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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 4<br />

Was nun den Begriff Profession betrifft, ist damit nach Siegrist (1988: 14)<br />

„eine besondere Sorte von Beruf (gemeint), <strong>des</strong>sen Ausübung eine spezialisierte, tendenziell wissenschaftlich<br />

fundierte Ausbildung voraussetzt, in der berufsbezogenes, generalisierbares und <strong>theorie</strong>haltiges Wissen<br />

zusammen mit ethischen Einstellungen vermittelt wird“.<br />

Auffallend ist weiter, dass<br />

„Professionen – im Selbstverständnis der „professionals“ wie im klassischen Professionsbegriff, der es partiell<br />

verdoppelt - in spezifischer Weise immer auch Männern vorbehaltene Eliteberufe (sind)“ (Wetterer<br />

2002: 237).<br />

Letztere Vorstellung wird durch den Zugang von immer mehr Frauen zu Professionen in Frage gestellt. Dies bedeutet<br />

aber nicht, dass Professionen ihre geschlechterbezogenen Prägungen von heute auf morgen abstreifen. In<br />

ihrer zusammenfassenden Betrachtung der Ergebnisse der Projekte <strong>des</strong> DFG–Forschungsschwerpunktprogramms<br />

„Professionalisierung, Organisation, Geschlecht. Zur Reproduktion und Veränderung von Geschlechterverhältnissen<br />

in Prozessen sozialen Wandels“ konstatiert Angelika Wetterer 31 (2007: 192)<br />

„eine relative Persistenz der Geschlechtersegregation in ihrer horizontalen und […] in ihrer vertikalen Dimension<br />

[…], von der nur wenige Berufsfelder ausgenommen sind. Insbesondere die Führungspositionen<br />

sind den Frauen kaum zugänglicher geworden […]“.<br />

Die Geschichte der Professionen in den verschiedenen Ländern (hier vornehmlich USA, Europa) weist gewisse<br />

Variationen auf (s. Salvage 2002, Mieg 2003, Evetts 2009). Helga Krüger (2003: 126) zeigt diese Unterschiede<br />

am Begriff ‚Beruf’ auf. Die Bedeutung dieses Begriffs wird mit dem englischen Begriff ‚occupation’ 32 nicht<br />

wiedergegeben. Er bezieht sich im Deutschen sowohl auf Fachberufe als auch auf Professionen. Er stammt aus<br />

der deutschen Facharbeitertradition. Die Unterschiede verweisen auf ‚spezifische sozialstrukturelle Besonderheiten’<br />

<strong>des</strong> Verhältnisses/Nichtverhältnisses von Bildungsabschluss und Arbeitsmarkt. Sie hebt hervor, dass<br />

Deutschland einen ganz anderen Weg der Entsprechung von Bildung (hier: Qualifikation) und Arbeitsmarktplatzierung<br />

genommen hat als bspw. die USA. Ungeachtet <strong>des</strong>sen werden in den zahlreich vorliegenden Arbeiten<br />

zum Thema ‚Professionen’ bzw. ‚Professionalisierung‘ je nach theoretischer Ausrichtung unterschiedliche<br />

Schwerpunkte gewählt. Einige dieser Arbeiten geben Auskunft zum ‚Stand der Professionalisierung der Pflege’<br />

33 . In allen Arbeiten wird unterstellt, dass die Mitglieder der verschiedenen Professionen über ‚Expertenwissen’<br />

verfügen. Dieses versetzt sie in die Lage, bestimmte Funktionen und Dienstleistungen in der Gesellschaft<br />

auszuüben. Als ein hervorstechen<strong>des</strong> Merkmal von Professionen gilt ein wie auch immer geartetes ‚Wissenssystem’<br />

bzw. ein ‚body of knowledge’ 34 . Im Weiteren soll dieses Wissenssystem betrachtet werden.<br />

4.2.1 WISSEN UND ZUSTÄNDIGKEITSBEREICH<br />

Bei den Angehörigen einer Profession wird unterstellt, dass sie sich im Laufe eines mehrjährigen Studiums spezielle<br />

Fähigkeiten und Fertigkeiten angeeignet haben, die sie in ihrer Praxis fallweise bzw. fallbezogen anwenden.<br />

Professionen beziehen abstraktes Wissen auf konkrete Fälle (Abbott 1988: 7f). Damit wird explizit der<br />

Handlungszusammenhang professioneller Arbeit betont. Professionen behaupten ihr spezifisches Wissen gegenüber<br />

anderen Berufen und Professionen durch den Einsatz bestimmter Strategien. Eine wichtige Strategie ist auf<br />

die Kontrolle ihres jeweiligen Wissens sowie der daraus abgeleiteten Fähigkeiten und Fertigkeiten gerichtet. Ab-<br />

31 Innerhalb der untersuchten Professionen – Polizei, Psychologie, Familienrecht, Wissenschaft, Medizin etc. kommt nicht<br />

das Ehe-, sondern das Zunftparadigma zum Tragen. Die Wirkung von Geschlecht ist damit noch einmal anders als in der<br />

Pflege.<br />

32 Anthony (2006: 65) definiert in Anlehnung an Larisey ‚occupation’ als ‚on-the-job-training’. Hierunter wird ein Job verstanden,<br />

der üblicherweise weder ein spezialisiertes Wissen, noch ein Regelwerk bestehend aus Werten, Vorstellungen und<br />

ethischen Aspekten oder eine anhaltende Verpflichtung beinhaltet.<br />

33 Beispiele für die Bun<strong>des</strong>republik z.B. Pinding/Münstermann/Kirchlechner 1975, Hampel 1983, Haug 1995, Weidner 1995,<br />

1999, Piechotta 2000, Bollinger/Gerlach/Pfadenhauer 2005, Cassier-Woidasky 2007, Friesacher 2008, Hülsken-Giesler 2008,<br />

Krampe 2009).<br />

34 S. Abbott 1988, Freidson 1988, 1994, 2001, Siegrist 1988, Rabe-Kleberg 1993, 1996, Hughes 1993, Oevermann 1996,<br />

2008, Schütze 1996, 2000, Strauss 2001, Wetterer 2002, Pfadenhauer 2003, Mieg/Pfadenhauer 2003, Pfadenhauer 2005, Gildemeister/Wetterer<br />

2007.<br />

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