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Grundschule aktuell 101

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Heft Nr. <strong>101</strong> • I. Quartal • Februar 2008 • Best. Nr. 6036 • D9607F<br />

Grundschulverband – Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V. • Niddastraße 52 • 60329 Frankfurt/Main • Tel. 0 69 / 77 60 06 • www.grundschulverband.de<br />

Soziale Kompetenzen<br />

und die Kopfnoten


Bücher zur<br />

Pädagogischen<br />

Leistungskultur<br />

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Band 118<br />

ISBN 3-930024-87-X<br />

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Band 119<br />

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Band 121<br />

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neu erschienen:<br />

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Band 124<br />

ISBN 3-930024-96-9<br />

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Editorial<br />

»Persönlichkeit<br />

passt in keine<br />

Note«<br />

So eine Schlagzeile der »Westdeutschen Allgemeinen Zeitung« (WAZ) vom<br />

15. 12. 2007. Unruhe und Unmut nämlich gibt es an <strong>Grundschule</strong>n landauf,<br />

landab in Nordrhein-Westfalen. Die Halbjahreszeugnisse dort brachten zum<br />

ersten Mal seit Jahrzehnten wieder Kopfnoten. In anderen Bundesländern ist<br />

das inzwischen nichts Neues mehr (siehe Übersicht auf S. 25).<br />

Die Förderung von Selbst-, Sozial- und Sachkompetenz gehört zur Erfolgsbilanz<br />

moderner Grundschulpädagogik. Der Rekurs auf rostige Werkzeuge<br />

aus dem schulpolitischen Museum (spärlich verhüllt mit der <strong>aktuell</strong> grassierenden<br />

technokratischen »Neusprech« in Sachen Pädagogik) ist – zumindest<br />

– kontraproduktiv. Heike De Boer schreibt in ihrem einleitenden Beitrag<br />

(S. 3 ff.), worum es geht: »Soziale Kompetenzen in der Schule zu befördern erfordert,<br />

Kinder als eigenständige Subjekte zu respektieren, die Bedeutung positiver<br />

Gleichaltrigenbeziehungen für die Entwicklung sozialer Kompetenzen anzuerkennen<br />

und Räume für Gleichaltrigenbeziehungen zur Verfügung zu stellen. … Die<br />

Förderung sozialer Kompetenzen in der Klasse wird damit zu einem gemeinsamen<br />

Entwicklungsweg aller Beteiligten und ist mit Noten nicht zu erfassen.«<br />

Reaktionen auf unser Jubiläumsheft<br />

Auf viel Lob und Zustimmung stieß unser Heft 100.<br />

Beispielhaft zitieren wir aus einer Zuschrift des elternbunds hessen:<br />

»… der elternbund hessen e. V. gratuliert zur Jubiläumsausgabe Ihrer Zeitschrift<br />

›<strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>‹. Wir sind aufmerksame Leser von ›<strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>‹,<br />

da in Ihrem Heft viele wichtige Themen angesprochen werden, die informativ<br />

sind und die wir für unsere Arbeit sehr gut gebrauchen können.<br />

Das Lexikon in der Jubiläumsausgabe hat uns sehr gefallen, weil es zeigt, dass<br />

wir auf dem richtigen Weg sind. Zugleich hat uns nachdenklich gemacht, wie<br />

<strong>aktuell</strong> viele Ihrer Beiträge aus den 90er Jahren heute noch sind. Wir wissen<br />

um die Langsamkeit von Reformen und werden deshalb nicht müde, weiter für<br />

diese einzutreten.<br />

Mit besonderer Aufmerksamkeit haben wir das Stichwort ›Eltern‹ gelesen.<br />

Wenn doch alle Schulen Eltern als ›Bundesgenossen für eine kindgerechtere<br />

Schule‹ betrachten und ihre Kompetenzen produktiv nutzen würden, dann<br />

könnte unsere Reformfähigkeit an Geschwindigkeit zunehmen.<br />

Der elternbund hessen e. V. wünscht Ihnen, unserem Bündnispartner, weiterhin<br />

viel Erfolg.«<br />

Unser »Heft 100« wurde in höherer Auflage gedruckt: Es steht unseren Landesgruppen,<br />

aber auch einzelnen Kolleginnen und Kollegen für Werbe- und Informationszwecke<br />

zur Verfügung: Einfach eine Mail an unsere Geschäftsstelle<br />

schicken oder dort anrufen. Wir freuen uns über eine weite Verbreitung des<br />

Heftes!<br />

Ulrich Hecker<br />

Impressum<br />

, die Zeitschrift des Grundschulverbandes erscheint<br />

viertel jährlich und wird allen Mitgliedern zugestellt.<br />

Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Das einzelne Heft kostet 5 €;<br />

für Mitglieder und bei Sammelbestellungen ab 10 Hefte 3 € (incl. Versand).<br />

Verlag: Grundschulverband – Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V.<br />

Niddastraße 52, 60329 Frankfurt / Main, Tel. 0 69 / 77 60 06, Fax: 0 69 / 7 07 47 80;<br />

Internet: www.grundschulverband.de, E-Mail: info@grundschulverband.de<br />

Herausgeber: Horst Bartnitzky (für den Vorstand des Grundschulverbandes)<br />

Redaktion: Ulrich Hecker, Hülsdonker Str. 64, 47441 Moers, Tel. 0 28 41 / 2 17 14,<br />

E-Mail: ulrichhecker@aol.com<br />

Fotos: Bert Butzke, Mülheim/Ruhr (Titel, S. 4, 5) sowie jeweilige Autor/innen<br />

Zeichnungen: Wilhelm Nüchter, Moers (S. 1, 18)<br />

Herstellung: novuprint Agentur für Mediendesign, Werbung, Publikationen GmbH,<br />

Bödekerstr. 73, 30161 Hannover, Tel. 05 11 / 9 61 69 – 11, Fax: 05 11 / 9 61 69 – 99<br />

Anzeigenverwaltung: Claudia Klinger, Verlagsgruppe Beltz, Tel. 0 62 01 / 6 00 73 86,<br />

Fax 0 62 01 / 6 00 73 93<br />

Druck: Druck Partner Rübelmann, 69502 Hemsbach<br />

ISSN 1860-8604<br />

Beilagen: »Bunter Hund« des Beltz-Verlages und als ständige Beilage<br />

»Eine Welt in der Schule«<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />

