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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 3<br />

Soziale Welten können wiederum aus diversen Subwelten bestehen (s. Strauss 1982, 1993). An dieser Stelle sollen<br />

nur stichwortartig einige für die Pflege wichtige Aspekte aufgegriffen werden. Soziale Welten zeichnen sich<br />

durch ihre Eigenschaften aus. Zu den wichtigsten zählt Strauss (1993: 213) die Größe, Dauer, Herkunft, Geschichte,<br />

den Grad <strong>des</strong> Wandels, Art und Menge der Ressourcen, Beziehungen zu Technologie und zum Staat.<br />

Soziale Welten können zudem - und das ist mit Blick auf die Pflege wichtig – auf Gender und soziale Klassen<br />

bezogen werden. Sie können mehr oder weniger sichtbar für Dritte sein. Sie können unter räumlichen Gesichtspunkten<br />

betrachtet werden, d.h., wo sie anzutreffen sind, welchen Raum sie einnehmen. Ein anderer, für die<br />

Pflege wichtiger Aspekt besteht darin, dass die Grenzen sozialer Welten nicht fix, sondern ‚fließend’ sind. Hier<br />

soll der Hinweis genügen, dass diese Grenzen häufig Gegenstand intra- wie interprofessioneller Auseinandersetzungen<br />

sind.<br />

Mit Blick auf die Entwicklung pflegerischer Handlungskompetenzen in den diversen Referenzgruppen bzw. sozialen<br />

Welten ist ein von Aboulafia (2001: 20) hervorgehobener Aspekt bei Mead wichtig. Hiernach gehören wir<br />

alle zu kleinen Cliquen, in denen wir einfach bleiben können. Die Folge ist, dass der ‚generalisierte Andere’ oder<br />

je nach Gruppenzugehörigkeit die ‚generalisierten Anderen’, die dann in uns präsent sind, eine Gemeinschaft mit<br />

einem begrenzten Durchmesser sind 55 . Mead plädierte dafür, dass jeder Mensch Zugang zu größeren Gemeinschaften<br />

haben sollte. Das Verwehren eines solchen Zugangs, käme einer Blockade der Realisierung der eigenen<br />

Potenziale gleich, d.h. eines Selbst, dass man werden könnte. Ein solches Verhalten stellte eine Behinderung der<br />

Persönlichkeitsentwicklung dar (s. Aboulafia 1993: 154). Aboulafia (2001: 21) betont, dass wir ‚generalisierte<br />

Andere’ haben können, die mit komplexen ethischen oder politischen Systemen der Interaktion korrespondieren.<br />

Mead problematisierte die zu seiner Zeit vorherrschende Doktrin der ‚getrennten Sphären’, die Frauen in erster<br />

Linie auf das Haus beschränkte bzw. in der Berufswelt auf begrenzte Tätigkeitsfelder. Er setzte sich für ihre<br />

Rechte ein. Er war ein Wanderer zwischen diesen Welten (s. auch Deegan 1988, 2001b, 2008, Aboulafia 1993:<br />

152).<br />

Für Mead führt eine größere Sozialisation zu einer stärkeren Individuation. In diesem Kontext macht Aboulafia<br />

(2001: 22) darauf aufmerksam, dass<br />

„wir uns als selbstbewusste, perspektivisch orientierte Wesen nicht nur der Selbste bewusst werden, die wir<br />

in Hinblick auf ‚generalisierte Andere’ erfahren, sondern auch der Grenzen und der Mängel, an denen wir in<br />

Bezug auf gegenwärtige historische Möglichkeiten leiden. So können jene sich in Hinblick auf das definieren,<br />

was sie wahrnehmen, was ihnen verweigert wurde oder was abwesend ist. Und diese Wahrnehmungen<br />

können eine gewisse Art von Persönlichkeit unterstützen, eine, die Ausschau danach hält, was sie werden<br />

könnte“.<br />

Und weiter heißt es:<br />

„Indem das Abwesende gegenwärtig gemacht wird, wird Solidarität mit Gleichgesinnten durch ein Bewusstsein<br />

der geteilten Deprivation möglich.“<br />

Die Funktion <strong>des</strong> ‚generalisierte Anderen’ sieht Aboulafia (2001: 25) darin, dass er unsere Erfahrungen in Bezug<br />

auf Gruppen ordnet und wir uns unserer selbst in Hinblick auf diese Gruppen bewusst werden. Meads Vorstellung<br />

einer entwickelten demokratischen Gesellschaft war die einer inklusiven. Nur eine solche Gesellschaft ist in<br />

der Lage, auf immer höheren Ebenen der Abstraktion zu handeln (Aboulafia 1993: 154, s. auch Carreira da Silva<br />

2008). Die Doktrin der ‚getrennten Sphären’ bedroht die von Mead als wichtig erachtete Partizipation aller gesellschaftlichen<br />

Mitglieder an gesellschaftlichen Unterfangen. Nur mittels Partizipation lassen sich die Potenziale<br />

der einzelnen Menschen aktualisieren und einlösen (Aboulafia 1993: 155). Der Umstand, dass wir mit Gruppen<br />

und Perspektiven umgehen, eliminiert für Mead nicht die Möglichkeit einer Art von Universalismus. Sym-<br />

55<br />

Aboulafia (1993, 2001) diskutiert die Vorstellungen Meads anhand eines Briefes an seine Schwiegertochter. Sie hatte ihn<br />

um Rat gebeten, ob sie trotz eines Kin<strong>des</strong> Medizin studieren sollte. Mead hat sie in ihrer Idee, Medizin zu studieren, im Sinne<br />

einer Erweiterung ihres Horizonts und ihrer Fähigkeiten aktiv unterstützt.<br />

99

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