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DER HIMMEL<br />
ÜBER NEBRA<br />
Erdem Uçar<br />
Krimi
Erdem Uçar<br />
<strong>Der</strong> <strong>Himmel</strong><br />
<strong>über</strong> <strong>Nebra</strong><br />
Krimi<br />
Friedrich Reinhardt Verlag
Alle Rechte vorbehalten<br />
© 2016 Friedrich Reinhardt Verlag, Basel<br />
Projektleitung: Beatrice Rubin<br />
ISBN 978-3-7245-2109-9<br />
www.reinhardt.ch
Dieses Buch ist meiner Mutter Saniye Uçar gewidmet.
Kapitel I<br />
Lange Zeit habe ich mir diesen Moment ausgemalt. Wie es<br />
wohl wäre, mich von allem Irdischen zu lösen und der Sorglosigkeit<br />
hinzugeben, die ich all die Jahre gesucht habe. Das<br />
Leben nur noch einen kurzen, letzten Augenblick auszukosten,<br />
es zu fühlen, zu riechen und ein Teil davon zu sein, um<br />
es dann loszulassen mit Tränen in den Augen und einem<br />
Lächeln im Gesicht. Ich fühle mich in diesem Augenblick so<br />
leicht wie noch nie in meinem Leben. Ein warmes, rhythmisches<br />
Pulsieren durchströmt meinen Körper, ich spüre den<br />
harten Betonboden mit all seinen Unebenheiten unter mir.<br />
Ich liege da. Reglos. Sorglos.<br />
Wie gern würde ich die Augen ein letztes Mal öffnen, die<br />
warme Abendsonne, die meinen kalten Körper erwärmt,<br />
noch einmal geniessen, doch Dunkelheit umgibt mich. Ich<br />
spüre den Wind, der von Zeit zu Zeit meinen Körper streift,<br />
und schmecke die Hafenluft auf meinen Lippen. Ich ertappe<br />
mich dabei, dass ich mir meinen eigenen Tod sehnlichst herbeiwünsche.<br />
In diesem Augenblick kehrt mein Sehvermögen zurück.<br />
Langsam öffne ich meine Lider und spüre, wie sich meine<br />
Pupillen im grellen Abendrot blitzschnell zusammenziehen.<br />
Zunächst erkenne ich farblose verschwommene Silhouetten,<br />
die sich mit jedem schmerzhaften Wimpernschlag mehr<br />
und mehr zu mir bekannten Objekten formen. Ich versuche,<br />
meine Kraftreserven ein letztes Mal zu bündeln, den Arm zu<br />
erheben, um einen genaueren Blick auf das Ding vor mir zu<br />
erhaschen, das mein Schicksal besiegeln wird. Ich gestehe<br />
mir ein, dass ich nur noch einen letzten Versuch habe, bevor<br />
meine Reserven vollkommen erlöschen. In Zeitlupe, so<br />
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kommt es mir vor, führe ich meine linke Hand an meinen<br />
Kopf. Mein ganzer Körper zittert. Mit der bluttriefenden<br />
Hand verdecke ich mein linkes Auge und versuche, einen<br />
kurzen, aufklärenden Blick auf die Person vor mir zu werfen.<br />
Mein Verdacht wird bestätigt. Vor mir steht ein alter<br />
Mann, dessen Haare den Kampf gegen das Alter eindeutig<br />
verloren haben und dem man den <strong>über</strong>mässigen Zigarettenkonsum<br />
in den eingefallenen Wangen deutlich ablesen kann.<br />
Er trägt einen grauen Nadelstreifenanzug und italienische,<br />
handgearbeitete Lederschuhe. In seiner rechten Hand hält<br />
der Mann eine halbautomatische Pistole, die in meine Richtung<br />
zielt.<br />
Mein Name ist Etienne Pettit und das ist meine Geschichte.<br />
8
Kapitel II (05. Februar 2002)<br />
Die frühe Morgensonne schien durch die alten, schweren<br />
Gardinen und erhellte den zugestellten, von Zigarettenrauch<br />
verqualmten Raum. Einen Moment schien es, als<br />
würden die Sonnenstrahlen mit den sonst unsichtbaren<br />
Staubflocken Tango tanzen. Dieser Raum hatte schon lange<br />
keinen Putzlappen mehr gesehen. Eine Ausnahme war<br />
dabei der dunkle und massive Nussbaumtisch, der so sauber<br />
und ordentlich war, wie man es sich klischeehaft bei<br />