1


Tagebuch<br />

Alles von Shakespeare ?<br />

Ute Andresen,<br />

als altgediente Grundschullehrerin,<br />

Autorin,<br />

Hochschullehrerin und<br />

Referentin in der Fortbildung<br />

immer noch<br />

im Dienst für Klarheit,<br />

Vernunft und Liebe im<br />

Umgang mit Kindern.<br />

Näheres unter<br />

www.ute-andresen.de<br />

Man hat Doris Lessing 2007 den Nobelpreis für Literatur<br />

zugesprochen. Sie ist nun bald neunzig Jahre alt. Statt<br />

sich dankbar würdig zu verneigen, gab sie ihrer Vorlesung<br />

am 7. Dezember den Titel ›On not winning the Nobel Prize‹<br />

und sprach für all diejenigen, die ausgeschlossen<br />

sind aus der Welt der Literatur.<br />

»Das Haus, in dem ich aufgewachsen bin, war im<br />

Grunde eine strohgedeckte Lehmhütte. So etwas<br />

wurde schon immer und überall dort gebaut, wo<br />

es Schilf oder Gras, den richtigen Lehm und Pfähle<br />

für die Wände gab.« So eine Hütte soll Schutz<br />

bieten vor Regen, sengender Sonne und wilden<br />

Tieren. Das Leben darin stellen wir uns sehr einfach<br />

und bescheiden, wenn nicht gar armselig<br />

vor, gewiss nicht geprägt und erfüllt von Literatur, von<br />

Bildung.<br />

Wie konnte eine Lehmhütte im Buschland Rhodesiens der<br />

Kindheit von Doris Lessing ein gutes Zuhause sein? »Das<br />

Haus, in dem ich aufgewachsen bin, hatte statt einem<br />

vier Zimmer, eins neben dem anderen, und, was das Entscheidende<br />

ist, es war voller Bücher. Meine Eltern hatten<br />

nicht nur Bücher aus England mit nach Afrika gebracht,<br />

meine Mutter bestellte in England auch Bücher für ihre<br />

Kinder, Bücher in großen Paketen aus braunem Papier, die<br />

die Freude meines jungen Lebens waren. Eine Lehmhütte,<br />

aber voller Bücher.«<br />

Wenn ich Doris Lessing richtig verstehe, so will sie mit ihrer<br />

Rede begreiflich machen: »Das Schreiben, ein Schriftsteller<br />

kommt nicht aus einem Haus ohne Bücher.« Das<br />

Haus mit Büchern mag das Elternhaus sein, die Schule<br />

oder eine Bibliothek. Niemand kann die eigene Stimme,<br />

das Schreiben aus den Erfahrungen und Einsichten des eigenen<br />

Lebens so entwickeln, dass dies von anderen gelesen<br />

und wahr- und ernstgenommen wird, wenn nicht am<br />

Anfang Bücher da waren und Neugier und Ehrgeiz wach,<br />

sie zu lesen.<br />

Und so ist Doris Lessing tätig verbunden mit einer kleinen<br />

Organisation, »die es sich zur Aufgabe gemacht hat,<br />

Bücher in die Dörfer zu schaffen«. Dörfer im Land ihrer<br />

Kindheit, das heute Simbabwe heißt und verwüstet ist<br />

durch den Despotismus, der auf die englische Kolonialherrschaft<br />

folgte. Dörfer, in denen man sich nach Büchern<br />

sehnt, in denen vielleicht »die Bibliothek ein Brett ist, das<br />

unter einem Baum auf Ziegelsteinen liegt«.<br />

Man hat Menschen in Afrika gefragt, was sie denn lesen<br />

wollen: Praktische Ratgeber waren wenig gefragt, dafür<br />

Romane, Science-Fiction, Lyrik, Krimis, Theaterstücke,<br />

»alles von Shakespeare«. Das, was unseren Schulkindern<br />

selbstverständlich zur Verfügung steht, wenn es uns gelingt,<br />

sie für den Weg dorthin zu gewinnen, weil wir selbst<br />

durchdrungen sind von der Liebe zur Literatur, und das,<br />

was unser Leben als Lesende reich macht, mit den Kindern<br />

teilen wollen, die uns gegenüber sitzen.<br />

Unser erwachsenes Interesse an den Texten, die wir den<br />

Kindern zu lesen geben, gewinnt sie am wirksamsten für<br />

eine interessierte, sprachgenaue Lektüre, die ihnen selbst<br />

etwas bedeutet, sie innerlich reich und zu Leserinnen<br />

macht. Auch urteilen können sie bald selber, wenn uns<br />

ihr Urteil wichtig ist. Einmal haben mir meine Zweitklässler<br />

für einen Text über den Siebenschläfer, den ich ihnen<br />

in den Kreis gelegt hatte, Noten von 1+ bis 2+ gegeben.<br />

Das machte mich stolz, aber auch skeptisch: Ahnten sie,<br />

dass das mein Text war und wollten nett zu mir sein? Wir<br />

hatten nie geübt, Texte zu beurteilen, nur schon viel Verschiedenes<br />

und viel Anspruchsvolles gelesen. »Welche<br />

Note gebt ihr der Geschichte von Philemon und Baucis,<br />

die ich euch letzte Woche vorgelesen habe?« Das war<br />

meine nächste Frage. Und die Kinder erklärten, dass es für<br />

so eine Geschichte keine angemessene Note gäbe, als sei<br />

es respektlos, danach zu fragen, weil jeder doch wissen<br />

müsse, dass man letztlich um solcher Geschichten willen<br />

lesen lernt.<br />

Es ist grotesk, wie bei uns allerwelts fixe Leseförderung<br />

gefeiert und zugleich besonnene Lesekultur in Schulen<br />

zerstört wird. Man lese die ganze Rede von Doris Lessing<br />

gegen das Starren auf Testformate! Keine leichte Lektüre.<br />

Aber stärkend, wenn man Bücher und Kinder liebt.<br />

Ute Andresen<br />

Doris Lessings Nobelpreisrede in deutscher Übersetzung<br />

finden Sie im Internet unter http://nobelprize.org/nobel_<br />

prizes/literature/laureates/2007/lessing-lecture_ty.html<br />

2 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008


Thema: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />

Soziale Kompetenz,<br />

Gleichaltrigen beziehungen und Verantwortung<br />

Nirgendwo anders, so von Hentig<br />

(2001), treffen so viele Gleichaltrige<br />

aufeinander wie in der Schule; die<br />

Wahrscheinlichkeit, Freunde zu finden,<br />

ist groß. Die Hälfte aller Kinderfreundschaften<br />

werden tatsächlich dort geknüpft<br />

– die Schule ist eine bedeutende<br />

Kontaktbörse. In diesem Kontext verweist<br />

das Kinderpanel des Deutschen<br />

Jugendinsitituts auf den wichtigen<br />

Zusammenhang von Peerbeziehungen<br />

und positivem Selbstbild. Enge Kinderfreundschaften<br />

können sich positiv<br />

auf das Selbstbild von Kindern auswirken<br />

(vgl. Traub 2006, S. 9). So erstaunt<br />

nicht, dass vor allem die Zugehörigkeit<br />

zu funktionierenden Klassengemeinschaften<br />

und Freundschaften als positivste<br />

Schulerfahrungen im 8. Kinder-<br />

und Jugendbericht in NRW (vgl.<br />

Behnken u. a. 2005, S. 19) genannt werden.<br />

Auf die Frage, was ihr Lieblingsort<br />

in der Schule sei, antwortete jede zweite<br />

Schülerin und jeder zweite Schüler,<br />

dies sei der Pausenhof. Auf die Frage<br />

danach, was ihnen besonders gut an<br />

der Schule gefalle, wiesen 71 % der<br />

Befragten darauf hin, dass sie in der<br />

Schule ihre Freunde träfen. Schulalltag<br />

aus der Sicht der Akteure hat damit sozialen<br />

Ereignischarakter.<br />

Beobachtungen Studierender, die<br />

Grundschulkinder über ein halbes Jahr<br />

in der Schule beobachtet, begleitet,<br />

unterstützt und dabei Protokolle teilnehmender<br />

Beobachtung angelegt<br />

haben (vgl. de Boer 2008), bestätigen<br />

diese Ergebnisse und machen sichtbar,<br />

dass schulischer Unterricht aus der Perspektive<br />

der SchülerInnen eben deutlich<br />

mehr umfasst als Lesen, Schreiben<br />

und Rechnen. Das häufigste und<br />

möglicherweise auch bedeutendste<br />

Thema, das die Studierenden mit ihren<br />

Beobachtungen feststellen konnten,<br />

betraf die Kontaktaufnahme unter<br />

den Gleichaltrigen. Die in den Studien<br />

beschriebenen Versuche der SchülerInnen,<br />

Partner oder Partnerinnen für<br />

die Pause zum Spielen zu finden, für<br />

gemeinsame Übungen im Sportunterricht,<br />

für Gruppenarbeitsprozesse, für<br />

gemeinsame Versuche im Sachunterricht<br />

oder Ähnliches, sind zahlreich.<br />

Auch das Thema: Zusammenarbeiten,<br />

Helfen und Abgrenzen spielt eine enorme<br />

Rolle im schulischen Alltag. »Dürfen<br />

wir zusammen arbeiten oder können<br />

wir das draußen auf dem Flur gemeinsam<br />

lösen?«, sind häufig gestellte Fragen,<br />

die zeigen, dass Kinder gerne zusammenarbeiten.<br />

Doch genauso regelmäßig<br />

treten Situationen auf, in denen es<br />

heißt: »Nee, mit Anna will ich nicht arbeiten.«<br />

Oder: »Der Dominik soll nicht zu<br />

uns in die Gruppe, der nervt.« Nicht selten<br />

lässt sich beob achten, dass Kinder<br />

übrig bleiben, die von keinem gefragt<br />

werden und selbst nicht auf andere<br />

Kinder zugehen können. Die Auseinandersetzung<br />

mit dem schulischen Alltag<br />

aus der Perspektive der SchülerInnen<br />

rückt die soziale Komponente stärker<br />

in den Blick und macht sichtbar, dass<br />

nicht nur das SchülerInnensein, sondern<br />

auch das MitschülerInnensein<br />

mit bedeutsamen Schwierigkeiten und<br />

Lernprozessen verbunden sein kann.<br />

Dunn (Dunn/Hughes 1998) macht in<br />

ihren Forschungen darauf aufmerksam,<br />

dass sich Geschwister und ähnlich<br />

alte Kinder gegenseitig abverlangen,<br />

die Verschiedenheit der Gefühle<br />

wahrzunehmen sowie Vorstellungen<br />

über die Gedanken des anderen einzunehmen.<br />

Krappmann (2002) betont,<br />

dass Kinder mit intensiven Sozialerfahrungen<br />

in vielen Entwicklungsdimensionen<br />

einen deutlichen Vorsprung<br />

gegenüber Kindern aufweisen, die weniger<br />

solchen Erfahrungen ausgesetzt<br />

sind. Angesichts der wachsenden Zahl<br />

von geschwisterlos aufwachsenden<br />

Kindern, immerhin 19 % (vgl. Alt 2005),<br />

kann angenommen werden, dass etliche<br />

Kinder im Kindergarten und in<br />

der <strong>Grundschule</strong> diese Erfahrungen<br />

nachholen und einigen Lernbedarf haben.<br />

Sozial-kompetent-Werden bedeutet<br />

eben auch, Anerkennung bei den<br />

Gleichaltrigen zu erfahren, Freunde zu<br />

finden und ein soziales Netz aufbauen<br />

zu können. Zwar zeigt eine <strong>aktuell</strong>e<br />

Befragung des Deutschen Kinder- und<br />

Jugendinstituts, dass nur jedes zehnte<br />

Kind äußert, keine Freunde zu haben.<br />

Doch jedem dritten Kind mangelt es<br />

an Freunden, die als verlässlich eingeschätzt<br />

werden (vgl. Traub 2006, S. 9).<br />

Grundschulkinder, so konstatieren<br />

Diehm und Scholz (2003), leben in<br />

einer Beziehungswelt. Sie verbinden<br />

Sachfragen und Sachauseinandersetzungen<br />

grundsätzlich mit Beziehungsfragen.<br />

»Was man spielt, ist abhängig<br />

davon, mit wem man spielt. Was man<br />

tut, ist abhängig davon, wer es tut usw.<br />

Beziehungen spielen sicher auch in der<br />

Welt der Erwachsenen eine Rolle. Aber<br />

in einer Kinderkultur sind sie konstitutives<br />

Moment der Kultur« (ebd., S. 49).<br />

Erkennbar wird: Kinder brauchen Kinder<br />

und die Auseinandersetzungen auf Augenhöhe,<br />

um sich selbst als Person zu<br />

erfahren, um Anerkennung zu erhalten<br />

und sich entwickeln zu können. In diesem<br />

Sinne wollen Kinder »sozial« sein,<br />

Gemeinschaften gründen und daran<br />

teilhaben, auch wenn dies nicht immer<br />

reibungslos gelingt und zeigt, dass das<br />

»Sozialwerden« gelernt werden muss.<br />

Heinrich Roth formulierte in diesem<br />

Kontext 1972 mit seinem Handlungskompetenzmodell<br />

die drei überfachlichen<br />

Kompetenzbereiche, »Selbstkompetenz«,<br />

»Sozialkompetenz« und<br />

»Sachkompetenz«, mit deren Relevanz<br />

er deutlich machte, dass Mündigkeit<br />

nicht über das rein fachliche Lernen zu<br />

erzielen ist.<br />

Sozialkompetenz und Kopfnoten<br />

Seit Roth gab es verschiedenste Kompetenzmodelle,<br />

die Aspekte des sozialen,<br />

des persönlichen, des emotionalen<br />

und kommunikativen Lernens<br />

aufgegriffen und zugleich sichtbar<br />

gemacht haben, dass hier keine trennscharfen<br />

Begriffe verwendet werden.<br />

Grob und Maag Merki treffen in ihren<br />

Überlegungen zu »überfachlichen<br />

Kompetenzen« (2001) vermutlich aus<br />

von<br />

Heike de Boer<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />

3


Thema: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />

diesem Grund die Unterscheidung in<br />

Komponenten sozialer Kompetenz, die<br />

einen konkreten Verhaltensbezug aufweisen<br />

und solchen, denen eine erklärende<br />

Funktion für sozial kompetentes<br />

Verhalten zukommt (vgl. 2001, S. 369)<br />

Zur ersteren zählen sie die Aspekte:<br />

n Kommunikationsfähigkeit,<br />

n Kooperations- und<br />

n Koordinationsfähigkeit,<br />

n Konfliktfähigkeit und<br />

n Teamfähigkeit.<br />

Zur zweiten Gruppe zählen sie:<br />

n Empathie,<br />

n Sensibilität,<br />

n interpersonale Flexibilität und<br />

n Durchsetzungsfähigkeit.<br />

Letztere, so räumen sie ein, sind allerdings<br />

stark situationsabhängig (ebd.).<br />

Sie begegnen der begrifflichen Vielfalt<br />

im Diskurs um soziale Kompetenzen,<br />

indem sie nicht von der »sozialen Kompetenz«,<br />

sondern von sozialen Kompetenzen<br />

sprechen und damit deutlich<br />

machen, dass es nicht die eine allgemeingültige<br />

Begriffserklärung gibt.<br />

Angesichts der wieder eingeführten<br />

Kopfnoten für das Arbeits- und Sozialverhalten<br />

in einigen Bundesländern<br />

wird die Auseinandersetzung damit,<br />

was als sozial kompetent zu beurteilen<br />

ist, in mehrfacher Weise virulent. Zum<br />

einen verweist der Begriff »Kompetenz«<br />

seit der Debatte um Bildungsstandards<br />

und Kompetenzen auf klare Erwartungen:<br />

Kompetenzen sollen messbar<br />

sein und mit entsprechenden Testinstrumenten<br />

erfasst werden können.<br />

Hier geht es einerseits um die Verbindung<br />

von Wissen und Können im Sinne<br />

der Befähigung zur Bewältigung unterschiedlicher<br />

Situationen (vgl. Klieme<br />

2004), z. B. Probleme erfolgreich in<br />

der Gruppe zu lösen. Zum anderen<br />

geht es um die Vergleichbarkeit, die<br />

Effizienz und Qualität der Fähigkeiten.<br />

Kompetenzmodelle, Teildimensionen<br />

und Kompetenzniveaus werden unterschieden<br />

und sollen dazu beitragen,<br />

die Bewältigung verschiedener Aufgaben<br />

in der Schule nach hohen, mittleren<br />

und niedrigen Niveaus beurteilen<br />

zu können (ebd.). Klieme verweist in<br />

diesem Zusammenhang auf Weinerts<br />

Definition von Kompetenzen als »die<br />

bei Individuen verfügbaren oder durch<br />

sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten<br />

und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme<br />

zu lösen, sowie die damit verbundenen<br />

motivationalen, volitionalen<br />

und sozialen Fähigkeiten, um die Problemlösungen<br />

in variablen Situationen<br />

erfolgreich und verantwortungsvoll<br />

nutzen zu können (Weinert in Klieme<br />

2004). Auch wenn Klieme einlenkend<br />

einräumt, dass affektive Aspekte und<br />

soziale Kompetenzen möglicherweise<br />

»keine klar abgrenzbaren und auf einer<br />

Skala von niedrig bis hoch bewertbaren<br />

Niveaus« zulasse, sondern eher Muster<br />

oder Typen hervorbringen könne (vgl.<br />

Klieme 2004, S. 13), erfordern die frisch<br />

eingeführten Kopfnoten doch genau<br />

dies.<br />

In Brandenburg beispielsweise soll<br />

das Arbeits- und Sozialverhalten mit<br />

vier Notenstufen beurteilt werden.<br />

Unter Sozialverhalten wird Verantwortungsbereitschaft,<br />

Kooperations- und<br />

Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit und<br />

Toleranz verstanden. Das schulische<br />

Arbeitsverhalten umfasst die Kategorien:<br />

Lern- und Leistungsbereitschaft,<br />

Zuverlässigkeit und Sorgfalt, Ausdauer<br />

und Belastbarkeit, Selbstständigkeit.<br />

Beide Aspekte sollen mit den Zuschreibungen:<br />

hervorragend ausgeprägt<br />

(1), deutlich ausgeprägt (2), teilweise<br />

ausgeprägt (3) und wenig ausgeprägt<br />

(4) beurteilt werden (vgl. Brandenburg<br />

Verwaltungsvorschrift 2006, S. 1 – 2).<br />

Wie sozial sich Kinder in der Schule<br />

verhalten, hängt auch davon ab, wie<br />

oben aufgeführt, ob sie mit oder ohne<br />

Geschwister aufwachsen. Auch der Erziehungsstil<br />

der Eltern spielt in diesem<br />

Zusammenhang eine Rolle. Zwei Drittel<br />

aller Kinder wachsen heute in sogenannten<br />

»Verhandlungshaushalten«<br />

auf. Bei Grenzverletzungen durch die<br />

Kinder wird nach einer passenden Lösung<br />

für beide Seiten gesucht. Die Kinder<br />

werden als Partner ernst genommen<br />

und lernen ihre Ansichten darzustellen<br />

und ihre Interessen zu vertreten. Andere<br />

Erfahrungen macht circa ein Drittel<br />

aller Kinder, das in sogenannten »Befehlshaushalten«<br />

aufwächst. Dort werden<br />

Lösungen weniger ausgehandelt<br />

als von den Erwachsenen bestimmt,<br />

kontrolliert und sanktioniert (vgl. Grunert/Krüger<br />

2006, S. 81ff.) Die dargelegten<br />

unterschiedlichen Bedingungen<br />

des Aufwachsens führen zu unterschiedlichen<br />

Ausgangssituationen von<br />

Kindern in der Schule und beeinflussen<br />

ihre Fähigkeiten, miteinander zu kommunizieren,<br />

Regeln auszuhandeln, zu<br />

kooperieren, die eigenen Interessen zu<br />

vertreten und Empathie zu zeigen. Um<br />

das Sozial- und Arbeitsverhalten benoten<br />

zu können, wird nicht nur notwendig,<br />

Kinder aus unterschiedlichen sozialen<br />

und familialen Zusammenhängen,<br />

mit verschiedenen Sozialerfahrungen<br />

zu vergleichen und zu normieren,<br />

gleichzeitig wird auch suggeriert, dass<br />

eine schlechte Note zur Besserung motiviert.<br />

Noten für das soziale Verhalten<br />

sollen einen Anreiz bieten, sich sozial<br />

zu verhalten, und gleichzeitig auch<br />

eine würdige Belohnung für angemessenes<br />

Verhalten darstellen; ein fragwürdiges<br />

Unterfangen, was dazu führt,<br />

dass vorhandene Verhaltensweisen der<br />

Schüler und Schülerinnen verstärkt<br />

werden und soziales Lernen, im Sinne<br />

des Ziels, sich im Schulalltag miteinander,<br />

das heißt Lehrpersonen, Schüler<br />

und Schülerinnen, um ein verträgliches<br />

Zusammensein zu bemühen, eher verhindert<br />

wird.<br />

Soziale Kompetenz wird in diesem<br />

Sinne zu einer individuellen Fähigkeit,<br />

die einem einzelnen Individuum zugeschrieben<br />

wird. Doch wo bleibt der<br />

Gedanke, dass soziale Kompetenz kein<br />

Produkt einer einzelnen Person, sondern<br />

ein Produkt ko-konstruktiver, das<br />

heißt gemeinsam konstruierter, Bedeutungen<br />

und gefällter Entscheidungen<br />

ist (vgl. Bellmann 2007) und die »Belohnung«<br />

in der von gegenseitigem<br />

Respekt getragenen freundlichen Klassenatmosphäre<br />

liegen kann? In diesem<br />

Kontext sind die Erziehungsgedanken<br />

des amerikanischen Pädagogen Dewey<br />

(1859 – 1952) hilfreich und verweisen auf<br />

die enorme Bedeutung des gemeinsamen<br />

Gesprächs von Lehrpersonen<br />

und SchülerInnen. Demokratie stellt<br />

für Dewey nicht nur eine Regierungs-<br />

4 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008


Thema: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />

form dar, sondern ist vor allem eine<br />

Form des Zusammenlebens, »der gemeinsamen<br />

und miteinander geteilten<br />

Erfahrung« (Dewey 1993, S. 121). In der<br />

Laboratory School (1894 – 1904) in Chicago<br />

verwirklichte er gemeinsam mit<br />

seiner Frau Alice seine Erziehungsidee.<br />

Schule als Ort zu begreifen, an dem<br />

Kinder und Lehrende zusammenleben<br />

und Erfahrungen machen, aus denen<br />

heraus sich die Fragen und Regeln des<br />

Alltags entwickeln sollen, bildet den<br />

Kern seiner Idee. Für Dewey hat die<br />

Gemeinschaft und das Gespräch in der<br />

Gemeinschaft oberste Priorität. Eine<br />

der wichtigsten Aufgaben der Schule<br />

ist es für ihn, Kindern die Teilhabe am<br />

demokratischen Gespräch zu ermöglichen<br />

und dort die Ansprüche, die das<br />

Gemeinschaftsleben an Kinder und<br />

Lehrende stellt, gemeinsam zu klären.<br />

Dass SchülerInnen in der Klasse miteinander<br />

sprechen, sich artikulieren<br />

lernen, ausreden lassen und zugleich<br />

einander zuhören, ist keine Begabung,<br />

sondern ein Lernprozess, der angeregt<br />

und gesteuert werden kann. Das<br />

Miteinander-Sprechen-Lernen muss<br />

geübt und die Erarbeitung von Regeln<br />

für Gespräche und Feedback angeleitet<br />

werden. Ist ein Regelgerüst erarbeitet<br />

und in der Klasse bekannt, können die<br />

Lehrenden Verantwortung abgeben<br />

und sich zunehmend aus der Moderation<br />

ritualisierter Gespräche, z. B. Morgenkreis<br />

oder Klassenrat, zurückziehen<br />

und Kindern die Gelegenheit geben,<br />

Gespräche selbstständig zu leiten.<br />

Doch damit dieses gelingt, ist die Lehrperson<br />

herausgefordert:<br />

n mit der Klasse gemeinsam eine<br />

positive Gesprächsatmosphäre aufzubauen,<br />

n die Kinder in ihren Kompetenzen zu<br />

kennen und aufeinander zu verweisen<br />

und<br />

n das eigene Lehrbedürfnis zurückzustellen.<br />

Am Beispiel der Klassenratsleitung soll<br />

im Folgenden illustriert werden, welche<br />

Bedeutung diesen Aspekten innewohnt.<br />

Sozialkompetenz fördern –<br />

Kinder leiten den Klassenrat<br />

Der Klassenrat ist in der <strong>Grundschule</strong><br />

ein bekanntes Gremium, in dem Kinder<br />

und Klassenlehrerin wöchentlich<br />

zusammenkommen und Fragen des<br />

Schulalltags besprechen.<br />

Es ist eine Konstruktion von Erwachsenen<br />

für SchülerInnen, mit der ihnen<br />

ein Forum für die Besprechung von alltäglichen<br />

Konflikten im Sinne sozialen<br />

Lernens und der Beteiligung an der Planung<br />

und Gestaltung des Schulalltags<br />

geboten wird. Mit dem Klassenrat verknüpft<br />

sich die Intention, Kinder zu demokratischen,<br />

verantwortungsvollen<br />

Menschen zu erziehen – er wird als<br />

Ort des Demokratie-Lernens gesehen.<br />

In einer schriftlichen und anonymen<br />

Befragung eines vierten Schuljahres<br />

zum Klassenrat antworten 17 von<br />

19 Kindern auf die Frage danach, wer<br />

den Klassenrat leiten sollte: die Kinder.<br />

Ihre Begründungen sind vielfältig und<br />

zeigen auf, welche Bedeutung sie der<br />

Klassenratsleitung geben (vgl. de Boer<br />

2006, S. 147):<br />

n »weil ich es gut finde, wenn die<br />

Kinder auch mal etwas leiten können«<br />

n »den Klassenrat sollen Kinder leiten,<br />

weil sie da viel lernen«<br />

n »weil sie lernen, Verantwortung zu<br />

übernehmen«<br />

n »weil sie auch ausprobieren sollen,<br />

wie man so etwas macht«<br />

n »weil sie mehr Spaß reinbringen«<br />

n »weil ich finde, dass die Kinder auch<br />

mal was leiten können«<br />

n »weil sie lernen sollen, wie es geht«<br />

n »weil ihnen sonst langweilig wird<br />

und sie nichts zu tun haben«<br />

n »weil die Kinder das auch mal machen<br />

sollten und nicht nur die Lehrerin«<br />

n »die Kinder sollen leiten, aber erst<br />

ab der dritten Klasse, weil sie dann<br />

schon groß und klug sind«<br />

n »weil man vieles mitkriegt«<br />

n »weil sie es dann können und wissen,<br />

wie es geht«<br />

n »weil wir es auch gut können und<br />

halt dabei lernen, wie wir das machen«<br />

Ausgerechnet das von den SchülerInnen<br />

formulierte Ziel, ›Leiten lernen zu wollen‹,<br />

gehört nicht zu den wesentlichen<br />

programmatischen, pädagogischen Intentionen<br />

des Klassenrates. Auch wenn<br />

an die Leitung durch Kinder im bereits<br />

routinierten Klassenratsablauf gedacht<br />

wurde, suggerieren viele Praxispublikationen,<br />

dass es sich um ein untergeordnetes<br />

Thema handelt, bzw. die Kinderleitung<br />

eher im dritten oder vierten<br />

Schuljahr sinnvoll sei (vgl. Flissi kowski<br />

2002; Stähling 2004). Hier liegt die<br />

Krux offensichtlich im Detail. In den<br />

praktischen Handlungsanweisungen<br />

zum Klassenrat ist wiederholt der lapidar<br />

wirkende Hinweis darauf zu finden,<br />

dass die Kinder langfristig leiten sollen.<br />

Reflexionen darüber, ab wann und wie<br />

viel sie leiten ›dürfen‹ und wie sich die<br />

beteiligte Lehrperson verhalten sollte,<br />

werden in diesem Kontext nur angerissen,<br />

jedoch nicht in ihrer Ambivalenz,<br />

die in der Spannung zwischen Vorbild<br />

und Gleiche unter Gleichen sein wollen<br />

liegt, diskutiert. Viel mehr Aufmerksamkeit<br />

wird der Tatsache geschuldet,<br />

dass der Klassenrat ein Ort der öffentlichen<br />

Konfliktklärung wird.<br />

Meine eigenen videogestützten Beobachtungen<br />

von Klassenratssitzungen<br />

über drei Jahre hinweg (vgl. de Boer<br />

2006) und die Antworten der SchülerInnen<br />

auf einem abschließenden<br />

Fragebogen zum Thema Kinderleitung<br />

im Klassenrat verweisen darauf, dass<br />

das PräsidentInnenamt, den Klassenrat<br />

zu leiten, die eigentliche Attraktivität<br />

des Klassenrates darstellte. Die bis in<br />

die letzte Schulwoche hinein ungebrochene<br />

breite Bereitschaft, dieses Amt<br />

zu übernehmen, machte auf das ausgeprägte<br />

Interesse der SchülerInnen<br />

aufmerksam, sich in dieser Rolle ausprobieren<br />

zu wollen. Aus ungefähr 62<br />

vorliegenden Klassenratsprotokollen<br />

geht eindrucksvoll hervor, dass vom<br />

zweiten Schuljahr an alle Kinder geleitet<br />

hatten, die meisten SchülerInnen<br />

waren mehrmals Präsident / Präsidentin.<br />

Die Kinder erklärten sich offensichtlich<br />

das Leitungsamt zur selbst erwählten<br />

Lernaufgabe. Es zeigt sich eine<br />

paradoxe Situation: Die pädagogische<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />

5


Thema: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />

Intention, im Klassenrat Konflikte zu<br />

klären, wurde von den SchülerInnen<br />

häufig auf das ordnungsgemäße Erfüllen<br />

einer schulischen Aufgabe reduziert.<br />

Viele Gespräche wurden mit<br />

einem stereotypen: »das tut mir leid«<br />

oder »ich tu’s nicht wieder – Entschuldigung«<br />

beendet. Erkennbar war wiederholt,<br />

dass die öffentliche Konfliktklärung<br />

interindividueller Schwierigkeiten<br />

einzelner Kinder mit dem Risiko der Beschämung<br />

und der Blamage verbunden<br />

war. Die Kinderaussagen bestätigen<br />

dies. Auf die Frage, ob im Klassenrat die<br />

Wahrheit gesprochen würde, antworteten<br />

10 von 19 Kindern mit »nein«. Eine<br />

häufige Begründung lag darin, dass<br />

man keinen Ärger bekommen wolle.<br />

Einige Kinder fanden allerdings, man<br />

»müsse« die Wahrheit sagen, sonst<br />

gäbe es immer wieder Streit, oder die<br />

Lehrerin würde merken, dass gelogen<br />

worden sei. Die in einigen Antworten<br />

enthaltene Formulierung »man muss<br />

die Wahrheit sagen« verweist bereits<br />

auf den normativen Hintergrund, dass<br />

es aus der Sicht der SchülerInnen eine<br />

schulische Erwartung gibt, der entsprochen<br />

werden sollte. Zwölf der befragten<br />

Kinder fanden es peinlich, im<br />

Klassenrat Bestandteil einer Beschwerde<br />

zu sein oder hatten sogar Angst vor<br />

einer solchen Situation. So schrieb z. B.<br />

ein Mädchen:<br />

»Wenn sich jemand im Klassenrat beschwert,<br />

habe ich Angst und kann dann<br />

nicht reden, das ist dann ein bisschen<br />

schwer zu reden.«<br />

Ein weiteres Mädchen fand:<br />

»Ich entschuldige mich, weil ich nicht<br />

gerne diskutiere.«<br />

Ein Junge antwortete auf die Frage,<br />

was er denken würde, wenn sich jemand<br />

über ihn im Klassenrat beschweren<br />

würde:<br />

»Ich denke, dass ich keinen Bock<br />

habe.«<br />

Nur vier der befragten 19 Kinder hatten<br />

keine Probleme mit öffentlichen<br />

Beschwerden und begründeten es<br />

damit, dass sie sich selbst schließlich<br />

auch beschweren könnten.<br />

Da sich die Klassenlehrerin bereits<br />

im Laufe des dritten Schuljahres mit<br />

der Frage auseinandergesetzt hatte,<br />

wie der Ablauf des Klassenrates verändert<br />

werden könnte, um Imagebeschädigungen<br />

zu vermeiden, machte sie<br />

der Klasse zu Beginn des vierten Schuljahres<br />

den Vorschlag, einen Streitschlich<br />

terdienst einzuführen, der Streitigkeiten<br />

zwischen einzelnen Personen<br />

klären hilft. Die SchülerInnen diskutierten<br />

diese Idee und entschieden, keine<br />

»kleinen Streitigkeiten«, d. h. die lediglich<br />

zwei oder drei Kinder betrafen,<br />

mehr im Klassenrat zu besprechen. Sie<br />

führten den Streitschlichterdienst ein.<br />

Er wurde am Ende des Klassenrates von<br />

dem Präsident und der Präsidentin ausgewählt,<br />

neben vielen anderen Diensten,<br />

die in jeder Woche anstanden. Im<br />

Klassenrat sollten nur noch Probleme<br />

besprochen werden, welche die ganze<br />

Klasse oder mehrere Kinder in der Klasse<br />

betrafen.<br />

Die Organisation des Klassenrates<br />

hatte sich von der zweiten zur vierten<br />

Klasse folgendermaßen gewandelt:<br />

2. Klasse<br />

1. Ich finde gut, dass …<br />

2. Ich finde nicht gut, dass …<br />

Was ist passiert?<br />

Wie habt ihr euch gefühlt?<br />

Was wünscht ihr euch?<br />

3. Ich schlage vor, dass …<br />

4. Klasse<br />

1. Das war diese Woche gut:<br />

zwischen uns und<br />

im Unterricht<br />

2. Mitteilungen der Klassensprecher<br />

3. Beschlüsse aus der letzten Sitzung<br />

4. Das muss besser werden:<br />

zwischen uns und<br />

im Unterricht<br />

5. Vorschläge für die nächste Woche<br />

6. Verteilung der Klassendienste<br />

7. Rückmeldung an die Präsidenten<br />

Während im zweiten und dritten Schuljahr<br />

die Konflikte einzelner Kinder im<br />

Mittelpunkt standen, ließen die Klassenratsgespräche<br />

im vierten Schuljahr<br />

mit der veränderten Tagesordnung sehr<br />

viel mehr Spielräume für gemeinsame<br />

Planungen in der Klasse zu.<br />

Interessant war zu beobachten,<br />

dass das pädagogisch nicht intendierte<br />

»Leitenlernen« zur selbst gewählten<br />

Herausforderung für die Schüler und<br />

Schülerinnen wurde. In der durchorganisierten<br />

Schule offiziell und ernsthaft<br />

die LehrerInnenrolle und alle damit<br />

verbundenen Rechte und Pflichten<br />

übernehmen zu können, stellte sich als<br />

ansprechende Herausforderung für alle<br />

Kinder dar. Die oben zitierten Kinderaussagen<br />

zeigen, dass das Leitungsamt<br />

aus ihrer Sicht mit der anspruchsvollen<br />

Aufgabe verknüpft war, Verantwortung<br />

für die Aufrechterhaltung der<br />

kommunikativen und thematischen<br />

Ordnung zu übernehmen. Diese Verantwortung<br />

trug sonst die Lehrerin.<br />

Die SchülerInnen waren offensichtlich<br />

gerne bereit, diese Funktion zu übernehmen<br />

und in diesem Kontext auch<br />

für die Durchsetzung der etablierten<br />

Gesprächsregeln zu sorgen.<br />

Damit wird eine zweite Paradoxie<br />

ersichtlich: Während im Schulalltag die<br />

Einhaltung der Gesprächsregeln oft lästig<br />

und unnötig erschien, rekurrierten<br />

sie als LeiterInnen ganz selbstverständlich<br />

auf eben denselben. Sie hatten die<br />

Erfahrung gemacht, dass ein Gruppengespräch<br />

mit der ganzen Klasse ohne<br />

gewisse Regeln nicht durchführbar war<br />

und versuchten dementsprechend,<br />

auf die Einhaltung gewisser Normen<br />

zu achten und diese durchzusetzen.<br />

In diesem Prozess erfuhren sie auch,<br />

dass Durchsetzungsfähigkeit lernbar<br />

war. Auch wenn sie für kurze Zeit eine<br />

Aufgabe der Lehrerin übernommen<br />

hatten, wussten sie doch, dass es einen<br />

mehrfach abgesicherten Boden<br />

gab. Stets kontrollierten einige der zuhörenden<br />

Kinder, dass die thematische<br />

und kommunikative Ordnung eingehalten<br />

wurde und intervenierten bei<br />

Abweichungen und Widersprüchen. In<br />

vielen Situationen wirkten diese Interventionen<br />

hilfreich und kooperativ und<br />

konnten von den PräsidentInnen angenommen<br />

werden. Manchmal mussten<br />

sich die Kinder in der Feedbackrunde<br />

auch mit der Kritik auseinandersetzen,<br />

dass sie »geschlafen« hätten, dass »es<br />

zu laut« gewesen sei, dass sie »selbst<br />

gequatscht« hätten oder zu »dominant«<br />

gewesen seien. Oft hieß es aber auch,<br />

»dass habt ihr gut gemacht«, »ihr wart<br />

gerecht und habt alle dran genommen«,<br />

»ihr habt gut auf die Regeln geachtet«<br />

oder »ihr habt alle Fälle gelöst«. Die Kritik<br />

der Kinder untereinander war häufig<br />

wohlwollend, doch gleichzeitig auch<br />

unmissverständlich und direkt. Als allerletzte<br />

Instanz gewährte die Anwesenheit<br />

der Lehrerin den SchülerInnen<br />

Sicherheit und Schutz. An ihre Präsenz<br />

war die Geltung der schulischen<br />

Ordnung geknüpft. Auch wenn sie im<br />

vierten Schuljahr keine Aufgaben mehr<br />

hatte, wollte kein Kind auf ihre Anwesenheit<br />

verzichten. Sie war der Garant<br />

dafür, dass es, so die Kinder, »nicht<br />

6 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008


Thema: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />

chaotisch« wurde. Sie galt als »Sicherheitsnetz«,<br />

als Hilfe, wenn gar nichts<br />

mehr ging.<br />

Die Ausführung des Leitungsamtes<br />

durch die SchülerInnen im Klassenrat<br />

führte rückblickend im besonderen<br />

Maße zum Aufbau von Gesprächskompetenz<br />

und zur Entwicklung gegenseitigen<br />

Respekts und Anerkennung.<br />

Auch wenn die Lehrerin in diesem<br />

Prozess für die Kinder ein Vorbild gewesen<br />

sein mag, war vor allem ihre<br />

zunehmende Zurückhaltung für diesen<br />

Lernprozess bedeutsam. Sie führte zu<br />

einer stärkeren Verwiesenheit der Kinder<br />

aufeinander und zeigte deutlich,<br />

dass SchülerInnen durchaus ein altersgemäßes<br />

Wissen über Normen haben<br />

(vgl. Scholz 1996, S. 122), welches in<br />

dieser Situation zur Geltung kam. Das<br />

Klassenratsgespräch unter Kinderleitung<br />

hatte ernsthaften Charakter. Die<br />

situative Verantwortungsübernahme<br />

beförderte auf diese Weise individuelle,<br />

kommunikative und kollektive<br />

Gesprächsfähigkeiten und soziale<br />

Kompetenz; die Erfahrung, wichtige<br />

Gesprächsbeiträge geleistet zu haben<br />

oder ein Gespräch gut geleitet zu haben,<br />

führte zugleich zur Erfahrung von<br />

Selbstwirksamkeit und Selbstkompetenz.<br />

Sozialkompetenz fördern –<br />

was Lehrerinnen und Lehrer<br />

dazu beitragen können<br />

Am oben skizzierten Beispiel des Klassenrates<br />

hat die Klassenlehrerin mit<br />

folgenden drei Schritten entscheidend<br />

zur Entstehung sozialer Kompetenzen<br />

in der Klasse und zugleich zur Entwicklung<br />

von Anerkennung beigetragen:<br />

n die Leitung an die SchülerInnen (bereits<br />

im zweiten Schuljahr) übergeben,<br />

n sich mit normativen Bemerkungen<br />

und Interventionen zurückhalten,<br />

n Streitigkeiten zwischen einzelnen<br />

SchülerInnen aus dem Klassenratsgespräch<br />

verbannen.<br />

Indem allen Schülerinnen die gleichberechtigte<br />

Möglichkeit geboten wurde,<br />

die Klassenratsleitung zu übernehmen,<br />

war der Rahmen dafür geschaffen,<br />

dass das einzelne Kind als »Subjekt« mit<br />

der Ausführung des Leitungsamtes individuelle<br />

Anerkennung erhalten konnte.<br />

Mit der Änderung der thematischen<br />

Ordnung des Klassenrates wurden<br />

weitere Beteiligungsmöglichkeiten für<br />

SchülerInnen geschaffen, um an schulischen<br />

Entscheidungen mitwirken zu<br />

können und Anerkennung zu erfahren.<br />

Die Fokussierung des Gesprächs auf<br />

schulische Themen verminderte zugleich<br />

die Gefahr der Beschämung Einzelner<br />

und verstärkte die kooperative<br />

und kollektive Kommunikation, indem<br />

die Klasse als Gemeinschaft angesprochen<br />

wurde und nach Antworten auf<br />

Fragen gesucht wurde, die in der Regel<br />

alle Klassenmitglieder betrafen. Auf<br />

diese Weise zeigte die Lehrerin auch<br />

ihre Anerkennung gegenüber der Klasse<br />

als ernst zu nehmende, eigenständige<br />

Gemeinschaft. Der Abbau von Situationen,<br />

die zur öffentlichen Beschämung<br />

Einzelner führen können, stellt<br />

eine entscheidende Voraussetzung für<br />

die Entwicklung sozialer Kompetenz<br />

dar. Die Bereitschaft, miteinander zu<br />

kooperieren, Interessen auszuhandeln,<br />

Empathie und Sensibilität zu zeigen,<br />

kann besser entwickelt werden, wenn<br />

eine angstfreie Atmosphäre in der<br />

Klasse aufgebaut wird. Der Ablauf des<br />

geschilderten Verfahrens, so wie er<br />

sich im vierten Schuljahr zeigte, war<br />

damit das Produkt einer Ko-Konstruktion<br />

von Lehrerin und SchülerInnen.<br />

Es zeigt sich, wie bedeutend es sein<br />

kann, die Zu-Erziehenden als Personen<br />

zu achten, die sie noch nicht sind und<br />

mittels Selbsttätigkeit noch werden,<br />

indem darauf vertraut wird, dass die<br />

Gruppe der Schüler und Schülerinnen<br />

miteinander und voneinander lernt<br />

und gemeinsam Mittel und Wege finden<br />

wird, komplexere Fragestellungen<br />

zu bearbeiten.<br />

Im dargestellten Beispiel führten die<br />

kommunikativen Peer-Aushandlungen<br />

nicht nur zum sozialen, sondern auch<br />

zum sprachlichen Lernen. Die im Klassenratsgespräch<br />

beobachteten Argumentationspraxen<br />

enthielten komplexe<br />

Begründungsmuster und Aspekte<br />

kooperativer Kommunikativität. Fähigkeiten,<br />

die sonst im Fachunterricht mit<br />

didaktisch durchdachten Lernschritten<br />

erreicht werden sollen, und dennoch<br />

selten zu einer ähnlich hohen Gesprächsbeteiligung<br />

führen. Diese Erkenntnis<br />

machte darauf aufmerksam,<br />

wie bedeutend die Zurückhaltung der<br />

Lehrperson und die Reduzierung normativer<br />

Kommentare im Klassenrat<br />

war. Sie führte zum einen auf eine größere<br />

Verwiesenheit der SchülerInnen<br />

untereinander. Zum anderen konnten<br />

die Kinder wiederholt ihre Erzählungen<br />

zu einem selbst gesetzten Ende verfolgen<br />

und ihre entwickelten Logiken gegenseitig<br />

rekonstruieren, ohne von Typisierungs-<br />

oder Abkürzungspraktiken<br />

der Lehrperson unterbrochen zu werden<br />

(vgl. Wiesemann 1999, S. 242). Hier<br />

wird erkennbar, dass nicht<br />

nur die kluge Platzierung<br />

von Kommentaren der<br />

Lehrperson entscheidend,<br />

sondern die reflektierte<br />

Zurückhaltung ihrer Interventionen<br />

mindestens<br />

genauso bedeutend ist.<br />

Dürfen Kinder Verantwortung<br />

übernehmen,<br />

können sie einander ihre<br />

Fähigkeiten zeigen und<br />

miteinander soziale Kompetenzen<br />

erarbeiten.<br />

Damit dies möglich wird, müssen im<br />

Hintergrund entsprechende Strukturen<br />

aufgebaut werden, die transparent sind<br />

und von allen verstanden und getragen<br />

werden können. Hier sind Lehrende in<br />

ihrer Funktion<br />

n als Vorbild,<br />

n als Ordnungen und Strukturen aufbauende<br />

und<br />

n als berechenbare Instanz gefragt.<br />

Selbstständigkeit kann dort greifen,<br />

Verantwortung kann dort geteilt werden,<br />

wo auf bekannte Strukturen zurückgegriffen<br />

werden kann. Damit<br />

SchülerInnen kooperieren, sich koordinieren,<br />

absprechen und Aushandlungen<br />

gemeinsam vornehmen können,<br />

müssen<br />

n individuelle Verantwortungen geklärt,<br />

n positive Abhängigkeiten geschaffen,<br />

n face-to-face Austausch ermöglicht<br />

werden und<br />

n am Ende Arbeitsprozesse gemeinsam<br />

reflektiert werden.<br />

Der Zusammenhang von Struktur, Vertrauen<br />

und Prozess wird hier deutlich<br />

und macht sichtbar, dass transparente<br />

und feste Strukturen besonders in der<br />

Anfangsphase der Zusammenarbeit in<br />

der Klasse wichtig sind, um Sicherheit<br />

zu vermitteln und die Entwicklung von<br />

Vertrauen der Kinder untereinander und<br />

zu der Lehrperson möglich zu machen.<br />

Heike de Boer,<br />

Jg. 1963, Dr. phil., Akademische<br />

Rätin an der Pädagogischen<br />

Hochschule Freiburg, Institut<br />

für Erziehungswissenschaft I im<br />

Arbeitsgebiet Schulentwicklung,<br />

Didaktik und internationale<br />

Bildungsforschung.<br />

Arbeitschwerpunkte:<br />

empirische Schul- und Unterrichtsforschung,<br />

Kindheitsforschung,<br />

Schule und Demokratie.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />

7


Thema: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />

Sind diese Schritte eingeleitet, kann<br />

eine Verantwortungsteilung stattfinden.<br />

Hier lohnt es sich, die Verantwortung<br />

auch dann bei den Schülern und<br />

Schülerinnen zu lassen und auf den<br />

gemeinsamen Prozess zu vertrauen,<br />

wenn sie die Aufgaben anders lösen als<br />

intendiert, denn: Fehler gehören zum<br />

Lernweg und sind immer wieder Motor<br />

zur Weiterentwicklung (vgl. Bartnitzky<br />

/ Bosse / Gravelaar 2007).<br />

Zugleich ist es wichtig zu bedenken,<br />

dass Kinder über kindspezifische<br />

Problemlösungen sowie über kindspezifische<br />

Bewertungen der Zulässigkeit<br />

von Argumentationsmustern bzw.<br />

Deutungsmustern verfügen, auf die<br />

Erwachsene manchmal nicht kommen<br />

können – eben, weil sie erwachsen<br />

sind. Die Psychologin Stern stellt in<br />

diesem Kontext fest, dass ein entscheidender<br />

Grund für eine suboptimale<br />

Kommunikation zwischen Kindern und<br />

Erwachsenen darin liegt, dass sie zwar<br />

die gleichen Begriffe verwenden, aber<br />

mit unterschiedlichen Bedeutungen<br />

ausfüllen (vgl. Stern 2006, S. 48).<br />

Sozialkompetenz fördern –<br />

ein gemeinsamer Entwicklungsprozess<br />

aller Beteiligten<br />

Damit wird sichtbar, dass soziale<br />

Kompetenzen zwar nur von den SchülerInnen<br />

selbst entwickelt werden<br />

können, dieser Entwicklungsprozess<br />

allerdings durch das Verhalten der<br />

Lehrpersonen entscheidend beeinflusst<br />

werden kann. Schüler und Schülerinnen,<br />

auch jene im Anfangsunterricht<br />

der <strong>Grundschule</strong>, haben bereits<br />

gelernt, sich im schulischen Rahmen<br />

zu bewegen. Sie haben Praktiken entwickelt,<br />

mit den an sie gestellten schulischen<br />

Anforderungen umzugehen<br />

und sich als Person zugleich abzugrenzen.<br />

Krappmann stellt hierzu fest, dass<br />

allen Jungen und Mädchen in Kindergruppen<br />

und im Klassenzimmer das soziale<br />

Interesse gemeinsam ist, vor den<br />

Augen der anderen nicht ausgelacht,<br />

beschämt oder erniedrigt zu werden<br />

(vgl. Krappmann 2002). Beschämungen<br />

verhindern helfen, bedeutet, Raum für<br />

soziales Lernen zu eröffnen. Soziales<br />

Lernen wird in der Regel vom Ergebnis<br />

her beurteilt: sind Kinder friedlich und<br />

gesprächsbereit, wird festgestellt, sie<br />

haben sozial gelernt (vgl. ebd., S. 96).<br />

Soziales Lernen heißt in diesem Sinne<br />

auch, den Anforderungen der Erwachsenen<br />

zu entsprechen. Krappmann<br />

konnte in seinen zahlreichen Beobachtungen<br />

von Schulkindern feststellen,<br />

dass Kinder häufig aus guten Gründen<br />

den Anforderungen der Lehrenden<br />

oder Eltern nicht einfach Folge leisten,<br />

sondern die spezifische Situation analysieren,<br />

die Beziehungen von Hilfesuchendem<br />

und Helfer berücksichtigen,<br />

die Relevanz der Normen einschätzen<br />

und zukünftige Interaktionen bedenken,<br />

bevor sie ein Urteil fällen und eine<br />

Handlung planen (vgl. ebd., S. 97). Hier<br />

gibt es viele Beweggründe, die Kinder<br />

für ihr Handeln miteinander ins Verhältnis<br />

setzen müssen, die Lehrenden<br />

verborgen und manchmal unverständlich<br />

bleiben.<br />

Soziale Kompetenzen in der Schule zu<br />

befördern erfordert, Kinder als eigenständige<br />

Subjekte zu respektieren, die<br />

Bedeutung positiver Gleichaltrigenbeziehungen<br />

für die Entwicklung sozialer<br />

Kompetenzen anzuerkennen und Räume<br />

für Gleichaltrigenbeziehungen zur<br />

Verfügung zu stellen. Offene Unterrichtsphasen,<br />

Gruppen-, Projektarbeit<br />

und Freie Arbeit bieten hier wichtige<br />

Gelegenheiten für SchülerInnen, innerhalb<br />

des Unterrichts Kontakte aufzunehmen<br />

und sich im Miteinander zu<br />

erproben. Dass Kinder manchmal eigenen<br />

Regeln folgen und durchaus gute<br />

Gründe dafür haben können, etwas<br />

anders zu entscheiden als erwartet, ist<br />

ein wichtiger Lernprozess, den Erwachsene<br />

in diesem Kontext durchlaufen<br />

können.<br />

Die Förderung sozialer Kompetenzen<br />

in der Klasse wird damit zu<br />

einem gemeinsamen Entwicklungsweg<br />

aller Beteiligten und ist mit Noten<br />

nicht zu erfassen. Ein gelungener Prozess<br />

zeigt sich in einer konstruktiven<br />

Kommunikation im Klassenzimmer,<br />

an der Fähigkeit, miteinander zu arbeiten,<br />

Konflikte zu lösen, Einzel- und<br />

Gemeinschaftsinteressen miteinander<br />

auszutauschen und abzuwägen, Grenzen<br />

Einzelner anzuerkennen und damit<br />

Beschämungen verhindern zu lernen.<br />

Kinder, die sich von ihren MitschülerInnen<br />

und Lehrenden respektiert<br />

fühlen, können Vertrauen in sich und<br />

andere entwickeln und lernen, aufgeschlossen<br />

auf Menschen und Themen<br />

zuzugehen: eine wichtige Voraussetzung<br />

für das Sozialwerden und Lernen<br />

überhaupt.<br />

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lernen. Frankfurt am Main, S. 197 – 207<br />

