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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 4<br />

sche Wissen in der beruflichen Praxis <strong>zur</strong> Anwendung gelangen kann 3 . In diesem Zusammenhang sollen der von<br />

Rohde 4 in den 1960er Jahren beschriebene pflegerische Funktionskreis und der medizinische Funktionskreis als<br />

heuristische Kategorie fruchtbar gemacht werden, insofern sie die Perspektive <strong>des</strong> ‚generalisierten Anderen’<br />

zweier sozialer Gruppen als Subwelten innerhalb der sozialen Welt <strong>des</strong> Krankenhauses präsentieren. Beide<br />

Funktionskreise ermöglichen es, den Blick auf das jeweilige Wissenssystem, die erforderlichen Fähigkeiten<br />

und Fertigkeiten - kurz: Kompetenzen - der diese Funktionskreise mit Leben füllenden Berufe/Professionen und<br />

damit auf die institutionelle Organisation der zu leistenden Arbeit zu lenken. Beide Aspekte sind für die vorliegende<br />

Arbeit wichtig. In seiner Analyse vernachlässigt Rohde den für die Pflege bedeutsamen Umstand, dass<br />

Organisationen wie Berufe oder Professionen keine ‚geschlechtsneutralen‘ Veranstaltungen sind. 5 Inzwischen ist<br />

die Rolle, die dem Geschlecht bei der Konzeption der Begriffe ‚Arbeit‘, ‚Beruf‘ und ‚Profession‘, bei ihrer strukturellen<br />

Einbettung und ihrer inhaltlichen Gestaltung - auch mit Blick auf die berufliche Pflege – zukommt, in<br />

verschiedenen Ländern gut belegt. 6 Unter Rückgriff auf Mead ist es jedoch erforderlich, alle Aspekte schrittweise<br />

in die Betrachtung einzubeziehen, um zu intelligenten Lösungen für die konkrete Gestaltung der gesundheitlichen<br />

Versorgung der Patienten zu gelangen. Die Patientenversorgung muss vor dem Hintergrund <strong>des</strong> Lebensprozesses<br />

einschließlich <strong>des</strong> sozialen Umfel<strong>des</strong>, in das der zu pflegende und kranke Mensch eingebunden ist, gesehen<br />

werden. Die gefundenen Lösungen müssen immer wieder hierauf bezogen werden, da sie sich hier und nicht<br />

in der Welt der Professionellen bewähren müssen. Deshalb sollen neben der professionellen auch andere Perspektiven<br />

in den Blick genommen werden. Das von Berenice Fisher & Joan Tronto (1990) beschriebene (Struktur-)Modell<br />

von Versorgungsprozessen (caring process) stellt eine solche zu berücksichtigende Perspektive dar.<br />

Ihr Modell umspannt den öffentlichen wie privaten Raum, also all jene Räume, in denen die unterschiedlichen<br />

Formen der Pflege gesunder wie kranker Menschen als Reproduktions- und/oder Erwerbsarbeit erfolgen.<br />

Es wird unterstellt, dass die pflegetheoretischen Ansätze nicht nur neue Perspektiven in Bezug auf den pflegerischen<br />

Funktionskreis eröffnen, sondern dass auch andere Formen der Zusammenarbeit zwischen Medizin und<br />

Pflege auf der Basis einer kritischen Revision der bestehenden Arbeitsteilung und der daraus resultierenden Arbeitsbeziehungen<br />

denkbar werden. Um die Veränderungen, die sich aus der zu entwickelnden pragmatistischen<br />

Theorie <strong>des</strong> Pflegehandelns auf der Basis <strong>des</strong> RTL-Modells für die Pflegepraxis ergeben, abschätzen und konkrete<br />

Vorschläge für die praktische Umsetzung dieses Modells machen zu können, wird in einem letzten Schritt<br />

die Bedingungsmatrix von Strauss/Corbin (1996), Strauss (1993), Corbin/Strauss (2008) vorgestellt. Sie erlaubt<br />

es, das pflegerische Handeln auf den unterschiedlichen Handlungsebenen, auf der Makro-, Meso- und Mikroebene<br />

zu betrachten. Damit liegt ein umfassender Rahmen <strong>zur</strong> Bewertung der verschiedenen pflegetheoretischen<br />

Ansätze (Teil II) vor sowie ein Rahmen <strong>zur</strong> Abschätzung der Folgen, die sich hieraus für die Entwicklung der<br />

beruflichen Praxis ergeben (Teil III). Mit dieser Vorgehensweise löse ich mich von anderen Vorschlägen <strong>zur</strong><br />

Analyse und Evaluation von konzeptuellen Modellen und Pflege<strong>theorie</strong>n (etwa Fawcett, 2005, Chinn/Kramer<br />

2004, 2008, George 2002, Meleis 2007, Parker 2001). Die in diesen Arbeiten vorgestellten Bezugsrahmen haben<br />

mir erste Anregungen für die Formulierung von Fragen für die systematische Aufarbeitung vor allem der Begriffe<br />

Selbst und Selbstkonzept in den von mir untersuchten theoretischen Ansätzen gegeben. Das primäre Ziel dieser<br />

Arbeit besteht nicht in der Analyse und Evaluation der einzelnen Ansätze. Es geht vielmehr darum, das den<br />

pflegetheoretischen Ansätzen innewohnende Erkenntnispotenzial in Bezug auf die Konzepte <strong>des</strong> Selbst, <strong>des</strong><br />

Selbstkonzepts und <strong>des</strong> Körperbilds offenzulegen, um es sodann für die handlungstheoretische Fundierung <strong>des</strong><br />

3 Die Nutzung <strong>des</strong> Wissens hängt von der in den jeweiligen Organisationen vorherrschenden Handlungs- und Organisationslogik<br />

ab, bei der die Kategorie Geschlecht im Handeln ihre Wirkung entfaltet (s. Pkt. 3.4.1.3).<br />

4 Roh<strong>des</strong> Arbeit erschien erstmals 1962. Ich beziehe mich auf die 2. Auflage von 1974.<br />

5 (S. hierzu Acker 1990, 2006, Witz 1992, Müller 1993, 2000, Rabe-Kleberg 1993, Rastetter 1994, Halford/Salvage/Witz<br />

1997, Holtgrewe 1997, Schmidt 1998, Riegraf 2000, Schmidbauer 2002, Wetterer 2002, Wilz 2002, Ridgeway/Correl 2004,<br />

Stiegler 2004, Aulenbacher 2005, Türk/Lemke/Bruch 2006, , Gildemeister/Wetterer 2007, Backes et al. 2008).<br />

6 S. bspw. Bischoff 1984, Schaper 1987, Mischo-Kelling 1985, 1995a + b, Abbott/Wallace 1990, Witz 1992, Davies 1995a,<br />

b, 2000a, b, Schmidt 1998, Meiwes 2000, Piechotta 2000, Sandelowski 2000, Krüger 2001b, Group/Roberts 2001, Kreutzer<br />

2005, Klement 2006, Köser 2006, Apesoa-Varano 2007, Gelfand Malka 2007.<br />

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