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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 4<br />

• in Bezug auf das Problem zu handeln, es zu bearbeiten bzw. es einer Behandlung zu unterziehen (s. Abbott<br />

1988: 40).<br />

Die in Abbildung 4.6 dargestellten Handlungsweisen - Diagnose, Schlussfolgerung und Behandlung - bieten den<br />

Professionellen ein grobes Handlungsmodell.<br />

HANDLUNGSMODELL IN BEZUG AUF DEN FALL/ AUF DAS PROBLEM<br />

HILFESUCHENDER PATIENT<br />

DIAGNOSE SCHLUSSFOLGERUNG BEHANDLUNG<br />

HANDLUNGSWEISEN DER PROFESSIONELLEN<br />

Abb. 4.6: Allgemeines professionelles Handlungsmodell<br />

Sie verkörpern die wesentliche kulturelle Logik der professionellen Praxis, <strong>des</strong>sen inhaltlicher bzw. kognitiver<br />

Bezugsrahmen das Wissenssystem einer Profession ist (s. Meleis 2007: 462ff). Die kulturelle Arbeit, die sich in<br />

diesen drei Handlungsweisen ausdrückt, ist erforderlich, damit eine Profession das ihr von der Gesellschaft übertragene<br />

Mandat (Zuständigkeitsbereich) mit Leben füllen kann. So gesehen bieten die im ‚Social Policy Statement’<br />

beschriebene Definition, der daraus abgeleitete Autoritäts- und Zuständigkeitsbereich der Pflege und die<br />

Ausführungen in der KrPflAPrV von 2003 wichtige Orientierungen. Das Wissenssystem und der Autoritäts- und<br />

Zuständigkeitsbereich einer Profession sind aufeinander bezogen, wobei der von den Professionen reklamierte<br />

Autoritäts- und Zuständigkeitsbereich auf mehreren (Handlungs-) Ebenen, der legalen Ebene, der Ebene der Öffentlichkeit<br />

und nicht zuletzt auf der Ebene <strong>des</strong> unmittelbaren Arbeitsplatzes behauptet werden muss (Abbott<br />

1988: 60ff). Die Rechtfertigung und Behauptung <strong>des</strong> Autoritäts- und Zuständigkeitsbereichs geschieht in der<br />

Regel in der aktiven Arbeit. Hier demonstriert die jeweilige Profession die subjektive Qualität ihrer professionellen<br />

Handlungskompetenz, da sich ihr Wissen und ihre Expertise in ihren Handlungen niederschlägt. Es geht um<br />

die Beziehung zwischen dem in der Praxis verkörperten Wissenssystem ‚knowledge in practice’ und dem ‚abstrakten<br />

Wissenssystem’ 51 . Ersteres verweist auf die verschiedenen Wissensformen in der Pflege (s.<br />

Chinn/Kramer 2008, Meleis 2007). In dem dreiteiligen Handlungsmodell Abbotts (1988: 40ff) sind die Handlungsweisen<br />

Diagnose und Behandlung vermittelnde Handlungen, die mehr oder weniger aufeinander bezogen<br />

sind. Eine zentrale Rolle kommt der Schlussfolgerung, im weiteren Sinn dem klinischen Urteilsvermögen zu.<br />

Hierbei werden die <strong>zur</strong> Verfügung stehenden Möglichkeiten bzw. Chancen abgewägt, miteinander in Beziehung<br />

gesetzt und einer Lösung zugeführt. Dies ist ein wichtiger Aspekt professioneller Autonomie. Laut Freidson<br />

(1994: 73f) erlaubt die Nutzung <strong>des</strong> professionsspezifischen Wissens es, die Kontrolle über die Inhalte der professionellen<br />

Arbeit auszuüben. Dieser Punkt wird angesichts der Wertschätzung <strong>des</strong> professionsspezifischen<br />

Wissens im Verhältnis zum Wissen anderer Disziplinen völlig unterschätzt. An dieser Stelle zeigt der zwischen<br />

dem formalen akademischen Wissen und der Anwendung <strong>des</strong> Professionswissens in der Praxis bestehende Unterschied<br />

52 offenbar seine Wirkung. Denn die Durchsetzung <strong>des</strong> von einer Profession behaupteten Zuständig-<br />

51 Weidner (1995: 55) differenziert in seiner an Oevermann angelehnten Vorstellung professionellen Handelns zwischen wissenschaftlichem<br />

Wissen, verstanden als technisches wie als Deutungswissen, Berufswissen i.S. eines tradierten Erfahrungswissens,<br />

bestehend aus kognitiven und normativen Regeln der Berufsausübung, und Alltagswissen. Der Zusammenhang zwischen<br />

‚knowledge in practice’ und abstraktem Wissen spiegelt sich in den oben zitierten Vorstellungen der ANA und im novellierten<br />

KrPflG wider.<br />

52 Dieses auch als ‚mismatch’ beschriebene Phänomen ist im Bereich der beruflichen Sozialisation untersucht worden (Arbeiten,<br />

die sich mit diesem Phänomen befassen, sind etwa die von Allen 2001a; 2004, 2007, Apesoa-Varano 2007). Ulrich<br />

Oevermann (1996, 2008), <strong>des</strong>sen Arbeiten in der Pflegewissenschaft rezipiert werden (s. Weidner 1995, Remmers 2000, Heffels<br />

2003, Cassier-Woidasky 2007, Hülsken-Giesler 2008, Friesacher 2008), bearbeitet mit seiner Strukturlogik professionellen<br />

Handelns das Spannungsverhältnis zwischen kodifiziertem Wissen und Anwendung <strong>des</strong> Wissens. Schütze (1996: 183)<br />

spricht von höhersymbolischen Sinnwelt(en), die heute in wissenschaftlich fundierten und interdisziplinärgrundlagentheoretischen<br />

Kategorien verankert sind. Er lenkt die Aufmerksamkeit auf das Arbeitsbündnis zwischen Professionellen<br />

und Klienten sowie auf die Paradoxien professionellen Handelns. Oevermann wie Schütze greifen bei der Entfaltung<br />

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