwicklung einer Nomenklatur für<br />

Pflegeprobleme (Pflegediagnosen) sowie in der Definition dieser Konzepte. Sie sollten der Erklärung von Phänomenen<br />

dienen und Pflegehandlungen leiten. Damit spricht sie den Gegenstandsbereich der Pflege an. Hiernach<br />

befasst sich die Pflege<br />

„mit Verhaltensweisen (Reaktionen) von Patienten oder Klienten auf die Umstände ihrer Krankheit oder<br />

Gesundheitsprobleme; der Bereich der Medizin wird nur dann überlappt, wenn Krankheitsprozesse mehr im<br />

Vordergrund stehen (Mereness, 1966; Peplau 1955). Unter der Voraussetzung, dass die Krankheit eine<br />

Chance zum Lernen und zum Wachsen (Reifen) durch die Konfrontation mit den Professionellen eröffnet,<br />

37 Peplaus Verständnis von Pflege steht in Einklang mit der Definition <strong>des</strong> Zuständigkeitsbereichs der beruflichen Pflege der<br />

ANA, an deren Erarbeitung sie als Mitglied der Task Force beteiligt war (s. ANA 2003).<br />

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