Traub, Angelika (2006): Freunde und Freundinnen – wichtig zum<br />

Wohlfühlen und Lernen. In: Deutsches Jungendinstitut Bullitin 77, S. 9<br />

Verwaltungsvorschrift zur Bewertung des Arbeits- und<br />

Sozialverhaltens in den Jahrgangsstufen 3 – 10. Brandenburg<br />

(2006), S. 1 – 2. In: www.landesrecht.brandenburg.de/sixcms/detail.<br />

php?gsid=land_bb_bravors_01 (10. 12. 07)<br />

8 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008


Thema: PISA und die Evaluation<br />

Nicht PISA, sondern die Fixierung auf PISA<br />

und der Umgang mit den Daten ist das Problem 1<br />

Die Autorität von PISA als Evaluationsinstanz<br />

im Schulwesen wird zunehmend<br />

in Zweifel gezogen. Die<br />

grundsätzliche Kritik von außen am<br />

forschungs methodischem Design und<br />

den statistischen Auswertungsmethoden<br />

hat sich deutlich verschärft. 2<br />

Gleichzeitig machen interne Differenzen<br />

zwischen dem internationalen<br />

PISA-Team in Paris und der deutschen<br />

Leitung deutlich, wie auslegungsfähig<br />

und interpretationsbedürftig die<br />

scheinbar objektiven Daten tatsächlich<br />

sind. So stellt sich die Frage, was<br />

es für Aussagen über »die« Naturwissenschaften<br />

bedeutet, dass die Veränderung<br />

eines Teils des Tests von 2003<br />

auf 2006 so große Veränderungen in<br />

den Ranglisten bewirkt. PISA ist eben<br />

nur ein Blick auf Schule – und offensichtlich<br />

kann sich selbst dieser stark<br />

verändern, wenn man statt der Kieler<br />

Brille die OECD-Gläser aus Paris aufsetzt,<br />

von anderen Sehhilfen ganz zu<br />

schweigen …<br />

Und es stellen sich weitere Fragen:<br />

Die PISA-Stagnation beim Lesen führt<br />

Manfred Prenzel darauf zurück, dass<br />

in diesem Bereich Veränderungen nicht<br />

so schnell möglich seien wie in Mathematik<br />

und den Naturwissenschaften.<br />

Aber wie konnten sich dann die Leseleistungen<br />

in der <strong>Grundschule</strong> bei IGLU<br />

von 2001 bis 2006 deutlich stärker verbessern<br />

als in der Sekundarstufe?<br />

Andererseits sieht Prenzel die Ursache<br />

für Verbesserungen der PISA-<br />

Werte in den Maßnahmen, die als Folge<br />

des PISA-Schocks eingeleitet wurden.<br />

Nur wie erklärt er dann, dass sich die<br />

Leseleistungen der <strong>Grundschule</strong>n von<br />

1991 bis 2001, also in den Jahren vor<br />

PISA, im Vergleich zu 2001 bis 2006<br />

überproportional stark verbessert<br />

haben? Das heißt zumindest für die<br />

<strong>Grundschule</strong>: Mit Einführung von Bildungsstandards,<br />

Kompetenztests und<br />

all den anderen output-orientierten<br />

Kontrollmaßnahmen hat sich das Tempo<br />

der Verbesserung selbst in dem<br />

kleinen Ausschnitt der Testwerte halbiert<br />

– von negativen Nebenwirkungen<br />

ganz abgesehen: Fixierung auch der<br />

individuellen Diagnose auf punktuelle<br />

Testwerte statt begleitender Lernbeob<br />

achtung; zunehmende Orientierung<br />

des Unterrichts in den Hauptfächern<br />

an den Testinhalten und zunehmendes<br />

Training von Testformaten; Vernachlässigung<br />

des musisch-ästhetischen<br />

Bereichs. Ähnliche Entwicklungen ließen<br />

sich schon vorher in testgläubigen<br />

Systemen wie England und den USA<br />

beobachten, die von 2001 bis 2006 an<br />

Punkten verloren haben. Und könnte<br />

es nicht sein, dass Schweden auch deshalb<br />

»schwächelt« (Prenzel), weil dort<br />

die Testkontrolle ebenfalls in den letzten<br />

Jahren verschärft worden ist?<br />

PISA als Projekt, Programm<br />

und Paradigma<br />

Man kann das Potenzial und die Schwächen<br />

von PISA aus verschiedenen Blickwinkeln<br />

diskutieren.<br />

Als konkretes Projekt untersucht PISA<br />

alle paar Jahre die Fachleistungen am<br />

Ende der Pflichtschulzeit. Analog zu<br />

TIMSS, IGLU und anderen internationalen<br />

Leistungsstudien hat PISA damit<br />

den begrenzten Anspruch, einen<br />

kleinen Ausschnitt der Wirkungen von<br />

Schule über verschiedene Länder hinweg<br />

zu vergleichen. Mit diesem Fokus<br />

hat PISA sich als hilfreich erwiesen, um<br />

Problemen öffentliche Aufmerksamkeit<br />

zu verschaffen, die zwar in Fachkreisen<br />

und im Unterrichtsalltag schon<br />

lange bekannt sind, bildungspolitisch<br />

aber verdrängt worden sind.<br />

Allerdings: PISA allein<br />

n sagt uns nicht, wie gut oder schlecht<br />

unser Schulsystem ist – dazu wird ein<br />

zu kleiner Ausschnitt der Schulqualität<br />

mit zu begrenzten Mitteln erfasst;<br />

n kann nicht erklären, wo die Ursachen<br />

für Schwächen liegen, denn Korrelationen,<br />

vor allem in einem Querschnitt,<br />

erlauben keine Kausalschlüsse;<br />

n bietet keine Anweisungen für deren<br />

Überwindung, denn es ist nicht als<br />

experimenteller Vergleich von alternativen<br />

Handlungsmöglichkeiten angelegt.<br />

Solche regelmäßigen Bestandsaufnahmen<br />

sind dennoch sinnvoll, wenn<br />

man sie als einen Baustein in einem<br />

umfassender konzipierten System-<br />

Monitoring sieht 3 – und wenn man<br />

die Grenzen von Design und Instrumenten<br />

nicht nur kennt, sondern in<br />

der Bewertung der Befunde und in<br />

den anschließenden Entscheidungen<br />

berücksichtigt. 4<br />

In Form von VERA und anderen flächendeckenden<br />

Lernstandserhebungen<br />

haben die Bundesländer PISA&Co allerdings<br />

zu einem Programm des System-<br />

Monitoring gemacht. Dieses erhebt darüber<br />

hinaus den Anspruch, die Arbeit<br />

von Schulen und Lehrerinnen, ja sogar<br />

den Leistungsstand einzelner SchülerInnen<br />

bewerten zu können.<br />

Inzwischen ist PISAnismus mit seiner<br />

Testmentalität für viele sogar zum<br />

generellen Paradigma der Evaluation<br />

von Unterricht und von individuellen<br />

Lernprozessen geworden. Damit überzieht<br />

dieser Ansatz seinen Kredit und<br />

es droht eine Verarmung der Evaluationskultur.<br />

Alternativen<br />

Notwendig ist ein nach Stufen differenziertes<br />

System der Rechenschaftspflichten<br />

und Evaluationsformen. 5 Insofern<br />

ist es als erstes wichtig, zentrale<br />

System-Monitorings (über punktuelle<br />

Leistungstests) zu ergänzen durch andere<br />

Indikatoren für die Qualität des<br />

Bildungswesens, wie es »Bildung auf<br />

einen Blick« der OECD (2007) und innerhalb<br />

von Deutschland das Konsortium<br />

Bildungsberichterstattung (2006) versuchen.<br />

Das reicht aber nicht aus.<br />

Für die Entwicklung einzelner Schulen<br />

ist eine umfassendere und kontextsensible<br />

Evaluation notwendig, und die<br />

individuelle Leistungsbewertung ist zu<br />

einer »dialogischen Lernbeobachtung«<br />

von Hans<br />

Brügelmann<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />

9


Thema: PISA und die Evaluation<br />

Hans Brügelmann,<br />

Autor des Buches »Schule verstehen<br />

und gestalten«, ist Professor für<br />

Grundschulpädagogik und -didaktik<br />

an der Universität Siegen<br />

anhand förderorientierter Aufgaben<br />

zu entwickeln, die einen Blick unter<br />

die Oberfläche des Messbaren erlauben<br />

(»Pädagogische Leistungskultur«<br />

im Sinne des Grundschulverbands).<br />

PISA&CO müssen deshalb inhaltlich<br />

und methodisch durch komplementäre<br />

Formen der Evaluation ergänzt werden.<br />

Damit wird es notwendig, die Evaluation<br />

vor Ort als eigenständige Aufgaben<br />

mit besonderen Anforderungen und<br />

Möglichkeiten zu fördern.<br />

Im Folgenden stelle ich in aller Kürze<br />

zwei Beispiele vor:<br />

n den reformpädagogischen Schulverbund<br />

»Blick über den Zaun« als Beispiel<br />

für eine Evaluation auf Schulebene<br />

und<br />

n das Konzept »Pädagogische Leistungskultur«<br />

des Grundschulverbands<br />

als Beispiel für eine dialogische Form<br />

der Lernbeobachtung und Leistungsbeurteilung.<br />

1)<br />

Schulevaluation durch<br />

»kritische Freunde«<br />

Interne Evaluation hat den Vorteil<br />

intimer Situationskenntnis und fehlender<br />

Bedrohung. Andererseits: Der<br />

Fremdblick von außen ist wichtig, um<br />

scheinbare Selbstverständlichkeiten in<br />

Frage zu stellen, und Distanz ist nötig,<br />

um sich den erkannten Schwächen zu<br />

stellen. Diese Einsichten stehen hinter<br />

den Lernstandserhebungen und den<br />

Schulinspektionen. Sie machen externe<br />

Evaluationen stark. Aber die Frage ist,<br />

in welcher Rolle die Externen kommen:<br />

als ExpertInnen, gar als Autoritäten –<br />

oder als PartnerInnen?<br />

Externe Evaluation ist notwendig. Aber<br />

sie wird produktiver, wenn sie von Kontrolle<br />

abgekoppelt wird. Die Schulaufsicht<br />

sollte deshalb durch ein kollegiales<br />

Peer-Review ergänzt werden, das<br />

den Unterrichtsbetrieb nicht rechtlich<br />

kontrolliert, sondern fachliche Rückmeldung<br />

gibt. Die Schule sollte den<br />

»Fremdblick« durch eine interne Bestandsaufnahme<br />

vorbereiten: Was<br />

sind unsere Ziele, wo liegen unsere<br />

Stärken, welche Probleme haben wir?<br />

Und sie sollte die Berichte der externen<br />

BeobachterInnen öffentlich kommentieren:<br />

Welche Einschätzungen teilen<br />

wir, was wollen wir unternehmen, um<br />

unsere Arbeit weiter zu verbessern?<br />

Ohne Sanktionsbefugnisse kann die<br />

Inspektion nur durch ihre Kompetenz<br />

und durch den sozialen Druck, den die<br />

Berichterstattung bedeutet, wirken.<br />

Ein gelungenes Beispiel für das Austarieren<br />

von externer Sicht und notwendiger<br />

Vertrautheit ist die Initiative<br />

»Blick über den Zaun«. Dieser Verbund<br />

von inzwischen über 60 reformpädagogischen<br />

Schulen besteht seit 1989.<br />

In ihm schließen sich jeweils 7 – 10<br />

Schulen (bewusst aus verschiedenen<br />

Schulformen) zu einem Arbeitskreis<br />

zusammen. Gemeinsam sind den<br />

Schulen die Standards des »Blick über<br />

den Zaun«, die sich vor allem auf die<br />

Qualität der pädagogischen Prozesse<br />

beziehen. 6 Zweimal im Jahr wird eine<br />

Schule von jeweils zwei VertreterInnen<br />

der anderen Schulen des gleichen Arbeitskreises<br />

besucht, die zwei bis drei<br />

Tage in der Schule mitleben. Die gastgebende<br />

Schule kann einen Beobachtungsauftrag<br />

formulieren, aber die<br />

Gäste sind frei, das zu beobachten, was<br />

ihnen wichtig erscheint. Sie nehmen<br />

am Unterricht teil, sie unterhalten sich<br />

mit KollegInnen, mit SchülerInnen und<br />

Vertretern der Eltern. In einer Schlussrunde<br />

spiegeln die BesucherInnen<br />

einzeln, d. h. aus ihrer je individuellen<br />

und damit unterschiedlichen Perspektive<br />

ihre Eindrücke dem Kollegium<br />

zurück. Die Erträge dieses kollegialen<br />

Austauschs kommen beiden Seiten zugute:<br />

den Gastgebern und den »Zaungästen«<br />

(vgl. Seydel 2007, 5 – 7).<br />

Beratung statt Kontrolle bedeutet<br />

Konfrontation mit einer anderen Sicht,<br />

ohne dass diese sich als Norm versteht.<br />

Die Grundidee: Die Diskussion über die<br />

Kriterien für »guten Unterricht« ist zu<br />

trennen von der Frage nach der Qualität<br />

seiner tatsächlichen Umsetzung. Es<br />

macht wenig Sinn, den tatsächlichen<br />

Unterricht mit Ansprüchen zu bewerten,<br />

die die Bewerteten gar nicht teilen.<br />

Diese normativen Fragen sind vorweg<br />

zu klären – beispielsweise in einer<br />

Diskussion über das Schulprogramm,<br />

seine Stärken und Schwächen. Dabei<br />

kann zugleich Verständigung über die<br />

Kriterien erzielt werden, mit deren Hilfe<br />

der beobachtete Unterricht sinnvoll<br />

zu beurteilen ist. Testleistungen der<br />

SchülerInnen können eine Informationsquelle<br />

sein, um Schwächen auf die<br />

Spur zu kommen. Aber ertragreicher ist<br />

das in langjähriger Erfahrung fundierte<br />

Urteil der KollegInnen.<br />

Auch dieses Verfahren hat seine<br />

Schwierigkeiten und das Instrumentarium<br />

ist entwicklungsfähig. Entscheidend<br />

ist der Ansatz: Evaluation »von<br />

außen«, aber nicht »von oben«, seien<br />

es die wissenschaftlichen ExpertInnen<br />

der Lernstandserhebungen, seien es<br />

die VertreterInnen der Verwaltung bei<br />

der Schulinspektion. Begegnung auf<br />

Augenhöhe ist die Grundlage für Offenheit<br />

und damit für die Bereitschaft,<br />

sich den eigenen Schwächen zu stellen<br />

und ernsthaft an ihnen zu arbeiten.<br />

Diese Anforderungen gelten auch für<br />

die Leistungsbewertung auf der Schülerebene.<br />

2)<br />

»Dialogische Lernbeobachtung«<br />

in einer pädagogischen<br />

Leistungskultur<br />

Der Grundschulverband hat bereits vor<br />

der Veröffentlichung von PISA ein Konzept<br />

für ein umfassendes Evaluationssystem<br />

vorgeschlagen. In ihm werden<br />

nicht nur die Rechenschaftspflichten<br />

von Politik und Verwaltung, sondern<br />

auch die Evaluationsaufgaben der einzelnen<br />

Schule, der Lehrpersonen und<br />

der SchülerInnen konkret entfaltet.<br />

Besondere Bedeutung wird der begleitenden<br />

Lernbeobachtung beigemessen.<br />

Statt nur abzuprüfen, ob Ziele erreicht<br />

sind, sollen Lernfortschritte und<br />

Schwierigkeiten im Lernprozess erfasst<br />

und diagnostisch gedeutet werden.<br />

Dass die üblichen Klassenarbeiten<br />

und ihre Benotung diese Funktion<br />

nicht erfüllen können, ist seit vielen<br />

Jahrzehnten bekannt; standardisierte<br />

Tests, die als Alternative angeboten<br />

werden, haben wiederum ihre eigenen<br />

Probleme. 7 Der Grundschulverband<br />

hat deshalb sein Konzept »Pädagogische<br />

Leistungskultur« entwickelt<br />

und darin folgende Kriterien für Aufga-<br />

10 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008


Thema: PISA und die Evaluation<br />

ben zur Lernbeobachtung formuliert.<br />

Sie sollten …<br />

n der Lehrperson Informationen erbringen<br />

– nicht nur über <strong>aktuell</strong>e Einzelleistungen,<br />

– sondern auch über die Strategien<br />

(»Tiefenstrukturen«)<br />

– und über deren Entwicklung (»Lerngeschichte«);<br />

n für die SchülerInnen auch inhaltlich<br />

eine produktive Lernsituation darstellen;<br />

vor allem aber<br />

n dialogisch angelegt sein als wechselseitige<br />

Verständigung über Lernziele,<br />

Bewertungskriterien und tatsächliche<br />

Leistungen und damit<br />

n die Fähigkeit der Kinder zur Selbsteinschätzung<br />

eigener Arbeiten entwickeln.<br />

Das diagnostische Repertoire von<br />

Lehrerinnen kann durch heuristisch<br />

eingesetzte Tests, durch Beobachtungsbögen<br />

und verschiedene Dokumentationsformen<br />

(wie Portfolios)<br />

erweitert und differenziert werden. 8<br />

Das Konzept einer »pädagogischen<br />

Leistungskultur« fordert daneben aber<br />

verschiedene »Institutionen« im Unterrichtsalltag,<br />

die den SchülerInnen<br />

helfen, ihre eigene Arbeit kritischkonstruktiv<br />

zu überprüfen und an den<br />

Arbeiten anderer ihre Maßstäbe zu<br />

schärfen. Nur drei Beispiele aus dem<br />

Grundschulbereich:<br />

n Schreibkonferenzen, in denen nach<br />

bestimmten Regeln Entwürfe vorgestellt,<br />

kommentiert und dann mit Hilfe<br />

Anderer überarbeitet werden 9 ;<br />

n Rechendiskussionen in der Klasse,<br />

z. B. zum »harten Brocken des Tages« 10 ,<br />

so dass die Kinder Schwierigkeiten,<br />

Hypothesen und Lösungsstrategien<br />

austauschen und damit voneinander<br />

lernen können;<br />

n im Sachunterricht Metagespräche<br />

über Stärken und Schwächen von<br />

Präsentationen vor der Klasse, über<br />

Arbeitsergebnisse von Gruppen oder<br />

Einzelnen bis hin zu deren Bewertung<br />

durch das Plenum nach vereinbarten<br />

Kriterien. 11<br />

Der Lesedidaktiker Schmalohr (1997,<br />

42 f.) hat in seiner Arbeit mit jugendlichen<br />

und erwachsenen Analphabeten<br />

drei einfache Fragen genutzt, um sie<br />

zum Nachdenken über ihre Probleme<br />

zu bringen und mit ihnen in ein Gespräch<br />

über sinnvolle Lernwege zu<br />

kommen:<br />

1. »Wie lese ich, wo habe ich Schwierigkeiten?«<br />

2. »Woran könnte das liegen?«<br />

3. »Was kann ich tun?«<br />

Hier zeigt sich derselbe Geist wie in<br />

der Peer-Evaluation auf Schulebene:<br />

Beratung statt Kontrolle. Ein solches<br />

Verständnis von Evaluation respektiert<br />

und nutzt die Kompetenz der Betroffenen,<br />

ihre Probleme selbst zu erkennen,<br />

Ursachen für diese zu finden und<br />

Ideen für ihre Überwindung zu entwickeln.<br />

Fazit<br />

Damit schließt sich der Kreis: Evaluation<br />

bedeutet Macht und Abhängigkeit<br />

– deshalb darf man sie nicht ExpertInnen<br />

überlassen, denn dieses Problem<br />

ist nicht technisch zu lösen. Aber<br />

Schule ist ein öffentlicher Raum und<br />

dies schließt ein, dass alle Beteiligten<br />

rechenschaftspflichtig sind. Dafür<br />

brauchen sie je nach Aufgabe unterschiedliche<br />

Verfahren – und Unterstützung.<br />

Ein demokratisches Verständnis<br />

von Evaluation fordert, die Betroffenen<br />

nicht durch externe Beurteilungen zu<br />

entmündigen, sondern ihre persönliche<br />

Evaluations- und Problemlösekompetenz<br />

zu stärken. 12<br />

Dezentrale Evaluation kann bildungspolitisch<br />

orientierte Studien wie PISA<br />

nicht ersetzen. Beide Ansätze haben<br />

ihre spezifische Funktion in einem<br />

umfassenderen Rechenschaftssystem.<br />

Deshalb sind drei Punkte abschließend<br />

besonders wichtig:<br />

n Der PISA-Stil muss auf Systemevaluation<br />

begrenzt werden und darf<br />

nicht zum Paradigma für Evaluation<br />

generell werden. Insbesondere<br />

sind der Sinn und die Form flächendeckender<br />

jährlicher Lernstandserhebungen<br />

zu überdenken.<br />

n Die Scheinpräzision von Zahlen<br />

aus Erhebungen mit Leistungstests<br />

muss immer wieder bewusst gemacht<br />

und ihre mehrperspektivische<br />

Deutung schon bei der Veröffentlichung<br />

gesichert werden.<br />

n Die Ressourcen für Evaluation dürfen<br />

nicht mehr so stark auf die<br />

zentrale Evaluation konzentriert<br />

werden. Wir brauchen eine massive<br />

politische, wissenschaftliche und<br />

finanzielle Unterstützung für die<br />

Entwicklung der Evaluationskompetenz<br />

vor Ort.<br />

Anmerkungen<br />

1 Überarbeitete Fassung eines Beitrags<br />

zum GEW-Kolloquium »PISA – abschaffen<br />

oder weiterentwickeln« am<br />

21. 11. 2007 in Berlin. Die Literaturnachweise<br />

finden sich in dem in Anm. 4<br />

genannten Beitrag.<br />

2 Vgl. die Beiträge zu Hopmann u. a.<br />

(2007) und Jahnke / Meyerhöfer (2007)<br />

3 Vgl. das schon breiter angelegte »Bildung<br />

auf einen Blick« der OECD (z. B. 2007).<br />

4 Vgl. dazu ausführlicher: Brügelmann,<br />

H. (2008): Fieber genau zu messen ist<br />

noch keine Diagnose, Fieber erfolgreich<br />

zu senken keine Therapie. Wie<br />

Leistungstests in ihren Leistungsmöglichkeiten<br />

durch PISA & Co überfordert<br />

werden. Beitrag zum Forum »Schule<br />

ist mehr als PISA – Zur Bedeutung<br />

reformpädagogischer Ansprüche an<br />

die schulische Bildung von heute« der<br />

ZEIT-Stiftung in Hamburg am 6./7. März<br />

2008 http://www.agprim.uni-siegen.de/<br />

printbrue/brue.08a.pisa_refpaed.pdf<br />

[27. 11. 2007]<br />

5 Vgl. den konkreten Vorschlag in Bartnitzky<br />

u. a. (1999) und die Übersicht<br />

über alternative Modelle in den OECD-<br />

Ländern bei Brügelmann (1980).<br />

6 Vgl. von der Groeben u. a. (2005).<br />

7 Vgl. die <strong>aktuell</strong>e Zusammenfassung in:<br />

Arbeitsgruppe Primarstufe (2006).<br />

8 Vgl. die vielfältigen Vorschlage für die<br />

verschiedenen Lernbereiche in: Bartnitzky<br />

u. a. (2005 – 2007).<br />

9 Vgl. Spitta (1998) und ergänzende<br />

Hilfen für den Sprachunterricht bei<br />

Brinkmann / Brügelmann (2005).<br />

10 Eingeführt von Erichson (2004) im<br />

Rechtschreibunterricht, vgl. für den<br />

Mathematikunterricht Küppers (2005);<br />

Sundermann / Selter (2005).<br />

11 Vgl. die Beispiele für den Sachunterricht<br />

bei Schönknecht / Klenk (2005, 22 ff.)<br />

12 Vgl. Brügelmann (2007; 2008).<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />

11


Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />

Schwierige Kinder, schwierige Klassen –<br />

Was tun, wenn es »brennt«?<br />

von<br />

Jens Bartnitzky<br />

Oberstes Prinzip:<br />

Mit Kindern sprechen, aber nicht<br />

die Verantwortung abgeben<br />

Wenn Kinder und Klassen als schwierig<br />

erlebt werden, fühlen sich fast immer<br />

auch die Kinder dabei nicht wohl. Es<br />

besteht also ein gemeinsames Interesse<br />

an Veränderung und über das sollte<br />

eine Lehrkraft auch mit ihrer schwierigen<br />

Klasse oder den schwierigen Kindern<br />

sprechen. Kinder können sagen,<br />

was ihnen nicht gefällt, Wünsche äußern,<br />

Vereinbarungen treffen und auch<br />

an deren Überwachung beteiligt sein.<br />

Solche Gespräche auf einer Metaebene<br />

sollten also immer wieder stattfinden,<br />

gerade dann, wenn die Situation<br />

schwierig ist. Aber bei allem Ernstnehmen,<br />

Ins-Boot-Holen und Beteiligen<br />

bleibt die letztliche Verantwortung<br />

allein bei der Lehrkraft und sie darf<br />

sich diese nicht aus der Hand nehmen<br />

lassen.<br />

Schwierige Kinder<br />

In vielen Klassen gibt es einzelne Kinder,<br />

die den Unterricht erschweren.<br />

Wenn die anderen Kinder engagiert<br />

oder doch zumindest gehorsam im<br />

Wochenplan arbeiten, ihr Lerntagebuch<br />

führen oder im Klassenrat diskutieren,<br />

versuchen diese Kinder, Arbeit zu vermeiden,<br />

Regelungen zu unterlaufen,<br />

Gespräche gezielt zu stören. Was kann<br />

die Lehrerin oder der Lehrer tun, um die<br />

mit bester Absicht ausgewählten Methoden<br />

umsetzen zu können und auch<br />

die schwierigen Kinder bestmöglich zu<br />

fördern?<br />

Drei handlungsleitende Prinzipien sind<br />

grundlegend für Auswege:<br />

1. Es ist gerecht,<br />

Unterschiede zu machen<br />

Die Kinder einer Klasse haben weder die<br />

gleichen Möglichkeiten noch die gleichen<br />

Bedürfnisse. Es kann also auch<br />

nur gerecht und in ihrem Sinne sein, sie<br />

auch unterschiedlich zu behandeln.<br />

Ein Beispiel: An einem Tag<br />

kommen Peter und Paul<br />

sieben Minuten zu spät<br />

zum Unterricht. Peter hat<br />

verschlafen. Dies kommt zum ersten Mal<br />

vor und er ist den Tränen nahe. Auch Paul<br />

gibt an, verschlafen zu haben. Dies ist<br />

das dritte Mal in dieser Woche und das<br />

15. Mal im gerade begonnenen Schuljahr.<br />

Die Lehrerin tröstet den schniefenden<br />

Peter und beruhigt ihn, so etwas könne<br />

schon einmal vorkommen und sei nicht<br />

so schlimm. Paul ermahnt sie streng und<br />

behält ihn nach Unterrichtsschluss die<br />

doppelte Zeit (also 14 Minuten) in der<br />

Schule zum Nacharbeiten.<br />

Die Lehrerin handelt gerecht, weil<br />

sie sich bemüht jedem Kind die Förderung<br />

zu geben, die es für seine Entwicklung<br />

benötigt.<br />

2. Alles ist Beziehungssache<br />

Viele Kinder benehmen sich im Unterricht<br />

angemessen, einfach so. Sie halten<br />

sich an die Anweisungen ihrer Lehrkraft<br />

und an die Klassenregeln, weil sie<br />

den Grund für die Regeln einsehen oder<br />

weil die anderen es auch machen oder<br />

weil der Erwachsene sonst schimpft<br />

oder weil sie die Konsequenzen bei<br />

Verstoß kennen und vermeiden möchten.<br />

All diese Gründe scheinen aber für<br />

manche Kinder nicht zu zählen. Oft<br />

sind es Kinder, die in ihrer Biographie<br />

schwerwiegende Vertrauensbrüche<br />

von Erwachsenen erlitten haben. Für<br />

sie zählt einzig die soziale Beziehung<br />

zwischen ihnen und der Lehrkraft. Von<br />

einer Lehrkraft, die sie schätzen und<br />

der sie vertrauen, lassen sie sich lenken,<br />

anderen verweigern sie das.<br />

Ein Beispiel: Jonas hat<br />

seine Klassenlehrerin sehr<br />

gern. Von ihr lässt er sich<br />

stets beruhigen, wenn er<br />

sich geärgert hat und aufgeregt<br />

ist. Seine Musiklehrerin kennt er nur aus<br />

den Musikstunden. Obwohl Musik- und<br />

Klassenlehrerin ihren Unterricht ähnlich<br />

konsequent und strukturiert führen,<br />

macht Jonas im Musikunterricht buchstäblich,<br />

was er möchte. Einmal, als es<br />

besonders schlimm war, behält die Musiklehrerin<br />

Jonas nach dem Unterricht<br />

in der Klasse. Er soll das von ihm angerichtete<br />

Chaos im Raum beseitigen und<br />

aufräumen. Eine Stunde tobt, beleidigt,<br />

schreit Jonas. Schließlich fügt er sich und<br />

räumt auf. Dabei entspannt er sich deutlich,<br />

ein Gespräch zwischen Lehrerin und<br />

ihm beginnt, am Ende hilft sie noch beim<br />

Aufräumen. – Der Beginn einer positiven<br />

Beziehung ist geknüpft, die die Lehrerin<br />

in den nächsten Wochen und Monaten<br />

geschickt weiter ausbaut. So verändert<br />

sich Jonas’ Verhalten im Musikunterricht.<br />

Er stört immer weniger und reagiert immer<br />

besser auf die Interventionen der<br />

Lehrerin.<br />

