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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 4<br />

Sanktionen in Bezug auf bestimmte Aspekte <strong>des</strong> Lebens; die Differenzierung der moralischen und sozialen<br />

Aufgaben beinhaltet sowohl den Bereich <strong>des</strong> in Frage stehenden sozialen Verhaltens als auch den Grad von<br />

Verantwortung und Macht“. (Hughes 1993: 288)<br />

An diesen Gedanken knüpft Davina Allen (2001a: 24) in ihrer Arbeit über die sich ändernde Pflegepraxis in britischen<br />

Krankenhäusern an. Sie interessiert sich dafür, welche Form diese Praxis durch ihre lokale sowie situativ<br />

aktive Herstellung im täglichen Handeln der Pflegekräfte annimmt (s. Allen 2001a: xi). Hierbei greift sie Hughes<br />

Unterscheidung zwischen der Rolle eines Berufs/einer Profession und den einzelnen Aufgaben/Funktionen 13 auf.<br />

Sie spiegeln zwei unterschiedliche Aspekte der Arbeitsteilung wider. Der technische Aspekt der Arbeitsteilung<br />

verweist vor allem auf die Zuweisung von Aufgaben (was tue ich), während der moralische Aspekt der Arbeitsteilung<br />

sich auf die berufliche Rolle bezieht (was ich bin). Entsprechend der unter dem Label eines Berufs/einer<br />

Profession zusammengefassten Aufgaben bzw. ‚Aufgabenbündel’ unterscheiden sich Berufe/Professionen laut<br />

Hughes (1993: 293) dadurch voneinander, in welchem Ausmaß sie zu einem bestimmenden Hauptfaktor für die<br />

soziale Identität, für das Selbstkonzept und für den sozialen Status <strong>des</strong>jenigen werden, der den Beruf ausübt. Gesellschaftliche<br />

und soziale Entwicklungen, technische und wissenschaftliche Entdeckungen bedingen mehr oder<br />

weniger eine kontinuierliche Rekonstruktion und Rekombination der unter einem Berufs- bzw. Professionslabel<br />

zusammengefassten Aufgaben sowie der Veränderungen in den Beziehungen der Berufe/Professionen untereinander<br />

und zu ihrem jeweiligen Arbeitsgegenstand/Klientensystem (s. auch Hughes 1993: 292f). Ein anderer für<br />

die Pflege wichtiger Aspekt besteht darin, dass Berufe in ihrer Autonomie danach variieren, ob sie bestimmen<br />

können, welche Aufgaben zu ihren Pflichten und Vorrechten gehören 14 . Zudem werden den verschiedenen Aktivitäten,<br />

die einen Beruf ausmachen, von den Menschen innerhalb und außerhalb <strong>des</strong> jeweiligen Berufs unterschiedliche<br />

Werte beigemessen.<br />

Bei der üblichen Gleichsetzung von Arbeit mit Erwerbsarbeit wird übersehen, dass das gesamte menschliche Leben<br />

mit Arbeit verbunden ist. Mit Blick auf das pflegerische Handeln/Arbeiten greift die Assoziation von Arbeit<br />

mit Erwerbsarbeit sowohl auf der analytischen wie auf der empirischen Ebene zu kurz. Die Engführung <strong>des</strong> Arbeitsbegriffs<br />

auf zumeist männliche Erwerbsarbeit basiert auf einer geschlechterdifferenzierenden Arbeitsteilung.<br />

Hiernach wird die bezahlte Arbeit überwiegend von Männern ausgeübt und die unbezahlte von Frauen,<br />

nachdem, anders ausgedrückt, den Männern zunächst der öffentliche und den Frauen der private Raum zugewiesen<br />

worden ist. Auch wenn sich inzwischen hier einiges verändert hat, wirkt das o.g. Prinzip der Arbeitsteilung<br />

weiter fort. Diese Form der Arbeitsteilung strukturiert auf vielfältige Art und Weise die zu leistende Pflegearbeit.<br />

Dies hat sich insbesondere für Frauen als problematisch erwiesen (s. Rabe-Kleberg 1993, 1996, Born et al. 1996,<br />

Krüger 1999). Zusammenfassend kann mit Heinz (1995: 11) festgehalten werden, dass die Arbeitswelt über verschiedene<br />

Wege Einfluss auf die Lebensführung der Menschen, auf ihre jeweiligen Persönlichkeiten und Wertvorstellungen<br />

nimmt. Die ausgeübten Arbeitstätigkeiten sind mit unterschiedlichen Chancen für Handlungsspielraum,<br />

Aufstieg und berufliche Kontinuität, aber auch mit Risiken, Restriktionen, Belastungen, Dequalifizierung<br />

und beruflicher Diskontinuität verbunden. Danach prägen<br />

„berufliche Anforderungen und Arbeitssituationen [...] das Arbeitshandeln nicht direkt, vielmehr erweisen<br />

sich berufliche Sozialisationsprozesse als konstitutiv für den Aufbau von Arbeitsverständnis und beruflicher<br />

Identität sowie der Kompetenz <strong>zur</strong> Gestaltung <strong>des</strong> Erwerbsverlaufs, die ihrerseits auf das berufliche<br />

Handeln einwirken“ (Heinz 1995: 13)<br />

13<br />

Der englische Begriff ‚function’ kann mit Aufgabe und mit Funktion übersetzt werden. Mit Blick auf die menschliche Arbeit<br />

geht es um den funktionalen Aspekt.<br />

14<br />

Bei der Übertragung <strong>des</strong> Professionsbegriffs auf die Gestaltung der pflegerischen Arbeit im organisatorischen Kontext eines<br />

Krankenhauses wird zwischen organisatorischer und klinischer Autonomie unterschieden (s. bspw. Clifford 1990, Kramer/Maguire/Schmalenberg.<br />

2006, Kramer/Schmalenberg/Maguire et al. 2008, Schmalenberg/Kramer 2008). Klinische Autonomie<br />

verweist u.a. auf die Fähigkeit <strong>zur</strong> klinischen Entscheidungsfindung, wohingegen die organisatorische Autonomie<br />

unter dem Begriff der Kontrolle der Arbeit (d.h. der Arbeitsbedingungen wie Arbeitsmittel, Arbeitszeit etc.) diskutiert und<br />

untersucht wird.<br />

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