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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 4<br />

4 SELBST, HANDELN UND ARBEITEN ALS BASIS DES ANALYSERAHMENS<br />

Ziel dieses Kapitels ist die Erarbeitung eines Rahmens, mittels <strong>des</strong>sen in den pflegetheoretischen Ansätzen (Teil<br />

II) nach Anknüpfungspunkten für die beabsichtigte Weiterentwicklung <strong>des</strong> RLT-Modells in pragmatistischer<br />

Hinsicht gesucht werden kann. Werden die bisher entwickelten Gedanken <strong>zur</strong> Pflege im Kontext <strong>des</strong> Handlungsmodells<br />

der Pragmatisten ernst genommen, dann müssen die Erkenntnisse der genannten pflegetheoretischen<br />

Ansätze zu den Konzepten <strong>des</strong> Selbst, <strong>des</strong> Selbstkonzepts und <strong>des</strong> Körperbilds im Zusammenhang von<br />

Lebensprozessen und innerhalb sozialer Beziehungen betrachtet werden. Dabei muss der prozessuale und dynamische<br />

Charakter <strong>des</strong> auf sich selbst wie auf andere Menschen bezogenen pflegerischen Handelns ebenso berücksichtigt<br />

werden wie der kontextspezifische und zeitspezifische Charakter der Pflege. Im Handlungsmodell<br />

der Pragmatisten, insbesondere von Mead sowie von Strauss & Mitarbeiterinnen werden der Handlungs- und der<br />

Arbeitsbegriff nicht getrennt gesehen, sie gehen vielmehr ineinander über, wobei der Blick auf den sozialen Prozess<br />

gelenkt wird. Ihr Arbeits- und Handlungsbegriff beschreibt Arbeiten und Handeln als Interaktion. Arbeit<br />

stellt hier nur eine Handlungsform unter anderen dar. Allerdings handelt es sich nach Strauss (1993: 81) um eine<br />

höchst signifikante Form, weshalb eine Theorie <strong>des</strong> Handelns das Arbeiten als Interaktion direkt ansprechen<br />

muss. Die zentrale Frage für Strauss lautet daher: Wie überschneidet sich Arbeit/Arbeiten als eine Form <strong>des</strong><br />

Handelns mit anderen Handlungsformen?<br />

Unabhängig vom jeweiligen Handlungskontext kann die Pflege eines anderen Menschen sowohl als Hilfeleistung<br />

wie als personenbezogene Dienstleistung beschrieben werden. Diese Dienstleistung kann wiederum kann<br />

als ungelernte ‚Arbeit‘, als erlernter ‚Beruf’ (im Sinne einer qualifizierten Tätigkeit) oder als ‚Profession’, verstanden<br />

als Wissensarbeit, erbracht werden. In den verschiedenen pflegetheoretischen Ansätzen wird grundsätzlich<br />

davon ausgegangen, dass die Pflege als Profession personenbezogene und wissensbasierte Dienstleistungen 1<br />

erbringt. Gerade dieser Gedanke war für die mit der Entwicklung pflegetheoretischer Ansätze befassten Frauen<br />

ein starkes Movens. Ausgehend von allgemeinen Überlegungen <strong>zur</strong> menschlichen Arbeit soll der Blick daher<br />

zunächst auf das dem pflegerischen Handeln zugrunde liegende Wissenssystem gelenkt werden. Der Begriff<br />

‚Wissenssystem’ wird in Bezug auf berufliches Handeln in der Regel mit dem Professionsbegriff assoziiert. Unabhängig<br />

davon, ob die berufliche Pflege als Beruf oder als Profession gesehen wird, findet sie in einem spezifischen<br />

institutionellen und organisatorischen Kontext statt. Hier steht das Krankenhaus im Zentrum, da es nach<br />

wie vor der zentrale Arbeitsplatz für die Mehrheit der Gesundheits- und KrankenpflegerInnen 2 ist. Nach dem<br />

pragmatistischen Handlungsverständnis muss davon ausgegangen werden, dass beim Handeln der Pflegekräfte<br />

die durch die diversen generalisierten Anderen (Familie, Gesellschaft, Berufsgruppe, andere Berufsgruppen,<br />

Team, KollegInnen etc., s. Kap. 3, Pkt. 3.2.2.3, 3.2.2.4) vermittelten allgemein existierenden Vorstellungen von<br />

Pflege sowie diejenigen der Pflegekräfte selbst einschließlich der Berufsgruppen, mit denen die Pflege bei der<br />

Patientenversorgung zu tun hat, zum Tragen kommen. Darüber hinaus prägen die Arbeitsteilung und die interund<br />

intraprofessionellen Arbeitsbeziehungen, d.h. das Gesamte der Arbeitsorganisation im Krankenhaus, nicht<br />

nur die Gestaltung der konkreten Pflegearbeit, sondern bestimmen auch maßgeblich, wie das professionsspezifi-<br />

1 Der genauere Begriff wäre ‚wissenschaftlich begründete Dienstleistungen‘. Wird der Diskurs über eine evidenz-basierte<br />

Praxis, Pflege, Medizin etc. aufgegriffen, dann müsste es ‚wissenschaftlich begründete und evidenz-basierte personenbezogene<br />

Dienstleistungen‘ heißen.<br />

2 Laut Statistik (www.gbe-bund.de, die Daten wurden am 27.11.2010 abgerufen) waren 2008 in Krankenhäusern und Vorsorge-<br />

oder Rehabilitationseinrichtungen insgesamt 320.049 Gesundheits- und KrankenpflegerInnen beschäftigt (hiervon waren<br />

47.131 bzw. 14,73% Männer). Im Jahr 2000 waren 326.926 Gesundheits- und KrankenpflegerInnen beschäftigt, davon<br />

14,51% bzw.47.446 Männer. 1995 gab es 321.837 Gesundheits- und KrankenpflegerInnen, davon waren 13,44 bzw. 43.269<br />

Männer. Je nach Quelle ergibt sich ein leicht verändertes Bild. So waren laut Fachserie 12 Reihe 6.1.1 am 31.12. 2006 insgesamt<br />

123.715 Arzte (1991: 95.208, 2008: 128.117) umgerechnet in Vollkräfte beschäftigt und 668.200 Vollkräfte (2008:<br />

669.437) im nichtärztlichen Dienst, davon entfielen 299.328 Vollkräfte (2008: 300.417) auf den Pflegedienst. Insgesamt waren<br />

zu diesem Zeitpunkt 392.711 Personen (2008: 396.221) im Pflegedienst tätig. Hiervon waren 316.889 Gesundheits- und<br />

Krankenpflegerinnen (2008: 320.049). Der Frauenanteil beträgt mit 270.328 Personen 85,30 % (2008: 272.918 = 85,27%). (s.<br />

Statistisches Bun<strong>des</strong>amt 2008, 2010).<br />

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