Das Beispiel zeigt ein typisches<br />

Phänomen: Nach relativ drastischen<br />

Konsequenzen verbessern sich Schüler-Lehrer-Beziehung<br />

und Schüler-<br />

Verhalten oft radikal und langfristig,<br />

weil die Lehrkraft sich als verlässliche<br />

Bezugsperson gezeigt hat und eine<br />

positive Beziehung beginnen konnte,<br />

was paradoxerweise gerade in solchen<br />

Situationen oft möglich ist.<br />

3. Erkenne den Grund<br />

für das Handeln<br />

Warum ein Kind mit einem bestimmten<br />

Verhalten stört, ist wichtig zu wissen.<br />

Denn nur dann kann eine Intervention<br />

bei der Ursache ansetzen.<br />

Beispiel: Ein Kind, das bei<br />

einer schriftlichen Aufgabe<br />

nichts arbeitet, tut dies<br />

vielleicht, weil … (a) … es die<br />

Arbeitsanweisung nicht ver -<br />

standen hat; (b) … es sich nicht<br />

konzentrieren kann; (c) … es keine Lust<br />

hat; (d) … es Angst hat, die Aufgabe<br />

nicht zu können; (e) … es ein fürchterliches<br />

Wochenende hatte und viel zu<br />

deprimiert ist um zu arbeiten; (f) … es<br />

nicht gern schreibt; (g) … es neugierig ist,<br />

was die Lehrkraft nun tut; (h) … es einen<br />

Machtkampf mit der Lehrerin ausfechten<br />

möchte; (i) … es glaubt, dass ein bestimmtes<br />

anderes Kind so ein Verhalten<br />

»cool« findet. Eine Mischung aus mehreren<br />

Gründen ist ebenso möglich.<br />

12 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008


Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />

Eine geschickte Intervention kann<br />

z. B. sein: ein verständnisvolles Alternativangebot<br />

(z. B. (e)), ermutigende Hilfe<br />

(z. B. (d)), völliges Ignorieren (z. B. (g))<br />

klare Ankündigung von Konsequenzen<br />

(z. B. (d)). Was dem Kind am besten<br />

hilft, hängt stark von der tatsächlichen<br />

Ursache ab. Die Lehrkraft erkennt diese<br />

insbesondere an der Körpersprache<br />

und ersten verbalen Äußerungen sowie<br />

an den Reaktionen auf einen ersten<br />

Interventionsversuch.<br />

Schwierige Klassen<br />

Manchmal sind es nicht einzelne Kinder,<br />

die den Unterricht erschweren,<br />

sondern das Problem ist eher ein gruppendynamischer<br />

Effekt. Dann gelten<br />

die gleichen Prinzipien wie oben für<br />

den Umgang mit jedem einzelnen<br />

Kind, aber die Interventionen dürfen<br />

dann nicht nur bei den einzelnen Kindern<br />

ansetzen, sondern die Lehrkraft<br />

muss die gesamte Gruppe in den Blick<br />

nehmen.<br />

Hier kommen weitere drei handlungsleitende<br />

Prinzipien hinzu.<br />

1. Motivieren und<br />

die Führung straffen<br />

Wenn eine Klasse als besonders schwierig<br />

erlebt wird, hat sie bereits unschöne<br />

Erlebnisse und Erfahrungen mit<br />

schimpfenden Lehrkräften, eventuell<br />

Bestrafungsaktionen hinter sich. Deshalb<br />

ist es hilfreich, den Kindern mit<br />

besonders motivierendem Unterricht<br />

einen guten Grund für die erwünschte<br />

Veränderung zu bieten. Zugleich wird<br />

die Klassenführung deutlich ge strafft.<br />

Ein Beispiel: Die Lehrkraft beginnt<br />

eine Reihe zum elektrischen<br />

Strom, in der die Kinder<br />

mit Batterien, Drähten, Fahrradbirnchen,<br />

selbstgebau ten<br />

Schaltern etc. experimentieren.<br />

Der Unterricht beginnt, wenn die Klasse<br />

vollkommen ruhig ist. Notwendige<br />

Regeln werden explizit und sehr ruhig besprochen,<br />

bei Verstößen gibt es höchstens<br />

eine Erinnerung, dann folgt eine Konsequenz.<br />

Ein vorübergehender Ausschluss<br />

von den Aktivitäten ist in aller Regel mit<br />

einer Rückkehrmöglichkeit verbunden,<br />

gilt z. B. für fünf Minuten. Die Lehrkraft<br />

gibt eine klare Arbeitsanweisung mit<br />

experimentellem Charakter, die immer<br />

auch eine schriftliche Aufgabe enthält<br />

(z. B. »Baut die Teile so zusammen, dass<br />

man das Birnchen mit dem Schalter<br />

ein- und ausschalten kann. Zeichnet die<br />

Schaltung genau auf«; später: mehrere<br />

Birnchen, mehrere Schalter etc.). Die Kinder<br />

können in Paaren oder auch in Dreiergruppen<br />

arbeiten. In der ersten Phase<br />

werden die Gruppen ausgelost oder von<br />

der Lehrkraft festgelegt. Dabei gibt es<br />

weder Diskussionen über die Zusammenstellung<br />

noch Tausch. Möchte jemand<br />

nicht mit den zugewiesenen Kindern zusammenarbeiten,<br />

arbeitet er eben nicht<br />

mit. Zum Schluss folgt eine beispielhafte<br />

Ergebnispräsentation. Dabei können<br />

die Materialien auf den Tischen liegen<br />

bleiben, dürfen aber nicht mehr angefasst<br />

werden, sonst zieht die Lehrkraft<br />

sie ein.<br />

Diese Form einer sehr straffen Unterrichtsführung<br />

ist gut geeignet, um<br />

eine sehr unruhige Klasse wieder in<br />

feste, stabile Bahnen zu lenken, weil<br />

sie (1) für Kinder spannende Experimentiererfahrungen<br />

bereit hält, bei<br />

der in der Regel alle Kinder sehr gerne<br />

mitmachen möchten, sie (2) der Lehrkraft<br />

so die Gelegenheit bietet, ihre<br />

Rolle als Klassenführung deutlich zu<br />

machen und von den Kindern darin<br />

auch (neu) akzeptiert zu werden und<br />

sie (3) durch zugeloste oder zugewiesene<br />

Arbeitsgruppen die Kinder Lernerfahrungen<br />

und Erfolgserlebnisse mit<br />

ungewohnten Partnern machen lässt<br />

und sich so das Sozialgefüge der Klasse<br />

verbessert.<br />

Im beschriebenen Beispiel mag es<br />

so scheinen, dass »Motivieren und die<br />

Führung straffen« kein Prinzip, sondern<br />

vielmehr eine Strategie für einen<br />

Neuanfang seien. Dies ist nicht der<br />

Fall. Vielmehr ist eine straffere Führung<br />

wohl in den meisten Fällen angebracht,<br />

in denen sich unerwünschtes Verhalten<br />

in einer Klasse häuft. Um diese zu<br />

unterstützen, muss der gegenwärtige<br />

Unterricht immer genügend Motivation<br />

für die Kinder bereit halten. Ohne<br />

die Unterstützung der Kinder nämlich<br />

wird jeder Versuch einer Führung extrem<br />

anstrengend und besitzt überdies<br />

wenig Erfolgsaussichten.<br />

2. Isoliere die Schwierigkeiten<br />

Empfindet eine Lehrkraft ihren Unterricht<br />

in einer Klasse als schwierig,<br />

sollte sie überlegen, an welchen Stellen<br />

genau die größten Schwierigkeiten<br />

auftreten. Hat sie diese einmal gedanklich<br />

isoliert, fällt es leichter, gezielt gegenzusteuern.<br />

Ein Beispiel: Eine Lehrerin erlebt<br />

ihren Kunstunterricht als besonders<br />

chaotisch. Bei genauerer<br />

Analyse stellt sie fest, dass es<br />

drei Haupt-Chaos-Phasen gibt:<br />

(1) Zu Beginn ist es das Holen der<br />

Malutensilien und des Mal-Wassers,<br />

(2) gegen Ende sind es Kinder, die mit<br />

ihrer Arbeit fertig sind und gelangweilt<br />

andere stören und (3) zum Schluss ist es<br />

das Aufräumen und Säubern der Wassermalsachen<br />

am Waschbecken.<br />

Die Lehrerin strukturiert diese drei<br />

Phasen neu: (1) Zu Beginn holen die<br />

Kinder ihre Utensilien tischweise, die<br />

anderen warten solange an ihren Plätzen.<br />

(2) Kinder, die mit ihrer Arbeit fertig<br />

sind, werden verpflichtet, die restliche<br />

Zeit mit Freiarbeitsmaterial oder<br />

einem Buch zu überbrücken. (3) Das<br />

Aufräumen erfolgt wieder tischweise<br />

unter klaren Anweisungen der Lehrerin.<br />

Diese strukturellen Veränderungen<br />

lassen den Kunstunterricht schlagartig<br />

wesentlich ruhiger verlaufen.<br />

3. Achte auf die Atmosphäre<br />

Neben der äußerlich recht gut beobachtbaren<br />

Ruhe oder Unruhe ist für die<br />

Aufmerksamkeit der Kinder die weit<br />

schwerer zu fassende Atmosphäre von<br />

entscheidender Bedeutung. Sie muss<br />

geschaffen und bewahrt werden. Dies<br />

geht in manchen Situationen fast von<br />

alleine, in anderen erfordert es feinfühlige<br />

Beobachtungen und geschicktes<br />

Handeln.<br />

Ein Beispiel: Die Lehrerin<br />

möchte aus einem<br />

Buch vorlesen. Ihr<br />

gelingt mit den Kindern<br />

im Stuhlkreis ein<br />

schöner Einstieg, nach dem fast alle ihr<br />

an den Lippen hängen. Dann aber beginnt<br />

ein Schüler mit lauten, störenden<br />

Geräuschen. Die Lehrerin ermahnt streng,<br />

der Schüler ist ruhig, beginnt aber bald<br />

wieder. Dieses Spielchen wiederholt sich<br />

einige Male und unterbricht bei jeder<br />

halben Seite die vorgelesene Geschichte.<br />

Nach einiger Zeit hören die anderen Kinder<br />

der Geschichte nur noch halbherzig<br />

zu, einige beginnen sich zu unterhalten,<br />

andere machen geheime Zeichen, wieder<br />

andere ärgern einander.<br />

Im Beispiel hat die Lehrerin eine<br />

gute Atmosphäre geschickt aufgebaut,<br />

ihre Erhaltung dann aber nicht genü-<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />

13


Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />

Jens Bartnitzky<br />

Roggenkamp 17, 58454 Witten<br />

Lehrer an der Wilhelm-Busch-<br />

Schule Hagen, Förderschule mit<br />

dem Förderschwerpunkt emotionale<br />

und soziale Entwicklung,<br />

Lehrbeauftragter an der<br />

Universität Dortmund,<br />

Fortbildungstätigkeit im Bereich<br />

»schwierige Kinder – schwierige<br />

Klassen«<br />

gend verfolgt. Sie wurde durch die wiederholten<br />

Unterbrechungen nach und<br />

nach zerstört, so dass für immer mehr<br />

Kinder andere Dinge als die Vorlese-<br />

Geschichte wichtiger wurden. Mögliche<br />

Lösungen hätten u. a. in einem<br />

stärkeren Einbezug des störenden<br />

Schülers (z. B. neben der Lehrerin sitzen,<br />

Bilder beschreiben … ) oder eines<br />

frühzeitigen Ausschlusses (z. B. in eine<br />

andere Klasse) bestehen können, je<br />

nach konkreter Situation.<br />

Sechs Zugänge<br />

1. Transparenz und Konsequenz<br />

Regelungen in der Klasse müssen für<br />

alle transparent sein. Genau diese Regeln<br />

müssen dann in der Realität auch<br />

wirklich umgesetzt werden und konsequent<br />

gelten.<br />

Dieser allseits bekannte Grundsatz<br />

gilt in besonderer Weise für als<br />

schwierig erlebte Klassen: Hier ist ein<br />

gesteigertes Maß an Transparenz und<br />

Konsequenz in den Klassenregeln eine<br />

besonders wichtige und wirkungsvolle<br />

Strategie. Sie verlangt der Lehrkraft<br />

allerdings auch ein immenses Maß<br />

an Selbstdisziplin und professioneller<br />

Dis tanz zum eigenen Unterricht ab.<br />

Wir haben für Sie ein Lesezeichen zu den sechs handlungsleitenden<br />

Prinzipien gestaltet. Jedes Prinzip wird hier durch einen Schlüssel mit<br />

dem entsprechenden Symbol dargestellt (zum Ausschneiden auf dem<br />

Umschlag).<br />

2. Raumgestaltung<br />

Eine kommunikative Sitzordnung ist<br />

für zeitgemäßen Unterricht und auch<br />

für die Klassenatmosphäre in jedem<br />

Fall von Vorteil. Eine frontalere Sitzordnung<br />

führt zu relativ langen Laufwegen<br />

bei wenig Abstand zu den Tischen,<br />

an denen man vorbeigeht. Die Vermutung,<br />

dass eine frontale Sitzordnung<br />

für weniger Nebengespräche sorgt,<br />

stellt sich oft als Irrtum heraus.<br />

Beobachtet die Lehrkraft zu viele<br />

Nebengespräche, sollte sie im Rahmen<br />

einer kommunikativen Sitzordnung<br />

Schüler umsetzen oder – wenn möglich<br />

– mit den Kindern neue Sitzplätze<br />

besprechen.<br />

Manche Kinder allerdings können<br />

sich an einem Partner- oder Gruppentisch<br />

zu wenig auf den Unterricht und<br />

ihre Aufgaben konzentrieren. Für sie ist<br />

dann meist ein Einzelplatz günstiger.<br />

Wenn sie an ihrem Platz aufsehen,<br />

sollte der Blick möglichst wenig Ablenkung<br />

beinhalten. Außerdem ist eine<br />

Nähe zur Lehrkraft meist von Vorteil.<br />

3. Strukturierung<br />

Geöffnete Unterrichtsstrukturen übertragen<br />

den Kindern Verantwortung für<br />

ihr Lernen. Manche Kinder sind mit dieser<br />

Verantwortung überfordert. Wenn<br />

dies ein dauerhaftes Problem ist, sind<br />

für solche Kinder engere Vorgaben<br />

günstiger, so dass sie weniger Verantwortung<br />

tragen müssen.<br />

Arbeitet die Klasse z. B. im Wochenplan,<br />

kann der Wochenplan einzelner<br />

Kinder in fünf Tagespläne unterteilt<br />

sein, wenn nötig, kann in diesen Tagesplänen<br />

sogar noch die Reihenfolge<br />

festgelegt werden.<br />

Eine engere Strukturierung kann<br />

auch für die ganze Klasse zur Entschärfung<br />

genutzt werden. Beispiel: Beim<br />

Gang zum Sportunterricht entstehen<br />

immer wieder Konflikte. Die Lehrkraft<br />

lässt die Klasse sich daraufhin in Zweierreihen<br />

aufstellen, ruft eventuell sogar<br />

die Kinder nach und nach von ihren<br />

Plätzen auf, damit sie sich an der Tür<br />

aufstellen. Wird unterwegs die Ordnung<br />

unterbrochen, hält die Lehrerin<br />

an und wartet, bis alle Kinder wieder an<br />

ihrem Platz sind. Gegebenenfalls kehrt<br />

sie mit der gesamten Klasse zurück in<br />

ihren Klassenraum. Solche Strategien<br />

sind zeitraubend, aber effektiv und<br />

können meist nach einiger Zeit nach<br />

und nach wieder rückgängig gemacht<br />

werden.<br />

4. Lehrersprache<br />

Manche Kinder ignorieren Lehreranweisungen<br />

scheinbar gezielt. Abgesehen<br />

von der Ankündigung und Durchsetzung<br />

angemessener Konsequenzen<br />

kann es in manchen Fällen bereits<br />

helfen, die eigene Lehrersprache zu<br />

reflektieren: Anweisungen, die als lose<br />

Bitte an die Allgemeinheit formuliert<br />

werden (»Geht mal bitte an eure Plätze«)<br />

oder als Fragen (»Arbeitest du weiter?«)<br />

oder als Angebote (»Du kannst<br />

jetzt auch endlich in den Kreis kommen«),<br />

werden von manchen Kindern<br />

grundsätzlich ignoriert. Direktive Anweisungen<br />

können dann erfolgreicher<br />

sein. (»Jeder Schüler geht jetzt an seinen<br />

Platz.« »Konzentriere dich jetzt auf<br />

deine Aufgabe.« »Du kommst jetzt in<br />

den Kreis.«)<br />

5. Verhaltensziele<br />

Kinder, die von den Lehrerinnen und<br />

Lehrern als schwierig erlebt werden,<br />

haben selbst oft das Gefühl, dass sie<br />

alles falsch machen und dass sie selbst<br />

als Person wegen ihres Verhaltens nur<br />

wenig gemocht werden.<br />

Hier können individuelle Verhaltensziele<br />

weiterhelfen. Die Lehrkraft<br />

überlegt, welches Verhalten sie am<br />

meisten stört. Gemeinsam mit dem<br />

Kind werden Verhaltensziele verabredet<br />

(siehe Reflexionsbogen Unterricht<br />

und Pause auf der nächsten Seite). Immer<br />

nach einer oder zwei Unterrichtsstunden<br />

wird mit dem Kind reflektiert,<br />

ob es geschafft hat, sein Ziel zu erreichen.<br />

Vermutet die Lehrkraft, dass eine<br />

Reflexion nicht genügt, kann erwünschtes<br />

Verhalten zusätzlich verstärkt<br />

werden. Beispiel: Das Kind<br />

sammelt Klebepunkte auf einer gesonderten<br />

Seite der Mappe. Für eine Sonne<br />

oder für zwei Wolken gibt es einen<br />

14 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008


Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />

Klebepunkt. Bei 50 Klebepunkten darf<br />

das Kind einmal Hausaufgaben frei<br />

nehmen, ein Spiel wählen, das in der<br />

Klasse gespielt wird, oder es erhält eine<br />

kleine materielle Belohnung.<br />

Verhaltensziele lassen sich auch mit<br />

einer ganzen Klasse vereinbaren und<br />

reflektieren. Dabei kann jeweils eine<br />

Gruppe (z. B. Tischgruppe) insgesamt<br />

für das Verhalten ihrer Mitglieder verantwortlich<br />

sein oder auch die ganze<br />

Klasse.<br />

6. Konfliktbearbeitung<br />

Oft benötigen Kinder Unterstützung<br />

bei der Klärung von Konflikten. Folgender<br />

Ablauf hat sich dabei bewährt:<br />

Datum: ____________ 1. und 2. Stunde:<br />

Ich arbeite im Unterricht mit.<br />

Ich bearbeite meine Aufgaben vollständig.<br />

Ich rede nur, wenn ich an der Reihe bin.<br />

Ich höre auf jede Lehreranweisung sofort.<br />

n Phase 1: Subjektive Berichte<br />

Nacheinander nehmen alle beteiligten<br />

Kinder Stellung. Die Lehrkraft hakt bei<br />

Lücken, Sprüngen und direkten Widersprüchen<br />

gegebenenfalls ruhig nach,<br />

um einen möglichst verständlichen Bericht<br />

zu erreichen.<br />

Datum: ____________<br />

1. große Pause<br />

n Phase 2: Zusammenfassung<br />

und Abgleich<br />

Die Lehrkraft fasst die Berichte der beteiligten<br />

Kinder zusammen und vergewissert<br />

sich, dass alles richtig wiedergegeben<br />

wird (»Habe ich dich richtig<br />

verstanden?«). Widersprüche bleiben<br />

zunächst nebeneinander stehen.<br />

n Phase 3: Bewertung<br />

und Suche nach Alternativen<br />

Die Lehrkraft fragt die Beteiligten, welche<br />

Stellen in ihrem Verhalten nicht in<br />

Ordnung waren und wie man sich alternativ<br />

hätte verhalten können.<br />

Ich entscheide mich für ein Spiel, bei dem ich bleibe.<br />

Ich bin freundlich zu anderen Kindern.<br />

Provokationen gehe ich aus dem Weg.<br />

Ich bleibe auf dem Schulhof.<br />

Ich höre auf jede Lehreranweisung sofort.<br />

n Phase 4: Schlichtung,<br />

Wiedergutmachung, Versöhnung,<br />

Konsequenzen<br />

Die Lehrerin oder der Lehrer fragt die<br />

Kinder, wie es nun weitergehen könnte.<br />

Geeignete Fragen sind: »Was muss passieren,<br />

damit es dir jetzt besser geht?«,<br />

»Was erwartest du jetzt von XY?«, »Was<br />

kannst du tun, um wieder gut zu machen,<br />

was du falsch gemacht hast?«<br />

oder »Wie können wir verhindern, dass<br />

so etwas noch einmal passiert?«<br />

Das folgende Gespräch kann auf Absprachen,<br />

einen Täter-Opfer-Ausgleich,<br />

eine Entschuldigung, ein Sich-Vertragen<br />

und / oder Konsequenzen hinauslaufen.<br />

Das Ziel:<br />

Kindern den Ausbau ihrer<br />

Kompetenzen ermöglichen<br />

Die beschriebenen Prinzipien und Zugänge<br />

sollen nicht die Uhr der pädagogischen<br />

Entwicklung zurückdrehen.<br />

Aber sie tragen der Tatsache Rechnung,<br />

dass die Umsetzung moderner Unterrichtsprinzipien<br />

und -methoden in vielen<br />

Klassen als schwierig erlebt wird.<br />

Hier sollen die dargestellten Strategien<br />

helfen.<br />

Einschränkungen der Entscheidungsfreiheit<br />

von Kindern sind niemals<br />

selbst das Ziel. Sie reagieren auf<br />

die jeweiligen Fähigkeiten der Kinder,<br />

Entscheidungsspielräume kompetent<br />

und verantwortungsvoll zu nutzen und<br />

sollen den Kindern ermöglichen, ihre<br />

Kompetenzen auszubauen. Restriktionen<br />

sind daher immer vorübergehend,<br />

weil sie den wachsenden Kompetenzen<br />

der Kinder fortwährend angepasst werden.<br />

Reflexionsbogen<br />

Unterricht<br />

und Pause<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />

15


Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />

Kinder lösen Konflikte selbst<br />

Mediation in der Schule<br />

Schmiegel von Kathleen<br />

Schmiegel<br />

und Meike<br />

Nottbohm<br />

Meike Nottbohm,<br />

Schulleiterin i.R.,<br />

Mediatorin BM und<br />

Konflikttrainerin,<br />

Referentin und Trainerin<br />

für Mediation.<br />

Moderatorentrainerin der<br />

Bezirksregierung Arnsberg<br />

2002 bis 2007,<br />

Mitglied der Fachgruppe<br />

»Mediation in Erziehung und<br />

Bildung« (MEB) des Bundesverbandes<br />

Mediation e. V.<br />

Kinder lernen laufen und sprechen. Sie<br />

entdecken ihre Umwelt; lernen lesen,<br />

schreiben und rechnen, später fremde<br />

Sprachen. Auch der Umgang mit<br />

Konflikten kann gelernt werden, denn<br />

sie gehören zu unserem Leben. Dazu<br />

bietet sich als didaktisches Modell das<br />

Bensberger Mediations-Modell (BMM)<br />

an.<br />

Mediation ist ein konstruktives<br />

Verfahren, bei dem ein Vermittler den<br />

Streitenden hilft, eine einvernehmliche<br />

Lösung für ihr Problem zu finden. Der<br />

Vermittler steuert den Prozess, für die<br />

Lösungen sind die Konfliktparteien<br />

selbst verantwortlich. Mediation geschieht<br />

auf freiwilliger Basis aller Beteiligten.<br />

Alle haben einen Gewinn.<br />

Das Bensberger Mediations-Modell<br />

wurde von ein einem pädagogischen<br />

Trainerteam der Thomas-Morus Akademie<br />

unter Günther Braun entwickelt<br />

und hat sich im Alltag vieler Schulen<br />

seit Jahren bewährt. Es ist nicht nur ein<br />

Präventionsprogramm gegen Gewalt,<br />

Kathleen Schmiegel,<br />

Sonderschullehrerin an Förderschulen<br />

und im Gemeinsamen<br />

Unterricht in der <strong>Grundschule</strong>,<br />

Schulleiterin einer Förderschule<br />

mit dem Förderschwerpunkt<br />

Emotionale und soziale Entwicklung.<br />

Referentin und Trainerin für<br />

Mediation, Mediatorin und<br />

Konflikttrainerin.<br />

Mitglied der Fachgruppe »Mediation<br />

in Erziehung und Bildung« (MEB)<br />

des Bundesverbandes Mediation e. V.<br />

sondern unterstützt die friedliche<br />

Lösung realer Konflikte mit seinen Interventionsmöglichkeiten.<br />

Es bietet<br />

in einem strukturierten Trainingsprogramm<br />

vom ersten bis zum vierten<br />

Schuljahr allen SchülerInnen einer<br />

Klasse oder Gruppe feste Sprach- und<br />

Handlungsmuster zur friedlichen Konfliktlösung<br />

an. Die Konfliktbearbeitung<br />

wird nicht den Erwachsenen überlassen,<br />

sondern die Kinder lernen zunehmend<br />

selbstständig ihre Konflikte zu<br />

lösen. Da die aufeinander aufbauenden<br />

Trainingsbausteine alle Alters- und<br />

Entwicklungsstufen der SchülerInnen<br />

berücksichtigen, kommen auch Kinder<br />

mit Migrationshintergrund oder Kinder<br />

im gemeinsamen Unterricht gut mit<br />

dem BMM zurecht.<br />

So lernen beipielsweise die Kinder im<br />

Konfliktfall ihr Hosentaschenbuch einzusetzen<br />

und selbstverantwortlich ihren<br />

Streit konstruktiv zu bearbeiten. In<br />

diesem Prozess machen sie sich gegenseitig<br />

kreative Lösungsvorschläge und<br />

halten diese in einem Friedensvertrag<br />

fest. Dabei lernen sie, Gesprächsregeln<br />

einzuhalten, den eigenen Streitanteil<br />

zu benennen und über die eigenen Gefühle<br />

zu sprechen. Beim Rollenwechsel<br />

(in den Schuhen des andern laufen)<br />

versetzen sie sich in die Sichtweise und<br />

die Gefühle des Kontrahenten; eine<br />

wichtige Übung zur Stärkung von Empathie.<br />

Auch als Streithelfer können sie<br />

für Mitschülerinnen vermittelnd tätig<br />

werden und – falls notwendig – Hilfe<br />

holen.<br />

einige Seiten des<br />

Hosentaschenbuchs<br />

16 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008


Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />

Im Pausengeschehen und im Nachmittagsbereich<br />

der Ganztagsschulen<br />

bietet das BMM mit dem Baustein der<br />

»Erst-Hilfe im Streit« praxisorientierte<br />

und für altersgemischte Gruppen geeignete<br />

Handlungsmuster an. Hier<br />

müssen viele Konflikte unter nicht<br />

immer einfachen zeitlichen und räumlichen<br />

Bedingungen geklärt werden. Es<br />

arbeiten viele verschiedene Lehrkräfte,<br />

Erzieherinnen und pädagogische Mitarbeiterinnen<br />

zusammen, die in der<br />

Regel wenig Zeit für gemeinsamen pädagogischen<br />

Austausch haben. Um so<br />

wichtiger ist es für die gesamte Schule,<br />

ein gemeinsames vernetztes Streitschlich<br />

tungsprogramm wie das BMM<br />

mit inhaltlich und formal gleichen<br />

Strukturen zu haben. Es kann den Kindern<br />

mit seinen festen Regeln und gleichen<br />

Sprachritualen eine verlässliche<br />

und für sie durchschaubare Orientierung<br />

geben.<br />

Das BMM wurde von den Kriminologen<br />

der Ruhruniversität Bochum an einer<br />

Bochumer <strong>Grundschule</strong> in einem sozialen<br />

Brennpunkt wissenschaftlich evaluiert.<br />

Die Ergebnisse der Dissertation<br />

von Dr. Jan Köhler wiesen eine deutliche<br />

gewaltreduzierende Wirkung bei<br />

den Schülerinnen nach und unterstützen<br />

überzeugend die Ansicht, Mediationsprogramme<br />

wie das BMM bereits in<br />

der <strong>Grundschule</strong>, am besten schon im<br />

Elementarbereich einzusetzen.<br />

Für eine nachhaltige Implementierung<br />

des BMM müssen in der Schule<br />

durch die Unterstützung der Schulleitung<br />

die organisatorischen Rahmenbedingen<br />

geschaffen und die Lehrkräfte<br />

und pädagogischen Mitarbeiter gut<br />

ausgebildet werden, um den Kindern<br />

das Programm kompetent vermitteln<br />

zu können.<br />

Das Bensberger Mediations-Modell ist<br />

nicht nur eine Methode oder Technik,<br />

die geübt wird. Vielmehr realisiert es<br />

das Leitbild einer konstruktiven Konfliktkultur<br />

durch gewaltloses Handeln,<br />

Eigenverantwortlichkeit, Empathie,<br />

Dia logorientierung, Verlangsamung<br />

des Lösungsprozesses und Zulassen<br />

von Anderssein und Unterschieden. Es<br />

verändert die eigene Haltung und zeigt<br />

sowohl Erwachsenen als auch Kindern<br />

einen sinnvollen und friedlichen Weg,<br />

Konflikte nicht im Gegeneinander, sondern<br />

im Miteinander zu lösen.<br />

Bensberger Studien 11<br />

G. Braun, E. Dietzler-Isenberg, M. Nottbohm, U. Püttmann,<br />

K. Schmiegel, A. Würbel: Kinder lösen Konflikte selbst! Mediation<br />

in der <strong>Grundschule</strong>. 5. überarbeitete und erweiterte Auflage (2005),<br />

