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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 4<br />

Gewisse Konflikte zwischen Pflegenden und Pflegeempfängern sind unvermeidlich. Letztere haben nicht selten<br />

eine Vorstellung von einer idealen Situation, wonach der Pflegende automatisch ihren Erfordernissen als Empfänger<br />

der Pflege entspricht. Eine Übereinstimmung herzustellen bei der Definition der Bedürfnisse/Erfordernisse,<br />

die sowohl die Sichtweise der Pflegenden als auch die der Pflegempfänger zufrieden stellt, ist<br />

alles andere als leicht. Die Schwierigkeit, hier zu einem Einvernehmen zu gelangen, nimmt mit Machtunterschieden<br />

noch zu. Machtbeziehungen bestimmen die Definition von Erfordernissen häufig so, dass sie mit dominanten<br />

Vorstellungen und Interessen übereinstimmt, während die Pflegeempfänger wenig Kontrolle darüber zu<br />

haben scheinen, wie ihre Erfordernisse im Caring Prozess definiert werden. Darüber hinaus werden Konflikte<br />

zwischen Pflegenden und Pflegeempfängern durch die Art, wie Frauen in Beziehung zum Caring-Prozess stehen,<br />

häufig noch verstärkt. Trotz <strong>des</strong> Bil<strong>des</strong> der Frau als natürliche Pflegende werden Frauen häufig als ignorant angesehen<br />

und als nicht fähig, die Verantwortung für ihren eigenen Caring-Prozess zu übernehmen (Fisher/Tronto<br />

1990: 44f).<br />

Was den Caring-Prozess betrifft, wird dieser in kapitalistischen Gesellschaften laut Fisher/ Tronto (1990: 46) auf<br />

drei Weisen konzeptualisiert und organisiert, und zwar über den Haushalt/die Gemeinschaft, über den Markt und<br />

über die Bürokratien. Alle drei Schauplätze wirken auf unterschiedliche Weise auf den Caring-Prozess ein, indem<br />

sie einmal die Integration, zum anderen Konflikte zwischen den Caring-Phasen befördern. Jede Form wirkt<br />

dabei auf die anderen, da sich diese Formen auf verschiedene Art und Weise durchdringen. Dies ist die Verbindung<br />

<strong>zur</strong> Bedingungsmatrix von Strauss/Corbin (1996: 132ff), die <strong>zur</strong> Vervollständigung <strong>des</strong> Analyserahmens<br />

im letzten Schritt vorgestellt werden soll.<br />

4.6 DIE BEDINGUNGSMATRIX<br />

Die Matrix entstammt der Methodologie der Grounded Theory. Sie soll hier als heuristisches Mittel zum Einsatz<br />

gebracht werden. Sie erlaubt, die zu analysierenden pflegetheoretischen Ansätze aus einer Innen- und einer Außenperspektive<br />

im Kontext von konkreten Handlungssituationen zu beleuchten. Im Kontext der Grounded Theory<br />

bietet die Bedingungsmatrix einen Bezugsrahmen, auf den die verschiedenen Techniken und Verfahrensverweisen<br />

bezogen werden können. Die Methodologie der Grounded Theory 89 ist grundsätzlich auf sämtliche in einer<br />

Gesellschaft vorgefundenen Gegenstände und Phänomene anwendbar, somit auch auf Texte unterschiedlichster<br />

Art (s. Strauss/Corbin (1996: 133). Corbin/Strauss (2008: 21) unterscheidet unterschiedliche Quellen,<br />

aus denen eine Forschungsfrage resultieren kann. Mein Interesse, das RLT-Modell auf der Basis pflegetheoretischer<br />

Ansätze und empirischer Befunde in handlungstheoretischer Hinsicht weiter zu entwickeln, entstand – wie<br />

in Kap. 1 skizziert - aus der Erfahrung mit der praktischen Umsetzung dieses Modells und aus der Auseinandersetzung<br />

mit entsprechenden pflegetheoretischen Ansätzen. Hierbei ist deutlich geworden, dass pflegerische Entwicklungen<br />

nicht losgelöst von den entsprechenden Situationen, von der Art der Pflege und dem, was hierunter<br />

verstanden wird, erfolgen. Gezielte Veränderungen in der Pflege haben Auswirkungen auf dieselbe. Wie der<br />

Gang dieses Kapitels illustriert, wirken sich Veränderungen in der Pflege auf mehreren Ebenen aus. Sie berühren<br />

bestehende Arbeitsarrangements und damit auch Machtverhältnisse. Mit Hilfe der Bedingungsmatrix wird es<br />

möglich, einzuschätzen, welche Veränderungen auf welchen Ebenen notwendig sind. Eine Vorstellung hiervon<br />

bietet die Möglichkeit, diesen Veränderungsprozess entsprechend zu gestalten.<br />

Alle Phänomene sind, wie in der vorliegenden Arbeit das Selbst, das Selbstkonzept und das Körperbild eines<br />

Menschen, im Kontext eines auf sich selbst bezogenen pflegerischen Handelns und/oder in Bezug auf die Pflege<br />

89 Sie ist ein Instrument oder auch Mittel, das in ein Paradigma eingebettet ist. Dieses kann Forschende dabei unterstützen,<br />

die vielfältigen Beziehungen, die zwischen den aus den Daten zu entwickelnden Konzepten bestehen, herauszufiltern. Unter<br />

dem Begriff ‚Paradigma’ ist nach Corbin/Strauss (2008: 89) eine Perspektive bestehend aus einem Satz von Fragen zu verstehen.<br />

Diese Fragen können bei der Analyse qualitativer Daten angewendet werden. Sie helfen dem Forscher/der Forscherin,<br />

kontextuelle Faktoren aus ihren Daten herauszufiltern sowie die Beziehungen zu identifizieren, die zwischen Kontext und<br />

Prozess bestehen.<br />

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