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Umwelt und Straßenverkehr - Deutscher Fluglärmdienst eV

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145<br />

offen zu diskutieren, die Thesen der kritischen Verkehrswissenschaft zur Kenntnis zu<br />

nehmen, die Symboldimension des Automobils (Kap. 4.2) nicht zu verdrängen <strong>und</strong><br />

Ambivalenzen des MIV anzuerkennen.<br />

144. Die Gr<strong>und</strong>erfahrung des MIV ist mittlerweile die Erfahrung von vielschichtigen<br />

Ambivalenzen (FELDHAUS, 1998). Nur noch eine kleine Minderheit von 7 % stimmt<br />

der These zu, dass Autofahren heute mehr Spaß mache als früher. 30 % stimmen der<br />

gegenteiligen These zu (STEINKOHL et al., 1999, S. 40). Ambivalenzerfahrungen<br />

bieten Möglichkeiten zur Neuorientierung im Denken, Wahrnehmen <strong>und</strong> Handeln. Eine<br />

alternative Verkehrsstrategie braucht daher das Automobil nicht zu "verteufeln",<br />

sondern sollte die Möglichkeiten veränderter Mobilitätsstile <strong>und</strong> dementsprechender<br />

Anerkennungsverhältnisse innerhalb einer mobilen, wertpluralistischen <strong>und</strong> kulturell<br />

diversifizierten Gesellschaft offensiv thematisieren <strong>und</strong> nutzen. Hierzu bestehen<br />

vielfältige Möglichkeiten. Insofern ist die Möglichkeit einer anderen Mobilitätskultur<br />

latent <strong>und</strong> tendenziell im allgemeinen Wertewandel <strong>und</strong> in der "Selbstentzauberung<br />

des Automobils" angelegt. Eine alternative Strategie bzw. eine Neuausrichtung der<br />

Verkehrspolitik wird angesichts der vielfältigen Widerstände nur dann Aussichten auf<br />

Erfolg haben, wenn aus der Sicht einer überwiegenden Mehrheit der<br />

Verkehrsteilnehmer eine mit dieser Neuorientierung verknüpfte andere Mobilitätskultur<br />

insgesamt langfristig einen "Nutzen" oder einen Zugewinn an Lebensqualität<br />

verspricht. Die ins Auge gefasste neue Strategie <strong>und</strong> die vom BMU mit guten Gründen<br />

geforderte "Offensive für eine neue Mobilitätskultur" (BMU, 2003, S. 20) darf daher<br />

verbreitete Wertvorstellungen nicht ignorieren, sondern muss an sie anknüpfen<br />

können.<br />

145. Weit verbreitet ist auch das Bedürfnis nach Verkehrssicherheit. Diese<br />

Wertschätzung zeigt sich an der stark verbesserten Sicherheitstechnik des einzelnen<br />

PKW, aber auch an Forderungen nach Geschwindigkeitsbeschränkungen in<br />

Wohngebieten, nach Ausbau von Fahrradwegen, nach Ampelanlagen auf Schulwegen<br />

usw. Höhere Sicherheit insbesondere für die Gruppen schwächerer<br />

Verkehrsteilnehmer (Kinder, Fußgänger, Fahrradfahrer), die vom so genannten<br />

Risikotransfer der Autofahrer negativ betroffen sind, ist darüber hinaus eine berechtigte<br />

moralische Forderung (BMU, 2003, S. 4; s. a. Kap. 5.5). Andere Wertvorstellungen<br />

manifestieren sich in Forderungen nach Verkehrsberuhigung. Verkehr wird häufig zwar<br />

nicht als direkt ges<strong>und</strong>heitsbedrohlich, aber vielfach als belästigend oder störend<br />

empf<strong>und</strong>en (Abschn. 2.1.3). Werte wie "Fitness", "Ges<strong>und</strong>heit" <strong>und</strong><br />

"Erfahrungsintensität" (HOLZAPFEL, 1998, S. 54) sprechen bei kurzen Strecken für die<br />

Benutzung des Fahrrades, das übrigens mittlerweile auch über eine Symboldimension<br />

verfügt ("Sportlichkeit"). Der entfernungsintensive Lebensstil wird zunehmend auch als<br />

"Stress" <strong>und</strong> Belastung empf<strong>und</strong>en <strong>und</strong> bei einigen Autoren durch Vorstellungen einer<br />

neuen Sesshaftigkeit (MEYER-ABICH, 1997, S. 399 ff.), Muße (SCHINKEL, 2003) oder

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