Staatsbeamten vorstellt. Darauf befanden sich lediglich ein<br />
Schreibblock mit zahlreichen, verwirrenden Notizen, ein<br />
zerkauter Bleistift, ein Telefon, eine moderne Tischlampe<br />
und ein offensichtlich selten benutzter Computer. Einzig<br />
ein in die Jahre gekommener Bilderrahmen mit einem<br />
längst vergilbten Foto verlieh dem Tisch eine persönliche<br />
Note.<br />
Tief eingesunken im abgewetzten, schwarzen Ledersessel<br />
sass ein grauhaariger, magerer Mann mit ungepflegtem<br />
Schnurrbart und glasigen Augen – Kriminalkommissär<br />
Christoph Lenz. So alt wie seine graue Tweedjacke war auch<br />
seine Alkoholsucht. In der mit zahlreichen winzigen Äderchen<br />
<strong>über</strong>säten linken Hand hielt Kommissär Lenz ein volles<br />
Glas mit einem für seine Lohnklasse zu billigen Single-Malt<br />
Whiskey und in der anderen schaukelte er die Flasche wie<br />
ein Baby hin und her. Mit einem beschämten Blick zur<br />
untersten Schublade seines Schreibtisches gestand sich Kommissär<br />
Lenz ein, in letzter Zeit viel zu oft von dieser Flasche<br />
Gebrauch gemacht zu haben, lenkte dann aber seinen Blick<br />
und seine Gedanken wieder auf das vollkommen verblasste<br />
Bild auf dem Tisch.<br />
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Still betrat Detektiv-Korporal Mendelin das völlig verqualmte<br />
Zimmer. Er war einer der vielen blutjungen Korporale,<br />
die, wie Lenz fand, aus dem Boden schossen wie<br />
Amberbäume. Einen Moment lang schwelgte der Kommissär<br />
in Gedanken und versuchte sich an seine Kindheit zu<br />
erinnern, an die vielen herbstlich blutrot gefärbten Blätter<br />
dieser Bäume, die er so oft in den Ferien mit seinen Eltern<br />
gesehen hatte. Sein altes Herz machte einen Sprung, als er<br />
merkte, dass seine Gedanken abschweiften, und er sich dabei<br />
erwischte, wie er innerlich eine Debatte <strong>über</strong> den Nutzen der<br />
vielen jungen Korporale führte. Er fand, dass diese jungen<br />
Detektive nichts vom Schneid und Spürsinn eines alten<br />
Hasen besassen und stattdessen stets nach dem Lehrbuch<br />
handelten. Paragrafenlecker nannte er solche Beamten. Sie<br />
fürchteten zu viel und fühlten zu wenig.<br />
Einen Moment später bereute er diesen Gedanken und er<br />
entschuldigte sich innerlich bei Mendelin, ihn mit allen<br />
anderen Detektiven in denselben Topf geworfen zu haben.<br />
Er mochte den Korporal und die Art, wie er die Dinge<br />
anpackte; immerzu erledigte er seine Arbeiten souverän und<br />
mit einem derart strukturierten Vorgehen, wie er es noch bei<br />
keinem seiner Kollegen erlebt hatte. Dar<strong>über</strong> hinaus sah er<br />
auch noch gut aus, wie Kommissär Lenz fand – soweit er das<br />
als Mann beurteilen konnte. Dieser Mendelin könnte es<br />
noch weit bringen, dachte er sich, wenn ihm ein erfahrener<br />
Vorgesetzter unter die Arme greifen würde. Aber dieser eine<br />
zu sein, dafür war ihm seine eigene Zeit viel zu kostbar. Zu<br />
sehr hatte er sich in den letzten Jahren mit seiner Arbeit als<br />
Kriminalkommissär abgeschuftet, mit grossem Erfolg, wie<br />
die zahlreichen verstaubten Urkunden und Zeitungsartikel<br />
an den Wänden bewiesen, als dass er es diesem Mendelin zu<br />
leicht machen wollte. Er sann dar<strong>über</strong> nach, dass er sich zu<br />
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sehr für seinen Erfolg aufgeopfert hatte und sich zu wenig<br />
auf das Wesentliche konzentriert hatte.<br />
Als Korporal Mendelin bereits mit einem Bein im Zimmer<br />
