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Umwelt und Straßenverkehr - Deutscher Fluglärmdienst eV

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4.2 Kulturelle Aspekte der Verkehrsnachfrage<br />

4.2.1 Bedeutung kultureller Werte <strong>und</strong> Leitbilder<br />

110. Kulturelle Faktoren sind zweifellos wesentliche <strong>und</strong> gleichzeitig politisch nur<br />

schwer beeinflussbare Randbedingungen für die (Nicht-)Akzeptanz verkehrspolitischer<br />

Maßnahmen. Unter Kultur wird hier ein miteinander verknüpftes Ensemble von<br />

Wertvorstellungen verstanden, die von Mitgliedern einer Gesellschaft überwiegend<br />

geteilt werden. Der in Kapitel 4.1 dargestellte Einfluss des Akteursnetzwerkes, dessen<br />

ökonomische <strong>und</strong> politische Interessen direkt mit dem motorisierten Individualverkehr<br />

(MIV) verb<strong>und</strong>en sind, verbindet sich mit in der Bevölkerung mehrheitlich verbreiteten<br />

Einstellungen, die dem Automobil <strong>und</strong> seiner Nutzung gr<strong>und</strong>sätzlich bejahend<br />

gegenüberstehen, wobei vielfältige Wechselbeziehungen zwischen Akteursnetzwerk<br />

<strong>und</strong> Bevölkerung bestehen (bspw. Werbung für Automobile, Automobilmessen <strong>und</strong><br />

dergleichen). Daher legitimieren <strong>und</strong> stabilisieren sich ökonomische Interessen <strong>und</strong><br />

kulturelle Einstellungen im Verkehrssektor gegenseitig. Weiterhin könnte der Umstand,<br />

dass sich partikulare Interessen <strong>und</strong> eindeutig affirmative Einstellungen leichter<br />

aggregieren <strong>und</strong> politisch repräsentieren lassen (klassisch hierzu OLSON, 1968) als<br />

das diffus verteilte, inhaltlich ambivalente Unbehagen an der Entwicklung der<br />

Verkehrssituation, einen verkehrspolitischen "bias" zugunsten des MIV nach sich<br />

ziehen.<br />

111. Es dürfte unstreitig sein, dass bei der Wahrnehmungsweise des Automobils <strong>und</strong><br />

des MIV soziokulturelle Leitbilder ("autogerechte Stadt", "sportlicher Fahrer", "flüssiger<br />

Verkehr" etc.) <strong>und</strong> Statussymbole ("Reiserennlimousine") eine große Rolle spielen.<br />

Derartige Leitbilder, die positive Einstellungen gegenüber dem MIV vermitteln <strong>und</strong><br />

festigen, sind soziale Tatsachen. Sie erfahren vielfältige Bestärkung durch die<br />

Massenmedien. Diese sozialen Tatsachen bergen für die Verkehrspolitik natürlich<br />

Risiken, da sich die Menge der Wähler <strong>und</strong> die der Autofahrer beträchtlich überlappen.<br />

Ökonomische <strong>und</strong> soziale Macht einerseits, kulturelle Hegemonie andererseits lassen<br />

eine "Verkehrswende" auf den ersten Blick politisch aussichtslos erscheinen. Daran<br />

konnte auch der Diskurs der so genannten "kritischen" Verkehrswissenschaft bislang<br />

nichts ändern, der auf hohem Qualitätsniveau ein Eigenleben führt (statt vieler<br />

KNOFLACHER, 1996). Es sind die Kirchen, die neben den <strong>Umwelt</strong>verbänden als<br />

einzige noch bedeutsame gesellschaftliche Institutionen für eine "maßvolle"<br />

Mobilitätskultur eintreten (Ökumenischer Rat der Kirchen, 1998).<br />

112. Bereits im <strong>Umwelt</strong>gutachten 1994 (SRU, 1994, Kap. III.1) hat der SRU betont,<br />

dass es zum Verständnis des Verkehrsverhaltens erforderlich sei, Beweggründe zu<br />

berücksichtigen, die in gr<strong>und</strong>legenden Antriebsstrukturen des Menschen verankert<br />

sind. Diese Beweggründe prägen auch Rechtsordnung <strong>und</strong> Verkehrspolitik, was

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