09.12.2012 Aufrufe

zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kapitel 1<br />

1. GEGENSTAND UND PFLEGEWISSENSCHAFTLICHE VERORTUNG DER ARBEIT<br />

Da Fragen in Bezug auf die Pflege in historischen Zusammenhängen unterschiedlich beantwortet werden, soll<br />

die Arbeit zunächst im historischen Kontext und im pflegewissenschaftlichen Diskurs verortet werden. Hierbei<br />

wird der Blick schwerpunktmäßig auf die USA als das Land gerichtet, in dem die Pflegewissenschaft ihren Ursprung<br />

genommen hat.<br />

1.1 ZUM HISTORISCHEN KONTEXT<br />

Wurde die außerhäusliche Pflege fremder Menschen im 19. Jahrhundert in vielen Ländern eher als weibliche Berufung<br />

definiert, ging es gegen Ende <strong>des</strong> 19. und Anfang <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts führenden Pflegekräften in den<br />

USA wie Lillian Wald, Isabel Hampton Robb, Annie Goodrich, Lavinia Dock, Adelaide Nutting, Mary Gardner<br />

oder Sophia Palmer darum, die Pflege als gelernten Beruf zu etablieren. Nachdem dieses Konzept schon bald als<br />

Differenzierungs- oder Abgrenzungskriterium gegenüber anderen Berufen bzw. Handwerken (‘tra<strong>des</strong>’) nicht<br />

mehr ausreichte (s. Baer 1990, Baer et al. 2002, Melosh 1982, Mischo-Kelling 1995a, Reverby 1989), entstand<br />

Anfang <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts die Idee, die Pflege als Profession zu verstehen. Damit wurde es notwendig, nicht<br />

nur den Gegenstandsbereich der professionellen Pflege und deren Wissensbasis einschließlich der zu erlernenden<br />

Fähigkeiten/Fertigkeiten inhaltlich zu bestimmen, es ging in der Folge auch darum, den Gegenstandsbereich der<br />

Pflege gegenüber anderen Berufen bzw. Professionen in der Praxis zu behaupten. Aus professionstheoretischer<br />

Sicht ging es auf der praktischen Ebene um die Klärung <strong>des</strong> professionsspezifischen Zuständigkeitsbereichs -<br />

‚jurisdiction‘ - (Abbott 1988) der professionellen Pflege. Erste Antworten auf die im einleitenden Vorwort gestellten<br />

Fragen, was Pflege ist und was sie in Bezug auf andere Professionen ist, geben die etwa seit Mitte <strong>des</strong><br />

20. Jahrhunderts veröffentlichten pflegetheoretischen Ansätze und damit die in dieser Arbeit primär interessierenden<br />

Arbeiten von Peplau, Roy und King, die die Pflege als ein eigenständiges, von Krankheit und Medizin<br />

losgelöstes, gleichwohl mit beiden in Zusammenhang stehen<strong>des</strong> Phänomen betrachten.<br />

Die im Mittelpunkt dieser Arbeit stehenden pflegetheoretischen Ansätze von Peplau, Roy und King sind ein Ergebnis<br />

der Professionalisierungsbemühungen in der Pflege. Müssen diese Ansätze im Kontext der gegen Ende<br />

<strong>des</strong> 19. Jahrhunderts einsetzenden Professionalisierung der Pflege in den USA gesehen werden, verweist das<br />

RLT-Modell auf die nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzende Entwicklung in Großbritannien. In Deutschland<br />

werden diese Entwicklungen bis weit in die 1960er Jahre hinein eher zaghaft aufgegriffen. Dies ändert sich erst<br />

Anfang der 1970er Jahre, als im Zuge der Diskussion um das Krankenpflegegesetz und die zeitgleich einsetzenden<br />

Reformen im Bildungsbereich eine Auseinandersetzung mit den Entwicklungen in anderen Ländern erforderlich<br />

werden. Erste wichtige Impulse gingen hier vom Strukturplan für das Bildungswesen aus, der 1970 vom<br />

Deutschen Bildungsrat (1965-1975) veröffentlicht wurde (s. Hartmann 1975, Mischo-Kelling 1995b: 243). So<br />

begründete der Wissenschaftsrat (Hartmann 1975: 51) in dem o. g. Strukturplan eine Neuorientierung der Ausbildung<br />

in der Krankenpflege mit<br />

• „der Veränderung und Erweiterung der ärztlichen Wirkungs- und Eingriffsmöglichkeiten infolge technologischer<br />

und medizinischer Entwicklungen<br />

• den sich dadurch ergebenden veränderten Anforderungen der Patientenversorgung<br />

• der Einsicht in psychosomatische Wechselwirkungen und damit, dass eine veränderte Mentalität der Patienten<br />

aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen eine andere Herangehensweise erfordere“.<br />

Wie die in den 1970er Jahren einsetzende Diskussion um die Neuausrichtung der Erstausbildung und die damit<br />

verbundene Frage der Ansiedlung derselben im Berufsbildungssystem bzw. im tertiären Bereich zeigt, waren die<br />

Vorstellungen von der Pflege als Beruf und die Weiterentwicklung der Pflege noch eng an die ärztliche Profession<br />

gebunden. Als Beispiel ist hier etwa der schon in der Planungsphase gescheiterte Modellversuch der Univer-<br />

7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!