stand, die Türklinke versonnen in der rechten Hand<br />
haltend, bemerkte er erst, dass er nicht alleine war.<br />
«Herr Kommissär? Entschuldigen Sie … Ich habe Sie<br />
nicht …», stotterte er. «Ich wusste nicht, dass Sie … ähm …<br />
schon im Büro sind …» Seine Verlegenheit war ihm un<strong>über</strong>sehbar<br />
ins Gesicht geschrieben.<br />
«Was wollen Sie? Was kann so wichtig sein, dass Sie in<br />
dieser Herrgottsfrühe in mein Büro spazieren?», entgegnete<br />
ihm Kommissär Lenz mit fester Stimme, sodass es ihm<br />
einen kurzen Moment später noch im Hals kratzte.<br />
«<strong>Der</strong> Staatsanwalt, Herr Kommissär. Im Rheinhafen<br />
St. Johann wurde eine Leiche gefunden und der erste Staatsanwalt<br />
hat Ihnen diesen Fall zugeteilt. Er wollte Sie …» <strong>Der</strong><br />
Schreck, ertappt worden zu sein, sass dem Korporal immer<br />
noch in den Gliedern und er umklammerte die Türklinke<br />
noch fester als zuvor.<br />
In einem Moment der völligen Stille stellte Kommissär<br />
Lenz bedächtig das Glas neben das Bild und blaffte dann<br />
los: «Geben Sie schon die Fallakte her!» Er erkannte, wie er<br />
den jungen Detektiv in eine für ihn äusserst prekäre Lage<br />
versetzt hatte, beugte sich dann etwas vor und streckte ihm<br />
die frei gewordene Hand entgegen. «Falls der ehrenwerte<br />
Herr Staatsanwalt das nächste Mal glaubt, dass ich sein<br />
Traumkandidat für solche frühmorgendlichen Fälle sei,<br />
erwidern Sie ihm, dass wir hier bei der Staatsanwaltschaft<br />
kein Wunschkonzert haben. Er soll doch lieber beim Radio<br />
anrufen. Das ist ein Befehl.»<br />
Korporal Mendelin war sich einen Augenblick lang nicht<br />
sicher, ob er im fahlen Licht ein verschmitztes Lächeln<br />
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erkennen konnte, liess aber endlich die Türklinke los und<br />
trat in das Büro. Als er die Mitte des Raumes erreicht hatte,<br />
erkannte er, dass die unzähligen Erinnerungsstücke, die an<br />
den Wänden hingen und etliche Kisten und Regale füllten,<br />
dieses Büro zu einem Museum oder vielmehr zu einem<br />
Archiv umgestaltet hatten. Er hielt einen Moment lang inne<br />
und merkte, wie ihn die fahlen Augen des Kommissärs<br />
anglotzten, wie ein Löwe, der eine Antilope fixiert. Er <strong>über</strong>gab<br />
die Akte, machte einen wackligen Schritt rückwärts, um<br />
sich dann rasch umzudrehen und das Zimmer zu verlassen.<br />
Kommissär Lenz wartete eine Weile ab, bis er von draussen<br />
nichts mehr hörte und sicher sein konnte, dass ihn in den<br />
nächsten Minuten keine Menschenseele stören würde, dann<br />
stand er auf. Ihm wurde schwarz vor Augen, sodass er sich<br />
mit der linken Hand an seinem Schreibtisch abstützen<br />
musste, damit er nicht zu Boden stürzte. Er stand schwankend<br />
da und schwor dem Trinken ab, wie er es schon so oft<br />
getan hatte. Als er wieder im Vollbesitz seiner Kräfte war,<br />
beugte er sich vor, holte aus einer dunklen Ecke einen schweren<br />
schwarzen Mantel und zog ihn gemächlich an. Dann<br />
ging er um den Tisch herum in eine andere dunkle Ecke,<br />
dabei wusste er ganz genau, wann er welchen Fuss zu heben<br />
hatte, damit er nicht <strong>über</strong> eine der vielen Kisten stolperte. Er<br />
räumte unzählige Dinge um und es kam ein dunkelbraunes<br />
Ledersofa zum Vorschein, auf welches er sich legte, um seinen<br />
Rausch auszuschlafen.<br />
<strong>Der</strong> Schlaf hielt nicht lange an. Kommissär Lenz erwachte<br />
