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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 4<br />

renzierende Arbeitsteilung erforderlich gewordenen Vermittlungs- und Gewährleistungsarbeit zwischen privater<br />

und öffentlicher Sphäre einerseits ab sowie von der zu leistenden Vermittlungs- und Gewährleistungsarbeit zwischen<br />

der Arbeit der Professionellen und ihren AssistentInnen anderseits (s. Holtgrewe 1997). Inhalt und Umfang<br />

der Arbeit und die zum Einsatz kommenden Technologien sind dabei, wie historische Arbeiten zeigen,<br />

ebenso wie die männliche/weibliche Konnotierung der jeweiligen Arbeiten höchst variabel (s. Sandelowski<br />

2000). Inhalt und Umfang wurden im historischen Verlauf immer weiter ausgedehnt 24 (Gelfand Malka 2007).<br />

Diese Aspekte werden in der Professionsdiskussion nicht oder eher am Rande berücksichtigt. Damit wird die<br />

Voraussetzung, die die professionelle Arbeit erst ermöglicht, nämlich die im privaten wie im öffentlichen Bereich<br />

zu leistende Vermittlungs- und Gewährleistungsarbeit systematisch ausgeblendet. Sie muss aber aufgegriffen<br />

werden, um zu qualitativ neuen Lösungen zu gelangen. Ganz allgemein abstrahiert das Eheparadigma von<br />

der konkreten Arbeitssituation wie vom konkreten Patienten. Bei diesem Muster der Arbeitsteilung werden unangenehme<br />

Arbeiten (‚dirty work’, Hughes 1993) und Routinearbeiten weiterdelegiert, ohne die Folgen zu berücksichtigen,<br />

die dies für die Pflegearbeit selbst hat. Hierbei wird die Pflege für die Medizin gewissermaßen zu<br />

einem ‚Mülleimer’. Die Pflege hat auf diese Situation u.a. dadurch reagiert, dass sie die ärztlich delegierten Aufgaben<br />

als Aufstiegsprojekt (Fahrstuhl) benutzt hat und zugleich pflegerische Aufgaben an Hilfskräfte delegiert<br />

hat. Dieses in Abbildung 4.4 dargestellte Phänomen möchte ich als ‚Mülleimer-Fahrstuhl<strong>theorie</strong>’ bezeichnen.<br />

Hilfspersonal<br />

Pflege Medizin<br />

Fahrstuhl<strong>theorie</strong>:<br />

Die Pflege betrachtet dies als Möglichkeit<br />

<strong>des</strong> gesellschaftlichen Aufstiegs<br />

und der gesellschaftlichen Anerkennung<br />

(sekundärer Gewinn)<br />

Abb. 4.4: Die Mülleimer- und Fahrstuhl<strong>theorie</strong><br />

Mülleimer-Theorie<br />

ärztliche Aufgaben werden in den<br />

arztabhängigen Bereich verlagert,<br />

ehemals männlich konnotierte<br />

Aufgaben wechseln das Geschlecht<br />

Sie impliziert eine gleichzeitige Ab- und Aufwertung der jeweils delegierten Aufgabe. Hierbei handelt es sich<br />

um ein strukturelles, an die Arbeitsteilung gebundenes und geschlechtlich konnotiertes Phänomen, das seine<br />

Wirkung auf verschiedenen Ebenen entfaltet: auf der gesellschaftlichen, der rechtlichen, der organisatorischen<br />

Ebene, auf der Ebene der Arbeitsbeziehungen und schließlich auf der Ebene <strong>des</strong> Handelns und in der Interaktion<br />

25 . Weiter zeigt es sich auf der Ebene der Produktion und Nutzung von Wissensformen und –arten durch deren<br />

unterschiedliche Anerkennung, Privilegierung, Benachteiligung oder Missachtung. Auf diese Weise wird das<br />

Thema ‚Arbeit und Geschlecht’ unendlich variiert, ohne dass sich irgendetwas am Grundproblem ändert. Es<br />

stellt sich die Frage, wie sich bei dieser Form der Berufs- und Professionskonstruktion ein eigenständiges berufliches<br />

Selbst/Selbstkonzept oder eine professionelle Identität mit einem pflegeinhaltlichen Profil herausbilden<br />

kann.<br />

Weitere wichtige Aspekte der sozialen Organisation von Berufen und Professionen sind das Wissen und die damit<br />

verbundenen Fähigkeiten/Fertigkeiten, der Autoritäts- und Zuständigkeitsbereich, die Autonomie sowie die<br />

Kontrolle über die eigene Arbeit. Hierbei handelt es sich um Aspekte, die bei der Organisation der Pflege als einer<br />

wissensbasierten Profession eine zentrale Rolle spielen. Auch diese Aspekte müssen aus der Perspektive der<br />

24 In diesem Modell wird Frauen der Übergang <strong>zur</strong> Profession abgeschnitten. Es bedeutet zugleich eine soziale Schließung<br />

und eine Öffnung gegenüber den Frauen. Was die Pflege betrifft, konnten die Frauen vom Rande her am medizinischen Fortschritt<br />

sowie am Erfolg der Medizin teilnehmen.<br />

25 Im Gutachten 2007 <strong>des</strong> Sachverständigenrates (SVR) <strong>zur</strong> Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (Bun<strong>des</strong>tagsdrucksache<br />

16/6339 vom 07.09. 2007, Pkt. 2.2.5) wird dieser Sachverhalt aus rechtlicher Sicht (Heilberufsrecht, Sozialrecht,<br />

Haftungsrecht) anschaulich herausgearbeitet.<br />

162<br />

Einseitige und hierarchische Beziehung

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