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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 4<br />

sungsleistungen abverlangen und zu einem Neuarrangement der interprofessionellen Beziehungen führen. Damit<br />

ist das Binnenverhältnis der verschiedenen Berufe zueinander angesprochen, wie im Fall der Pflege das Verhältnis<br />

zwischen Pflege und Medizin oder das Verhältnis zwischen Pflege, Medizin und den anderen Berufsgruppen<br />

im Krankenhaus. Zum anderen wird das zwischen den Professionen und dem Staat bestehende Verhältnis thematisiert.<br />

Was die gesetzliche Regelung <strong>des</strong> Zuständigkeitsbereichs der Pflege betrifft, werden in den verschiedenen<br />

Ländern höchst unterschiedliche Arrangements angetroffen. Der Zuständigkeitsbereich ist in der Regel in den<br />

Berufsgesetzen geregelt. Erste vage Hinweise hierzu liefern das Krankenpflegegesetz (KrPflG) von 1985 44 und<br />

die entsprechende Ausbildungs- und Prüfungsverordnung. Hier findet sich implizit ein dreiteiliger Zuständigkeitsbereich<br />

bestehend aus einem eigenständigen, einem arztabhängigen und einem interdisziplinären Bereich<br />

(s. Mischo-Kelling 2007a: 37f). Das novellierte Gesetz vom 16. Juli 2003 nebst KrPflAPrV vom 10.11.2003 ist<br />

gegenüber dem zuerst genannten präziser 45 . In § 3, Absatz 1 wird als Ausbildungsziel die Erlangung von fachlichen,<br />

personalen, sozialen und methodischen Kompetenzen erwähnt, die den/die Gesundheits- und KrankenpflegerIn<br />

<strong>zur</strong> verantwortlichen Mitwirkung insbesondere bei der Heilung, Erkennung und Verhütung von Krankhei-<br />

ten befähigen sollen. Was Pflege ist, erschließt sich eher indirekt in den zwei nachfolgenden Sätzen. Im ersten<br />

Satz wird das Handlungsfeld der Pflege mit Blick auf die physische und psychische Gesundheit der zu pflegenden<br />

Menschen mit präventiven, rehabilitativen und palliativen Maßnahmen in Verbindung gebracht. Im zweiten<br />

Satz wird die berufliche Pflege auf unterschiedliche Pflege- und Lebenssituationen bezogen und mit Erwartungen<br />

verbunden, wonach die Pflege die Selbständigkeit und Selbstbestimmung der Menschen berücksichtigen soll<br />

(s. Dielmann 2004: 29). Auch wenn in Absatz 2, Pkt. 1a bis d die Aufgaben bestimmt werden, die eigenverantwortlich<br />

von der/dem Gesundheits- und KrankenpflegerIn wahrzunehmen sind, bleibt schwammig, was der Zuständigkeitsbereich<br />

der Pflege im Kern ist. Deutlich ist jedoch die Kopplung der Pflege an Krankheit. Ein klareres<br />

Bild vom Zuständigkeitsbereich liefert die allgemeine Definition der professionellen Pflege, wie sie die<br />

American Nurses Association (ANA) erstmals in ihrem Positionspapier dem ‚Social Policy Statement’ 46 von<br />

1980 abgesteckt und in ihrem Statement von 2003 erneuert hat. Hiernach beinhaltet die professionelle Pflege:<br />

„den Schutz, die Förderung und die Optimierung von Gesundheit und Fähigkeiten, die Prävention von<br />

Krankheit und Verletzungen, die Linderung von Leid durch die Diagnose und Behandlung menschlicher<br />

Verhaltensweisen sowie das Eintreten (Anwaltschaft) für die Pflege von Einzelnen, Familien, Gemeinden<br />

und der Bevölkerung.“ (ANA 2003: 6)<br />

An diese Definition wird im 2010 veröffentlichten Statement weiter festgehalten (ANA 2010: 10). In diese Richtung<br />

weist ebenfalls das Positionspapier <strong>des</strong> International Council of Nursing (ICN 2004) in Bezug auf den<br />

‚Scope of practice’ der Pflege. Hiernach ist die Pflege<br />

“[…] responsible for articulating and disseminating clear definitions of the roles nurses engage in, and the<br />

profession’s scope of practice. […]<br />

The scope of practice is not limited to specific tasks, functions or responsibilities but inclu<strong>des</strong> direct care<br />

giving and evaluation of its impact, advocating for patients and for health, supervising and delegating to<br />

others, leading, managing, teaching, undertaking research and developing health policy for health care systems.<br />

Furthermore, as the scope of practice is dynamic and responsive to health needs, development of<br />

knowledge, and technological advances, periodic review is required to ensure that it continues to be consistent<br />

with current health needs and supports improved health outcomes” (www.icn.ch).<br />

44 Die beschriebenen Probleme bezogen auf die Durchsetzung /Profilierung eines eigenständigen Bereichs der Pflege werden<br />

in den einzelnen Ländern nach dem Zweiten Weltkrieg virulent sowie praxisrelevant (s. für die USA Jarrin 2010) und in<br />

Deutschland zeitversetzt ab den 1970er Jahren mit dem Beginn der Diskussion über die Novellierung <strong>des</strong> Krankenpflegegesetzes<br />

und mit dem Inkrafttreten <strong>des</strong> KrPflG von 1985. Sie stehen im Zusammenhang mit der Entwicklung eines ‚pflegespezifischen<br />

Wissenssystems’.<br />

45 Inzwischen haben einige Bun<strong>des</strong>länder so genannte Berufsordnungen erlassen, deren Grundlage das o.g. KrPflG und offenbar<br />

die Rahmen-Berufsordnung <strong>des</strong> DPR vom 04.01.2004 ist. Hierzu gehören bspw. das Saarland (28. Nov. 2007), Hamburg<br />

(29.09.2009) und <strong>Bremen</strong> (01.03.2011). Hier wird u.a. betont, dass Pflegefachkräfte Aufgaben im Rahmen der Mitwirkung<br />

und interdisziplinär eigenverantwortlich wahrnehmen. Die Übernahme von Aufgaben im mitwirkenden Bereich wird an<br />

eine ausreichende Qualifikation gebunden.<br />

46 Dieses Statement hat in der amerikanischen Pflege viel Aufregung erzeugt. Wie die Arbeit von Hobbs (2009) zeigt, kann<br />

an diesem Beispiel der innerprofessionelle Kampf um die Auslegung <strong>des</strong> Zuständigkeitsbereichs anschaulich nachvollzogen<br />

werden.<br />

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