168 Seiten, 13,00 Euro, ISBN 3-89198-098-1<br />

Thomas-Morus-Akademie Bensberg, Overather Str. 51 - 53<br />

51429 Bergisch Gladbach, Tel. 02204 - 408472<br />

www.tma-bensberg.de<br />

Lösungskarten<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />

17


Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />

Zeugnisbemerkungen und Kopfnoten<br />

Wie <strong>Grundschule</strong> trotz alledem Kindern helfen kann,<br />

ihr Arbeits- und Sozialverhalten zu entwickeln<br />

von Baldur<br />

Bertling<br />

Jetzt zaubert auch<br />

Schulministerin<br />

Barbara Sommer<br />

in NRW<br />

Entwicklung von Arbeits- und Sozialverhalten<br />

ist für <strong>Grundschule</strong>n in Nordrhein-Westfalen<br />

nichts Neues. Schon<br />

seit mehr als 30 Jahren gibt es auch<br />

dazu Bemerkungen auf den Grundschulzeugnissen.<br />

Mit Beginn dieses Schuljahres aber<br />

hat dies in NRW eine neue Dimension:<br />

erstmals auf den Halbjahreszeugnissen<br />

der Klassen 3 und 4 gibt es zusätzliche<br />

Noten für drei Bereiche des Arbeitsverhaltens,<br />

nämlich: Leistungsbereitschaft,<br />

Zuverlässigkeit / Sorgfalt und<br />

Selbständigkeit, und für drei Bereiche<br />

des Sozialverhaltens, nämlich: Verantwortungsbereitschaft,<br />

Konfliktverhalten<br />

und Kooperationsfähigkeit. 1 Nur im<br />

dritten Schuljahr wird das noch zusammengefasst<br />

in je einer Note für Arbeitsverhalten<br />

und einer für Sozialverhalten.<br />

Auch auf den Versetzungszeugnissen<br />

am Ende der Klasse 2 wird es diese zwei<br />

Kopfnoten geben. Ab Klasse vier bis<br />

hinauf zu den Zeugnissen am Berufskolleg<br />

gibt es sechs weitere Noten.<br />

Die Schulen können da keine anderen<br />

Entscheidungen fällen. Allein darüber,<br />

ob im vierten Schuljahr Texte zur<br />

Ergänzung dieser Noten geschrieben<br />

werden, kann die Schulkonferenz entscheiden.<br />

Unveränderlich ist:<br />

n Texte und zwei Noten auf dem Versetzungszeugnis<br />

in die Klasse drei und<br />

auf den Zeugnissen im dritten Schuljahr.<br />

n sechs Noten und – wenn die Schulkonferenz<br />

das so beschlossen hat – zusätzliche<br />

Texte ab Klasse vier.<br />

n Als Noten gibt es lediglich vier Stufen:<br />

sehr gut, gut, befriedigend und<br />

unbefriedigend.<br />

Das Ministerium lässt die Schulen<br />

dabei nicht allein. In einer Handreichung<br />

2 werden Vorschläge für Zielsetzungen<br />

und Verfahren der Notenfindung<br />

gemacht. Dabei wird – und das<br />

ist ausdrücklich positiv zu werten – die<br />

Beratungs- und Entscheidungskompetenz<br />

der einzelnen Schule respektiert<br />

und hervorgehoben. »Die weitere<br />

Konkretisierung kann nur jede einzelne<br />

Schule selbst vornehmen.« 3<br />

Kopfnoten – nein danke!<br />

Zusätzlich zur Problematik der »Not<br />

mit den Noten« überhaupt wird von<br />

Lehrerinnen und Lehrern in NRW nun<br />

noch verlangt, selbst in den Verhaltensbereichen<br />

Noten zu erteilen. Dabei<br />

will ich an drei Problemfelder erinnern.<br />

Das Problem der Normierung, das Problem<br />

der Skalierung und das bereits<br />

angesprochene Problem der Verantwortung.<br />

Wir Pädagogen wissen genau, wie<br />

gut und wichtig und richtig es ist, dass<br />

Menschen verschieden sind. Unser<br />

Beruf ist deshalb so schön und interessant,<br />

weil die Kinder mit denen wir<br />

es zu tun haben, sich unterscheiden.<br />

Da gibt es die Stillen und Lauten, die<br />

Schnellen und die Langsamen. Da<br />

gibt’s die Fröhlichen und die Ängstlichen,<br />

da gibt es eben die ganze Bandbreite<br />

dessen, was menschliches Leben<br />

in verschiedenen Farben schillern lässt.<br />

Und da fällt es schwer, Verhaltensweisen<br />

zu normieren, wenn es denn über<br />

so einfache Kategorien wie »pünktlich<br />

zum Unterricht zu erscheinen« hinausgeht.<br />

Noch schwieriger, als eine Norm zu<br />

finden, ist, das gezeigte Verhalten auf<br />

der vom Ministerium verordneten vierstufigen<br />

Skala anzusiedeln. Bleiben wir<br />

beim pünktlichen Erscheinen zum Unterricht.<br />

Fragen wir, was denn höher zu<br />

bewerten sei:<br />

n das pünktliche Erscheinen des Kindes,<br />

das regelmäßig von seiner Mutter<br />

vor der Klassenraumtür abgesetzt wird<br />

oder<br />

n das immer seltener werdende Verspäten<br />

des Kindes, das eine Stunde vor<br />

Schulbeginn von seinen Eltern geweckt<br />

wird, die beide zur Arbeit aufbrechen<br />

und es allein zur Schule gehen lassen.<br />

Dies Beispiel mag daran erinnern,<br />

dass kindliches Verhalten oft nicht in<br />

der eigenen Verantwortung liegt und<br />

dass Verhaltens- oder Charakternoten<br />

sich eher an das gesamte Umfeld des<br />

Kindes wenden als an das Kind persönlich.<br />

Wir wissen doch um die Nebenwirkungen<br />

der Noten. Schon um die<br />

Nebenwirkungen der Noten in den Fächern<br />

besteht eigentlich kein Zweifel.<br />

Auch gute Schüler haben Angst<br />

vor Klassenarbeiten, weil sie fürchten<br />

nicht wieder die gewohnte gute Note<br />

18 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008


Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />

zu bekommen. Dieses beständige<br />

Misstrauen in die eigene Leistungsfähigkeit<br />

lenkt das Kind in die Spirale des<br />

Misserfolgs, wo sinkende Zuversicht<br />

sinkende Anstrengungsbereitschaft<br />

nach sich zieht, wo die gewohnten Erfolge<br />

ausbleiben, die Angst größer und<br />

das Selbstvertrauen kleiner wird.<br />

Nun haben die sogenannten Kopfnoten<br />

nicht so hohe Bedeutung wie die<br />

Noten in den Fächern. Schließlich muss<br />

niemand die Klasse wiederholen, der in<br />

allen sechs Teilbereichen ein »unbefriedigend«<br />

aufweisen kann. Und niemand<br />

wechselt aufs Gymnasium, nur weil er<br />

in allen sechs Bereichen des Arbeitsund<br />

Sozialverhaltens ein »sehr gut«<br />

hat.<br />

Und dennoch werden auch hier<br />

schlechte Noten zu Sanktionen im Elternhaus<br />

führen, Angst schüren und<br />

alle Versuche zur Verhaltensmodifikation<br />

erschweren.<br />

Was tun?<br />

Womit beginnen?<br />

Sicherlich gibt es viele Wege und viele<br />

Gelegenheiten zu beginnen. Wenn dabei<br />

das KIND im Mittelpunkt bleiben<br />

soll, könnten hier diese Stichwörter<br />

helfen:<br />

K<br />

I<br />

ooperativ im Kollegium diskutieren<br />

und Vereinbarungen treffen.<br />

ndividuelle Ziele für jede Klasse<br />

und jedes Kind entwickeln und<br />

möglich machen.<br />

N achrichten (Rückmeldungen)<br />

über die Fortschritte des Kindes<br />

nutzen für dessen weitere Entwicklung.<br />

D<br />

ifferenzierter Gebrauch der an<br />

sich dummen Kopfnoten!<br />

Will man das berücksichtigen, scheint<br />

mir folgendes Vorgehen einigermaßen<br />

vernünftig, weil man das eigentlich<br />

Unmögliche, Unpädagogische und Unsinnige<br />

gleichwohl als Landesbeamter<br />

tun muss – und auch diejenigen, die<br />

Kopfnoten für wichtige Schritte für<br />

die Lösung eines Problems halten, sind<br />

nicht schlecht beraten, wenn sie über<br />

folgendes Prozedere nachdenken.<br />

1. Die Lehrerkonferenz berät über in<br />

dieser Schule angemessene und notwendige<br />

und mögliche Entwicklungsziele<br />

des Arbeits- und Sozialverhaltens.<br />

Ergebnis einer solchen Beratung könnte<br />

eine Liste sein, auf der gewünschtes<br />

Verhalten für Kinder verständlich zusammengefasst<br />

ist. An vielen Schulen<br />

gibt es Bausteine dafür bereits in Form<br />

der sog. Schulordnung.<br />

2. Eine solche Liste ist Grundlage des<br />

Unterrichts über Arbeits- und Sozialverhalten.<br />

Früher hieß diese Unterrichtseinheit:<br />

»Wir entwickeln unsere<br />

Klassenregeln (weiter).« Ergebnis ist<br />

eine plakative Zusammenstellung der<br />

gewünschten Verhaltensweisen.<br />

3. In Bezug auf diese Zusammenstellung<br />

gibt es Gespräche über die<br />

individuellen Entwicklungsziele. Was<br />

kann ich schon? Was will / soll ich noch<br />

lernen? Die Lehrkraft bespricht und<br />

notiert (bzw. lässt notieren, wenn das<br />

Kind das bereits kann), was das einzelne<br />

Kind im Rahmen seiner individuellen<br />

Förderung in der nächsten Zeit<br />

erreichen soll / will.<br />

4. Vor den Zeugnissen wird besprochen,<br />

ob und in welchem Maße das<br />

Kind die mit ihm vereinbarten Entwicklungsziele<br />

erreicht hat. Das Ergebnis<br />

dieses Gesprächs ist Grundlage für<br />

eine bewertende Bemerkung in den<br />

Zeugnissen.<br />

Bis hierher entspricht das Verfahren<br />

auch bei Zeugnissen ohne Kopfnoten<br />

einer an vielen <strong>Grundschule</strong>n üblichen<br />

Praxis, auch wenn der ein oder andere<br />

Schritt noch nicht im Schulprogramm<br />

formell verankert ist.<br />

Wenn man das so macht, verlieren<br />

die »Kopfnoten« einerseits ihren Schrecken,<br />

andererseits auch die von der<br />

Landesregierung beabsichtigte Wirkung.<br />

»Gut« kann dann wirklich jeder!<br />

Viele schaffen das »sehr gut«. Wer sich<br />

nicht immer bemüht hat, erreicht wenigstens<br />

ein »befriedigend«.<br />

Im Zeugnis könnte zur Erklärung<br />

der Satz verankert werden: »Die Bewertung<br />

des Arbeits- und Sozialverhaltens<br />

bezieht sich ausdrücklich auf die mit<br />

dem einzelnen Kind im Rahmen der<br />

individuellen Förderung verabredeten<br />

Entwicklungsziele.«<br />

Bei manchen Kindern sind die individuellen<br />

Entwicklungsziele weit entfernt<br />

vom in der Schule akzeptablen<br />

Verhalten. Da könnten die eingeschränkten<br />

Ziele in Texten festgehalten<br />

werden. 4<br />

Zum Schluss<br />

Es bleibt dabei: Kopfnoten sind unnütz!<br />

Kopfnoten können dem Kind bei<br />

der Entwicklung seines Arbeits- und<br />

Sozialverhaltens erheblichen Schaden<br />

zufügen.<br />

Gerade deshalb müssen wir im Interesse<br />

der Kinder ganz <strong>aktuell</strong> diesen<br />

Schaden so gering wie möglich halten<br />

– ohne allerdings Kopfnoten zu verharmlosen,<br />

denn das würde den bildungspolitischen<br />

Widerstand gegen<br />

diesen Unsinn gefährden.<br />

Wie so oft üben wir den »Pädagogen-Spagat«:<br />

Mit dem einen Bein im<br />

Morast der Gegenwart, mit dem anderen<br />

auf der Wolke der Zukunft.<br />

Baldur Bertling,<br />

Jg. 1948,<br />

Grundschullehrer<br />

seit 1973,<br />

Schulleiter seit 1993,<br />

stv. Vorsitzender der<br />

Landesgruppe NRW des<br />

Grundschulverbandes<br />

seit 1999<br />

Anmerkungen<br />

1 Hier könnte man diskutieren, wie diese Mischung aus »-bereitschaft«,<br />

»- fähigkeit« und »-verhalten« inhaltlich trennscharf<br />

beschrieben und begründet werden kann. In einer Expertenanhörung<br />

im Landtag waren nahezu alle einig, dass eine<br />

Benotung von Verhalten so problematisch ist, dass die Landesregierung<br />

besser guten Rat annehmen und auf diese »Schulreform«<br />

verzichten sollte. Obwohl es keine Kopfnote im Bereich<br />

»Beratungsresistenz« gibt – dort hat sich die Koalition ein glattes<br />

»sehr gut« verdient.<br />

2 erschienen als Beilage zum Amtsblatt »Schule NRW« im August<br />

2007. Sie ist über die Internetseite des Ministeriums kostenlos<br />

erhältlich: www.schulministerium.nrw.de<br />

3 o. g. Handreichung, Seite 3<br />

4 ein Beispiel: »Wir hatten vereinbart, dass du dich bemühst, bei<br />

Partnerarbeiten bei der Sache zu bleiben, wenn die Lehrerin oder<br />

der Lehrer dich regelmäßig daran erinnert. Das ist dir besonders<br />

in der letzten Zeit schon oft gelungen. Wir müssen darüber reden,<br />

wie du das auch ohne ständige Erinnerungen schaffen kannst.«<br />

Baldur Bertlings Text ist Teil eines umfangreicheren<br />

Beitrags, der in voller Länge auf der Homepage<br />

der Landesgruppe NRW abgerufen werden kann:<br />

www.grundschulverband-nrw.de<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />

19


Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />

Arbeits- und Sozialverhalten bewerten –<br />

aber wie?<br />

von Vivienne<br />

Kißener und<br />

Maren Laferi<br />

Seit diesem Schuljahr werden auch<br />

das Arbeits- und Sozialverhalten mit<br />

Ziffernnoten bewertet. So sieht es das<br />

neue Schulgesetz NRW ab dem Versetzungszeugnis<br />

in Klasse 3 vor.<br />

In der zweizügigen Stephan-Lochner-Schule<br />

in Köln, die sich an Peter<br />

Petersens jahrgangsübergreifendem<br />

Modell der aufsteigenden Stammgruppen<br />

orientiert, stand deshalb am<br />

Anfang des Schuljahres in einer pädagogischen<br />

Konferenz das Thema »Erarbeitung<br />

eines Konzepts zum Umgang<br />

mit Noten zum Arbeits- und Sozialverhalten«<br />

im Mittelpunkt.<br />

Ziel sollte es dabei sein, eine einheitliche<br />

kriterienbezogene Bewertung<br />

an der Schule und dadurch Transparenz<br />

für Eltern und Kinder gleichermaßen<br />

zu schaffen.<br />

Auf dem Weg zu einem<br />

einheitlichen Konzept<br />

Grundlage zur Vorbereitung auf diese<br />

Konferenz waren zum einen die Handreichungen<br />

zum Arbeits- und Sozialverhalten<br />

des Ministeriums für Schule<br />

und Weiterbildung NRW. Zum anderen<br />

diente die schriftlich festgehaltene<br />

Idee der Schulleiterkonferenz Köln des<br />

SAB 1 für einen möglichen Beobachtungsbogen<br />

zum Arbeits- und Sozialverhalten<br />

als Orientierung.<br />

Mithilfe dessen sollte das Kollegium<br />

ein Konzept zum Umgang mit Noten<br />

zum Arbeits- und Sozialverhalten<br />

entwickeln, welches anschließend auf<br />

der Schulkonferenz vorgestellt werden<br />

konnte. Dabei sollte auch die Möglichkeit,<br />

die Noten in Klasse 4 durch eine<br />

Beschreibung zu ergänzen, berücksichtigt<br />

und diskutiert werden.<br />

Um einen intensiven Austausch und<br />

somit verschiedene Meinungen und<br />

Ideen bezüglich des Themas zu ermöglichen,<br />

beschäftigte sich das Kollegium<br />

mit diesen Aufgaben zunächst in<br />

Kleingruppen. Bei der anschließenden<br />

Vorstellung der Ergebnisse im Plenum<br />

stellte sich schnell heraus, das neben<br />

einem Beobachtungsbogen, der sich<br />

eng an die vorgeschlagenen Beobachtungsaspekte<br />

der Handreichung zum<br />

Arbeits- und Sozialverhalten lehnen<br />

sollte, auch – im Sinne einer pädagogischen<br />

Leistungskultur, die auch<br />

die Kinder beim Thema Leistungsbewertung<br />

zu Wort kommen lässt – ein<br />

Selbsteinschätzungsbogen für die Kinder<br />

erarbeitet werden sollte.<br />

Erarbeitung eines<br />

Beobachtungsbogens<br />

für die LehrerInnenhand<br />

Auf der Grundlage der Handreichung<br />

sowie weiteren Aspekten, die das Kollegium<br />

als wichtig für eine umfassende<br />

Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens<br />

empfand, erstellte eine Arbeitsgruppe<br />

in der nachfolgenden Woche einen<br />

einheitlichen Beobachtungsbogen<br />

für alle Klassenstufen. Aufgrund der<br />

jahrgangsübergreifenden Klassen sowie<br />

dem Ziel der einfachen und unaufwendigen<br />

Handhabung soll der Bogen<br />

kontinuierlich in den Jahrgangsstufen<br />

eingesetzt werden können und somit<br />

konsequent zu den einzelnen Kompetenzbereichen<br />

des Arbeitsverhaltens<br />

(Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit<br />

und Sorgfalt, Selbstständigkeit) und<br />

des Sozialverhaltens (Verantwortungsbereitschaft,<br />

Konfliktverhalten, Kooperationsfähigkeit)<br />

hinführen. Lediglich<br />

der Bewertungsmaßstab muss<br />

natürlich den einzelnen Klassenstufen<br />

angepasst werden.<br />

Die Beobachtungsaspekte dieses<br />

Beobachtungsbogens berücksichtigen<br />

die sechs Kompetenzbereiche (s. o.)<br />

und sind diesen zugeordnet (vgl. Abb.<br />

Beobachtungsbogen).<br />

Um die Entwicklung jedes einzelnen<br />

Kindes kontinuierlich und übersichtlich<br />

festzuhalten, wurde vereinbart,<br />

das Arbeits- und Sozialverhalten der<br />

Kinder mithilfe des Beobachtungsbogens<br />

mindestens zweimal im Halbjahr<br />

zu dokumentieren. Dazu dienen die<br />

vier Spalten, in denen das Datum eingetragen<br />

werden kann (vgl. Abb. Beobachtungsbogen).<br />

Die ausgefüllten<br />

Beobachtungsbogen können somit<br />

auch als Grundlage für Elterngespräche<br />

dienen.<br />

Die Abstufung von 1 bis 4 im Beobachtungsbogen<br />

entspricht der Notengebung<br />

und den damit repräsentierten<br />

vier Niveaus. Beim Umgang mit dem<br />

Bogen im Schulalltag sind jedoch<br />

sicherlich die entsprechenden Tendenzen<br />

(immer; überwiegend; manchmal<br />

/ teilweise; selten / nicht / nie) pädagogischer,<br />

weil sie eine natürlichere<br />

Sichtweise auf Kinder bzw. Beobachtung<br />

von Kindern darstellen.<br />

1 (sehr gut) = entspricht den Anforderungen<br />

in besonderem Maße (immer)<br />

2 (gut) = entspricht den Anforderungen<br />

in vollem Maße (überwiegend)<br />

3 (befriedigend) = entspricht den Anforderungen<br />

im Allgemeinen<br />

(manchmal / teilweise)<br />

4 (unbefriedigend) = entspricht den<br />

Anforderungen noch nicht<br />

(selten / nicht / nie)<br />

Diese Tendenzen können später dazu<br />

dienen, die Noten entsprechend für das<br />

Zeugnis festzulegen. Zuständig für die<br />

Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens<br />

sind vor allem die KlassenlehrerInnen.<br />

Dabei sollen sie sich auch auf<br />

Beobachtungen der FachlehrerInnen<br />

stützen.<br />

Erarbeitung eines<br />

Selbsteinschätzungsbogens<br />

für die SchülerInnenhand<br />

Nach Vorlage des Beobachtungsbogens<br />

wurde von einer zweiten Arbeitsgruppe<br />

ein Selbsteinschätzungsbogen für<br />

die Kinder entwickelt. Der Selbsteinschätzungsbogen<br />

entspricht inhaltlich<br />

dem von der Lehrkraft auszufüllenden<br />

Beobachtungsbogen, wurde aber kindgemäß<br />

formuliert und vereinfacht (vgl.<br />

Abb. Selbsteinschätzungsbogen Kinder).<br />

Für die bessere Lesbarkeit wurden<br />

die Aspekte Arbeitsverhalten und Sozialverhalten<br />

des Selbsteinschätzungsbogens<br />

auf zwei Seiten dargestellt.<br />

20 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008


Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />

Beobachtungsbogen Arbeits- und Sozialverhalten<br />

Name des Kindes ............................................................ Klasse: ............... Schuljahr: 07/08<br />

ARBEITSVERHALTEN<br />

Leistungsbereitschaft: Das Kind …<br />

• arbeitet konzentriert über einen längeren Zeitraum.<br />

• strengt sich auch bei ungeliebten Aufgaben und Anforderungen an.<br />

• fragt gezielt nach.<br />

• zeigt Interesse an den Unterrichtsinhalten.<br />

• zeigt Initiative.<br />

Zuverlässigkeit / Sorgfalt: Das Kind …<br />

• erscheint pünktlich zum Unterricht und zu sonstigen<br />

Schulveranstaltungen.<br />

• hält sich an Absprachen.<br />

• erledigt Aufgaben sorgfältig.<br />

• erledigt Aufgaben vollständig und termingerecht.<br />

• hat sein Arbeitsmaterial dabei.<br />

• geht mit eigenen und fremden Unterrichtsmaterialien ordentlich um.<br />

Selbstständigkeit: Das Kind …<br />

• prüft seine Ergebnisse selbstständig und korrigiert sie ggf.<br />

• setzt sich aktiv mit Problemstellungen auseinander und bringt eigene<br />

Lösungsvorschläge und Ideen ein.<br />

• teilt sich seine Zeit angemessen ein.<br />

• setzt sich selbst Ziele und verfolgt sie.<br />

• kann seine eigenen Lernwege und Lernfortschritte einschätzen und<br />

Schlüsse daraus ziehen.<br />

1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4<br />

☺ ☺<br />

SOZIALVERHALTEN<br />

1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4<br />

Verantwortungsbereitschaft: Das Kind ...<br />

• nimmt Aufgaben und Pflichten für die Klasse/Gruppe wahr.<br />

• erkennt unterschiedliche Ideen an; trägt dazu bei, eine gemeinsam<br />

getragene Lösung zu finden.<br />

• übernimmt Verantwortung für das eigene Handeln.<br />

• übernimmt Verantwortung für das Handeln der Gruppe.<br />

Konfliktverhalten: Das Kind …<br />

• hört zu, wenn Kritik geübt wird und kann sich damit auseinandersetzen.<br />

• kann Kritik angemessen äußern.<br />

• versucht, Konflikte mit friedlichen Mitteln zu lösen.<br />

• begegnet anderen mit Respekt und Höflichkeit.<br />

Kooperationsfähigkeit: Das Kind …<br />

• hält vereinbarte Regeln ein.<br />

• bietet anderen Hilfe und nimmt selbst Hilfe an.<br />

• erkennt Leistungen anderer an.<br />

• trägt zu einem produktiven Arbeiten innerhalb der Gruppe bei.<br />

• trägt zu einem positiven Zusammenleben innerhalb der<br />

Klassengemeinschaft bei.<br />

1 (sehr gut) = entspricht den Anforderungen in besonderem Maße (immer)<br />

2 (gut) = entspricht den Anforderungen in vollem Maße (überwiegend)<br />

3 (befriedigend) = entspricht den Anforderungen im Allgemeinen (manchmal/teilweise)<br />

4 (unbefriedigend) = entspricht den Anforderungen noch nicht (selten/nicht/nie)<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />

21


Praxis: VERA Soziale und Kompetenzen die Unterrichtskultur und die Kopfnoten<br />

Selbsteinschätzungsbogen Arbeits- und Sozialverhalten<br />

Name ............................................... Klasse: ........... Schuljahr: ............<br />

Selbsteinschätzungsbogen Arbeits- und Sozialverhalten<br />

Datum:<br />

Datum:<br />

ARBEITSVERHALTEN<br />

Name ............................................... Klasse: ........... Schuljahr: ☺ ............ ☺ <br />

Leistungsbereitschaft:<br />

• Ich kann längere Zeit konzentriert an einer Aufgabe arbeiten. Datum:<br />

Datum:<br />

ARBEITSVERHALTEN<br />

☺ ☺ <br />

• Wenn ich eine Aufgabe nicht so gerne mache, strenge ich mich<br />

Leistungsbereitschaft:<br />

trotzdem an.<br />

• Ich kann längere Zeit konzentriert an einer Aufgabe arbeiten.<br />

• Wenn • ich Wenn etwas ich eine nicht Aufgabe verstehe, nicht frage so gerne ich mache, nach. strenge ich mich<br />

• Mich interessieren trotzdem an. viele Themen, die wir im Unterricht behandeln.<br />

Zuverlässigkeit • Wenn ich / Sorgfalt: etwas nicht verstehe, frage ich nach.<br />

• Ich • komme Mich interessieren pünktlich zum viele Unterricht. Themen, die wir im Unterricht behandeln.<br />

Zuverlässigkeit / Sorgfalt:<br />

• Ich halte mich an das, was abgesprochen ist.<br />

• Ich komme pünktlich zum Unterricht.<br />

• Ich erledige meine Aufgaben pünktlich und vollständig.<br />

• Ich halte mich an das, was abgesprochen ist.<br />

• Ich<br />

•<br />

erledige<br />

Ich erledige<br />

meine<br />

meine<br />

Aufgaben<br />

Aufgaben<br />

sorgfältig.<br />

pünktlich und vollständig.<br />

• Ich • habe Ich alle erledige Hefte, meine Mappen, Aufgaben Stifte sorgfältig. und Bücher dabei.<br />

• Ich • gehe Ich mit habe meinen alle Hefte, eigenen Mappen, Sachen Stifte und und den Bücher Sachen dabei. in der Klasse<br />

ordentlich • Ich gehe um. mit meinen eigenen Sachen und den Sachen in der Klasse<br />

Selbstständigkeit: ordentlich um.<br />

Selbstständigkeit:<br />

• Ich kann meine Aufgaben selber überprüfen und verbessern.<br />

• Ich kann meine Aufgaben selber überprüfen und verbessern.<br />

• Ich versuche, Aufgaben zunächst selbstständig zu lösen.<br />

• Ich versuche, Aufgaben zunächst selbstständig zu lösen.<br />

• Ich • kann Ich mir kann meine mir meine Zeit Zeit beim beim Arbeiten Arbeiten gut gut einteilen.<br />

• Ich weiß, wo ich bei Schwierigkeiten Hilfe finde.<br />

• Ich weiß, wo ich bei Schwierigkeiten Hilfe finde.<br />

= Das kann = Das ich kann besonders ich besonders gut. gut. ☺ = ☺ Das = Das kann kann ich. ich. = Das kann ich ich noch noch nicht nicht sicher sicher genug. genug. = Das kann = Das ich kann noch ich nicht. noch nicht.<br />

Selbsteinschätzungsbogen Arbeits- und Sozialverhalten<br />

Name ............................................... Klasse: ........... Schuljahr: ............<br />

