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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 4<br />

Aktivitäten unterstützen oder bei Vorliegen einer teilweisen oder völligen Abhängigkeit von Dritten an <strong>des</strong>sen<br />

insoweit gegebene Fähigkeiten <strong>zur</strong> eigenen Pflege anknüpfen zu können. Um diese Fähigkeiten aufrechterhalten<br />

zu können, muss die Pflegekraft wissen, wie, wann und warum er bestimmte Dinge so und nicht anders getan<br />

hat. In der Dienstleistungs- oder pflegerischen Situation legt sie konkret Hand an und greift in die körperliche<br />

und psychische Integrität <strong>des</strong> Patienten ein. Sie fungiert als verlängerter Arm, als Hilfsmittel, als Medium und<br />

läuft zugleich Gefahr, Funktionen und Fähigkeiten <strong>des</strong> Patienten unter Umständen auch zu zerstören (s. Mischo-<br />

Kelling 1997:110). Nutzen und Schaden liegen hier ebenso wie die Gefahr <strong>des</strong> Missbrauchs nah beieinander (s.<br />

Hughes 1993: 305).<br />

Da der gesunde Mensch normalerweise für die Pflege seines Körpers und seines Selbst aufkommt (oder von Bezugspersonen<br />

darin unterstützt wird), und weil die berufsmäßig ausgeübte Pflege immer nur temporär nachgefragt<br />

wird (s. Kap. 2), muss sich das professionelle Handeln der Pflegekräfte nicht nur an der aktuell im Krankenhaus<br />

gegebenen Situation <strong>des</strong> Patienten orientieren, sondern auch daran, was vorher war und was nachher<br />

sein wird. Die Lebenssituation und die pflegerische Handlungskompetenz <strong>des</strong> Patienten setzen die Bedingungen<br />

für die Pflege. Die Bedingungen der beruflichen/professionellen Pflege sind durch deren Organisation sowie<br />

durch die <strong>zur</strong> Verfügung stehenden Ressourcen (räumlich, materiell, personell, zeitlich, finanziell) gesetzt. Bei<br />

der Erbringung der Dienstleistung 66 , der Gestaltung der Arbeitsbeziehung zum Patienten/Mitproduzenten und<br />

der auszuhandelnden Arbeit zwischen Produzent und Konsument sowie zwischen den einzelnen Professionen<br />

bzw. Berufsgruppen kommt den von Abbott beschriebenen zentralen Handlungsweisen ‚Diagnose, Schlussfolgerung<br />

und Behandlung’ eine wichtige Rolle zu. Diese beruhen auf dem Wissen der jeweiligen Profession, welches<br />

wiederum Hinweise auf die beruflichen Selbstkonzeptionen gibt. Mittels dieser Handlungsweisen können die<br />

Ungewissheiten personenbezogener Dienstleistungen unter Kenntnis der spezifischen Fallsituation und der Konfrontation<br />

der gewonnen Daten mit dem Professionswissen laut Rabe-Kleberg (1996) überwunden, aber nicht<br />

aufgelöst werden. Die Ungewissheiten resultieren aus dem Prozesscharakter der Arbeit und aus dem Arbeitsprodukt.<br />

Bei<strong>des</strong> fällt aufgrund <strong>des</strong> Uno-actu Prinzips oftmals zusammen. Entsprechend dem Handlungsmodell wird<br />

das professionelle Handeln ausgestaltet, indem eine Reihe von Handlungsmöglichkeiten auf dem Hintergrund<br />

<strong>des</strong> Wissens auf mögliche Konsequenzen hin geprüft wird. Vor diesem Hintergrund begreift Rabe-Kleberg<br />

(1996: 295) Professionalität als die subjektive Fähigkeit und Bereitschaft, die Ungewissheit <strong>des</strong> Handelns zu ertragen,<br />

immer wieder neu die Implikationen für das Handeln in Ungewissheit zu reflektieren und auf der Basis<br />

von Zuständigkeit auch die Verantwortung für das Handeln zu übernehmen (Rabe-Kleberg 1996: 295). Dieser<br />

Zusammenhang wird in der Tabelle 4.2 dargestellt.<br />

Tab. 4.2: Zusammenarbeit der verschiedenen Berufe/Professionen<br />

Profession 1 Profession 2 Profession N<br />

Interaktion mit dem jeweiligen<br />

Klienten /Patienten bzw. Klientensystem<br />

Abstraktes<br />

Wissenssystem<br />

Handlungsweisen:<br />

Diagnose,<br />

Schlussfolgerung,<br />

Behandlung<br />

Kulturelle Arbeit: Verteidigung<br />

<strong>des</strong> Zuständig-<br />

keitsbereichs<br />

In der Praxis<br />

verkörpertes<br />

Wissen<br />

Interaktion mit dem jeweiligen Klienten<br />

/Patienten bzw. Klientensystem<br />

Abstraktes Wissen<br />

Möglicher Überlappungsbereich<br />

Handlungsweisen:<br />

Diagnose,<br />

Schlussfolgerung,<br />

Behandlung<br />

182<br />

In der Praxis<br />

verkörpertes<br />

Wissen<br />

Kulturelle Arbeit: Verteidigung<br />

<strong>des</strong> Zuständigkeitsbereichs<br />

........<br />

Dienstleistung (DL) 1 Dienstleistung (DL) 2 DL N<br />

Zusammenarbeit der Professionen Zusammenarbeit der Professionen<br />

Arbeitsteilung zwischen den Professionen<br />

66 Ein wichtiger Schlüssel, um die im Gesundheitswesen angestrebten Produktivitätssteigerungen erzielen und Rationalisierungsmöglichkeiten<br />

ausschöpfen zu können, liegt nicht in der zunehmenden Verdichtung der Arbeit, sondern in einer intelligenten<br />

Gestaltung der Dienstleistungssituation. Hier stellen der Patient und seine Bezugspersonen eine wichtige Ressource<br />

dar. Um die Potenziale <strong>des</strong> Patienten und seiner Bezugspersonen in der Pflegesituation und im Dienstleistungsprozess positiv<br />

nutzen zu können, muss die professionelle Pflege ihr Handlungsspektrum erweitern. Sie benötigt Zeit für Information, Beratung<br />

und Anleitung (s. hierzu auch Weidner 1995).

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