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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 5<br />

davon überzeugt, dass die frühen Erfahrungen für die Herausbildung <strong>des</strong> Selbst-Systems von zentraler Bedeutung<br />

sind, weil in dieser Zeit die Selbstwertschätzung und andere menschliche Kompetenzen entfaltet und entwickelt<br />

werden. Aber auch spätere Erfahrungen haben Einfluss auf das Selbst (s. Peplau 1989 in O’Toole/Welt<br />

1989: 306f). Der Mensch ordnet die Selbstsichten grob gesehen drei Kategorien zu. Die erste bezeichnet Peplau<br />

mit ‚im Bewusstsein <strong>des</strong> Ich‘ (ich bin…), die andere Kategorie wird mit dem Begriff ‚selektive Unaufmerksamkeit’<br />

(könnte ich vielleicht sein) bezeichnet, während unter die dritte Kategorie ‚Abspaltung‘ (bin ich nicht) alles<br />

fällt, was aus dem Bewusstsein verdrängt wird. Der Mensch teilt in interpersonalen Beziehungen durch die Sprache,<br />

durch seine Handlungen und Haltungen, die damit verbundene Körpersprache und durch seine Erscheinung<br />

mehr oder weniger bewusst oder unbewusst mit, aus welchen Inhalten sein Selbst-System besteht. Peplau unterscheidet<br />

verschiedene Inhalte <strong>des</strong> Selbst-Systems, die und deren Definitionen in der nachstehenden Tabelle 5.1.<br />

aufgeführt sind.<br />

Tab. 5.1: Inhalte <strong>des</strong> Selbst-Systems (Peplau 1989 in O’Toole/Welt 1989: 307f)<br />

Inhalte <strong>des</strong> Selbst- Definition<br />

Systems<br />

Selbst-Sicht Definitionen, Vorstellungen von sich selbst, die auf der Grundlage von reflektierten<br />

Beurteilungen, Inputs der Bezugspersonen in der Kindheit und weiteren<br />

Zufügungen, Aus- und Überarbeitungen, die aus späteren Lebenserfahrungen<br />

resultieren, bestehen. Wünsche, Haltungen, Meinungen und Ziele etc. sind u.a.<br />

deren Inhalte.<br />

Selbst-Image Das vorgestellte Bild von sich selbst, welches aus Erinnerungen oder der Phantasie<br />

stammt, und das auf die Außenwelt übertragen oder anderweitig vermittelt<br />

wird. Images sind ganz allgemein Repräsentationen <strong>des</strong>sen, was man sein<br />

möchte oder wie man von anderen gesehen werden möchte. Sie müssen von<br />

daher nicht mit den Selbst-Sichten und den anderen Inhalten <strong>des</strong> Selbst-<br />

Systems übereinstimmen.<br />

Selbstwert Mehr oder weniger ein Nebenprodukt einer interpersonalen, intimen Beziehung<br />

zwischen zwei Menschen <strong>des</strong> gleichen Geschlechts wie z.B. mit dem<br />

besten Freund oder mit Gleichaltrigen; Erfahrungen in der der persönliche<br />

Wert außerhalb der Familie bestätigt wird. Nach Sullivan findet dieses gewöhnlich<br />

zwischen dem 9. und 12. Lebensjahr statt.<br />

Selbstachtung Inneres Gefühl der Selbstbetrachtung einschließlich <strong>des</strong> Vertrauens in die eigenen<br />

Fähigkeiten und in das eigene Urteilsvermögen.<br />

Stellung/Position Innerhalb einer Gruppe, eines Berufes etc. aufgrund der erreichten Leistungen<br />

und dem damit verbundenen Verdienst bzw. Nutzen.<br />

Status Verweist auf die offizielle und informelle Position eines Individuums im Verhältnis<br />

zu anderen z.B. in einer Gruppe, einer Familie, am Arbeitsplatz etc.<br />

Für eine professionell verstandene Pflege ist es unerlässlich zu klären, welche Vorstellungen der jeweilige<br />

Mensch von sich selbst hat und was die Grundlage <strong>des</strong> eigenen Selbstkonzepts ist. Nach Peplau (1989 in<br />

O’Toole/Welt 1989: 299, 307f) ist die Pflegekraft in ihrer Arbeit mit Patienten32 auf eine allgemeine Vorstellung<br />

über die oben genannten Inhalte <strong>des</strong> Selbst <strong>des</strong> Patienten angewiesen. Einen ersten Eindruck vom Selbst und<br />

Selbstkonzept <strong>des</strong> Patienten kann die Pflegekraft während der ersten Kontaktaufnahme und im Rahmen der Pflegeanamnese<br />

gewinnen. Hier werden die Grundlagen für die Pflegekraft-Patient-Beziehung gelegt, insofern sich<br />

hier ein erstes, vorläufiges Verständnis <strong>des</strong> Selbst-Systems <strong>des</strong> Patienten herausbilden kann, aus dem wichtige<br />

Einsichten für die Gestaltung der Pflege gewonnen werden können.<br />

32 Diese Aussage gilt unabhängig von der Organisation der pflegerischen Arbeit, ob diese aufgaben- oder patientenbezogen<br />

organisiert ist. Es liegt aber auf der Hand, dass Pflegesysteme, in denen wie bei der Primären Pflege den Pflegekräften Patienten<br />

statt Tätigkeiten zugewiesen werden (s. auch Peplau 1997: 163), den Aufbau und die Aufrechterhaltung (und die Loslösung<br />

aus) einer Beziehung eher erlauben, als dies etwa bei der Funktionspflege oder Gruppenpflege der Fall ist (s. auch<br />

Mischo-Kelling/Schütz-Pazzini 2007).<br />

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