Selbsteinschätzungsbogen Arbeits- und Sozialverhalten<br />

Name SOZIALVERHALTEN<br />

............................................... Klasse: ...........<br />

Datum:<br />

Datum:<br />

Schuljahr: ............<br />

☺ ☺ <br />

Verantwortungsbereitschaft:<br />

Datum:<br />

Datum:<br />

• Ich übernehme Aufgaben SOZIALVERHALTEN<br />

für meine Klasse.<br />

☺ ☺ <br />

• In der Verantwortungsbereitschaft:<br />

Gruppenarbeit höre ich mir auch die Meinung der anderen<br />

Kinder • Ich an. übernehme Aufgaben für meine Klasse.<br />

• Wenn • ich In der einmal Gruppenarbeit einen Fehler höre gemacht ich mir auch habe, die Meinung bin ich der auch anderen bereit<br />

darüber Kinder nachzudenken an. und zu sprechen.<br />

• Wenn ich einmal einen Fehler gemacht habe, bin ich auch bereit<br />

Konfliktverhalten:<br />

darüber nachzudenken und zu sprechen.<br />

• Ich<br />

Konfliktverhalten:<br />

höre zu, auch wenn andere anderer Meinung sind als ich.<br />

• Ich • versuche Ich höre Streit zu, auch mit wenn Worten andere friedlich anderer Meinung zu lösen. sind als ich.<br />

• Ich • kritisiere Ich versuche andere, Streit ohne mit sie Worten zu verletzen. friedlich zu lösen.<br />

• Ich • verhalte Ich kritisiere mich anderen andere, ohne gegenüber sie zu verletzen. freundlich.<br />

Kooperationsfähigkeit:<br />

• Ich verhalte mich anderen gegenüber freundlich.<br />

Kooperationsfähigkeit:<br />

• Ich halte mich an vereinbarte Regeln.<br />

• Ich halte mich an vereinbarte Regeln.<br />

• Ich helfe anderen und nehme selber auch einmal gerne Hilfe an.<br />

• Ich helfe anderen und nehme selber auch einmal gerne Hilfe an.<br />

• Ich • finde Ich es finde gut, es wenn gut, wenn andere andere etwas etwas toll toll gemacht haben und und sage sage<br />

das auch. das auch.<br />

= Das kann = Das ich kann besonders ich besonders gut. gut. ☺ = ☺ Das = Das kann kann ich. ich. = Das kann ich ich noch noch nicht nicht sicher sicher genug. genug. = Das kann = Das ich kann noch nicht. noch nicht<br />

22 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008


Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />

Vivienne Kißener<br />

ist seit 2001 im Schuldienst.<br />

Sie ist Konrektorin und<br />

derzeit auch kommissarische<br />

Schul leiterin an der<br />

Stephan-Lochner-Schule in Köln.<br />

www.stephan-lochner-schule.de<br />

Auch dieser Bogen unterscheidet sich<br />

in den einzelnen Jahrgangsstufen nicht.<br />

Die Kinder lernen den Bogen zum Halbjahr<br />

des zweiten Schuljahrs kennen (in<br />

diesem Schuljahr war er natürlich für<br />

die Kinder aller Jahrgänge neu) und füllen<br />

ihn von da an während ihrer Grundschulzeit<br />

zweimal pro Schuljahr aus.<br />

Da zu einzelnen Themen und Projekten<br />

regelmäßige Selbsteinschätzungen der<br />

Kinder erfolgen, sollte das Ausfüllen<br />

dieses themenunabhängigen Selbsteinschätzungsbogens<br />

zweimal pro<br />

Schuljahr ausreichen. Auch die Kinder<br />

können so ihre Entwicklung in ihrem<br />

Arbeits- und Sozialverhalten mitverfolgen<br />

und ihre eigene Meinung dazu<br />

äußern. Der Bogen verdeutlicht den<br />

Kindern folglich, unterstützt durch<br />

begleitende Gespräche, die Bedeutung<br />

des Arbeits- und Sozialverhaltens. Es<br />

ist sicher sinnvoll, zeitgleich, etwa<br />

im Verlauf einer Woche, sowohl den<br />

Beobachtungsbogen für die LehrerInnenhand<br />

als auch den Selbsteinschätzungsbogen<br />

für die SchülerInnenhand<br />

ausfüllen zu lassen. Darüber hinaus<br />

dient der Bogen auch der Heranführung<br />

an das Thema »Noten« für die Kinder<br />

der Klasse 2.<br />

Maren Laferi<br />

war von Februar 2006 bis<br />

Januar 2008 Lehramtsanwärterin<br />

an der Stephan-Lochner-Schule.<br />

Seit Februar dieses Jahres<br />

arbeitet sie als wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin am Projekt KIRA<br />

(Kinder rechnen anders) an der<br />

TU Dortmund mit.<br />

www.kira.uni-dortmund.de<br />

Die Abstufung des Kinderbogens<br />

richtet sich nach der an der Schule gewählten<br />

Form zur Rückmeldung und<br />

Selbsteinschätzung und ist den Kindern<br />

bekannt:<br />

= kann ich besonders gut<br />

☺ = kann ich, das ist in Ordnung<br />

= kann ich noch nicht sicher genug<br />

☹ = kann ich noch nicht<br />

Regelungen und<br />

Vereinbarungen<br />

Beide Bogen sind Hilfsmittel zur Bewertung<br />

des Arbeits- und Sozialverhaltens<br />

und sollen die Notenfindung und<br />

Zeugnisformulierung erleichtern.<br />

Darüber hinaus hat sich das Kollegium<br />

an der Stephan-Lochner-Schule für<br />

folgende Regelungen entschieden, die<br />

in der Schulkonferenz vorgeschlagen<br />

und verabschiedet wurden:<br />

n Die zwei Ziffernnoten zum Arbeitsund<br />

Sozialverhalten werden in den<br />

Zeugnissen der Klasse 2 und 3 in der<br />

verbalen Beurteilung eingehend erläutert.<br />

n Im Halbjahreszeugnis von Klasse 4<br />

werden die sechs Ziffernnoten zu den<br />

Kompetenzbereichen in den Empfeh-<br />

lungen für die Schulform der weiterführenden<br />

Schulen durch ergänzende<br />

Kommentare erläutert.<br />

n Im Abschlusszeugnis der Klasse 4<br />

können die Ziffernnoten im besonderen<br />

Bedarfsfall durch erläuternde Beurteilungen<br />

ergänzt werden.<br />

Ausblick<br />

Der Einsatz des Beobachtungs- und<br />

Selbsteinschätzungsbogens als Hilfsmittel<br />

zur Notenfindung für das Arbeits-<br />

und Sozialverhalten wird in<br />

diesem Schuljahr erstmalig erprobt.<br />

Ein erstes Ausfüllen der Bogen ergab,<br />

dass die Kinder der dritten und vierten<br />

Schuljahre gut in der Lage sind, sich<br />

entsprechend der Kriterien selbst einzuschätzen;<br />

die Kinder des zweiten<br />

Schuljahrs werden erst zu Beginn des<br />

zweiten Halbjahrs an den Umgang mit<br />

dem Selbsteinschätzungsbogen herangeführt.<br />

Auch die Lehrkräfte werden<br />

durch den Bogen in ihren Beobachtungen<br />

unterstützt.<br />

Zum neuen Schuljahr soll eine Evaluation<br />

zum Umgang mit dem Beobachtungsbogen<br />

und mit dem Selbsteinschätzungsbogen<br />

erfolgen.<br />

Was abschließend noch erwähnt werden<br />

sollte, ist die Problematik der Notenabstufung,<br />

die nicht den Niveaus<br />

bzw. Noten der Fachnoten entspricht:<br />

Statt der üblichen sechs Notenstufen<br />

gibt es für die Bewertung des Arbeitsund<br />

Sozialverhaltens nur vier. Dabei<br />

werden die Noten 1 (sehr gut), 2 (gut)<br />

und 3 (befriedigend) gleich definiert<br />

(s. o.). Die Ziffernnote 4 bekommt mit<br />

»unbefriedigend« sowohl einen neuen<br />

Namen als auch eine neue Definition:<br />

»entspricht den Anforderungen noch<br />

nicht«. Die Noten 5 und 6 entfallen.<br />

Dies sorgt bei LehrerInnen, Eltern<br />

und Kindern unnötig für Verwirrung<br />

und war auch in unserem Kollegium<br />

Anlass zur Diskussion.<br />

Die Note »befriedigend« beim Arbeits-<br />

und Sozialverhalten erhält eine<br />

andere (negativere) Wertung, denn<br />

wer möchte schon ein »befriedigend«<br />

für das Arbeits- oder Sozialverhalten,<br />

wenn die einzig »schlechtere« Note<br />

sofort »unbefriedigend« heißt und es<br />

auch keine weitere Abstufung nach unten<br />

gibt?<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />

23


Dokumentation: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />

Zur Renaissance der »Kopfnoten« –<br />

Anmerkungen zur Umfrage bei den Schulministerien<br />

von Horst Bartnitzky, Vorsitzender des Grundschulverbandes<br />

Die Älteren kennen sie vemutlich noch:<br />

die Zensuren für Betragen, für Beteiligung<br />

am Unterricht, für Ordnung, für<br />

häuslichen Fleiß. Im Zeugnis standen<br />

sie über den Fachnoten – als »Kopfnoten«.<br />

In den siebziger Jahren wurden<br />

sie in allen Bundesländern abgeschafft.<br />

Die Kultusministerkonferenz<br />

hatte nämlich 1970 befunden, Kopfnoten<br />

seien kein angemessenes Mittel<br />

zur Beurteilung der Schüler. In den<br />

<strong>Grundschule</strong>n sollten an ihrer Stelle<br />

freie Texte zum Arbeits- und Sozialverhalten<br />

stehen.<br />

Nun feiern Kopfnoten fröhliche Urständ’:<br />

Wie die folgende Tabelle ausweist,<br />

wurden sie in sieben Bundesländern<br />

wieder eingeführt – nicht immer<br />

mit den traditionellen Noten, auch mit<br />

variierten Begriffen.<br />

Die Schädlichkeit der Kopfnoten<br />

Gibt es neue pädagogische Erkenntnisse,<br />

die eine Rückkehr zu Kopfnoten<br />

sinnvoll erscheinen lassen? Mitnichten.<br />

Alle Erkenntnisse zur Entwicklung der<br />

Sozial- und Arbeitskompetenzen der<br />

Kinder belegen die Schädlichkeit von<br />

Kopfnoten.<br />

Erstens: Kinder im Grundschulalter<br />

sind dabei, ihr Arbeits- und Sozialverhalten<br />

in den schulischen Situationen<br />

zu entwickeln. Dies verläuft bei jedem<br />

Kind individuell und ist auch abhängig<br />

von seinen bisherigen Erfahrungen.<br />

Zum Beispiel gibt es Kinder, die<br />

kaum Erfahrungen mit gewaltfreien<br />

Konfliktlösungen haben oder die von<br />

Hause aus wenig lernmotiviert sind.<br />

Diese Kinder brauchen den größten<br />

Ansporn, die stärkste Ermutigung und<br />

viele positive Erfahrungen, um neue<br />

Verhaltensweisen und Haltungen aufzubauen.<br />

Wer alle Kinder nach demselben<br />

Maßstab beurteilt, der nimmt<br />

diesen Kindern die Motivation.<br />

Zweitens: Kinder im Grundschulalter<br />

suchen danach, was sie als eigene Persönlichkeit<br />

ausmacht, sie suchen nach<br />

einem Bild von sich selbst. Dazu greifen<br />

sie darauf zurück, wie ihre Eltern,<br />

die Schule, ihre Freunde sie einschätzen.<br />

Zum Beispiel werden Kinder nicht<br />

neugieriger und lernbegieriger, weil<br />

sie in Motivation eine schlechte Note<br />

erhalten. Eher übernehmen sie diese<br />

Beurteilung in ihr Bild von sich selbst<br />

und eifern ihm erst recht nach. Notengebungen<br />

im Verhaltensbereich oder<br />

gar charakterbezogene Feststellungen<br />

(»neigt zu dauernden Störungen«) haben<br />

eher die Wirkung, ungünstige Entwicklungen<br />

zu verfestigen, als sie zu<br />

überwinden.<br />

Und drittens: Kinder im Grundschulalter<br />

wie auch ältere Schüler entwickeln<br />

ihr Verhalten nicht unabhängig<br />

vom Lernen in den Fächern und von<br />

den Menschen, mit denen sie zusammen<br />

sind. Es gibt zwar Kinder, die in<br />

allen Fächern motiviert mitarbeiten<br />

und sich zu allen Kindern gleich partnerschaftlich<br />

verhalten. Die Regel ist<br />

das aber nicht. Zum Beispiel zeigt ein<br />

Kind in einem Fach besonderes Interesse<br />

und große Ausdauer, während<br />

es in einem anderen nur pflichtgemäß<br />

lernt oder bei Schwierigkeiten rasch<br />

resigniert. Persönliches Interesse, eigenes<br />

Vorwissen, frühe Erfolgserlebnisse,<br />

Bezug zur Lehrkraft – dies und<br />

anderes sind entscheidende Faktoren<br />

für das Verhalten. Bewertungen, wie<br />

sie in Kopfnoten oder in vergleichbaren<br />

allgemeinen Formulierungen ausgedrückt<br />

werden, fassen also zusammen,<br />

was nicht zusammenpasst.<br />

Die Alternative<br />

Warum dann die Renaissance eines<br />

überholten Bewertungssystems?<br />

Sind es wirklich die Arbeitgeber, wie<br />

dies zum Beispiel die nordrhein-westfälische<br />

Schulministerin beteuert? Warum<br />

müssen dann aber schon Grundschulkinder<br />

kopfbenotet werden?<br />

Warum klärt die Schulministerin im<br />

Gegenzug die Arbeitgeber nicht über<br />

den erziehungswissenschaftlichen<br />

Stand auf? Und warum orientieren sich<br />

moderne Arbeitgeber selbst gar nicht<br />

Kopfnoten auf den Zeugnissen der <strong>Grundschule</strong> –<br />

Übersicht<br />

Der Grundschulverband erfragte im Sommer 2007 bei den<br />

Kultusministerien der Länder, auf welche Weise in den<br />

Klassen 3 und 4 das Arbeits- und Sozialverhalten beurteilt<br />

wird. Das Ergebnis ist auf der folgenden Seite zu sehen.<br />

In sieben Bundesländern werden zum Arbeits- und<br />

Sozialverhalten Kopfnoten erteilt: teils mit den bekannten<br />

Begriffen (sehr gut – gut – befriedigend usw.), teils mit<br />

anderen Begriffen (hervorragend – deutlich – teilweise –<br />

wenig ausgeprägt). In den anderen Ländern sind frei formulierte<br />

Texte vorgeschrieben oder die Handhabung ist<br />

den Schulen freigestellt.<br />

Auch was im Einzelnen bewertet wird, ist in jedem<br />

Bundesland anders festgelegt. Die Skala reicht von den<br />

zwei allgemeinen Kategorien: Arbeitsverhalten und Sozialverhalten<br />

bis zu sieben Kategorien, die einzeln bewertet<br />

werden müssen.<br />

an Noten, sondern z. B. am eigenen<br />

aufwändigen Assessment-Center?<br />

Nein, es sind nicht die Arbeitgeber.<br />

Es ist der konservative Zeitgeist,<br />

der meint durch landesweite Tests die<br />

Schulen zu höherer Leistung anzustacheln,<br />

durch Erziehungscamps gewalttätige<br />

Jugendliche zu braven Bürgern<br />

zu machen und durch Kopfnoten Kinder<br />

zu disziplinieren.<br />

Es ist immer derselbe politische Irrweg:<br />

Eine einzelne Maßnahme soll die<br />

notwendigen Investitionen in die Zeit<br />

davor ersetzen: das Erziehungscamp<br />

die Investitionen in die Kinder- und<br />

Jugendarbeit, die Tests in die zusätzlichen<br />

Fördermittel und Lehrerstellen.<br />

Und was die Kopfnoten angeht: Die<br />

Förderung des Arbeits- und Sozialverhaltens<br />

erledigt sich eben nicht nebenher<br />

und ist nicht isoliert vom übrigen<br />

Unterricht zu betreiben. Sie erfordert<br />

zusätzliche Zeit in allen Fächern, in denen<br />

mit den Kindern ihr Arbeits- und<br />

Sozialverhalten zum Gegenstand der<br />

Betrachtung, Förderung und Würdigung<br />

gemacht wird. Ein genereller Zeitzuschlag<br />

zu allen Fächern von wenigstens<br />

20 % in den Stundentafeln wäre<br />

deshalb die notwendige Bedingung.<br />

Demgegenüber ist die Verordnung zu<br />

Kopfnoten natürlich die ungleich billigere<br />

Maßnahme.<br />

24 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008


Dokumentation: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />

Land<br />

In welcher Form wird das Arbeits- und<br />

Sozialverhalten auf den Zeugnissen<br />

Kl. 3 und 4 beurteilt?<br />

Ist an eine<br />

Änderung<br />

gedacht?<br />

Ausführungen<br />

1. Baden-W. freier Text nein Text zu Arbeitshaltung, Selbstständigkeit und Zusammenarbeit<br />

2. Bayern vier Notenstufen, Bewertungsstufen<br />

genannt zu sieben Verhaltenskategorien,<br />

dazu freier Text<br />

3. Berlin Schulkonferenz entscheidet, ob und ggf. in<br />

welcher Form; bei Zeugnissen mit verbaler<br />

Beurteilung: Integration in die fachbezogene<br />

Beurteilung; bei Notenzeugnissen als Anlage<br />

zum Zeugnis<br />

4. Brandenburg<br />

vier Notenstufen<br />

nein n 4 Notenstufen (Bewertungsstufen genannt): hervorragend – deutlich –<br />

teilweise – zu wenig ausgeprägt<br />

n 7 Kategorien: Sozialvh.: Soz. Verantwortung, Kooperation, Kommunikation,<br />

Konfliktvh.; Lern- und Arbeitsvh.: Interesse und Motivation, Konzentration<br />

und Ausdauer, Lern- und Arbeitsweise<br />

n verbindlicher Beobachtungsbogen als Vorbereitung, dazu ausführliche<br />

Beobachtungsbeispiele<br />

nein n 5 Kategorien: Lern- und Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit, Selbstständigkeit,<br />

Verantwortungsbereitschaft, Teamfähigkeit. Über weitere<br />

Kategorien entscheidet die Schulkonferenz<br />

n 4 Notenstufen: hervorragend – deutlich – teilweise – wenig ausgeprägt<br />

n 7 Kategorien: Arbeitsvh.: Lern- und Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit<br />

und Sorgfalt, Ausdauer und Belastbarkeit, Selbstständigkeit;<br />

Sozialvh.: Verantwortungsbereitschaft, Kooperations- und Teamfähigkeit,<br />

Konfliktfähigkeit und Toleranz<br />

5. Bremen freier Text nein n 3 Kategorien: Methodenkompetenz, Soziale Kompetenz, Personale<br />

Kompetenz<br />

n Grundlage ist der Dokumentationsbogen<br />

6. Hamburg freier Text nein n 6 Kategorien: Lernvh., Organisation des eigenen Lernprozesses, Problemlösungsvh.<br />

und Kreativität, Miteinander leben und lernen, Verantwortung<br />

und Pflichten, Rücksichtnahme / Toleranz und Hilfsbereitschaft<br />

7. Hessen Noten oder verbalisierte Form,<br />

wenn die Gesamtkonferenz dies für die<br />

ganze Schule beschließt<br />

nein n Kategorien beschließt die Gesamtkonferenz (im Rahmen der Vorgaben)<br />

8. Mecklenb.-<br />

Vorpommern<br />

9. Niedersachsen<br />

10. Nord rh.-<br />

We s tf al e n<br />

freier Text nein n 5 Kategorien: Verh. gegenüber Mitschülern und Lehrkräften, Auftreten<br />

in Kon fliktsituationen, Bereitschaft und Fähigkeit zur Zusammenarbeit,<br />

Arbeitswillen und Arbeitsbereitschaft, Grad der Kritikfähigkeit und der<br />

Selbstständigkeit<br />

fünf Notenstufen nein n 5 Notenstufen: verdient besondere Anerkennung – entspricht den<br />

Erwartungen in vollem Umfang – entspricht den Erwartungen – entspricht<br />

den Erwartungen mit Einschränkungen – entspricht nicht den Erwartungen<br />

n 2 Kategorien: Arbeitsvh. (Leistungsbereitschaft und Mitarbeit, Ziel- und<br />

Ergebnis orientierung, Kooperationsfähigkeit, Selbstständigkeit, Sorgfalt<br />

und Ausdauer, Verlässlichkeit)<br />

Sozialvh. (Reflexionsfähigkeit, Konflikt fähig keit, Vereinbaren und Einhalten<br />

von Regeln, Fairness, Hilfsbereit schaft und Achtung anderer, Übernahme<br />

von Verantwortung, Mitgestaltung des Gemeinschaftslebens)<br />

Kl. 3: Noten und Text für das Arbeitsverhalten<br />

und für das Sozialverhalten<br />

Kl. 4: Noten für Arbeits- und Sozialverhalten<br />

in 6 Kategorien, vier Notenstufen<br />

Nach Entscheidung derVersetzungskonferenz<br />

können die Noten durch eine<br />

Beschreibung ergänzt werden.<br />

n 4 Notenstufen: sehr gut – gut – befriedigend – unbefriedigend<br />

n Kl. 4: 6 Kategorien, die einzeln benotet werden:<br />

Arbeitsvh.: Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit / Sorgfalt, Selbstständigkeit<br />

Sozialvh.: Verantwortungsbereitschaft, Konfliktvh., Kooperationsbereitschaft<br />

11. Rheinland-<br />

Pfalz<br />

freier Text ja Geplante Änderungen: statt »Verhalten und Mitarbeit« – »Arbeits- und<br />

Sozial verhalten« oder »Lern- und Sozialverhalten«<br />

12. Saarland fünf Notenstufen, dazu im Halbjahreszeugnis<br />

Klasse 4: Lernentwicklungsbericht mit Text<br />

zum bisherigen Arbeits- und Sozialverhalten<br />

nein n 5 Notenstufen: sehr gut – gut – befriedigend – nicht immer befriedigend<br />

– unbefriedigend<br />

n 2 Kategorien: Arbeitsverhalten, Sozialverhalten<br />

13. Sachsen fünf Notenstufen<br />

»verbale Einschätzung« kann hinzutreten<br />

nein n 5 Notenstufen: sehr gut – gut – befriedigend – ausreichend – mangelhaft<br />

n 4 Kategorien: Betragen (Aufmerksamkeit, Hilfsbereitschaft, Zivil courage,<br />

angemessener Umgang mit Konflikten, Rücksichtnahme, Toleranz und<br />

Gemeinsinn, Selbsteinschätzung); Fleiß (Lernbereitschaft, Zielstrebigkeit,<br />

Ausdauer, Regelmäßigkeit bei der Aufgabenerfüllung); Mitarbeit (Initiative,<br />

Kooperationsbereitschaft, Teamfähigkeit,Beteiligung, Selbstständigkeit,<br />

Kreativität, Verantwortungsbereit schaft); Ordnung (Sorgfalt, Pünktlichkeit,<br />

Zuverlässigkeit, Einhalten von Regeln und Absprachen, Bereithalten<br />

notwendiger Unterrichtsmaterialien)<br />

14. Sachsen-<br />

Anhalt<br />

Noten von 1 bis 5 nein n 5 Notenstufen (1 bis 5)<br />

n 2 Kategorien: Lernvh. (u. a. Lernbereitschaft, Zielstrebigkeit, Ausdauer,<br />

Aufmerksamkeit, Regelmäßigkeit beim Erfüllen von Aufgaben, Initiative,<br />

Beteiligung im Unterricht, Selbstständigkeit, Kreativität, Sorgfalt, Bereithalten<br />

notwendiger Unterrichtsmaterialien);<br />

Sozialvh. (u. a. Hilfsbereitschaft, Zivilcourage, Vh. bei Kon flikten, Rücksichtnahme,<br />

Toleranz, Gemeinsinn, Beherrschtheit, Selbsteinschätzung,<br />

Kooperationsbereit schaft, Teamfähigkeit, Verantwortungsbereitschaft,<br />

Pünklichkeit, Zuverlässigkeit, Einhalten von Regeln und Absprachen)<br />

15. Schlesw.-H. Neue Grundschulordnung befindet sich im Verfahren, bis heute (07.11.07) noch keine nähere Auskunft.<br />

16. Thüringen Formular »Einschätzung zur Kompetenzentwicklung«<br />

als Zeugnisergänzung<br />

n 6 Kategorien: Wie du an die Aufgaben herangehst, … deine Aufgaben<br />

erledigst, … mit Arbeitsmaterialien umgehst, … Ergebnisse deiner Arbeit<br />

in der Klasse vorstellst, … mit anderen Kindern zusammenarbeitest, was<br />

gegenseitige Hilfe für dich bedeutet.<br />

n Bewertung als Mischung aus Ankreuzen und freiem Text<br />

GSV Bartnitzky Kopfnoten – Umfrage bei den Schulministerien der Länder (Stand 07.11.2007)<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />

25


Grundschulverband <strong>aktuell</strong> … auf Bundesebene<br />

Nachrichten aus<br />

dem Bundesverband<br />

Kursbuch <strong>Grundschule</strong><br />

In seinen Bänden und in seiner Zeitschrift<br />

greift der Grundschulverband<br />

regelmäßig <strong>aktuell</strong>e wichtige Themen<br />

auf und bietet Beiträge mit Anregungen<br />

für die Praxis, mit <strong>aktuell</strong>en Forschungsergebnissen<br />

und schulpolitischen Entwicklungen.<br />

Was fehlt, das ist ein Kompendium<br />

über alle grundschulrelevanten Themen.<br />

Ein Nachschlagewerk und Studienbuch,<br />

das Auskunft zu allen Themen rund um<br />

die <strong>Grundschule</strong> gibt und das dabei den<br />

Kurs angibt für eine <strong>Grundschule</strong>, die<br />

allen Kinder gerecht wird. Gewichtig in<br />

Inhalt und in der Hand.<br />

Die Herausgeber/innen haben mit ihrer<br />

Arbeit begonnen und rechnen mit einem<br />

Umfang von 600 Seiten. Ein kompaktes<br />

»Kursbuch <strong>Grundschule</strong>« also, das<br />

zugleich zum Schmökern und Stöbern<br />

einlädt.<br />

Erscheinen wird das »Kursbuch <strong>Grundschule</strong>«<br />

zum BundesGrundschulKongress<br />

2009. Die Mitglieder des Grundschulverbandes<br />

erhalten es im Rahmen ihrer Mitgliedschaft.<br />

Friedrich Goosmann<br />

* 24. 7. 1941 † 14. 11. 2007<br />

Friedrich (Fred) Goosmann war seit<br />

Gründung des Grundschulverbandes –<br />

Arbeitskreises <strong>Grundschule</strong> e. V. aktives<br />

Mitglied in verschiedenen Gremien.<br />

Er hat die Landesgruppe Rheinland-Pfalz<br />

mitgegründet, war über viele Jahre ihr<br />

Vorsitzender und bis zum Ausbruch<br />

seiner schweren Krankheit auch Delegierter<br />

der Landesgruppe.<br />

Als Lehrer und Schul leiter war er für uns<br />

immer ein guter Ratgeber in Fragen der<br />

Schulpraxis und hat auch als lang jähriger<br />

Kassenprüfer seine ehrenamtliche Tätigkeit<br />

stets zum Wohle des Verbandes<br />

ausgeübt.<br />

Der Grundschulverband wird ihm ein<br />

ehrendes Andenken bewahren.<br />

Für den Grundschulverband:<br />

Dr. Horst Bartnitzky,<br />

Bundesvorsitzender<br />

Jetzt schon vormerken<br />

BundesGrundschulKongress 25. – 26. September 2009<br />

Alle zehn Jahre lädt der Grundschulverband<br />

zum großen BundesGrundschulKongress<br />

ein.<br />

Im Jahr 2009 ist es wieder so weit:<br />

90 Jahre <strong>Grundschule</strong> in Deutschland,<br />

40 Jahre Grundschulverband –<br />

das ist der äußere Anlass, um über Situation<br />

und Perspektiven der <strong>Grundschule</strong><br />

nachzudenken.<br />

Die bundesweiten Vergleichsarbeiten werden<br />

vermutlich ebenso ein Thema sein wie<br />

der Umgang mit schwierigen Kindern, die<br />

Gestaltung des Ganztages ebenso wie die<br />

Schulstruktur, die Lehrerbildung ebenso<br />

wie die Schulqualität.<br />

Freuen können sich die Teilnehmer/innen<br />

auf vielfältige Anregungen für die Praxis:<br />

für eine kindgerechte Lernkultur mit kreativem<br />

Arbeiten und mit Experimenten, mit<br />

Werkstatt-Arbeit und mit sinnen-reichen<br />

Angeboten.<br />

Dazu jede Menge Erfahrungsaustausch mit<br />

Gleichgesinnten bei Imbiss und Getränken.<br />

Als »roter Faden« werden Meinungen diskutiert<br />

und abgeglichen:<br />

Was erschwert die Arbeit mit den Grundschulkindern?<br />

Was muss anders werden?<br />

Was können wir dazu tun?<br />

Was muss sich schulpolitisch ändern?<br />

Mitglieder des Grundschulverbandes<br />

sollten teilnehmen. Nicht-Mitglieder sind<br />

ebenso willkommen. Je mehr Kolleginnen<br />

und Kollegen dabei sind, umso deutlicher<br />

ist die Botschaft auch für die Öffentlichkeit:<br />

Für eine <strong>Grundschule</strong>, die allen Kindern<br />

gerecht wird.<br />

BundesGrundschulKongress<br />

25. – 26. September 2009 in Fulda<br />

Kongresszentrum<br />

(direkt am Hauptbahnhof)<br />

Fulda: Mitten in Deutschland!<br />

Die Delegierten des Grundschulverbandes<br />

haben sich für Fulda als Veranstaltungsort<br />

entschieden. Die Stadt liegt im Zentrum<br />

Deutschlands. Ob aus München, Stuttgart,<br />

Hamburg, Köln, Berlin oder Leipzig oder<br />

vom nahe gelegenen Frankfurt kommend,<br />

haben die Teilnehmer/innen schnelle und<br />

direkte Verbindungen in die Barockstadt.<br />

Fulda hat hervorragende ICE- und Autobahnanbindungen<br />

in alle Richtungen.<br />

Das neue Kongresszentrum, in dem der<br />

Kongress stattfinden wird, liegt direkt<br />

am ICE-Bahnhof und nahe dem historischen<br />

Barockviertel und der Innenstadt.<br />

Es ist äußerst flexibel nutzbar und bietet<br />

modernste Tagungstechnik und eine<br />

angenehme, kommunikative Atmosphäre.<br />

26 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

… aus den Landesgruppen<br />

Baden-Württemberg<br />

Anschrift: Dipl.-Päd. Adolf Messer, Stockacker 15, 79252 Stegen, www.gsv-bw.de<br />

