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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 4<br />

der Behandlungspflege zusammengefasst werden. Dieser Bereich markiert den zwischen pflegerischem und medizinischem<br />

Autoritäts- und Zuständigkeitsbereich bestehenden Überlappungsbereich, den ich weiter vorne ‚als<br />

Mülleimer’ beschrieben habe. Welche Aufgaben hierunter fallen, wird ärztlicherseits 85 definiert.<br />

Aus der Entwicklung <strong>des</strong> Krankenhauses zu einer diagnostisch-therapeutischen Behandlungsstätte einerseits und<br />

aus der Ableitung pflegerischer Funktionen und Aufgaben aus dem medizinischen Funktionskreis andererseits<br />

leitet Rohde den ‚Verlust der Eigenständigkeit’ <strong>des</strong> pflegerischen Funktionskreises ab. Die Pflege wird:<br />

„<strong>zur</strong> Hilfe, zum Mittel, um die eigentliche Auseinandersetzung mit der Krankheit in Form medizinischdiagnostischer<br />

und therapeutischer Maßnahmen zu ermöglichen. Mithin ist die Schwester im Krankenhaus<br />

von heute immer schon ‚Heilgehilfin’. Ihre Rolle ist in den diagnostisch-therapeutischen Prozess einbezogen<br />

und untersteht damit den Gesichtspunkten, Grundorientierungen und Erwartungen <strong>des</strong> medizinischen<br />

Funktionskreises" (Rohde 1974: 290).<br />

An dieser Stelle findet bei Rohde einer Vermischung <strong>des</strong> pflegerischen und medizinischen Funktionskreises<br />

statt. Wird ersterer zunächst aus dem menschlichen Grundbedürfnis begründet, erfolgt im zweiten Schritt die<br />

Legitimation der Heilgehilfin aus den Anforderungen, die aus dem medizinischen Funktionskreis in Bezug auf<br />

die Diagnostik und Behandlung der Krankheit erwachsen. Diese Anforderungen sind an der medizinischen Arbeit<br />

und weniger an den (anthropologischen) Erfordernissen <strong>des</strong> Kranken orientiert. Er konstatiert eine zwischen<br />

medizinischem und pflegerischem Funktionskreis bestehende Abhängigkeit. Insgesamt ist Rohde in seinen Aussagen<br />

widersprüchlich. Einerseits partizipiert der pflegerische Funktionskreis im modernen Krankenhaus am<br />

medizinischen, indem er sich an medizinischen Handlungszielen ausrichtet. Andererseits ist die Pflege der Medizin<br />

nicht untergeordnet, sondern Teil <strong>des</strong> ‚Heilungsprozesses’. Mit Blick auf die von ihm beschriebene und<br />

durch die Medizin hervorgerufene Umprägung, Differenzierung und Modifizierung zuvor diffuser und unspezifischer<br />

Funktionen der Pflege in funktional spezifische und auf den diagnostisch-therapeutischen Prozess bezogene<br />

Funktionen hält er eine Unterscheidung pflegerischer Funktionen in Grundpflege und Behandlungspflege für<br />

unangemessen. Fruchtbarer erscheint ihm hingegen ein Vorschlag von Whiting, der folgende auf den Patienten<br />

gerichtete pflegerische Aufgaben unterscheidet:<br />

• "die physische Pflege (physical care)<br />

• die emotionale Abstützung <strong>des</strong> Patienten (supportive emotional care)<br />

• die Erziehung <strong>des</strong> Patienten (patient education)<br />

• die Vermittlung zwischen Patient und Arzt oder anderen Abteilungen <strong>des</strong> Krankenhauses (liaison)"<br />

(Rohde 1974: 294).<br />

Diese Funktionen stehen nach Roh<strong>des</strong> Argumentation allerdings eher im Zusammenhang mit Diagnostik und<br />

Behandlung und weniger mit der Pflege als solcher. Wie in diesen Kontext die weiter oben erwähnten ‚mutterähnlichen‘<br />

Funktionen einzuordnen sind, bleibt ebenso offen wie die Frage, wie all diese Funktionen in der Beziehung<br />

zwischen Pflegekraft und Patient realisiert werden können. Rohde verheddert sich in dem ‚doppelten<br />

Mandat’. An dieser Stelle soll auf die Beschreibung weiterer Aspekte <strong>des</strong> ‚pflegerischen Funktionskreises‘ verzichtet<br />

werden.<br />

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Rohde den medizinischen und den pflegerischen Funktionskreis<br />

als berufliche Handlungsfelder mit unterschiedlichen, aber aufeinander bezogenen Funktionen konzipiert.<br />

Die Handlungsanforderungen und -orientierungen sind in beiden Bereichen mit Blick auf die mit dem Patienten<br />

einzugehende Arbeitsbeziehung zunächst prinzipiell miteinander vergleichbar. Beide, Pflegekraft wie Arzt, treten<br />

mit dem Patienten in eine Arbeitsbeziehung. Während für den Arzt die Art der in dieser Arbeitsbeziehung<br />

stattfindenden Hilfestellung mit den Begriffen ‚Diagnostik und Therapie’ offenbar hinreichend beschrieben ist,<br />

gilt das für die Pflege nicht. Im Gegensatz <strong>zur</strong> Krankheit, die in der Regel spezifisch ist, bleibt das menschliche<br />

85 Dass dem auf anderer Ebene (gesetzlich, Interessenvertretung, Krankenhaus) Aushandlungsprozesse vorausgehen, zeigt die<br />

gegenwärtige Diskussion um die Neuverteilung von Aufgaben.<br />

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