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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 4<br />

Grundbedürfnis nach Pflege diffus. Hier Klarheit zu schaffen, betrachtet Rohde als eine zentrale Aufgabe der<br />

beruflichen Pflege. Die Schwierigkeiten und Widersprüche, in die der pflegerische Funktionskreis aufgrund der<br />

doppelten Ausrichtung gerät, werden von Rohde nicht erkannt. Trotz vieler Widersprüche in Bezug auf die Verortung<br />

<strong>des</strong> pflegerischen Funktionskreises als Teil <strong>des</strong> Heilungsprozesses gibt seine Analyse dennoch erste Hinweise<br />

darauf, in welche Richtung sich der pflegerische Funktionskreis entwickeln könnte. Der Fokus ist die direkte<br />

Beziehung zum Patienten. Ein großes Dilemma der beruflichen Pflege besteht nun aber darin, dass die<br />

Pflege mit der temporären Übernahme einer in der Regel familiär wahrzunehmenden Aufgabe befasst ist. Diese<br />

Aufgabe bezeichnet Rohde als ‚mutterähnliche‘ Funktion und meint damit ein auf ein menschliches ‚Grundbedürfnis‘<br />

bezogenes Handeln. Dieses Bedürfnis ist jedoch nicht eindeutig zu definieren, es ist unscharf (s. auch<br />

Hagemann-White 1997). Folglich besteht eine Aufgabe der beruflichen Pflege, aber auch der Gesellschaft darin,<br />

dieses Grundbedürfnis näher zu bestimmen 86 .<br />

In Kapitel 3 ist dargelegt, dass das Selbst, das Selbstkonzept und das Körperbild eines Menschen beim menschlichen<br />

Handeln fortwährend Veränderungen ausgesetzt sind. Dies gilt auch für das auf sich selbst und auf andere<br />

bezogene pflegerische Handeln. Das Selbst, Selbstkonzept und das Bild von eigenem Körper wird hiervon nachhaltig<br />

berührt. Die weiteren Ausführungen haben gezeigt, dass Pflege das ganze Leben über notwendig ist und<br />

dass die Art der möglichen Pflege von vielen Faktoren beeinflusst wird. Um die Reichweite der hier interessierenden<br />

pflegetheoretischen Ansätze zu erkennen, muss die Pflege gesunder wie kranker Menschen in einem breiteren<br />

Kontext gesehen und aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden. Die zu leistende Arbeit muss dabei<br />

in Beziehung zum menschlichen Leben (d.h. zu den Aktivitäten <strong>des</strong> Lebens im Sinne <strong>des</strong> RLT-Modells) und<br />

zum menschlichen Lebenslauf (oder auch <strong>zur</strong> Lebensspanne im Sinne <strong>des</strong> RLT-Modells) gesetzt werden. Die<br />

Ausführungen in Kap. 3 haben deutlich gemacht, dass die Pflege in ihren unterschiedlichen Formen als eine<br />

notwendige produktive und reproduktive menschliche Arbeit verstanden werden muss, die durch die verschiedenen<br />

Orte ihrer Ausübung geprägt wird. Dieser Zusammenhang wird in Tabelle 4.3 dargestellt.<br />

Tab. 4.3: Orte und Arbeitsformen, die das Pflegehandeln beeinflussen<br />

Ebenen AL (RLT- Begriff Institutionen Querliegende<br />

Modell)<br />

Kategorien<br />

Individuum<br />

Familie<br />

[Mikroebene]<br />

Arbeit<br />

Soziale Ebene<br />

Bildungswesen:<br />

(Organisation /<br />

Beruf Allgemeinbilden<strong>des</strong> Schulsystem<br />

Institutionen)<br />

Berufsbildungssystem<br />

[Mesoebene]<br />

Arbeitsmarkt<br />

Gesellschaft<br />

Profession Hochschulbereich<br />

[Makroebene]<br />

Wissenschaft<br />

Arbeitsmarkt<br />

Dienst- Arbeitsmarkt<br />

Leistung Familie, Nachbarschaft, Gemeinde<br />

Lebensspanne (aus RLT-Modell)<br />

Arbeiten und sich in der<br />

Freizeit beschäftigen<br />

Seine Geschlechtlichkeit leben<br />

Abhängigkeits-/Unabhängigkeits-Kontinuum (aus RLT-Modell)<br />

Einzigartigkeit <strong>des</strong> Lebens (aus RLT-Modell)<br />

192<br />

Pflege/ Kompetenz <strong>zur</strong><br />

selbstbezogenen und auf andere<br />

Menschen bezogene<br />

Pflege<br />

Um die vielfältigen Einflüsse auf das Pflegehandeln in den Blick zu bekommen, soll im Folgenden auf das<br />

Strukturmodell <strong>des</strong> ‚Caring-Prozesses von Fisher/Tronto (1990) eingegangen werden. Es erlaubt, den Blick zugleich<br />

auf die Privat- und die Erwerbsphäre zu lenken.<br />

86 Roh<strong>des</strong> Aussagen zum pflegerischen Funktionskreis sind an manchen Stellen missverständlich und widersprüchlich. Er<br />

gibt viele Hinweise darauf, dass der pflegerische Funktionskreis dem medizinischen Funktionskreis funktional untergeordnet<br />

ist. Dieser Gedanke ist von Thomas Elkeles (1985) aufgegriffen worden. Die Idee, dass beide Funktionskreise als funktional<br />

gleichwertig und aufeinander bezogen gedacht werden können, schimmert gelegentlich bei Rohde durch. Er hat sie aber trotz<br />

seiner Kenntnis der damaligen Entwicklungen der Pflege in den USA nicht weiter aufgegriffen.

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