09.12.2012 Aufrufe

zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Kapitel 3<br />

beladenen Situationen wird das Handeln statt vom ‚Me’ durch das ‚I’ bestimmt. In allen Fällen reagiert der handelnde<br />

Mensch auf eine ihm sich stellende Handlungssituation und zwar in der Reaktion <strong>des</strong> ‚I’. Diese Reaktion,<br />

d.h. wie er sich durch diese Reaktion darstellt, geht in seine Erfahrung ein. Das, was der Mensch getan hat, worauf<br />

er wie reagiert hat, wird mit seinem Selbst identifiziert, und dieses hebt ihn von einem institutionalisierten<br />

Menschen ab, d.h. von der institutionalisierten Rolle einer Gesundheits- und Krankenpflegerin, eines Patienten<br />

etc. (210f; GIG: 254). Laut Mead (MSS: 212; GIG: 256) suchen wir alle nach einer Art von Selbstdarstellung<br />

oder -verwirklichung. Wenn ein Mensch sich hierbei behindert fühlt, sucht er in der Regel nach einer Situation,<br />

die ihm die Möglichkeit gibt, seinen Beitrag zum jeweiligen Unterfangen zu leisten und nicht nur sein konventionelles<br />

‚Me’ zu sein. Mead kommt hier auf das Verhältnis von Routinearbeit und schöpferischer Arbeit zu sprechen.<br />

Auch wenn jeder eine gewisse Art von Routinearbeit tun muss und diese auch für die Gesundheit <strong>des</strong> Einzelnen<br />

und für die Stabilität einer Gesellschaft notwendig ist, muss der einzelne Mensch auch Möglichkeiten <strong>des</strong><br />

Selbstausdrückens haben. Situationen, in denen man diese Ausdrucksformen findet, scheinen besonders wertvoll<br />

zu sein. Dies sind bspw. Situationen, in denen ein Mensch selbstständig handelt, in denen er Verantwortung für<br />

etwas übernehmen kann, dies auf seine Weise erledigen und dabei seine eigenen Gedanken einbringen kann. Soziale<br />

Situationen, in denen die Struktur <strong>des</strong> ‚Me’ so beschaffen ist, dass der Einzelne Ausdrucksmöglichkeiten<br />

für sein Selbst findet, verschaffen dem Menschen die aufregendsten und befriedigendsten Erfahrungen. Solche<br />

Erfahrungen können generell sowohl erniedrigend sein, als auch zu höheren Werten führen (MSS: 213; GIG:<br />

257). Situationen, in denen man sich selbst gehen lassen kann, in denen die wirkliche (very) Struktur <strong>des</strong> ‚Me’<br />

ihre Tür für das ‚I’ öffnet, sind günstig für den Selbstausdruck. Das Selbst kommt in unterschiedlichen Handlungsformen<br />

zum Ausdruck, weshalb in einem weiteren Schritt auf verschiedene Handlungsformen eingegangen<br />

wird.<br />

3.4 HANDLUNGSFORMEN UND REPRÄSENTATIONEN DES SELBST<br />

In dem bisher Gesagten wurde deutlich, dass das menschliche Handeln unterschiedliche Formen annehmen kann.<br />

Der Verlauf <strong>des</strong> Handelns kann von Situation zu Situation und von Kontext (privater Bereich) zu Kontext (öffentlicher<br />

Bereich) höchst unterschiedlich ausfallen ebenso wie das auf sich selbst und den eigenen Körper bezogene<br />

Handeln. Hierbei kommt dem Selbstkonzept und Körperbild eine handlungsregulierende Funktion zu.<br />

Charon (2001: 80) differenziert mit Blick auf das ‚Me’ drei allgemeine Kategorien <strong>des</strong> auf das Selbst bezogenen<br />

Handelns: Selbst-Kommunikation, Selbst-Wahrnehmung und Selbst-Kontrolle. Im nächsten Abschnitt wird der<br />

Fokus auf die Selbst-Wahrnehmung gelegt, da im Kontext dieser Arbeit das ‚Selbstkonzept’ eine wichtige Rolle<br />

spielt. Auf die erste und die zuletzt genannte Handlungsform ist schon verschiedentlich eingegangen worden.<br />

3.4.1 FORMEN DER SELBSTWAHRNEHMUNG ALS HANDELN IN BEZUG AUF DAS SELBST<br />

Wie der Gang der Rekonstruktion <strong>des</strong> Meadschen Werks gezeigt hat, können wir uns in unserer Kommunikation<br />

auf uns selbst beziehen und uns auf Objekte, die für uns in der jeweiligen Situation sinnvoll sind, aufmerksam<br />

machen. Dies können bspw. andere Menschen oder Dinge, aber auch unser Körper sein (s auch Charon 2001:<br />

81). Während wir handeln, können wir uns unser selbst und unserer Handlungen mittels Reflexion bewusst werden<br />

und uns in Beziehung zu all dem setzen, was in einer Situation vor sich geht. Wir können über unser Handeln<br />

nachdenken, es beurteilen und uns damit identifizieren. Wir können unser Handeln mittels der Selbstwahrnehmung<br />

selbst einschätzen und bewerten, wobei dem Menschen hier der reflexive Charakter <strong>des</strong> Selbst zugute<br />

kommt. Dieser erlaubt, seine eigenen Handlungen in der Situation zu betrachten. Weiter kann der Handelnde andere<br />

in einer Situation verstehen sowie den Einfluss, den sie auf ihn auszuüben versuchen. Der Mensch kann seine<br />

eigenen Handlungen, wie sie sich in der Situation entfalten, beurteilen. Wir verstehen Situationen, in denen<br />

wir uns befinden, in Bezug auf uns selbst. Dies bedeutet, dass das Selbst uns in Situationen verankert. Es dient<br />

als Basis, von der aus ein Mensch Urteile trifft sowie zukünftige Handlungspläne in Bezug auf die vielen Objekte<br />

entwirft, die in einer Situation erscheinen. Wir können uns bildlich in Beziehung zu anderen setzen und so bestimmen,<br />

welche Folgehandlungen situationsangemessen sind.<br />

120

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!