schmatzend und mit dröhnenden Kopfschmerzen. <strong>Der</strong> saure<br />
Geschmack in seinem Mund liess ihn zusammenzucken, es<br />
folgte ein äusserst unangenehmer Hustenanfall, der seinen<br />
ganzen Körper bis ins Mark erschütterte. Danach lag er eine<br />
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Weile reglos da. Beim Versuch, sich vom Ledersofa aufzustemmen,<br />
verkrampften sich seine zittrigen Finger. Eine Tatsache,<br />
die ihm vor einigen Jahren noch gros se Sorgen bereitet<br />
hatte, doch diese Bedenken waren mittlerweile in seiner<br />
allgemeinen Lethargie untergegangen. Seit fast drei Jahrzehnten<br />
hatte er im Dienst keinen Gebrauch mehr von seiner<br />
alten SIG P210 gemacht, und selbst die vierteljährlichen<br />
obligatorischen Schiessübungen waren eher zu einer Zusammenkunft<br />
von ausrangierten Kommissären verkümmert, als<br />
dass sie ihren eigentlichen Zweck, die Schiesspräzision mit<br />
der eigenen Dienstwaffe unter Beweis zu stellen, erfüllten.<br />
Lenz umklammerte mit beiden Händen seine Pistole und<br />
ihm wurde einmal mehr klar, dass seine geliebte Militärpistole<br />
nicht mehr mit den neuen, modernen Waffen seiner<br />
Kameraden mithalten konnte und eher in ein Museum als in<br />
den Halfter eines alten Kriminalkommissärs gehörte. Doch<br />
er verband mit dieser Pistole zu viele Erinnerungen, als dass<br />
er sie einfach wegschliessen und durch eine neue ersetzen<br />
konnte, so wie es eigentlich die Vorschriften verlangten.<br />
Eine ganze Weile blieb Kommissär Lenz im schummrigen<br />
Licht seines Büros sitzen, bis er endlich den Entschluss<br />
fasste, aufzustehen. Er ging zum Schreibtisch, packte das<br />
vergilbte Bild und legte es in die oberste Schublade seines<br />
Schreibtisches. «Aus den Augen, aus dem Sinn», murmelte er<br />
vor sich hin, zog den Mantel noch fester um seinen Körper<br />
und ging zur Tür. Dort blieb er einen Moment stehen, um<br />
seine Gedanken ein letztes Mal zu ordnen. Dabei strich er<br />
sich mit der flachen Hand mehrmals <strong>über</strong> seinen zerzausten<br />
Schnurrbart, eine alte Angewohnheit, die ihm beim Denken<br />
half. Er spürte sein raues, mit unzähligen Falten <strong>über</strong>sätes<br />
Gesicht und merkte, wie der abgestandene Zigarettengeruch<br />
auf seiner Hand allmählich in seine Nase kroch.<br />
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Er stand tief atmend und mit starrem Blick da, nicht wissend,<br />
was ihn heute erwartete. <strong>Der</strong> alte Kommissär hatte<br />
Angst. Angst davor, durch diese Tür zu gehen und seinen<br />
geliebten Zufluchtsort mit seinen wahllos aufgetürmten, für<br />
ihn unbezahlbaren Erinnerungsstücken nie wiederzusehen.<br />
Er beugte sich nach vorne, fasste mit der rechten Hand den<br />
kalten Edelstahlgriff und drückte ihn bedächtig nach unten.<br />
Sein altes Herz schlug schneller.<br />
Als er die Tür öffnete, strömte eine Geräuschkulisse herein,<br />
an die er sich die letzten Jahrzehnte so sehr gewöhnt<br />
hatte, dass er sich ohne diese verloren vorkam. Zunächst liess<br />
Kommissär Lenz die massive Tür nur einen kleinen Spalt<br />
offen, gerade so weit, dass er die unterschiedlichen Töne auf<br />
sich wirken lassen konnte, und um sich auszumalen, welcher<br />
seiner Kollegen an diesem Morgen Dienst hatte. Mit dieser<br />
Spielerei wollte er genau den richtigen Moment ausloten,<br />
damit er sich aus dem Kommissariat schleichen konnte,<br />
ohne in ein Gespräch verwickelt zu werden. Er versuchte<br />
