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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 5<br />

Zusammenhang mit den Konzepten <strong>des</strong> Selbst und <strong>des</strong> Selbstkonzepts. Bevor dieser wichtige Aspekt in Bezug<br />

auf die Pflegekraft diskutiert wird, soll ein erster Blick auf Peplaus Verständnis <strong>des</strong> Selbst geworfen werden.<br />

5.3 PEPLAUS VERSTÄNDNIS DES SELBST UND DES SELBST-SYSTEMS I<br />

Peplau geht in Bezug auf die Pflegekraft/Patient-Beziehung von folgenden Grundsätzen aus:<br />

„Jeder hat ein Bild von sich selbst, welches sich in den Beziehungen zu anderen Menschen ausdrückt. Dieses<br />

Selbst ist nicht angeboren, sondern wird in dem sozialen Milieu entwickelt, in dem die biologische Konstitution<br />

und die entsprechenden Fähigkeiten sich verwirklichen und von den Erwachsenen in der jeweiligen<br />

Situation belohnt oder bestraft werden“ (Peplau 1995: 235).<br />

Dies bedeutet,<br />

„dass jeder Patient ein Selbstkonzept (hat), das sich entweder förderlich oder hinderlich auf die interpersonalen<br />

Beziehungen mit professionellen Personen auswirkt“<br />

„dass jede Pflegekraft ein Bild von sich selbst (hat), das in ihren Beziehungen zum Patienten wirksam wird,<br />

indem es das Wachsen beider Seiten in der Situation entweder fördert oder behindert“ (Peplau 1995: 235).<br />

Da alle Pflegekraft-Patient-Interaktionen der Pflegekraft grundsätzlich die Möglichkeit bieten, konstruktive Änderungen<br />

im Sinne einer Vorwärtsentwicklung zu initiieren, ist es für Pflegekräfte wichtig zu verstehen,<br />

• was das Selbst ist<br />

• wie sich das Selbst-System entwickelt<br />

• wie es funktioniert<br />

• welchen Zwecken es dient<br />

• um welche beobachtbaren Phänomene <strong>des</strong> Selbst es sich im Zusammenhang mit Krankheiten 12 handelt<br />

• wie dieses theoretische Wissen das pflegerische Handeln in der Pflegekraft-Patient-Beziehung leiten<br />

kann (Peplau 1989 in O’Toole/Welt 1989: 295)<br />

Die Bedeutung, die dem Selbst und dem Selbstkonzept von Patient und Pflegekraft in der pflegerischen Arbeit<br />

zukommt, spiegelt sich für sie in der Pflegefachliteratur nicht wider13 (s. auch Kap. 3.1.3, 3.1.3). Peplau (1979,<br />

1989, 1995) verwendet das theoretische Konzept <strong>des</strong> Selbst in Anlehnung an Sullivan (1983: 39), um das soziale<br />

und persönliche Funktionieren <strong>des</strong> Menschen im Verlauf seines Lebens erfassen und beschreiben zu können. Das<br />

Selbst-System sei<br />

„[..] an organized network of ideas, feelings and actions which every person has as a consequence of experiences<br />

and interactions with other people. No one is born with a self-system, yet everyone has a self-system.<br />

It is a product of socializing experiences“ (Peplau 1979: 32).<br />

Weiter ist:<br />

„das Selbst eine Abstraktion; sie eignet sich gut, um die Funktion <strong>des</strong> Menschen als Gesamtperson zu beschreiben.<br />

Es handelt sich weder um ein Ding, noch um einen Teil <strong>des</strong> Körpers, noch um einen Ort innerhalb<br />

<strong>des</strong> Psychischen. Das Selbst ist eine geistige (psychische) Funktion, die die umfassendere Funktion <strong>des</strong><br />

gesamten Organismus darstellt. Das Selbst ist so etwas wie ein theoretischer Bezugsrahmen, indem es eine<br />

organisierende Struktur darstellt, durch die Erfahrungen, Ereignisse und Menschen wahrgenommen und erkannt,<br />

akzeptiert oder abgelehnt werden. Das Selbst ist die Begriffsbildung für eine der wichtigsten menschlichen<br />

Funktionen" (Peplau 1989 in O’Toole/Welt 1989: 296).<br />

Das Selbst-System entsteht und entwickelt sich in interpersonalen Beziehungen. Es ist ein Ergebnis der Sozialisation,<br />

eine Funktion, die Menschen im Lauf ihres Lebens im Rahmen interpersonaler Beziehungen entlang konstruktiver<br />

und <strong>des</strong>truktiver Entwicklungslinien herausbilden und modifizieren. Peplau (1989 in O’Toole/Welt<br />

12 Aus dem Umstand, dass Peplau sich überwiegend mit Phänomenen beschäftigt hat, wie sie Pflegekräfte insbesondere in<br />

psychiatrischen und psychotherapeutischen Einrichtungen antreffen, kann nicht abgeleitet werden, dass Peplau den Fokus der<br />

Pflege ausschließlich auf beobachtbare Verhaltensphänomene in Zusammenhang mit psychiatrischen Erkrankungen bezieht.<br />

13 Peplau (1989 in O’Toole/Welt 1989: 294f) verweist hier auf die ANA-Klassifikation von Pflegediagnosen und auf die Arbeiten<br />

von Roy und King (s. Kap. 6 und 7). Erstaunlich ist, wie wenig Aufmerksamkeit dem Selbst und dem Selbstkonzept<br />

bei der Rezeption von Peplaus Werk geschenkt worden ist (s. bspw. Fawcett 2005).<br />

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