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Umwelt und Straßenverkehr - Deutscher Fluglärmdienst eV

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335<br />

Der vorliegende BVWP betrachtet die verschiedenen Verkehrsträger nicht ausreichend<br />

im Zusammenhang. Insbesondere werden verkehrsträgerübergreifende Schnittstellen,<br />

das verkehrsträgerübergreifende Transportkettenmanagement <strong>und</strong><br />

Konkurrenzbeziehungen paralleler Korridore unzureichend berücksichtigt. Investitionen<br />

in die Informationsinfrastruktur werden ebenfalls vernachlässigt. Der Luftverkehr wird<br />

vollständig ausgeklammert wie auch die Entscheidung über die Standorte oder die<br />

Entwicklung von Überseehäfen. Die B<strong>und</strong>esebene verzichtet damit darauf, den BVWP<br />

zur Korrektur von Fehlentwicklungen einzusetzen, die aus der Standortkonkurrenz der<br />

See- <strong>und</strong> Flughäfen resultieren. Es ist beispielsweise keine länderübergreifende Suche<br />

nach den wirtschaftlich <strong>und</strong> ökologisch geeignetsten Standorten für die Erweiterung der<br />

Seehafenkapazitäten erfolgt. Lediglich die Verbesserung der verkehrlichen Anbindung<br />

der See- <strong>und</strong> Flughäfen wird in der NKA bewertet (BMVBW, 2002, S. 42).<br />

398. Eine besondere Problematik der Bewertungsmethodik der<br />

B<strong>und</strong>esverkehrswegeplanung besteht darin, dass Prognosen in Ziele umgedeutet <strong>und</strong><br />

dadurch politische Gestaltungsräume negiert werden. Bedarf <strong>und</strong> Nutzen von Aus- <strong>und</strong><br />

Neubauprojekten werden überwiegend an dem als plausibel angenommenen<br />

Rahmenszenario <strong>und</strong> dem danach zu erwartenden Verkehrsaufkommen bemessen,<br />

nicht aber an politisch-planerisch gesetzten Gestaltungszielen. Indem die im<br />

Rahmenszenario angenommenen Verkehrsentwicklungen auch der Nutzen-Kosten-<br />

Bewertung zugr<strong>und</strong>e gelegt werden, werden sie de facto zur Zielvorgabe umgedeutet.<br />

Die B<strong>und</strong>esverkehrswegeplanung steht damit in der Tradition des Predict-and-provide-<br />

Paradigmas, das davon ausgeht, dass sich die Infrastrukturkapazitäten der<br />

wachsenden Nachfrage anpassen müssen (vgl. Kap. 5). Dieses Paradigma erweist<br />

sich in städtischen Räumen <strong>und</strong> Agglomerationen bereits heute als unrealistisch, da<br />

die Kapazitäten hier nicht beliebig ausgeweitet werden können, ohne gewachsene<br />

Stadtstrukturen zu zerstören. Dieses Paradigma wird aber auch generell zunehmend in<br />

Frage gestellt (s. Kap. 5.3; GOODWIN, 1996). Die "Kryptonormativität" der Szenarien<br />

bzw. Prognosen ist überdies auch deshalb fragwürdig, weil sie sich einem politischen<br />

Diskurs entzieht.<br />

Als eine Konsequenz der normativen Kraft von Verkehrsszenarien kann auch die<br />

kontinuierliche Überschätzung des Wachstums des Schienenverkehrs in den<br />

vergangen Jahrzehnten in den Prognosen für den B<strong>und</strong>esverkehrswegeplan (vgl.<br />

Abschn. 3.2.2) interpretiert werden. Die bahnoptimistischen Szenarien sollen die<br />

eigentlich politisch gesetzten Investitionsanteile für die Schiene objektivieren <strong>und</strong><br />

legitimieren. Von der Kommission "Verkehrsinfrastrukturfinanzierung" (2000, S. 24)<br />

wurde dieses Vorgehen als "politische Zielprognose" kritisiert. Politische Ziele, die an<br />

sich legitim sind, werden dadurch auf scheinbar objektive Argumente gestützt.<br />

Darunter leidet nicht nur ihre Glaubwürdigkeit, sondern auch ihre Transparenz <strong>und</strong><br />

Zugänglichkeit für eine öffentliche Diskussion.

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