herauszufinden, ob seine junge, stets bemühte Sekretärin,<br />
Frau Moser, anwesend war. Nachdem er eine Weile an der<br />
Tür gehorcht hatte und keinen Laut von ihr wahrnehmen<br />
konnte, wagte er sich aus seinem Büro. Doch ein Blick nach<br />
rechts sagte ihm, dass er sich geirrt hatte.<br />
«Herr Kommissär, da sind Sie ja!», hallte ihre Stimme<br />
durch das Grossraumbüro, so laut, dass einige in die Arbeit<br />
vertieften Kollegen kurzzeitig den Kopf hoben. «Ich war gerade<br />
auf dem Weg zu Ihnen, um Ihnen Ihren Morgenkaffee zu<br />
bringen», rief Frau Moser in einer Lautstärke, die dem Kommissär<br />
äusserst peinlich war, stöckelte dann in ihren schwarzen<br />
Pumps, die sie mit einem hellgrauen tulpenförmigen<br />
Rock mit modischen Seitentaschen, einem tiefschwarzen<br />
Kaschmirpullover und einer viel zu glamourösen Perlenkette<br />
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kombiniert hatte, auf ihn zu. Sie reichte ihm einen Plastikbecher<br />
mit Trinkaufsatz. Schelmisch fügte sie hinzu: «So wie<br />
Sie ihn mögen. Schwarz wie Ihre Seele.» Das leichte Neigen<br />
ihres Kopfes und das spitzbübische Grinsen zeigten ihre<br />
Abneigung, die sie gegen<strong>über</strong> dem Kommissär hegte und für<br />
die er ihr auf der Stelle den Hals hätte umdrehen können. Als<br />
sie zu ihrem Schreibtisch zurückstolzierte, ertappte Lenz sich<br />
dabei, wie er die junge Frau von oben bis unten musterte. Er<br />
schämte sich anschliessend für diese Aktion so sehr vor seinen<br />
Kollegen, die ihm aber längst keine Aufmerksamkeit mehr<br />
schenkten, dass er, um seine Scham zu verstecken, einen tiefen<br />
Schluck vom Plastikbecher nahm. <strong>Der</strong> Kaffee war heiss.<br />
Als er seinen Blick senkte, fixierte er nicht mehr die junge<br />
Frau Moser, sondern er blickte zu seinem Vorgesetzten, dem<br />
leitenden Staatsanwalt der Kriminalabteilung, Pascal<br />
Amstutz, in seinen Augen ein verwöhnter schnöseliger Esel.<br />
Er stand gerade im Türrahmen seines Büros, hielt die Tür<br />
hinter sich zu, als ob er etwas zu verstecken hatte, und flüsterte<br />
seinem Assistenten etwas ins Ohr. Dem Kommissär<br />
kam diese Situation suspekt vor und er wollte deshalb dem<br />
Ganzen auf den Grund gehen. Als Ermittler der alten Schule<br />
empfand er dies als seine Pflicht.<br />
Das Büro des Staatsanwalts lag direkt gegen<strong>über</strong> von seinem.<br />
Er ging an seiner Sekretärin vorbei, die ihn – diesmal<br />
mit leiser Stimme – dar<strong>über</strong> informierte, dass Detektiv-Korporal<br />
Müller in der Tiefgarage auf ihn wartete. Anschliessend<br />
passierte er zwei Kollegen. Kurz vor seinem Ziel verlangsamte<br />
Kommissär Lenz seine Schritte. Er wusste, dass<br />
ihm das grosse Innenfenster, das man vor einigen Jahren<br />
eingebaut hatte, um die Offenheit des Vorgesetzten für die<br />
Anliegen seiner Belegschaft zu symbolisieren, einen kurzen,<br />
aber geeigneten Blick verschaffen würde.<br />
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Etienne Pettit fristet ein Leben als erfolgloser<br />
Kleinganove. Für den berüchtigten Patron soll er<br />
eine heikle Aufgabe erledigen: Etienne muss die<br />
<strong>Himmel</strong>sscheibe von <strong>Nebra</strong> – ein unbezahlbares<br />
Artefakt – stehlen. Dicht auf der Spur sind ihm der<br />
kauzige Kommissär Christoph Lenz und Stefanie<br />
Gerber, eine junge Fernsehjournalistin.<br />
Wird Etienne Pettit die <strong>Himmel</strong>sscheibe beschaffen<br />
können oder verhindern seine beiden Gegenspieler<br />
die Tat?