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zur theorie des pflegehandelns - E-LIB - Universität Bremen

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Kapitel 3<br />

wicklung von Kompetenzen stellt sich die Frage nach den angemessenen Stimuli. Diese ist auch in der Pflege<br />

zentral, wenn es darum geht, Fähigkeiten <strong>des</strong> pflegebedürftigen Patienten zu erhalten bzw. wieder zu gewinnen.<br />

Wird die Formulierung Meads, wonach es leichter ist, ein Kind zu drillen als es zu erziehen, auf die Pflege bezogen,<br />

dann lautet diese: es ist einfacher, etwas selber zu tun, als es den zu Pflegenden selbst tun zu lassen (s. Mead<br />

2001b: 39). Die heutige, an Maschinen orientierte Idee von Produktivität, mit immer weniger Mitteln immer<br />

mehr zu schaffen, erweist sich für die Pflege als völlig unbrauchbar, da je weniger Personal vorhanden ist, die<br />

Gefahr tendenziell steigt, menschliche Fähigkeiten eher zu vernichten als sie zu erhalten. Sie blendet den kooperativen<br />

Charakter pflegerischen Handelns ebenso aus, wie den Umstand, dass der zu pflegende Mensch kein<br />

Stück Metall, sondern ein reaktions-, gefühls- und sprachfähiges Wesen ist.<br />

Andere von der organisierten Spielform zu unterscheidende Formen sind Mythen und religiöse Rituale. Hierbei<br />

handelt es sich nicht um Alltagshandeln. Mythen und Rituale verweisen auf die Haltungen der Menschen gegenüber<br />

den sie umgebenden Kräften oder der Natur, von der sie abhängig sind. In ihrer Haltung gegenüber einer<br />

vagen und unbestimmten Natur zeigen sie viel frühere Antworten. Diese finden ihren Ausdruck in der Übernahme<br />

der Rolle <strong>des</strong> Anderen, in der spielerischen Darstellung von Göttern und Heroen. Mittels bestimmter Riten<br />

versuchen die Menschen, spielerisch auszudrücken, was, wie sie glauben, diese Figuren tun würden. Dieser Prozess<br />

entwickelt sich zu mehr oder weniger fest umrissenen Techniken und ist ein kontrollierter. Nach Mead<br />

(GIG: 195; MSS: 153) gleicht dieser Prozess Situationen, in denen Kinder Eltern spielen etc., vage Persönlichkeiten,<br />

die um sie herum sind, die sie beeinflussen und von denen sie abhängig sind. Das sind die Persönlichkeiten,<br />

die sie einnehmen, deren Rollen sie spielen und die insofern ihre eigene Persönlichkeitsentwicklung kontrollieren.<br />

Im Gegensatz zum Spiel muss das Kind beim organisierten Spiel in der Lage sein, alle Haltungen der im Spiel<br />

involvierten Personen zu übernehmen. Das organisierte Spiel oder auch Gruppenspiel wird – wie oben erwähnt -<br />

auch als Interaktionsphase bezeichnet. In diesem Spiel identifiziert sich das Kind nicht nur mit der Rolle eines<br />

Einzelnen, sondern mit den Rollen der verschiedenen Gruppenmitglieder. Am Beispiel <strong>des</strong> Baseballspiels zeigt<br />

Mead, dass das, was das Kind in diesem Spiel tut, von den Rollen aller Anderen bestimmt wird, zumin<strong>des</strong>t insoweit<br />

deren Haltungen seine eigenen bestimmten Antworten beeinflussen. Wir erhalten dann einen ‚Anderen’, der<br />

die Organisation der Haltungen aller im gleichen Prozess involvierten Menschen ist. In der Phase <strong>des</strong> Gruppenspiels<br />

bildet das Kind seine kommunikativen Fähigkeiten weiter aus. Es lernt die Sprache in ihren unterschiedlichen<br />

(verbalen, nonverbalen) Formen sowie die vielfältigen Ausdrucksweisen <strong>des</strong> Menschen, seine Gefühle und<br />

Emotionen sowie seine Handlungsweisen kennen und lernt, sich in diesem Prozess auf andere in einer Form zu<br />

beziehen, die von seinen Bezugspersonen akzeptiert wird.<br />

Im Gruppenspiel muss das Kind nicht nur eine, sondern mehrere Rollen gleichzeitig präsent haben, wenn es sich<br />

erfolgreich beteiligen will. Auf diese Weise lernt es, dass die Rollen der beteiligten Kinder in einer bestimmten<br />

Beziehung zueinander stehen, die in den Spielregeln zum Ausdruck kommt. Diese Regeln oder auch verschiedenen<br />

Rollen muss das Kind kennen und beherrschen lernen. Im Gruppenspiel erfährt es, dass und wie es von anderen<br />

abhängig ist und dass und wie sich sein Handeln auf andere auswirkt. Während <strong>des</strong> Gruppenspiels muss<br />

das Kind die verschiedenen Rollen vor seinem inneren Auge haben. Es muss sie organisieren, damit es die Rollen<br />

der anderen übernehmen kann. In dieser Phase der Rollenübernahme ist es jedoch noch nicht in der Lage, die<br />

Rollen zu einem konsistenten Ganzen zusammenzufügen. Dies erfolgt erst in der nächsten Entwicklungsphase,<br />

die mit dem Begriff <strong>des</strong> ‚generalisierten Anderen’ charakterisiert wird. Der Übergang zu dieser Phase ist fließend.<br />

Mit Blick auf die Entstehung <strong>des</strong> ‚generalisierten Anderen’ muss die soziale Welt, in die Kinder hineingeboren<br />

werden, betrachtet werden. Diese ist angefüllt mit Personen, die zu ihren signifikanten Bezugspersonen<br />

werden und die Einfluss auf sie selbst und auf ihr Verhalten bzw. Handeln nehmen. Lin<strong>des</strong>mith et al. (1999:<br />

264f) unterscheiden sechs Klassen von Kategorien signifikanter Anderer:<br />

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