Laborinfo Hämatologie
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Diakonie-Klinikum Schwäbisch Hall gGmbH<br />
Dr. med. J. Völker · Diakoniestraße 10 · 74523 Schwäbisch Hall<br />
<strong>Laborinfo</strong> <strong>Hämatologie</strong><br />
Nach 2 Monaten Erfahrung mit den neuen <strong>Hämatologie</strong>-Analysatoren werden wir folgende Parameter<br />
neu einführen und auf den Befunden mit ausgeben:<br />
1. „Anforderung Retikulozyten“<br />
neben den Absolut – und Prozentwerten der Retikulozyten werden die im gleichen Ansatz fluoreszenzoptisch<br />
mitbestimmten Parameter immer mit ausgegeben:<br />
a. IRF = („immature reticulocyte fraction“) Anteil unreifer Retikulozyten (in %)<br />
b. Ret-He = Hb-Gehalt (hemoglobin equivalent) der Retikulozyten (in pg)<br />
c. D-He = delta-He: Differenz zwischen Hb-Gehalt in Retis minus Hb-Gehalt der Erys (pg)<br />
d. IPF = („ immature platelet fraction“) Anteil unreifer Thrombozyten (in %)<br />
2. „Anforderung Großes Blutbild“<br />
____________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />
Geschäftsführer: Amtsgericht Stuttgart Ein Unternehmen der Gesundheitsholding.<br />
Dr. Peter Haun HRB Nr. 571831 Schwäbisch Hall gGmbH<br />
Rainer Münch<br />
a. Erythroblasten (= „Normoblasten“) werden immer mit bestimmt und dann auf dem Befund<br />
mit ausgegeben, wenn sie nachweisbar sind. (in % auf 100 Leukozyten und absolut)<br />
b. Besondere Parameter wie NEUT-X und NEUT-Y, die die Granularität (Neut-X) oder den<br />
Protein/Nukleinsäure-Gehalt (Neut-Y) des Neutrophilen widerspiegeln, werden ausgegeben,<br />
wenn zuvor zwischen anforderndem Arzt und Laborarzt vereinbart.<br />
Medizinische Bedeutung:<br />
Retikulozytenmeßparameter<br />
Diakonie-Klinikum<br />
Schwäbisch Hall gGmbH<br />
Akademisches Lehrkrankenhaus<br />
der Universität Heidelberg<br />
Institut für Laboratoriums- und<br />
Transfusionsmedizin<br />
Dr. med. Jürgen Völker<br />
Diakoniestraße 10<br />
74523 Schwäbisch Hall<br />
Telefon: +49 (0)791 753-4701<br />
Telefax: +49 (0)791 753-4128<br />
juergen.voelker@dasdiak.de<br />
www.dasdiak.de<br />
24.09.2010<br />
a. IRF: spiegelt cum grano salis die Erythropoeseaktivität des Knochenmarks wieder:<br />
Bei hämolytischen Anämien ist Retikuozytenzahl und IRF gleichermaßen erhöht, bei<br />
renalen Anämien sind beide erniedrigt, bei Anämien im Rahmen eines MDS oder bei Infektionen<br />
kommt es zu einer Dissoziation: Retis sind normal und IRF ist erhöht. Während<br />
der Therapie nutritiver Anämien (B12/Folsäure- oder Eisenmangel) steigen die IRF<br />
einige Tage vor den Retikulozyten an. Nach Stammzelltransplantation bzw. myeloablativer<br />
Chemotherapie zeigt IRF früh die Rekonstitution des Knochenmarks an.<br />
...