VERA kommt –<br />

auch in Baden-Württemberg<br />

Ab dem kommenden Schuljahr<br />

wird auch in den dritten Klassen<br />

Baden-Württembergs VERA<br />

durchgeführt. Die Landesgruppe<br />

erarbeitet hierzu eine kritische<br />

Stellungnahme, die in den nächsten<br />

Tagen allen <strong>Grundschule</strong>n des<br />

Landes via E-Mail zugestellt wird.<br />

Bleibt zu hoffen, dass die guten<br />

Ansätze des Bildungsplans 2004<br />

im Lande nicht durch VERA und<br />

in der Folge durch einen Unterricht<br />

konterkarriert werden,<br />

der die Kinder gezielt auf diese<br />

Tests hinführt und damit andere<br />

wesentlich wichtige Qualifikationen<br />

vernachlässigt. Die Stel-<br />

lungnahme der Landesgruppe:<br />

»VERA kommt – auch in Baden-<br />

Württemberg« kann den Schulen<br />

im Lande bei der Anwendung der<br />

Maßnahme Leitschnur sein und<br />

Hilfestellung im Ungang geben.<br />

(für die Landesgruppe: Edgar Bohn)<br />

Grundschultag und<br />

Mitgliederversammlung<br />

in Baden-Württemberg<br />

Am Samstag, den<br />

26. April 2008 findet<br />

der Grundschultag der<br />

Landesgruppe in den Räumen<br />

der Pädagogischen Hochschule<br />

Ludwigsburg statt.<br />

Thema: Frühe Bildung und<br />

grundlegende schulische Bildung<br />

auf dem Weg in eine gemeinsame<br />

Bildungsverantwortung?<br />

Referenten: Prof. Dr. Edeltraud<br />

Röbe, Prof. Dr. Gerd E. Schäfer<br />

(zugesagt)<br />

Tagungsablauf:<br />

Ab 9.30 Uhr Ankommen und<br />

Begrüßung<br />

Grußwort Kultusminister<br />

(angefragt)<br />

10.00 bis 11.00 Uhr:<br />

1. Vortrag mit Diskussion<br />

11.00 bis 12.00 Uhr:<br />

2. Vortrag mit Diskussion<br />

13.00 Uhr: Mitgliederversammlung<br />

mit Neuwahlen. Der Vorstand<br />

würde sich über eine rege<br />

Beteiligung gerade auch an dieser<br />

Veranstaltung freuen.<br />

Bayern<br />

Vorsitzende: Dr. Gudrun Schönknecht, Pfirsichweg 37b, 86169 Augsburg<br />

Verbesserte Basisarbeit durch<br />

Öffentliche Landesgruppensitzung<br />

– Wir begrüßen die<br />

Mitglieder der neu gegründeten<br />

Regionalgruppe Unterfranken<br />

Am 30. November 2007 tagte<br />

die Landesgruppe Bayern in<br />

einer öffentlichen Sitzung an der<br />

Mönchbergschule in Würzburg.<br />

Nach der herzlichen Begrüßung<br />

durch Rektor Herrn Becker im<br />

schuleigenen Theatersaal hieß<br />

die bayerische Landesvorsitzende<br />

Prof. Dr. Gudrun Schönknecht<br />

die Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />

willkommen. Im Anschluss<br />

daran referierten in bewährtem<br />

Team Gabriele Klenk und Bianca<br />

Ederer zur Thematik »Pädagogische<br />

Leistungskultur – dargestellt<br />

im Bereich Heimat- und<br />

Sachunterricht«. Durch vielfältige<br />

praktische Beispiele konnten sie<br />

den Anwesenden gute Anknüpfungspunkte<br />

zum Start geben.<br />

Gabriele Klenk ging dabei auf<br />

Wochenplanarbeit in ihrer jahrgangsgemischten<br />

Eingangsstufe<br />

ein, während Bianca Ederer aufzeigte,<br />

dass es auf die Kombination<br />

von lehrerzentriertem<br />

und schülerorientiertem Unterricht<br />

ankommt, um Grundwis-<br />

sen zu sichern und Lernwege<br />

zu eröffnen. Beide Referentinnen<br />

arbeiten mit einem Portfolio,<br />

das den Kindern bei der<br />

Arbeit sowohl Struktur anbietet<br />

als auch Freiheiten in vielen<br />

Bereichen ermöglicht.<br />

Nur gemeinsam schaffen wir die<br />

Umsetzung einer pädagogischen<br />

Lern- und Leistungskultur<br />

Besonders erfreut waren wir über<br />

den regen Austausch praktischer<br />

Umsetzungsmöglichkeiten und<br />

die Diskussion von Problemen<br />

am Schnittpunkt des Übertritts.<br />

Wir stellten fest, dass die baye-<br />

rischen Schulgesetze viele Möglichkeiten<br />

offen lassen. Daher ist<br />

es umso dringlicher, in Arbeitsgruppen<br />

den rechtlichen Rahmen<br />

genau zu klären und sich bei der<br />

Umsetzung in der täglichen Praxis<br />

gegenseitig argumentativ<br />

zu stützen. Die Problematik der<br />

Ziffernnoten (ab Jahrgangsstufe<br />

2) in Bayern wird wohl auch weiterhin<br />

wichtiges Arbeitsfeld bleiben.<br />

Am Ende ihrer Präsentation<br />

erläuterten beide Referentinnen,<br />

wie es zur Gründung der von<br />

ihnen geleiteten Regionalgruppen<br />

Mittelfranken und Oberpfalz<br />

kam. Deutlich wurde der Wunsch,<br />

sich in Unterfranken zusammenzuschließen!<br />

Ein erstes Treffen<br />

wurde vereinbart. Wir wünschen<br />

der neu gegründeten Gruppe viel<br />

Erfolg und sichern ihnen Unterstützung<br />

zu! Interessierte Personen<br />

wenden sich bitte an Fred<br />

Völker (m.voelcker@schulenhoesbach.de).<br />

Wir freuen uns<br />

auch, einige neue Mitglieder im<br />

Grundschulverband begrüßen zu<br />

dürfen. Die Veranstaltung war<br />

also ein voller Erfolg!<br />

(für die Landesgruppe:<br />

Bianca Ederer und Gabriele Klenk)<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />

27


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

… aus den Landesgruppen<br />

Berlin<br />

Kontakt: Ingrid Kornmesser, Kohlfurter Str. 4, 10999 Berlin; www.gsv-berlin.de<br />

Einschulungsfeier schon<br />

in den Sommerferien?<br />

Die Einschulung der Schulanfänger<br />

findet in Berlin seit langem<br />

am ersten Sonnabend nach den<br />

Sommerferien statt, also ein paar<br />

Tage nach Ende der Ferien. Jetzt<br />

wollte die Senatsschulverwaltung<br />

die Einschulungsfeier vorverlegen,<br />

auf den ersten Schultag<br />

nach Ferienende oder schon<br />

ans Ende der Sommerferien –<br />

damit den Kindern ja kein Schultag<br />

verloren geht! Das haben wir<br />

als Grundschulverband kritisiert<br />

und gefordert, es bei der alten<br />

bewährten Regelung zu belassen.<br />

Dem neuen Lebensabschnitt der<br />

Brandenburg<br />

Vorsitzende: Denise Sommer, Weinbergweg 21, 15834 Rangsdorf;<br />

www.gsv-brandenburg.de<br />

Schulanfänger und dem Übergang<br />

der Kinder von der Kita bzw.<br />

der Familie in die Schule kommen<br />

eine besondere Bedeutung zu.<br />

Im Schulleben der <strong>Grundschule</strong>n<br />

hat deshalb die Einschulungsfeier<br />

und der Empfang der neuen<br />

Schulanfänger einen herausragenden<br />

Stellenwert und gehört<br />

weder in die Sommerferien noch<br />

sollte sie an einem Wochentag<br />

stattfinden, an dem für viele<br />

berufstätige Eltern die Teilnahme<br />

erschwert wäre. Darüber hinaus<br />

halten wir es für besonders<br />

wichtig, dass in den jahrgangsgemischten<br />

Lerngruppen der<br />

Schulanfangsphase die Kinder<br />

Vergleichsarbeiten –<br />

und wie weiter?<br />

Erstmalig wurden im November<br />

2007 zentrale Vergleichsarbeiten<br />

in der Jahrgangsstufe 6<br />

in den Fächern Deutsch und<br />

Mathematik an allen <strong>Grundschule</strong>n<br />

unseres Landes geschrieben.<br />

In einer ersten Pressemitteilung<br />

zeigte sich Bildungsminister<br />

Holger Rupprecht zufrieden mit<br />

den vorläufigen Ergebnissen.<br />

»Bislang liegen die Ergebnisse<br />

von fast dreiviertel der rund<br />

14.700 Sechstklässler vor. Demnach<br />

erreichten die Schülerinnen<br />

und Schüler im Fach Deutsch<br />

eine Durchschnittsnote von 2,6<br />

und im Fach Mathematik eine<br />

Durchschnittsnote von 3,3. Die<br />

Ergebnisse belegen, dass die Vorbereitung,<br />

Umsetzung und Auswertung<br />

der Vergleichsarbeiten<br />

gut gelaufen sind, so die erste<br />

Bilanz von Minister Rupp recht.<br />

Die Angst, dass wegen der Ergebnisse<br />

Schülerkarrieren ›zerstört‹<br />

werden, ist völlig unbegründet.<br />

Im Fach Mathematik haben rund<br />

57 Prozent der Schülerinnen und<br />

Schüler bei den Arbeiten eine 1, 2<br />

oder 3 geschrieben und im Fach<br />

Deutsch sogar knapp 89 Prozent.<br />

Hier können die Vergleichsarbeiten<br />

also in der Regel keine<br />

negativen Auswirkungen auf<br />

die Notensumme im Halbjahreszeugnis<br />

haben. Und sollten<br />

einige wegen ›schlechter Tagesform‹<br />

insbesondere in Mathematik<br />

unterdurchschnittlich<br />

abgeschnitten haben, können<br />

sie ihre Halbjahresnote durch<br />

gute Leistungen weiter verbessern<br />

oder ihre Leistungsfähigkeit<br />

durch den Probeunterricht unter<br />

Beweis stellen. Für Schülerinnen<br />

und Schüler, die nicht an ein<br />

Gymnasium wechseln wollen, ist<br />

die Note folgenlos. Keiner bleibt<br />

nur wegen der Noten in der ZVA 6<br />

sitzen, denn im Versetzungszeugnis<br />

am Schuljahresende<br />

wird die Arbeit nur noch wie jede<br />

andere Klassenarbeit gezählt.<br />

Unabhängig davon, wie die<br />

Ergebnisse mit Durchschnittsnoten<br />

interpretiert werden,<br />

macht die Einschätzung des<br />

Ministers deutlich, dass es ohnehin<br />

nur um die Auswahl der<br />

zukünftigen Gymnasiasten geht.<br />

Wie einzelne Kinder ihr möglicherweise<br />

schlechtes Abschneiden<br />

und die 40-prozentige<br />

Gewichtung dieser einen Vergleichsarbeit<br />

für die Halbjahreszensur<br />

auf dem Zeugnis erleben,<br />

ist offensichtlich unwichtig.<br />

Hier wird eine Haltung deutlich,<br />

die sich in der Bildungspolitik<br />

unseres Landes widerspiegelt.<br />

(für die Landesgruppe: Denise Sommer)<br />

23. Mai 2008:<br />

Grundschultag im<br />

LISUM, Ludwigsfelde<br />

des zweiten Schulbesuchsjahres<br />

nach den langen Sommerferien<br />

auf den Empfang der neuen Mitschüler(innen)<br />

ihrer Lerngruppe<br />

vorbereitet werden können. –<br />

Inzwischen hat die Schulverwaltung<br />

unsere Kritik berücksichtigt.<br />

Es wird keine neue Regelung<br />

geben!<br />

Infos zur (Berliner) Schulentwicklung<br />

Die Berliner Landesgruppe verschickt<br />

in unregelmäßigen<br />

Abständen per Mail Informationen<br />

zur <strong>aktuell</strong>en – insbesondere<br />

Berliner – Schulentwicklung.<br />

Falls Sie daran interessiert<br />

sind, schicken Sie uns bitte Ihre<br />

Mail-Anschrift an: peterheyer@<br />

snafu.de.<br />

Bremen<br />

Gemeinsamer Vorsitz: Nina Bode-Kirchhoff, Ilona Rother, Inga Weiland;<br />

www.grundschulverband-bremen.de<br />

Gespräch mit der<br />

Grundschulreferentin<br />

Die Grundschulreferentin Frau<br />

Langel-Carossa ist der Einladung<br />

zur Mitgliederversammlung<br />

im November gefolgt und hat zu<br />

verschiedenen Themen Stellung<br />

genommen und Fragen aus dem<br />

Plenum beantwortet:<br />

n Schuleingangsphase, jahrgangsübergreifendes<br />

Lernen<br />

Die Unterstützung für Schulen<br />

mit jahrgangsübergreifendem<br />

Unterricht ist laut Langel-<br />

Carossa wie im Vorjahr beantragt.<br />

Es sei jedoch ungewiss,<br />

wie innerhalb Bremens mit der<br />

Jahrgangsmischung in Zukunft<br />

weiter verfahren wird.<br />

n Notenfreie Schulen,<br />

Leis tungsbewertung und Lernentwicklungsdokumentation<br />

Bereits 32 Schulen haben einen<br />

Antrag auf Befreiung von der<br />

Zensurengebung gestellt.<br />

Materialien fürs GSV-Infobrett<br />

Ebenso verschickt die Berliner<br />

Landesgruppe in unregelmäßigen<br />

Abständen per Mail Materialien<br />

zur Tätigkeit des Grundschulverbandes,<br />

die für den Aushang am<br />

Infobrett Ihrer Schule geeignet<br />

sind. Falls Sie daran interessiert<br />

sind, schicken Sie bitte die entsprechende<br />

Mail-Anschrift an:<br />

peterheyer@snafu.de.<br />

(für die Landesgruppe: Peter Heyer)<br />

Veranstaltung am<br />

27. Februar 2008,<br />

18.00 – 20.30 Uhr, mit<br />

Frau Prof. Dr. Renate<br />

Valtin (Humboldt-Universität)<br />

zu den Ergebnissen der neuen<br />

IGLU-Studie und zu deren Konsequenzen.<br />

Näheres unter<br />

www.gsv-berlin.de.<br />

Im Grundschulreferat werden<br />

demnächst Lernentwicklungsberichtsbausteine<br />

erarbeitet,<br />

die anschließend in der Praxis<br />

erprobt werden sollen.<br />

n Privatschulen<br />

Grundsätzlich werden Anträge<br />

auf Gründung privater Schulen<br />

bei Erfüllung der Vorgaben<br />

genehmigt, Frau Langel-<br />

Carossa befürwortet jedoch<br />

eine stärkere Unterstützung<br />

staatlicher Schulen.<br />

Vorstand<br />

Der Vorstand der Landesgruppe<br />

Bremen hat sich zum Schuljahresbeginn<br />

2007/2008 neu gebildet<br />

und wurde wie folgt von<br />

der Mitgliederversammlung<br />

bestätigt: Inga Weiland, Ilona<br />

Rother, Nina Bode-Kirchhoff<br />

(Teamvorsitz), Prof. Dr. Petra<br />

Milhoffer (Kassenwartin), Inge<br />

Tietjen (Schriftführerin).<br />

(für die Landesgruppe:<br />

Nina Bode-Kirchhoff)<br />

28 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

… aus den Landesgruppen<br />

Hamburg<br />

Vorsitzende: Susanne Peters, Güntherstraße 10, 22087 Hamburg;<br />

susanne.peters@gsvhh.de, www.gsvhh.de<br />

Schulversuch :<br />

Kompetenzraster statt Zensuren<br />

Nach wie vor zeigte sich die<br />

Behörde nicht einsichtig und<br />

beharrt weiterhin auf Notenzeugnissen<br />

in Integrationsklassen.<br />

Sie schaffte allerdings durch eine<br />

Schulgesetzänderung für alle<br />

Schulen die Möglichkeit, Zensuren<br />

durch Kompetenzraster<br />

zu ersetzen. Mit Zustimmung<br />

der Schulkonferenz können sich<br />

Schulen um die Teilnahme an<br />

einem Schulversuch zur Entwicklung<br />

neuer Formen der Leistungsbewertung<br />

ohne Noten<br />

bewerben. Im Dezember fand<br />

eine Auftaktveranstaltung an<br />

der Hamburger Universität statt.<br />

Organisiert wurde sie gemeinsam<br />

von Elternkammer, Eltern für<br />

Integration e. V., Initiative Volkspetition,<br />

Leben mit Behinderung<br />

Hamburg e. V., dem Verband Integration<br />

an Hamburger Schulen<br />

und dem Grundschulverband. Am<br />

16. Januar 2008 findet die nächste<br />

Informationsveranstaltung statt.<br />

Die Landesgruppe begrüßt und<br />

unterstützt diese Entwicklung,<br />

da neue Formen der Leistungsbeurteilung<br />

auch neue Unterrichtsformen<br />

notwendig machen.<br />

Bildungshäuser von 3 bis 10<br />

In den Hamburger Behörden gibt<br />

es konzeptionelle Überlegungen<br />

für die Neustrukturierung der Bildungsarbeit<br />

mit Drei- bis Zehnjährigen.<br />

In Bildungshäusern sollen<br />

Elementar- und Primar bereich<br />

stärker als bisher miteinander<br />

verzahnt werden. Die <strong>Grundschule</strong>n<br />

werden aufgefordert,<br />

gemeinsam mit benachbarten<br />

Kindertageseinrichtungen Ideen<br />

für die Gestaltung zu entwickeln.<br />

Solange die Zuständigkeit für<br />

die beiden Bereiche allerdings<br />

bei zwei verschiedenen Behörden<br />

angelegt ist, kann es sich aus<br />

unserer Sicht nur um eine lockere<br />

Kooperation der Einrichtungen<br />

handeln. Wir fordern, dass der<br />

Gedanke von Bildungshäusern<br />

konsequent weitergedacht wird<br />

und die Dienst- und Fachaufsicht<br />

in eine Hand gelegt wird.<br />

Nur wenn sie unter einer Leitung<br />

arbeiten, wird sich die Konzeption<br />

wirksam umsetzen lassen.<br />

Ein »Abend zum Innehalten«<br />

mit Heide Bambach<br />

Am 22. November fanden etwa<br />

20 aktive und pensionierte Pädagogen,<br />

aber auch Lehramtsstudenten<br />

den Weg in Davids Café in<br />

Alsterdorf, um einer Lesung von<br />

Heide Bambach, Preisträgerin<br />

des Erwin-Schwartz-Preises 2007,<br />

zu lauschen. Heide Bambachs<br />

Persönlichkeit und Ausstrahlung<br />

sowie ihre unvergleichliche<br />

Einfühlsamkeit in die Besonderheit<br />

eines jeden Kindes und ihre<br />

Gabe, individuelle Leistungen<br />

und Fortschritte in Entwicklungsberichten<br />

zu würdigen, faszinierten<br />

alle Zuhörer gleichermaßen.<br />

Ihre Pädagogik schien<br />

den Raum zu füllen.<br />

Welche Schule für mein Kind?<br />

Diese Frage wird für die Eltern<br />

der Viertklässler in diesem Schuljahr<br />

ganz besonders schwierig.<br />

Bereits zum Sommer 2009 soll<br />

die Vielgliedrigkeit des Hamburger<br />

Schulwesens zu Gunsten von<br />

zwei allgemeinbildenden Schulformen<br />

aufgehoben werden, die<br />

beide zum Abitur führen können,<br />

das Gymnasium in 12 Jahren, die<br />

Stadtteilschule in 13. Doch für die<br />

kommende Anmelderunde ist<br />

völlig unklar, welche Schulen sich<br />

zu Stadtteilschulen zusammenfinden,<br />

an welchen Standorten<br />

eine Sekundarstufe 2 eingerichtet<br />

wird und welche Profile die<br />

einzelnen Schulen entwickeln.<br />

Vorgaben der Behörde gibt es<br />

kaum und die Diskussion in den<br />

Stadtteilen beginnt gerade erst.<br />

Werden die Eltern ihre Kinder nun<br />

noch verstärkt für die Gymnasien<br />

anmelden? Denn nur dort<br />

liegt der Bildungsgang bereits<br />

fest. Fatale Folgen für die Kinder<br />

scheinen vorprogrammiert.<br />

Die Schulbehörde sollte den Termin<br />

der Umwandlung erst dann<br />

festzusetzen, wenn verbindliche<br />

Konzepte erstellt sind.<br />

(für die Landesgruppe: Marion Lindner)<br />

7. / 8. / 9.Februar 2008<br />

Kongress<br />

Gemeinsam lernen<br />

Prävention –<br />

Integration – Inklusion<br />

Hessen<br />

Anschrift: Ilse Marie Krauth, Steigerwaldweg 3, 63456 Hanau<br />

Schule in Hessen –<br />

vor der Wahl = nach der Wahl?<br />

Brisante Themen, die Unmut und<br />

Protest bei Schülerinnen und<br />

Schülern, Eltern und Lehrkräften<br />

hervorrufen, kennzeichnen<br />

derzeit die hessische Schullandschaft.<br />

Die Gymnasialzeit wurde auf<br />

8 Jahre verkürzt, ohne dass das<br />

Stoffangebot überarbeitet und<br />

gestrafft wurde. Das Ergebnis<br />

sind frustrierte, überforderte Kinder,<br />

die keine Zeit mehr für sinnvolle<br />

Freizeitbeschäftigungen<br />

haben. Als Folge davon wird der<br />

Druck bereits in die <strong>Grundschule</strong>n<br />

verlagert. Allem modernen<br />

Grundschulunterricht zum Trotz<br />

wird nicht selten verlangt, dass<br />

die Grundschullehrkräfte die Kinder<br />

auf die »Leistung« trimmen,<br />

die das Gymnasium, das sich<br />

bemerkenswert reformresistent<br />

zeigt, von ihnen verlangt.<br />

Mit dem G 8 wird zudem die Dreigliedrigkeit<br />

des Schulsystems<br />

zementiert, da Übergänge erheblich<br />

erschwert worden sind.<br />

Eltern und Grundschullehrkräfte<br />

stehen vor der Entscheidung, ob<br />

sie das einem zehnjährigen Kind<br />

zumuten können und wollen.<br />

Als Leistung wertet das hessische<br />

Kultusministerium die Tatsache,<br />

dass durch die »Unterrichtsgarantie<br />

plus« kein Unterricht<br />

mehr ausfällt. Geflissentlich wird<br />

dabei die Tatsache verschwiegen?,<br />

dass es sich sehr oft um ein<br />

reines Verwahren der Kinder handelt<br />

und nicht um qualifizierten<br />

Unterricht. Mehr oder weniger<br />

geeignete Personen stehen in<br />

den Klassenzimmern und versuchen<br />

ihr pädagogisches Geschick.<br />

Eine entsprechende Ausbildung<br />

ist nicht erforderlich. Kann man<br />

es da den Kindern verdenken,<br />

dass sie ihre Grenzen ausloten<br />

und so manche »Unterrichtsstunde«<br />

im Chaos endet?<br />

Im Übrigen überlegt der Ministerpräsident,<br />

an hessischen Schulen<br />

ein Verbot einzuführen, das<br />

Schülerinnen untersagt, eine<br />

Burka zu tragen. Das sind die<br />

wahren, die echten Probleme, die<br />

es in Schule zu lösen gilt!<br />

(für die Landesgruppe:<br />

Ilse Marie Krauth)<br />

P.S. Vielleicht ist ja bis zum<br />

Erscheinen dieses Artikels in<br />

Hessen alles anders.<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Vorsitzender: Ralph Grothe, Hasengang 3, 17309 Pasewalk,<br />

ralphgrothe@aol.com<br />

»Auf dem Weg zur<br />

selbständigen Schule«<br />

In drei großen Bereichen soll in<br />

den nächsten Jahren eine Verbesserung<br />

von Schulqualität erreicht<br />

werden.<br />

Organisationsentwicklung, Personalentwicklung<br />

und Unterrichtsentwicklung<br />

werden »vor<br />

Ort« in den Schulen umgesetzt.<br />

Ähnlich den Modellen in anderen<br />

Ländern (siehe Thüringen)<br />

soll über eine »schülerbezogene<br />

Stundenzuweisung« eine flexiblere<br />

Planung der Unterrichtsstunden<br />

ermöglicht werden. Jedoch<br />

scheinen einige Berechnungen zu<br />

den Stundenzuweisungen recht<br />

an der Realität vorbeizugehen.<br />

Hier sind unbedingt Nachbesserungen<br />

erforderlich.<br />

Unsere Landesgruppe hat sich in<br />

einer Stellungnahme dazu geäußert,<br />

die auf unserer Website<br />

www.gsv-mv.de abzurufen ist.<br />

Modellprojekt »Primarstufe«<br />

Auf Einladung des Bildungsministeriums<br />

ist unsere Landesgruppe<br />

nun in der Arbeitsgruppe<br />

vertreten, die das Modellprojekt<br />

»Primarstufe« betreut.<br />

Es geht hierbei um die Eingliederung<br />

aller Schülerinnen und<br />

Schüler in einen gemeinsamen<br />

Schulanfang in der <strong>Grundschule</strong>.<br />

Dabei kommt den Diagnose-<br />

Förderklassen eine besondere<br />

Rolle zu.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />

29


Grundschulverband <strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Vorsitzende: Gisela Cappel, Habichtstr. 1 d, 58285 Gevelsberg<br />

