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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 5<br />

tiven Verhaltensweisen <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> besteht in der Reduzierung, Linderung oder Verhütung von Angst. Diese<br />

werden schließlich zu automatischen Verhaltensweisen oder Gewohnheiten. Eine andere Form, auf die Reaktionen<br />

und Haltungen der Bezugspersonen einzugehen, besteht seitens <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> im Lernen (in Verbindung mit<br />

dem Angstgradienten), ein Begriff, den Peplau (1979: 75) vom Begriff der Adaptation abgrenzt. Sie unterscheidet<br />

drei Hauptformen <strong>des</strong> Lernens:<br />

1. Lernen durch Versuch und Irrtum<br />

2. Lernen durch Imitation<br />

3. Lernen durch die Analyse von Erfahrungen, d.h. durch die Eduzierung und Formulierung von Bedeutungen/Beziehungen.<br />

Alle diese Formen ermöglichen dem Kind, sich selbst und seine Umwelt zu erfahren, wobei eine wichtige Aufgabe<br />

<strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> darin besteht, Einschränkungen und Grenzen zu erkennen. Während die ersten beiden Lernformen<br />

eine Mischung von adaptiven Verhaltensweisen und Lernen sind, ist die dritte Lernform31 ein langwieriger<br />

Prozess. Dieser beinhaltet nach Peplau (1979: 75) Beobachtung, Beschreibung, Analyse vorhergehender Daten,<br />

die Formulierung und Zuschreibung von Bedeutung/Sinn, die Validierung und Prüfung sowie schließlich die<br />

Nutzung <strong>des</strong> Erlernten als dem Produkt, welches der validierte und überprüfte Sinn ist. Die Erfahrungen, die der<br />

Mensch im Verlauf seines Lebens macht, können entweder bei einer Veränderung der bestehenden Sicht auf das<br />

eigene Selbst helfen, oder sie können ein negatives Bild verstärken und dadurch ein weiteres Vorankommen erschweren.<br />

Je nachdem, wie diese sind, können sie zu einer Sicht auf sich selbst beitragen, in der der Mensch sich<br />

als nicht adäquat, nicht kompetent, nicht autonom oder nicht unabhängig von wichtigen Bezugspersonen erlebt<br />

und möglicherweise als jemand, der von anderen nicht wertgeschätzt oder dem nichts zugetraut wird (s. auch<br />

Peplau 1979: 77).<br />

Bei der Herausbildung <strong>des</strong> Selbst-Systems sind die Häufigkeit, der Status der Bezugsperson und der Grad an erfahrener<br />

Angst von entscheidender Bedeutung (s. Peplau 1979: 36). Hierbei erweist sich das Selbst-System als<br />

Anti-Angst-System. Der Mensch meidet alle Dinge, die angstbesetzt sind und entwickelt Strategien, diese Dimensionen<br />

seines Selbst nicht in den Vordergrund zu bringen. Diese Strategien können als Sicherheitsstrategien<br />

oder Manöver bezeichnet werden, deren Funktion darin besteht, Angst zu vermeiden (s. Peplau 1989 in<br />

O’Toole/Welt 1989: 305f)<br />

Neben diesen Beurteilungen anderer gehen die signifikanten Bezugspersonen bei der Herausbildung <strong>des</strong> Selbst-<br />

Systems im Laufe <strong>des</strong> Lebens <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> als ‚personifizierte Gewissenspersonen’ in das Selbst-System ein. Peplau<br />

zufolge (1989 in O’Toole/ Welt 1989: 306f) handelt es sich bei diesen ‚personifizierten Gewissenspersonen’<br />

um eine vorübergehende handlungsleitende Funktion <strong>des</strong> Selbst-Systems, die im Erwachsenenalter von der<br />

Fähigkeit <strong>zur</strong> Selbstdisziplin und <strong>zur</strong> Übernahme von Verantwortung für das eigene Handeln abgelöst wird. Damit<br />

eine gewisse Stabilität innerhalb <strong>des</strong> Selbst-Systems aufrechterhalten werden kann, werden inkongruente<br />

Sichtweisen <strong>des</strong> Selbst-Systems in verschiedene Kategorien verwiesen. Die zwischen diesen Sichtweisen bestehenden<br />

figurativen Grenzen sind wiederum eine Funktion der Aufmerksamkeit und der Beziehung mit den damit<br />

zusammenhängenden alles umfassenden Angstvermeidungsstrategien <strong>des</strong> Selbst. Jene Selbstsichten, die im Bewusstsein<br />

akzeptiert werden, d.h. die im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen, werden schnell bemerkt und offen<br />

behauptet. Der Mensch kann mühelos über sie sprechen. Sie werden durch die Verwendung der Personalpronomen<br />

‘Ich, mich, oder mein’ kenntlich gemacht. Solche Aussagen enthalten die Bewertungen der anderen in Hinblick<br />

auf die eigene Person, die diese als ihre Sicht von sich selbst übernommen hat. Es handelt sich um wiederkehrende<br />

Bewertungen, die schließlich zu Inhalten <strong>des</strong> Selbst-Systems werden. Sullivan wie auch Peplau sind<br />

31 An anderer Stelle (Peplau 1963 in O’Toole/Welt 1989: 348) beschreibt sie Lernen „als einen aktiven Prozess, in dem die<br />

Fähigkeiten zum Denken und <strong>zur</strong> Wahrnehmung sowie das zuvor erworbene Wissen zum Zwecke von drei wichtigen Zielen<br />

eingesetzt werden: 1) zum Erwerb neuen Wissens, um Ereignisse erklären zu können, 2) <strong>zur</strong> Förderung von Veränderung und<br />

3) <strong>zur</strong> Lösung von Problemen“.<br />

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