*ZZ0001ZZ*<br />
b. Ret-He: Ist ein Indikator für den Eisenbedarf der Erythropoese. Werte < 28 pg zeigen<br />
einen funktionellen Eisenmangel an (d.h. Eisenbedarf der Erythropoese ist höher als<br />
das Angebot). Ret-He fällt bei inadäquatem Eisenangebot bereits nach 48-72 h ab.<br />
Bei Anämien im Rahmen chronischer Erkrankungen (z.B. Malignom, chronischentzündlichen<br />
Erkrankungen) fällt Ret-He aufgrund der Hepcidin-induzierten Eisenretention<br />
im Makrophagen und intestinalen Absorptionshemmung ebenfalls ab. Es liegt<br />
ein Funktionseisenmangel vor.<br />
Seite 2<br />
c. D-He: delta-He ist die Differenz zwischen Ret-He und dem Hb des Erythrozyten<br />
(„MCH“, allerdings fluoreszenzopt. bestimmt). Beim Gesunden ist dieser Wert immer<br />
positiv. Durch die inflammatorische Reaktion bedingt, wird die Eisenfreisetzung und -<br />
Aufnahme bei entzündlichen oder malignen Erkrankungen Hepcidin-vermittelt gehemmt<br />
(siehe unter b.). Ret-He fällt dadurch ab und die Differenz zwischen Ret-He und „MCH“<br />
wird negativ. Dies findet auch relativ dynamisch und schnell bei akuten, z.B. bakteriellen<br />
Infektionen statt, auch hier finden sich negative D-He- Werte, die sich allerdings<br />
sehr rasch nach suffizienter Antibiotikatherapie wieder normalisieren.<br />
d. IPF: der Anteil unreifer Thrombozyten zeigt die frisch aus dem Knochenmark freigesetzten<br />
Thombozyten an. Beim gesunden Erwachsenen liegt der Referenzbereich zwischen<br />
1-6%. Bei Werten > 8% kann von einem erhöhten peripheren Plättchenverbrauch<br />
ausgegangen werden. Dieser findet sich z.B. bei Blutungen, Autoimmunthrombozytopenien<br />
(AITP), Thrombotisch-thrombozytopenischer Purpura (TTP),<br />
hämolytisch-urämischen-Syndrom (HUS), HELLP-Syndrom der Schwangeren, Disseminierter<br />
intravasaler Coagulopathie (DIC).<br />
Bei verminderter Produktion von Thrombozyten (Knochenmarksinsuffizienz: Aplasie,<br />
Chemotherapie) ist der IPF erniedrigt oder im (unteren) Referenzbereich.<br />
IPF eignet sich daher gut zur Differenzierung der Ursachen einer Thrombozytopenie.<br />
Bei (noch) normalen Thrombozytenwerten, z.B. im Rahmen einer beginnenden bakteriellen<br />
Sepsis kann der Anstieg der IPF dem Thrombozytenabfall vorausgehen.<br />
Nach einer Stammzelltransplantation bzw. myeloablativen Chemotherapie geht der Anstieg<br />
des IPF dem Anstieg der Thrombozyten meist um ca. 4 Tage voraus.<br />
Großes Blutbild<br />
a. Erythroblasten: Erythroblasten (= „Normoblasten“) sind kernhaltige Vorläufer der<br />
Erythrozyten. Bekanntermaßen können sie physiologischerweise im peripheren Blut nur<br />
bei Neugeborenen innerhalb der ersten Lebenswoche vorkommen. Beim Erwachsenen<br />
weisen sie immer auf einen krankhaften Prozess hin. Sie finden sich u.a. bei schweren<br />
hämolytischen Anämien, Knochenmarksinfiltration oder Osteomyelosklerose. Bei<br />
schwer kranken Patienten, z.B. Patienten auf Intensivstationen konnte gezeigt werden,<br />
dass das Auftreten von Erythroblasten im peripheren Blut mit einer erhöhten Mortalitätsrate<br />
korreliert. Monitoring von Erythroblasten kann so dazu beitragen Hochrisikopatienten<br />
frühzeitig zu identifizieren.<br />
b. NEUT-X und NEUT-Y können im Rahmen einer schweren bakteriellen Infektion ansteigen.<br />
Bei MDS- (incl. CMML) – Patienten sind beide Parameter oft erniedrigt.<br />
...
*ZZ0001ZZ*<br />
Hinweise zu besonderen Indikationen:<br />
Seite 3<br />
Intensivpatienten:<br />
ein häufigeres Monitoren kritisch kranker Patienten mit den Parametern „IRF“, „D-He“,<br />
„IPF“ kann zur Früherkennung und Verlaufsbeurteilung von Infektionen beitragen und<br />
ist nicht sehr kostenintensiv (< 1 €, Vergleich PCT > 12 €).<br />
=> Anforderung „Retikulozyten“<br />
Auch bei Intensivpatienten sollte häufiger an das Monitoring mittels maschinellem großen<br />
Blutbild mit der Möglichkeit des Nachweises unreifer Granulozyten und vor allem<br />
Erythroblasten gedacht werden.<br />
=> Anforderung „Großes Blutbild“.<br />
Ein mikroskopisches Blutbild wird nur noch alle 3 Tage bei auffälligem maschinellem<br />
großen Blutbild durchgeführt oder als besondere Indikation nach Abklärung zwischen<br />
anforderndem Arzt und Laborarzt.<br />
Thrombozytopenie und Anämie<br />
Zur Differentialdiagnose einer Thrombozytopenie und/oder Anämie liefert die Bestimmung<br />
IRF, Ret-He sowie IPF eine schnelle, orientierende Einordnung-<br />
=> Anforderung „Retikulozyten“<br />
Patienten nach Chemotherapie:<br />
Die Erweiterung des bei diesen Patienten praktisch täglich angeforderten „kleinen Blutbild“<br />
um die fluoreszenzoptische Messung der Retikulozyten liefert die Parameter IRF<br />
und IPF, mit denen Hinweise zum Anstieg von Thrombozyten- und Hb-Wert gegeben<br />
werden können. Das kann zur Abschätzung des Transfusionsbedarfs von Thrombozyten-<br />
und Erythrozytenkonzentraten beitragen.<br />
Bei weitern Fragen können Sie sich gerne an uns wenden.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Dr. J. Völker und Team