Kompetenzzentrum für sonderpädagogische<br />

Förderung<br />

Aus den derzeit bestehenden<br />

Förderschulen sollen nach den<br />

Plänen der Landesregierung in<br />

den nächsten Jahren Kompetenzzentren<br />

für die sonderpädagogische<br />

Förderung erwachsen.<br />

Dazu hat das Ministerium ein<br />

Eckpunktepapier vorgelegt, in<br />

dem das Vorhaben erläutert wird.<br />

In zwanzig zunächst auf drei<br />

Jahre angelegten Pilotprojekten<br />

soll versucht werden, in solchen<br />

Zentren schulische und kommunale<br />

Kompetenzen für Kinder mit<br />

besonderen Förderbedarfen zu<br />

bündeln: Prävention, Diagnostik,<br />

Beratung und Unterricht<br />

werden dabei als gemeinsam zu<br />

gestaltende Aufgabe der Mitwirkenden<br />

beschrieben. In seiner<br />

Stellungnahme begrüßt der<br />

GSV nachdrücklich die Absicht<br />

der Stärkung einer integrativen<br />

Förderung, sieht aber in den<br />

genannten Umsetzungsformen<br />

vielfache Relativierungen der<br />

erklärten Zielsetzung. Die Aussage,<br />

dass für die angestrebte<br />

Integration »die Voraussetzungen<br />

… gegeben sein müssen«<br />

lässt befürchten, dass damit<br />

innovative integrationspädagogische<br />

Projekte von vornherein<br />

ausgehebelt werden können –<br />

strittig wird vermutlich weiterhin<br />

die Frage nach den Förderorten<br />

bleiben.<br />

Vorschulische Sprachstandsfeststellungen<br />

2008<br />

Nachdem die erstmalige Durchführung<br />

von flächendeckenden<br />

vorschulischen Sprachstandsfeststellungen<br />

im letzten Jahr zu<br />

erheblicher Kritik geführt hat,<br />

legt die Landesregierung nun<br />

ein überarbeitetes Verfahren vor.<br />

Die Veränderungen betreffen<br />

das Testverfahren, die Testinstrumente<br />

und die Stärkung der Rolle<br />

der Erzieherinnen und Erzieher.<br />

Auch wenn damit der Zeitaufwand<br />

insgesamt verringert und<br />

fragwürdige pädagogische Vorgehensweisen<br />

möglichst ausgeschlossen<br />

werden sollen, bleibt,<br />

dass nur derjenige gefördert<br />

wird, der vorher Defizite testiert<br />

bekommen hat. Das mag vom<br />

Leistungsgedanken des »Forderns<br />

und Förderns« geprägt sein, mit<br />

pädagogischer Leistungskultur<br />

hat diese »Testeritis« nichts zu<br />

tun. Wer wirklich Sprachförderung<br />

für alle Kinder verpflichtend<br />

machen will, kommt an der<br />

Bildungspflicht zwei Jahre vor<br />

Beginn der Grundschulzeit nicht<br />

vorbei.<br />

Mehr Informationen zu beiden<br />

Themen auf unserer homepage<br />

www.grundschulverband-nrw.de<br />

(für die Landesgruppe: Beate Schweitzer)<br />

Samstag, 9. 2. 2008,<br />

10 – 16 Uhr<br />

Thema: Schwierige<br />

Kinder – Was tun?<br />

Referent: Dr. Jens Bartnitzky,<br />

Lehrer an einer Förderschule<br />

für emotionale und soziale<br />

Entwicklung<br />

Ort: Studienseminar Hagen,<br />

Fleyer Str. 196, 58097 Hagen<br />

Samstag, 23. 2. 2008,<br />

10 – 16 Uhr<br />

Thema: Pädagogische<br />

Leistungskultur<br />

Referenten: Mitglieder des Vorstands<br />

in Kooperation mit der<br />

Akademie Franz-Hitze-Haus<br />

Ort: Franz-Hitze-Haus,<br />

Kardinal-von-Galen-Ring 50<br />

48149 Münster<br />

Anmeldungen und weitere Informationen<br />

auf unserer homepage!<br />

Niedersachsen<br />

Kontakt: Dr. Eva Gläser,<br />

Fasanenstr. 1, 38102 Braunschweig;<br />

www.gsv-nds.de<br />

Donnerstag,<br />

28. Februar 2008<br />

Erfahrungsaustausch<br />

»Brückenjahr«<br />

Die Landesgruppe<br />

Nieder sachsen lädt zur Diskussion<br />

über das »Brückenjahr« ein<br />

Zeit: 15.30 – 17.30 Uhr<br />

Ort: Hotel Loccumer Hof,<br />

Kurt-Schumacher-Str. 14/16,<br />

30159 Hannover<br />

Kontakt: Dr. Eva Gläser<br />

E-Mail: e.glaeser@tu-bs.de<br />

30 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />

Saarland<br />

Vorsitzende: Lilo Groll, Holbeinstr. 11, 66128 Saarbrücken<br />

Landesgruppe übt Kritik<br />

an den Vergleichsarbeiten –<br />

Schreiben an die neue saarländische<br />

Bildungsministerin und<br />

zukünftige Präsidentin der KMK<br />

Die Landesgruppe Saarland bat in<br />

einem Schreiben an Frau Annegret<br />

Kramp-Karrenbauer, die<br />

saarländische Ministerin für Bildung,<br />

Familie, Frauen und Kultur<br />

und zukünftige Präsidentin<br />

der Kultusministerkonferenz,<br />

die heftige Kritik von Praktikern<br />

nicht nur an der saarländischen<br />

Orientierungsarbeit »Deutsch-<br />

Lesen«, sondern vor allem die<br />

starken Bedenken aus verschiedenen<br />

Bundesländern an VERA zu<br />

würdigen. Die Lehrerinnen und<br />

Lehrer arbeiten tagtäglich mit<br />

den Kindern dieser Altersstufe<br />

zusammen und kennen daher<br />

sehr gut deren Erfahrungs- und<br />

Begriffswelt. Die wesentliche<br />

Kritik an der Durchführung von<br />

VERA in sieben Bundesländern<br />

entzündete sich – abgesehen von<br />

der grundsätzlichen Ablehnung<br />

der »Testeritis« – am Umfang der<br />

Lese-Texte und deren Schwierigkeitsgrad<br />

sowie an der zeitlichen<br />

Vorgabe zur Lösung der gestellten<br />

Aufgaben.<br />

Werden Sachtexte ausgewählt,<br />

muss nach Auffassung der LG<br />

sichergestellt werden, dass die<br />

Inhalte und Begriffe den Lehrplänen<br />

oder der Erfahrungswelt der<br />

Kinder entsprechen. Den Schülerinnen<br />

und Schülern unbekannte<br />

und nicht erläuterte Begriffe<br />

behindern das Leseverständnis<br />

und damit das zügige Beantworten<br />

der Fragen. Falsch ausgewählte<br />

Texte testen nicht die<br />

Lesekompetenz, sondern ein<br />

wie auch immer definiertes Allgemeinwissen,<br />

wobei die Kinder<br />

mit Migrationshintergrund<br />

oder aus bildungsfernen Familien<br />

in der Regel benachteiligt<br />

sind. Viele dieser Kinder beenden<br />

den Test vorzeitig, weil sie über-<br />

fordert und entmutigt werden.<br />

Schwer verständliche Texte verfälschen<br />

daher die Aussagekraft<br />

des Tests über die tatsächliche<br />

Leseleistung der Schülerinnen<br />

und Schüler.<br />

Darüber hinaus bat die Landesgruppe<br />

die Ministerin zu prüfen,<br />

welchen Sinn jährliche nationale<br />

Vergleichsarbeiten für die tägliche<br />

Arbeit in der <strong>Grundschule</strong><br />

haben. Wenn VERA u. a. Anregungen<br />

zur Unterrichts- und<br />

Schulentwicklung einschließlich<br />

der Impulse zur Aufgabenentwicklung<br />

und für die fachdidaktische<br />

Diskussion geben<br />

soll, wären abrufbare Aufgabenpools<br />

auf der Grundlage der KMK-<br />

Bildungsstandards von größerer<br />

Bedeutung. Bundeseinheitliche<br />

Tests sind erst im Rhythmus<br />

von zwei bis drei Jahren sinnvoll.<br />

Diese Zeit braucht eine grundlegende<br />

Schulentwicklung.


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

Sachsen<br />

Kontakt: Sibylle Jaszovics, Südwestring 11, 04668 Klinga<br />

Nicht nur Rechenschwäche<br />

Zum Thema » Rechenschwäche –<br />

Dyskalkulie?« fand Anfang<br />

Dezember eine Fachtagung statt.<br />

Etwa ein Viertel der mit einem<br />

persönlichen Brief eingeladenen<br />

Landesgruppenmitglieder waren<br />

der Einladung nach Nossen<br />

gefolgt. Bedanken möchten wir<br />

uns ganz herzlich bei der Theatergruppe<br />

der Pestalozzi-<strong>Grundschule</strong>,<br />

die die Gäste mit einem<br />

kleinen Programm begrüßte, bei<br />

der Schulleiterin, Frau Post, die<br />

alles sorgsam vorbereitet hatte,<br />

sowie bei der Referentin, Frau<br />

Gembski, die kurzfristig für die<br />

ursprünglich vorgesehene Frau<br />

German einsprang.<br />

Die Landesgruppe übermittelte<br />

der Ministerin zudem die<br />

grundsätzliche Kritik des Grundschulverbandes<br />

an dieser Art<br />

der Leistungsbewertung unserer<br />

Schülerinnen und Schüler, die nur<br />

einen kleinen Ausschnitt schulischen<br />

Lernens genauer beleuchtet.<br />

Es besteht die Gefahr, dass<br />

musisch-kreative oder sportliche<br />

Betätigungen, die Förderung der<br />

Ich-, Sozial- und Sachkompetenz,<br />

die individuelle Leistungsentwicklung<br />

der Kinder sowie<br />

ein lebendiges Schulleben aus<br />

dem Blick der «Schulkritiker« verschwinden.<br />

Lehrerinnen und Lehrer fragen<br />

inzwischen nach dem Sinn und<br />

der Notwendigkeit der zahlreichen<br />

Tests: u. a. mehrere zu<br />

benotende Klassenarbeiten<br />

in Deutsch und Mathematik,<br />

zusätzliche individuelle Lernstandserhebungen<br />

zur Erstellung<br />

Nach der »Rechenschwäche«<br />

wurde eine für die Landesgruppe<br />

viel schwerwiegendere Schwäche<br />

deutlich. Nach dem Mittagessen<br />

saßen zur Mitgliederversammlung<br />

ganze sieben Personen<br />

(inklusive Vorstand) am Tisch.<br />

Und das trotz der eindringlichen<br />

Hinweise, dass es um den Fortbestand<br />

eines arbeitsfähigen<br />

Vorstandes geht.<br />

Im kommenden Jahr sind Wahlen.<br />

Zwei der Vorstandsmitglieder<br />

gehen in den wohlverdienten<br />

Ruhestand. Auch Frau Liebing<br />

und ich stehen nicht mehr zur<br />

Verfügung.<br />

Viele Jahre haben wir die Landesgruppe<br />

vertreten u. a. bei bildungspolitischen<br />

Diskussionen,<br />

bei Anhörungen, bei Gesprächen<br />

im Ministerium, eine Vielzahl<br />

von Fortbildungen wurden organisiert,<br />

die Zusammenarbeit<br />

mit Verbänden und Ämtern auf<br />

gesunde Füße gestellt – nicht<br />

zuletzt regelmäßig Beiträge für<br />

»<strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>« verfasst.<br />

Fast alle Vorstandsmitglieder<br />

arbeiten seit 1992 in dieser ehrenamtlichen<br />

Funktion. Es gäbe<br />

viel zu diskutieren z. B. Offene<br />

Bildungsarbeit in Kindergärten<br />

und Horten oder Ganztagesangebote<br />

– wohin geht der Weg?<br />

oder Englisch ab Klasse 3 noch<br />

zeitgemäß? oder …<br />

von Förderplänen, nationale Vergleichsarbeiten<br />

und internationale<br />

Vergleichsuntersuchungen.<br />

Letztere haben im Übrigen<br />

unseren Schülerinnen und Schülern<br />

bereits mehrfach bescheinigt,<br />

dass sie international gut<br />

mithalten können.<br />

Sollten wir uns nicht endlich<br />

einmal der Verbesserung der<br />

Rahmenbedingungen zuwenden?<br />

Nach Auffassung der Landesgruppe<br />

gehören zur Steigerung<br />

der Schulqualität und der Lernleistungen<br />

als Hauptforderung<br />

kleinere Klassen, gut ausgebildete<br />

Lehrkräfte und ein Unterstützungssystem,<br />

das bildungsferne<br />

Familien näher an die<br />

Schule heranführen hilft.<br />

In der Hoffnung, dass sich nun<br />

auf diesen Artikel einige Interessenten<br />

melden, die als Kandidaten<br />

für die Vorstandswahl<br />

2008 zur Verfügung stehen, bieten<br />

wir Hilfe und Unterstützung<br />

bei der Organisation der Wahlen<br />

an. (Kontakt unter jas.sib@<br />

t-online.de)<br />

(für den Vorstand: Sibylle Jaszovics)<br />

Schleswig-Holstein<br />

Vorsitzender: Bent Hirschelmann, Flörkendorfer Weg 15, 23623 Ahrensbök;<br />

www. grundschulverband-sh.de<br />

Storyline Methode<br />

im Selbstversuch<br />

Am 10. November zog Steve<br />

Bell, Mitbegründer der Storyline<br />

Methode und Schulberater<br />

in Schottland, über 50 Lehrerinnen<br />

und Lehrer in der <strong>Grundschule</strong><br />

Bickbargen in Halstenbek<br />

in seinen Bann. Im Laufe<br />

der siebenstündigen Veranstaltung<br />

entstand in entspannter,<br />

kreativer Atmosphäre auf den<br />

Tischen ein Modell eines Weihnachtsmarktes.<br />

Ein Schuhkarton<br />

und anregendes Bastelmaterial<br />

bildeten die Grundstruktur<br />

für die freie Gestaltung vieler<br />

Weihnachtsstände. Überzeugend<br />

stellte Steve Bell die Vorzüge der<br />

Methode dar. In Zufallsgruppen<br />

zusammentreffende Menschen<br />

erhielten die Möglichkeit, persönliche<br />

Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />

in die Arbeit einzubringen<br />

und sich kreativ in ihrer Gruppe<br />

mit der Lösung von Aufgaben<br />

zu beschäftigen. Dass dabei die<br />

unterschiedlichen Lernausgangslagen<br />

natürlich berücksichtigt<br />

wurden und unterschiedliche<br />

Begabungen innerhalb einer Lehrergruppe<br />

zu dem sichtbar beeindruckenden<br />

Ergebnis führten,<br />

war eine bedeutsame Erfahrung<br />

der Teilnehmer und Teilnehmerinnen.<br />

Über das gestalterische<br />

Wirken hinaus gab es eine<br />

unterrichtsbezogene Sammlung<br />

von Ideen für verschiedene<br />

Altersgruppen.<br />

Mit einem Werkzeug mehr ausgerüstet<br />

für die neuen Anforderungen<br />

der Jahrgangsmischung<br />

und Individualisierung verließen<br />

die Teilnehmer in vorweihnachtlicher<br />

Stimmung die Veranstaltung.<br />

Der Vorstand der Landesgruppe<br />

lädt zur<br />

Mitgliederversammlung<br />

am 14. 2. 2008<br />

um 18.00 Uhr in die<br />

<strong>Grundschule</strong> Groß<br />

Vollstedt ein.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />

31


Grundschulverband <strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />

Thüringen<br />

Vositzende: Steffi Jünemann, Hauptstr. 7, 99734 Nordhausen<br />

Thüringer Lehrerbildungsgesetz:<br />

Chance zur Neugestaltung?<br />

Auszüge aus der Stellungnahme<br />

der LG zum Entwurf Thüringer<br />

Lehrerbildungsgesetz<br />

In den 48 Jahren ihres Bestehens<br />

hat sich die <strong>Grundschule</strong> bundesweit<br />

zu der erfolgreichsten Schulart<br />

entwickelt. Dem steht auch<br />

die Thüringer <strong>Grundschule</strong> in<br />

keinem Bereich nach: Veränderte<br />

Schuleingangsphase und das<br />

daraus entstandene Schulentwicklungsprojekt<br />

BeSTe, PIRLS/<br />

IGLU 2001 und 2006, Sinus Transfer<br />

<strong>Grundschule</strong>, um nur einige<br />

zu nennen. Deren Ergebnisse sind<br />

für alle Pädagogen Motivationsgrundlage<br />

und Herausforderung<br />

zugleich, die in einem Ziel münden:<br />

in der Weiterentwicklung<br />

der Thüringer <strong>Grundschule</strong>.<br />

Ziele, Inhalte, Phasen<br />

der Lehrerbildung<br />

Der Freistaat Thüringen vertreten<br />

durch das Kultusministerium<br />

verfolgt mit dem vorliegenden<br />

Entwurf des Thüringer Lehrerbildungsgesetzes<br />

die Realisierung<br />

der Ziele des Bologna-Prozesses.<br />

Diese Rahmenvorgaben,<br />

verknüpft mit den inhaltlichen<br />

Vorgaben durch die KMK und<br />

verankert in den Standards für<br />

die Lehrerbildung – Bildungswissenschaften,<br />

galt und gilt es<br />

zu beachten. Und hier sehen wir<br />

als Landesgruppe Thüringen des<br />

Grundschulverbandes Arbeitskreis<br />

<strong>Grundschule</strong> Nachholbedarf.<br />

Bereits 2002 begann der<br />

Freistaat Thüringen an der Universität<br />

Erfurt als einer der ersten<br />

Bundesländer mit der Umstellung<br />

des Lehramtsstudiums auf<br />

das konsekutive BA/MA-Studienkonzept.<br />

Der Entwurf des Thüringer<br />

Lehrerbildungsgesetzes beinhaltet<br />

sowohl positive Akzente<br />

als auch für den Grundschulverband<br />

nicht akzeptierbare Studienstrukturen<br />

und Kürzungen der<br />

Ausbildungszeit.<br />

Positiv sind in erster Linie die<br />

Verankerung der drei Phasen der<br />

Lehrerbildung und deren institutionelle<br />

Verzahnung zu nennen.<br />

Bereits 2005 stellte die<br />

KMK fest: »Für die Qualität des<br />

Schulunterrichts ist die Qualität<br />

der Lehrerbildung von wesentlicher<br />

Bedeutung.« Eine veränderte<br />

Lehrerausbildung muss<br />

neben den forcierten Strukturveränderungen<br />

an den Universitäten<br />

auch die sich verändernden<br />

Lebensbedingungen von Kindern<br />

und Jugendlichen, die heterogene<br />

Schülerschaft in allen<br />

Schulstufen und Schularten, die<br />

steigenden Erwartungen an die<br />

Unterrichts- und Erziehungsqualität<br />

sowie die Ergebnisse<br />

internationaler und nationaler<br />

Schulleistungsstudien beachten.<br />

Zudem sind die Ergebnisse<br />

der Lehrerbildungsforschung zu<br />

berücksichtigen. Lehrer benötigen<br />

neben Fach-, Methoden-<br />

und Medienkompetenz<br />

weitere Kompetenzen in sozialer,<br />

kommunikativer und diagnostischer<br />

Hinsicht, aber auch<br />

Förder-, Beratungs- und Innovationskompetenz.<br />

Nicht zu vergessen<br />

die Fähigkeit zur qualifizierten<br />

Teamarbeit mit allen<br />

pädagogischen Fachkräften an<br />

der Schule. Daraus resultieren die<br />

Forderungen des Grundschulverbandes:<br />

1. Die Ausbildung für alle Lehrkräfte<br />

muss wissenschaftlich,<br />

gleich lang und gemeinsam<br />

sein.<br />

2. Einzurichten sind zwei Lehrämter<br />

mit stufenspezifischen<br />

Schwerpunkten.<br />

3. Die drei Phasen der Lehrerbildung<br />

sind institutionalisiert<br />

und inhaltlich miteinander<br />

verknüpft.<br />

4. Die Ausbildung verfolgt das<br />

Ziel des Erwerbs individueller<br />

Kompetenzprofile.<br />

5. Die Phasen der Lehrerbildung<br />

werden wissenschaftlich<br />

begleitet und evaluiert.<br />

Im vorliegenden Gesetzentwurf<br />

finden wir die teilweise Umsetzung<br />

dieser Forderungen.<br />

Der Entwurf zum Thüringer Lehrerbildungsgesetz<br />

fordert die<br />

wissenschaftlich oder wissenschaftlich-künstlerische<br />

Ausbildung.<br />

Gleich lang soll diese aber<br />

nicht sein und Gemeinsames<br />

beschränkt sich z. B. auf die zu<br />

erwerbenden 30 Leistungspunkte<br />

in den schulpraktischen Studien.<br />

Unser Vorschlag: Mit der Öffnung<br />

für schulartübergreifende<br />

Schul- und Unterrichtsmodelle<br />

(z. B. gemeinsamer Unterricht),<br />

dessen wissenschaftliche Begleitung<br />

und die sich an die Umsetzung<br />

anschließende interne und<br />

externe Evaluation sollte Lehramtsstudierenden<br />

ein zukunftsweisender<br />

Weg aufgezeigt werden.<br />

Ansätze sind vorhanden,<br />

zu überdenken und gegebenenfalls<br />

zu überarbeiten. Das verlangt<br />

aber auch einen erhöhten<br />

sozialpädagogischen Anteil, die<br />

Vorbereitung auf eine Pädagogik<br />

des Zusammenlebens, die Vermittlung<br />

von Erkenntnissen zum<br />

zusammenhängenden Interesse<br />

weckenden Lernen unter Mitwirkung<br />

von Kindern und Eltern<br />

sowie differenzierende Individuumsförderung.<br />

Auszubildende<br />

müssen die Chance erhalten,<br />

sich binnendifferenzierende und<br />

integrative Sozial- und Arbeitsformen<br />

handelnd anzueignen,<br />

und das schulartübergreifend.<br />

Die Einrichtung von neuen<br />

Lehrämtern wäre daraus die<br />

logische Schlussfolgerung.<br />

Beispielgebend das Lehramt für<br />

Grund- und Mittelstufe (1 – 10),<br />

das Lehramt für die Mittel- und<br />

Oberstufe (5 – 12/13).<br />

Diskussionen zu den Zielen<br />

und Aufgaben der <strong>Grundschule</strong>,<br />

deren laufende Überprüfung und<br />

den sich daraus entwickelnden<br />

Ausbildungskonzepten erbringen<br />

eine Vielzahl von positiven<br />

Aspekten, die in keinem Fall mit<br />

einem vierjährigen lehramtsbezogenen<br />

Studium mit BA-<br />

Abschluss und der Verkürzung<br />

des Vorbereitungsdienstes in<br />

der Schulart <strong>Grundschule</strong> aufrechterhalten<br />

werden können.<br />

Grundschuljahre sind Jahre der<br />

Kindheit. In diesen Jahren der<br />

höchsten Bildsamkeit des Menschen<br />

sollte es Gebot sein, die<br />

Lehrenden zu stärken, damit sie<br />

die Lernenden stärken können.<br />

<strong>Grundschule</strong> soll Ort des Lebens,<br />

Lernens und Leistens sein. Mit<br />

der Verkürzung des Vorbereitungsdienstes<br />

werden zukünftigen<br />

Grundschullehrern wichtige<br />

Ausbildungsinhalte vorenthalten.<br />

Der Eindruck, dass die Aneignung<br />

von Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />

für die Erfüllung der Ziele<br />

und Aufgaben der <strong>Grundschule</strong>,<br />

also der Grundlegenden Bildung,<br />

nicht die Wertigkeit, die ihr<br />

gebührt, zugestanden wird, wird<br />

durch den Entwurf des Gesetzes<br />

über die Lehrerbildung fundamentiert.<br />

Darin befindet sich<br />

keine Gleich- oder provokativ<br />

Besserbehandlung des Lehramts.<br />

Nicht erst seit IGLU ist bekannt,<br />

dass die höchste pädagogische<br />

Innovation aller Schularten von<br />

der <strong>Grundschule</strong> ausgeht. Wieso<br />

wird das nicht angemessen vergolten?<br />

Warum werden Auszubildende,<br />

die ein Höchstmaß an<br />

wissenschaftlicher Ausbildung<br />

und Praxiserfahrungen erhalten<br />

sollen, mit einem vierjährigen<br />

BA-Studium und der einseitigen<br />

Verkürzung des Vorbereitungsdienstes<br />

bestraft?<br />

Der Entwurf zeigt auch insbesondere<br />

zu den o. g. Forderungen 3<br />

bis 5 zukunftsweisende Innovationen<br />

auf. Es geht nicht mehr nur<br />

um Verknüpfung. Enge Kooperation<br />

und die Gewährleistung von<br />

Ganzheitlichkeit und Vernetzung<br />

sind die Herausforderung an alle<br />

Phasen der Lehrbildung.<br />

Darüber hinaus sehen wir in der<br />

Kooperation der Lehrämter eine<br />

große Chance für die Ausbildung<br />

im Vorbereitungsdienst.<br />

Grundlegende Bildung braucht<br />

Bedingungen, die nur in einem<br />

Gesamtrahmen realisiert werden<br />

können. Durch die geringeren<br />

Ressourcen (im Vergleich<br />

zu anderen Schularten), die von<br />

der Gesellschaft bereitgestellt<br />

werden, verhindert Politik und<br />

Gesellschaft die Lernmöglichkeiten<br />

der Kinder, verhindert die<br />

Entfaltung von Leistungen. Diese<br />

werden aber von der Gesellschaft<br />

gefordert. Diesen Widerspruch<br />

aufzulösen, wird von der Politik<br />

ein Höchstmaß an Anerkennung<br />

(nicht nur in verbaler Form) der<br />

Leistungen aller an <strong>Grundschule</strong>n<br />

tätigen Pädagogen abverlangen.<br />

Vaclav Havel stellte fest: »Wirkliche<br />

Politik, Politik, die diesen<br />

Namen verdient, ist Dienst an<br />

denen, die nach uns kommen.«<br />

(für die Landesgruppe: Steffi Jünemann)<br />

32 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008


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Das Lesezeichen bezieht<br />

sich auf den Text »Schwierige<br />

Kinder, schwierige Klassen –<br />

Was tun, wenn es ›brennt‹?«<br />

(Seite 12 ff).<br />

Dort werden sechs handlungsleitende<br />

Prinzipien genannt<br />

und jeweils mit einem schulpraktischen<br />

Beispiel illustriert.<br />

Jedes Prinzip wird hier durch<br />

einen Schlüssel dargestellt,<br />

dessen grafische Form das<br />

erläuternde Beispiel aufgreift.<br />

Weiter ist im Text von sechs<br />

Zugängen zu schwierigen<br />

Kindern und Klassen die Rede.<br />

Jeder Zugang wird durch ein Törchen<br />

symbolisiert (s. Rückseite).


Lernstände feststellen<br />

Lernentwicklungen bestätigen<br />

Lerngespräche führen<br />

Eigene Lernwege beschreiben<br />

13. /14. November 2008<br />

Herbsttagung des Grundschulverbandes<br />

Tests, Noten und Pädagogische Leistungskultur<br />

Die Vergleichsarbeiten VERA und die<br />

Pädagogische Leistungskultur sind<br />

die Themen der Herbsttagung 2008.<br />

Wir nehmen eine kritische Sicht auf<br />

die Qualität der (VERA-) Aufgaben<br />

vom Mai 2008 und stellen das Projekt<br />

Pädagogische Leistungskultur vor.<br />

Nach Deutsch, Mathematik und Sachunterricht<br />

geht es diesmal um Kunst,<br />

Musik, Sport, Englisch sowie den Bereich<br />

Selbst-, Sach- und Sozialkompetenz.<br />

Thematik<br />

der Tagung<br />

Kritische Sicht auf die Qualität der Aufgaben<br />

(VERA) vom Mai 2008, Erfahrungen aus der Praxis,<br />

schulpolitische und testmethodische Argumente.<br />

Einführung zum Umgang mit den Materialien<br />

aus dem Schuber / Band 124 mit nachfolgender<br />

Diskussion. Dabei geht es um Anregungen für<br />

die Schulpraxis und um Moderation von Fortbildungen<br />

mit den Materialien.<br />

k<br />

124<br />

Leistungen der Kinder wahrnehmen<br />

Leistungen der Kinder würdigen<br />

i n<br />

d<br />

Beiträge zur Reform der <strong>Grundschule</strong><br />

Horst Bartnitzky<br />

Hans Brügelmann<br />

Ulrich Hecker<br />

Gudrun Schönknecht (Hg.)<br />

Lernwege öffnen<br />

Kinder individuell fördern<br />

Pädagogische<br />

Leistungskultur:<br />

Ästhetik,Sport,Englisch<br />

Arbeits-/Sozialverhalten<br />

Ort<br />

Zielgruppe<br />

Tagungsbeitrag<br />

Martin-Niemöller-Haus in Schmitten<br />

(in der Nähe von Frankfurt);<br />

www.martin-niemoeller-haus.de<br />

Für Bahnreisende wird ein Shuttle-Bus zur<br />

Tagungsstätte organisiert.<br />

Die Tagung richtet sich vor allem an Multiplikatorinnen<br />

und Multiplikatoren zur Thematik<br />

(z.B. Aus- und Fortbildner/innen, Fachkonferenzleiter/innen,<br />

Schulleiter/innen).<br />

Die Teilnehmerzahl ist auf 68 Personen begrenzt.<br />

Zur Verfügung stehen 60 Einzelzimmer, von denen<br />

acht als Doppelzimmer genutzt werden können.<br />

Sollten sich mehr Personen anmelden, werden<br />

Mitglieder des Grundschulverbandes vorrangig<br />

berücksichtigt.<br />

Für Mitglieder des Grundschulverbandes 140 €<br />

(Doppelzimmer 130 €)<br />

für Nicht-Mitglieder 180 € (Doppelzimmer 170 €)<br />

Im Tagungspreis enthalten sind die Kosten für<br />

Übernachtung und Verpflegung sowie der<br />

Transfer vom und zum Frankfurter Hauptbahnhof.<br />

Tagungsverlauf<br />

Referentinnen<br />

und Referenten<br />

Donnerstag, 13. November 2008, ab 15 Uhr:<br />

Impulsreferate zu den Themen:<br />

Die Vergleichs arbeiten VERA und die<br />

Pädagogische Leistungskultur (Plenum)<br />

abends: Gesprächsrunde zum Thema Kopfnoten<br />

Freitag, 14. November 2008, bis 15 Uhr:<br />

Arbeitsgruppen: Pädagogische Leistungskultur in<br />

den Fächern Kunst, Musik, Sport und Englisch sowie<br />

im Bereich Selbst-, Sach- und Sozialkompetenz<br />

nachmittags: Rückblick und Evaluierung,<br />

Arbeitsschwerpunkte des Grundschulverbandes<br />

Herausgeber, Autoren und Autorinnen des<br />

Bandes 124 sowie Mitarbeiter/innen aus dem<br />

VERA-Team der Universität Landau (angefragt)<br />

und der Schulpraxis<br />

Anmeldung<br />

per Post: Grundschulverband,<br />

Niddastr. 52, 60329 Frankfurt<br />

oder per Mail: info@grundschulverband.de<br />

oder über die Homepage: e:<br />

www.grundschulverband.dend.de<br />

Verbindlich ist die Anmeldung erst<br />

nach Zahlung des Tagungsbeitrages<br />

Bankverbindung: Postbank Frankfurt,<br />

BLZ 500 100 60, Konto-Nr. 19 56<br />

71 605)<br />

Anmeldeschluss: 15. Juni 2008<br />

Bitte bei der Anmeldung angeben:<br />

en:<br />

Vollständige Anschrift mit Mailadresse adresse<br />

und Telefonnummer;<br />

Mitglied ja – nein;<br />

derzeitige Funktion im Schulbereich;<br />

Wahl der Arbeitsgruppe<br />

Anreise mit Auto oder Zug;<br />

mögliche Doppelzimmernutzung<br />

Strukturierung<br />

Transparenz<br />

und<br />

Konsequenz<br />

Lehrersprache<br />

Verhaltensziele<br />

Raumgestaltung<br />

Konfliktbearbeitung

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