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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 4<br />

1. „Caring spielt für das Überleben der menschlichen Gattung eine zentrale Rolle, d.h. Caring findet in einem<br />

Kontext <strong>des</strong> Überlebens statt, denn ein Leben ohne Caring würde zwangsläufig das Ende der Gattung<br />

bedeuten 88 .<br />

2. Caring ist ein soziales Unterfangen, da die damit einhergehenden Bemühungen auf das Überleben der<br />

Gattung und nicht nur auf das von Einzelnen ausgerichtet sind.<br />

3. Caring ist aufgrund der damit verbundenen sozialen Interaktionen ein schwieriges Unterfangen, das ein<br />

Potential von Konflikten in sich birgt, da es materielle Ressourcen erfordert, die kaum oder gar nicht zu<br />

erhalten sind“.<br />

Sie schlagen vor,<br />

„... that caring be viewed as a species activity that inclu<strong>des</strong> everything that we do to maintain, continue, and<br />

repair our ‘world’ so that we can live in it as well as possible”.<br />

Hierbei handelt es sich um eine sehr offene Sicht. Die damit verbundenen Bemühungen <strong>zur</strong> Aufrechterhalten <strong>des</strong><br />

Lebens und <strong>des</strong> sozialen Lebenszusammenhangs (Umwelt) unterstellen weder von vornherein, dass nur bestimmte<br />

Menschen – Männer oder Frauen – hierfür die entsprechenden Fähigkeiten haben, noch dass bestimmte<br />

Bemühungen in diesem Zusammenhang wichtiger seien als andere. Es wird auch kein bestimmter Standard unterstellt,<br />

da das im Zusammenhang mit Caring Erforderliche kontextspezifisch ist und sich je nach historischem,<br />

sozialem, klassenspezifischem oder kulturellem Kontext ändert. Die in den jeweiligen Kontexten vorherrschenden<br />

Machtbeziehungen haben Auswirkungen auf den Inhalt der ‚Caring-Aktivitäten’, deren Definition und<br />

Grenzen. So gesehen ist der Prozess <strong>des</strong> Caring laut Fisher/Tronto (1990: 40) kein anmutiger oder sich angenehm<br />

entfaltender Prozess, sondern einer, der aus verschiedenen Komponenten besteht, die häufig miteinander<br />

kollidieren. Die vier Phasen <strong>des</strong> Caring-Prozesses sind:<br />

• Caring about (sich sorgen, sich Gedanken machen um)<br />

• Taking care of (für etwas/jemanden sorgen)<br />

• Care-giving (etwas/jemanden pflegen)<br />

• Care-receiving (gepflegt werden) (Fisher/Tronto 1990: 40ff).<br />

Entsprechend seiner Allgemeinheit können im Caring-Prozess Dinge, Lebewesen oder Menschen im Mittelpunkt<br />

stehen. Bezogen auf die Pflege ist nicht nur die Aufmerksamkeit wichtig, die die Pflegenden im Caring-Prozess<br />

den zu Pflegenden widmen, sondern auch die Technologien und materiellen Dinge, die den gesamten Prozess<br />

unterstützen, begleiten oder ihn als fördernde bzw. limitierende Rahmenbedingungen formen. Mit Blick auf die<br />

Praxis ist das Caring auf ermöglichende Faktoren im Sinne spezifischer Vorbedingungen von Caring-Aktivitäten<br />

bzw. pflegerischem Handeln angewiesen. Die wichtigsten Vorbedingungen sind: Zeit, materielle Ressourcen,<br />

Wissen und Fähigkeiten/Fertigkeiten. In jeder der vier zuvor genannten Caring-Phasen fließen diese Faktoren in<br />

die Pflegearbeit ein, wobei die jeweilige Balance von den handelnden Personen und vom historischen und kulturellen<br />

Kontext abhängt (Fisher/Tronto 1990: 40). Im Folgenden werden die einzelnen Phasen <strong>des</strong> Caring-<br />

Prozesses beschrieben, wobei nur solche Aspekte herausgegriffen werden, die für die Analyse der pflegetheoretischen<br />

Ansätze relevant sind.<br />

4.5.1 Caring about: Anteilnahme (Aufmerksamkeit für jemanden bzw. für etwas)<br />

In dieser Phase geht es um die Berücksichtigung von Merkmalen in unserer Umwelt, die sich auf unser Überleben<br />

und Wohlbefinden auswirken, und darum, sich ihnen zuzuwenden. Hier gibt es kein Zeitlimit. Allerdings<br />

hängt das, worauf sich die Aufmerksamkeit richtet, von Wissen bzw. Kenntnissen ab. Im Alltagsverständnis<br />

wird der Begriff ‚Caring about’ in enger Beziehung zu Liebe oder Zuneigung verwendet. Bei<strong>des</strong> verweist auf<br />

eine mit Menschen bestehende Verbindung. Anstelle einer Motivation beschreibt es eine Orientierung, die eine<br />

Auswahl beinhaltet. Einschränkungen in Bezug auf Zeit, Wissen, Fähigkeiten und Ressourcen wirken sich auf<br />

das ‚caring about’ aus und zwingen die Betreffenden, sich für etwas zu entscheiden. Das Dilemma besteht nicht<br />

selten darin, dass es mehr Dinge gibt, um die es sich zu kümmern gelte als zu verstehen sind. Häufig gebe es<br />

88 Die Menschen können sich entscheiden, wie viel von ihrem Leben sie dem Caring widmen wollen, auf welche Aspekte <strong>des</strong><br />

Caring Wert gelegt wird – auf die emotionalen, die materiellen oder das Wohlergehen -, und wie Menschen die Zusammenarbeit<br />

bei Caring-Aktivitäten mit anderen gestalten wollen usw.<br />

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