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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 5<br />

Psychiater in verantwortlicher Stellung hatte. Darauf, dass das Pflegepersonal eine wichtige Rolle in der stationären<br />

psychoanalytischen Behandlung spielt, hatte in Deutschland <strong>zur</strong> gleichen Zeit, etwa um 1927 Ernst Simmel,<br />

ein Berliner Psychiater hingewiesen. Anders als Sullivan, der der Pflege eine therapeutische Funktion zuwies,<br />

sah Simmel im Pflegepersonal lediglich ein Beobachtungsorgan bzw. einen Datenlieferanten (s. Simmel<br />

1928: 361). Peplau wandte Sullivans Ideen konsequent auf die Pflege und auf pflegerische Phänomene an.<br />

5.1 AUSGANGSSITUATION<br />

Ihre in der Psychiatrie gemachten Erfahrungen sowie ihr in verschiedenen Studiengängen7 erworbenes Wissen,<br />

dazu die Einbeziehung <strong>des</strong> (damaligen) Wissensstan<strong>des</strong> und <strong>des</strong> Wissens der für die Pflege wichtigen Diszplinien<br />

sowie nicht zuletzt die Untersuchung klinischer Fallbeispiele lieferten Peplau das Material, aus dem sie ihre<br />

zentralen theoretischen Konzepte herleitete und empirisch untermauerte. Die in ihrem Buch vorgestellten theoretischen<br />

Konzepte hat sie in nachfolgenden Arbeiten weiter ausgearbeitet und um neue ergänzt. Auch wenn Peplaus<br />

Interesse schwerpunktmäßig im Bereich der psychiatrischen Pflege lag, war sie davon überzeugt, dass die<br />

hier gewonnenen Erkenntnisse auf alle Praxisfelder der Pflege übertragen werden könnten.<br />

Die Kommunikation mit dem Patienten ist die Voraussetzung für das Ingangsetzen und Aufrechterhalten <strong>des</strong> interpersonalen<br />

Prozesses (s. auch Reed 1996: 71). Die von Peplau vorgestellten Konzepte ermöglichen der Pflegekraft<br />

ein personenbezogenes statt eines krankheitsbezogenen Herangehens (s. Sills 1999/78, O’Toole/Welt<br />

1989, Peplau 1996/1997).<br />

Peplau sieht in der ‚interpersonalen Theorie’ Sullivans einen geeigneten Ausgangspunkt <strong>zur</strong> Entwicklung eines<br />

pflegerischen Wissenssystems. Es stellt eine Synthese aus biologischen, psychologischen und sozialwissenschaftlichen<br />

Erkenntnissen dar und bietet Erklärungsansätze zum Verständnis der Interaktion, d.h. der wechselseitigen<br />

Beziehungen zwischen Menschen in einer bestimmten Situation. Es ermöglicht, pflegerische Situationen<br />

bewusster wahrzunehmen und einfühlsamer darin zu handeln, als es ohne dieses Wissen möglich wäre. Diese<br />

Theorie zeigt den Unterschied<br />

• zwischen einem Mit-Handeln (co-acting) und einem wechselseitig aufeinander bezogenen Handeln (interacting)<br />

• zwischen der Nähe und dem Kontakt zu einem Patienten und einem Mit-ihm-in-Beziehung-Treten, was<br />

bedeutet, die Situation aus der Perspektive <strong>des</strong> Patienten verstehen zu lernen<br />

• zwischen nebeneinander herlaufenden und aufeinander bezogenen Handlungen.<br />

Ferner gibt die interpersonale Theorie Aufschluss über ein für die psychiatrische Pflege wichtiges Konzept, das<br />

der ‚Verbundenheit’ (s. Peplau 1954 in O’Toole/Welt 1989: 9).<br />

Eine professionelle Pflege ist hinsichtlich <strong>des</strong> Verständnisses der zugrundeliegenden Situation auf eine eigene<br />

handlungsleitende Theorie sowie auf entsprechende Konzepte angewiesen. Peplau siedelt die für die Gestaltung<br />

der Pflegepraxis benötigten Konzepte auf vier Ebenen an:<br />

1. „Konzepte, die der Pflegekraft die generischen Wurzeln der gegenwärtigen Lebensmuster verstehen helfen,<br />

die sowohl die Pflegekraft wie auch der Patient nutzen<br />

2. Konzepte, die der Pflegekraft helfen, die strukturellen Aspekte einer Situation zu erfassen<br />

3. Konzepte, die die Pflegekraft in die Lage versetzen, die in der aktuellen Pflegekraft-Patient-Begegnung<br />

in Gang befindliche Dynamik, d.h., ihre Bedeutung und ihre Zielrichtung (Absichten) zu benennen und<br />

einzuschätzen<br />

7 Peplau machte ihr Examen als Krankenschwester 1931 an der Krankenpflegeschule <strong>des</strong> Pennsylvania Hospitals. Sie erhielt<br />

ihren BA in Interpersonaler Psychologie 1943 am Bennington College, ihren MA in der Fachrichtung psychiatrische Pflege<br />

1947 am Teachers College der Columbia University, New York, sowie ihren Ed.D in Pflegebildung 1953 ebenfalls am Teachers<br />

College (s. Reed 1996: 55f).<br />

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