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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 4<br />

Der ICN unterstreicht in seiner Definition von Pflege die autonome und gemeinschaftliche Versorgung von gesunden<br />

und kranken Menschen aller Altersgruppen, von Familien, Gruppen oder Kommunen in allen Situationen.<br />

Es geht u.a. um Gesundheitsförderung, Prävention von Krankheit und um die Pflege kranker, behinderter<br />

und sterbender Menschen 47 , 48 . In der aktualisierten ANA Definition von 2003 und 2010 spiegeln sich die in der<br />

Pflegephilosophie und -wissenschaft für die Pflegepraxis als wesentlich erachteten Merkmale 49 wider, wie<br />

• die Bereitstellung/Vorhaltung einer fürsorglichen Beziehung, die Gesundheit und Heilung ermöglicht<br />

• die Beachtung der gesamten Spannbreite menschlicher Erfahrungen und Verhaltensweisen in Bezug auf<br />

Gesundheit und Krankheit innerhalb der physischen und sozialen Umwelt/Umgebung<br />

• die Integration von objektiven Daten und Wissen, welches über das Verständnis der subjektiven Erfahrungen<br />

eines Patienten oder einer Gruppe von Menschen erlangt wird (Integration von Daten der Einschätzung<br />

mit dem Wissen, das aus einem Verständnis/einer Würdigung (appreciation) <strong>des</strong> Patienten<br />

oder einer Gruppe gewonnen wird, ANA 2010: 9)<br />

• die Anwendung von wissenschaftlichen Erkenntnissen in Prozessen der Diagnose (Diagnostik) und Behandlung<br />

mittels <strong>des</strong> Urteilsvermögens und kritischen Denkens<br />

• die Weiterentwicklung <strong>des</strong> professionellen Pflegewissens durch wissenschaftliche Untersuchungen<br />

• die Einflussnahme auf die Sozial- und Öffentlichkeitspolitik, um soziale Gerechtigkeit zu fördern (ANA<br />

2003: 5)<br />

• die Sicherstellung einer sicheren, qualitativen und evidenz-basierten Praxis (ANA 2010: 9).<br />

Weiter wird die Wissensbasis umrissen, die sich aus der Pflegewissenschaft, der Philosophie und Ethik sowie<br />

aus anderen für die Pflege relevanten Wissenschaften ableitet. Um die Wissensbasis zu erweitern, erzeugt die<br />

Pflege Theorien und wendet diese ebenso wie empirische Erkenntnisse an, die für das pflegerische Handeln relevant<br />

sind und die mit den Wertvorstellungen der Pflege in Bezug auf Gesundheit und Krankheit in Einklang stehen.<br />

Während die für die Pflege relevanten Phänomene in der ersten Fassung <strong>des</strong> Policy Statements in Form von<br />

Einschränkungen, Beeinträchtigungen etc. beschrieben worden sind, werden in den letzten drei Fassungen (Social<br />

Policy Statement der ANA 1995: 8, 2003: 7, 2010: 13f) Beispiele für menschliche Verhaltensweisen über die<br />

Lebensspanne in Bezug auf gesundheitliche Zustände ohne positive oder negative Bewertung aufgeführt. Sie befassen<br />

sich mit<br />

• der Förderung vom Gesundheit und Wohlbefinden (ANA, 2010: 13<br />

• der Förderung von Sicherheit und Qualität der Pflege/Versorgung (ANA 2010: 13)<br />

• Pflege/Versorgung und mit Selbstpflegeprozessen und der Koordination der Pflege/Versorgung<br />

• physiologischen und pathophysiologischen Prozessen - wie z.B. Ruhe, Schlafen, Atmung, Kreislauf,<br />

Reproduktion, Ernährung, Ausscheidung, Sexualität und Kommunikation (dieser Punkt wird 2003 umformuliert,<br />

es geht jetzt um Adaptation an physiologische und pathophysiologische Prozesse)<br />

• physischem, emotionalem und geistigem Wohlbefinden, Unbehagen und Schmerz<br />

• Gefühlen in Bezug auf Erfahrungen in Zusammenhang mit Geburt, Gesundheit, Krankheit und Tod<br />

47 Inzwischen hat der ICN ein so genanntes ‚pflegerisches Modellgesetz’ (model nursing act) von Maggy Wallace (2007) erarbeiten<br />

lassen. Wallace empfiehlt u.a., dass in dem Pflegegesetz die Rolle der Pflege, die Reichweite der Pflegepraxis und<br />

die Beziehungen zwischen Pflegekräften und anderen Gesundheitsberufen, insbesondere zu ÄrztInnen klar gestellt werden<br />

sollten.<br />

48 Die gesetzliche Regelung der Pflegepraxis scheint auf internationaler Ebene auf ähnliche Probleme zu stoßen. Diese hängen<br />

mit der Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen, voran mit der Medizin, zusammen (s. für Kanada Phillipchuk 2006,<br />

s. Weiland 2008, Salhani/ Coulter 2009, Peate (2006) gibt einen Überblick über die Situation in Großbritannien).<br />

49 Die einzelnen Fassungen <strong>des</strong> Social Policy Statements reflektieren die in der Zwischenzeit erfolgten Entwicklungen. So<br />

wurde auch die seit den 90er Jahren einsetzende wissenschaftliche Begründung der Pflege als einer ‚Caring’-Wissenschaft’<br />

berücksichtigt. Offen ist, inwieweit bei dieser Begründung das ‚subordinate-superdominate’ Muster der Professionskonstruktion,<br />

das sich auch auf der Ebene <strong>des</strong> Wissens (Produktion, Vermittlung, Nutzung) und der Wertschätzung von bestimmten<br />

Wissensformen und –arten niederschlägt, kritisch reflektiert wird. Im Statement von 1980 finden sich neben der Beschreibung<br />

<strong>des</strong> Wesens und <strong>des</strong> Aufgaben- bzw. Geltungsbereichs der Pflege, in der die Grenze zwischen Pflege und Medizin als<br />

‚fluid’ beschrieben wird, auch Hinweise auf drei qualitativ unterschiedliche Muster von Arbeitsbeziehungen: 1. eine ‚Master-<br />

Slave-Beziehung, 2. eine entspannte Beziehung, die mit einer ‚gerüsteten Neutralität (armed neutrality) verglichen werden<br />

kann und 3. eine auf Zusammenarbeit und echter Partnerschaft beruhende Arbeitsbeziehung. Diese flüssige oder auch durchlässige<br />

Grenze <strong>zur</strong> Medizin wird bei einer kollegialen, gemeinschaftlichen gemeinsamen Praxis als unproblematisch erachtet<br />

(s. ANA 2003: 32f; 42). Im revidierten Statement 2010 wird eine kollaborative Praxis unterstellt (ANA 2010: 16). Laut Forschungsberichten<br />

<strong>zur</strong> Zusammenarbeit Medizin/Pflege ist auch das dritte Muster der Arbeitsbeziehung mit Problemen behaftet<br />

(s. Kramer/Schmalenberg 2008; Schmalenberg/Kramer 2009). Auch in dieser Arbeitsbeziehung zeigt die Mülleimer-<br />

Fahrstuhl<strong>theorie</strong> ihre Wirkung, da sie ist nicht überwunden ist.<br />

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